Geschlossene Bauweise – was ist das überhaupt und welche rechtlichen Besonderheiten müssen Sie beachten? Schon bevor Sie einen Bauplan in die Hand nehmen, ist es wichtig, sich mit den unterschiedlichen Bauweisen auseinanderzusetzen. In diesem Blogbeitrag wollen wir Ihnen einen umfassenden Überblick über die geschlossene Bauweise geben und auf die rechtlichen Fragen eingehen, die dabei auftreten können.

Sind Sie bereit? Dann zücken Sie Ihren virtuellen Bauhelm und folgen Sie uns auf unsere informative Reise durch die Welt der geschlossenen Bauweise.

Die geschlossene Bauweise – eine Begriffsklärung

Zunächst einmal wollen wir klären, was eigentlich hinter dem Begriff „geschlossene Bauweise“ steckt. Anders als offen bebaute Grundstücke, bei denen die Gebäude freistehend sind, handelt es sich bei der geschlossenen Bauweise um eine Ansammlung von Gebäuden, die direkt aneinandergrenzen.

Typischerweise kommt diese Bauweise in Innenstadtbereichen und Wohnsiedlungen zum Einsatz. Dabei gibt es sowohl Einzel- als auch Doppelhäuser. Die zugrundeliegende Grundstücksordnung hat neben städtebaulichen Aspekten auch rechtliche Relevanz. So gibt es gesetzliche Vorgaben, die bei einer geschlossenen Bauweise eingehalten werden müssen.

Rechtliche Rahmenbedingungen und Normen

Im deutschen Baurecht, das auf Bundes- und Landesebene geregelt ist, finden sich diverse Gesetze und Verordnungen, die Sie bei der Planung und Umsetzung einer geschlossenen Bauweise beachten sollten. Hier eine Auswahl der wichtigsten Rechtsnormen:

Das Baugesetzbuch und seine Bedeutung für die geschlossene Bauweise

Das Baugesetzbuch (BauGB) ist die zentrale Rechtsquelle des Bauplanungsrechts in Deutschland. Es gibt unter anderem vor, inwieweit die Anordnung der Gebäude auf einem Grundstück geregelt werden muss. § 22 BauGB befasst sich speziell mit der geschlossenen Bauweise:

§ 22 BauGB: Geschlossene Bauweise
(1) Bei der geschlossenen Bauweise sind die Gebäude ohne seitliche Grenzabstände zu errichten. Die Gemeinde kann durch Bebauungsplan bestimmen, dass in den einzelnen Baugrenzen oder zu einzelnen Nachbargrenzen bestimmte Grenzabstände einzuhalten sind.
(2) Werden bei einer Errichtung eines auf ein Grundstück an der Vorder- und Rückseite angebauten Gebäudes (Anbau) die gemäß Absatz 1 zulässigen Grenzabstände nicht eingehalten, so kann der Nachbar verlangen, dass seine zufälligen Aufwendungen, die sich aus der Nichtbeachtung der Mindestabstände ergeben, ersetzt werden.
(3) Der Nachbar kann das Recht nach Absatz 2 nur bis zum Beginn der benachbarten Bauausführungen geltend machen.

Der Paragraph macht deutlich, dass bei einer geschlossenen Bauweise die seitlichen Grenzabstände entfallen dürfen. Das bedeutet, dass angrenzende Gebäude direkt aneinander gebaut werden können, ohne dass ein bestimmter Abstand eingehalten werden muss. Allerdings kann die Gemeinde mittels eines Bebauungsplans individuelle Regelungen aufstellen, zum Beispiel hinsichtlich der Einhaltung bestimmter Abstände oder der Art der Bebauung.

Die Rolle der Landesbauordnungen

Während das BauGB auf Bundesebene geregelt ist, sind die Landesbauordnungen (LBO) auf Länderebene festgelegt. Sie enthalten weitere Bestimmungen, die neben den Regelungen des BauGB bei der Planung und Umsetzung einer geschlossenen Bauweise eingehalten werden müssen. Dazu gehören beispielsweise Vorgaben zum Brandschutz, zur energetischen Gebäudesanierung oder auch zu gestalterischen Aspekten.

Auswirkungen auf das Nachbarrecht und Eigentumsgrenzen

Die geschlossene Bauweise wirft einige rechtliche Fragen im Bereich des Nachbarrechts auf. Schließlich sind die Grundstücksgrenzen zwischen zwei aneinandergrenzenden Gebäuden in dieser Bauweise oft schwer nachvollziehbar. Wie sieht es mit dem Eigentum an der gemeinsamen Grenzwand aus? Was passiert, wenn ein Nachbar die Wand durchbrechen möchte, um beispielsweise einen Durchgang zu schaffen?

Eigentum an der gemeinsamen Grenzwand

Grundsätzlich gilt, dass jeder Eigentümer eines angrenzenden Gebäudes das Miteigentum an der gemeinsamen Wand besitzt. Dies ergibt sich aus § 921 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB):

§ 921 BGB Gemeinschaftliches Eigentum
(1) An dem Grenzzeichen, das zwei Grundstücke trennt, sowie an der gemeinschaftlichen Brandmauer steht den Eigentümern der Grundstücke ein Gemeinschaftliches Eigentum zu.
(2) Soll das Recht dem Inhalt nach beschränkt sein, so ist zur Errichtung eines eigenen Grenzzeichens oder einer eigenen Brandmauer berechtigt.

Das bedeutet, dass auch bei einer Weiterveräußerung des jeweiligen Grundstücks das Miteigentum an der Grenzwand bestehen bleibt.

Mögliche Streitpunkte unter Nachbarn

Da die geschlossene Bauweise den direkten Kontakt zwischen zwei Gebäuden ermöglicht, kann es auch zu nachbarrechtlichen Problemen kommen. So stellen sich beispielsweise folgende Fragen:

  • Welche Rechte und Pflichten hat ein Nachbar, wenn es um die Instandhaltung und Sanierung der gemeinsamen Grenzwand geht?
  • Unter welchen Voraussetzungen darf ein Nachbar eine Wand durchbrechen, um beispielsweise eine Verbindung zwischen zwei Räumen zu schaffen?
  • Wie verhält es sich, wenn ein Gebäude abgerissen wird, das angrenzende Gebäude jedoch stehen bleiben soll? Welche Auswirkungen hat dies auf die Standsicherheit und wie können beide Parteien angemessen ihre Interessen vertreten?

Die Beantwortung dieser Fragen hängt oftmals von den individuellen Umständen ab und sollte im Zweifelsfall mit juristischer Unterstützung geklärt werden.

Bauliche Anforderungen und Besonderheiten

Nicht nur rechtlich, auch baulich bringt die geschlossene Bauweise einige Herausforderungen mit sich. Dazu zählen beispielsweise:

  • Die gezielte Planung von Fensteröffnungen, um die Privatsphäre der Bewohner zu schützen
  • Beachtung von Schallschutzanforderungen bei der Planung von Wänden und Decken
  • Optimierung der vorhandenen Flächen, um eine maximale Grundstücksausnutzung zu erreichen

Fenster- und Lichtplanung

Da die Seitenwände der Gebäude in einer geschlossenen Bauweise direkt aneinandergrenzen, ist es wichtig, die Fensteröffnungen so zu planen, dass die Privatsphäre der Bewohner gewahrt bleibt. Das bedeutet, dass nur die Vorder- und Rückseite der Gebäude Fenster haben sollten, während bei den Seitenwänden darauf verzichtet werden kann. Erfolgt der Einbau von Fenstern in den Seitenwänden, so ist der Blick ins Nachbargebäude entsprechend einzuschränken.

Notwendige Rücksichtnahme auf Schall- und Wärmeschutz

Bei Gebäuden in geschlossener Bauweise stellt auch der Schallschutz eine Herausforderung dar. Da aneinandergrenzende Gebäude das Potenzial haben, Geräusche direkt an den Nachbarn weiterzugeben, ist es wichtig, die Anforderungen an den Schallschutz zwischen den Wohneinheiten zu beachten.

Dies kann beispielsweise durch den Einsatz von schallschluckenden Materialien oder baulichen Maßnahmen zur Isolation erreicht werden. Auch der Wärmeschutz spielt eine entscheidende Rolle, um die Energieeffizienz der Gebäude zu optimieren.

Grundstücksausnutzung

Die geschlossene Bauweise ermöglicht eine effiziente Grundstücksausnutzung. Im städtischen Bereich ist dies oft besonders wichtig, da die Grundstücke oft klein und teuer sind. Durch die direkte Bebauung an den Grundstücksgrenzen können mehr Wohn- oder Nutzeinheiten auf einem Grundstück erstellt werden. Allerdings ist dabei darauf zu achten, dass die beabsichtigte Nutzung im Einklang mit den Bestimmungen des Bebauungsplans und des Baurechts steht.

Brandschutz bei geschlossener Bauweise

Ein besonderes Augenmerk sollte bei der geschlossenen Bauweise auf den Brandschutz gelegt werden. Durch die direkte angrenzende Bebauung können sich im Falle eines Brandes die Flammen und der Rauch schnell auf benachbarte Gebäude ausbreiten. Daher sind adäquate Brandschutzmaßnahmen unerlässlich, um sowohl die Bewohner als auch die angrenzenden Gebäude bestmöglich zu schützen.

Brandschutzbestimmungen in der Landesbauordnung

Die Landesbauordnungen enthalten neben baurechtlichen Bestimmungen auch Vorgaben zum Brandschutz, die bei einer geschlossenen Bauweise Beachtung finden müssen. Dies können etwa Regelungen zur Brandwand, zum Feuerwiderstand von Bauteilen oder zur Sicherstellung von Rettungswegen und Löschzugängen sein.

Da die Brandschutzbestimmungen von Bundesland zu Bundesland variieren können, ist es wichtig, sich mit den einschlägigen Regelungen in Ihrer Region vertraut zu machen und diese in die Planung Ihres Bauvorhabens zu integrieren.

Entwicklung von Brandschutzkonzepten

Für eine umfassende Sicherheit ist es empfehlenswert, ein individuelles Brandschutzkonzept für Ihr Bauvorhaben in geschlossener Bauweise zu entwickeln. Dabei sind die Vorgaben der Bauordnungen, die Anforderungen an den baulichen Brandschutz sowie die Zusammensetzung und Nutzung der Gebäude zu berücksichtigen. Ein Brandschutzkonzept sollte unter anderem folgende Aspekte beinhalten:

  • Rauch- und Wärmeabzugsanlagen (RWA)
  • Beschreibung der verwendeten Baustoffe und deren Feuerwiderstandsklassen
  • Brandschutzabschottungen und -klappen
  • Rettungs- und Evakuierungswege
  • Feuerlöscheinrichtungen
  • Alarmierungs- und Entrauchungskonzepte

Um ein optimales Brandschutzkonzept zu entwickeln, kann es ratsam sein, einen Fachplaner oder einen Sachverständigen für Brandschutz hinzuzuziehen. Sie können dabei helfen, die rechtlichen Anforderungen und die praktische Umsetzung in Einklang zu bringen und ein bestmögliches Brandschutzkonzept für Ihr Bauvorhaben zu entwickeln.

Diversität der geschlossenen Bauweise: Bebauungsformen und Architekturstile

Die geschlossene Bauweise ist keine monolithische Erscheinung, sondern kann in vielfältigen Formen und Architekturstilen auftreten. Je nach örtlichen Gegebenheiten, regionalen Traditionen und individuellen Vorlieben bieten sich unterschiedliche Optionen an, um ein Bauvorhaben in geschlossener Bauweise zu realisieren. Hier einige Beispiele:

  • Reihenhäuser
  • Terrassenhäuser
  • Geschosswohnungsbau
  • Altstadtbebauungen bzw. historische Gebäudeensembles
  • Moderne Stadthäuser
  • Mischformen aus Wohn- und Gewerbebau

Durch die Vielzahl an möglichen Bebauungsformen und Architekturstilen entstehen lebendige und abwechslungsreiche Stadtbilder, die sowohl funktional als auch ästhetisch ansprechend sind. Dabei können sich sowohl historische als auch zeitgenössische Architekturen in der geschlossenen Bauweise finden, welche die Identität und Atmosphäre einer Stadt oder eines Stadtteils maßgeblich prägen.

Nachhaltigkeit bei der geschlossenen Bauweise

Die geschlossene Bauweise bietet neben einigen Herausforderungen auch Chancen im Hinblick auf die Nachhaltigkeit. So trägt die effiziente Grundstücksausnutzung zur Schonung von Ressourcen und Flächen bei, insbesondere in dicht besiedelten Gebieten. Auch energetische Aspekte können bei der Planung und Umsetzung von Bauvorhaben in geschlossener Bauweise eine Rolle spielen:

  • Niedrigerer Energieverbrauch durch geringere Außenflächen
  • Potenziale für erneuerbare Energienutzung oder E-Mobilität (Photovoltaik, Elektroauto-Ladestationen)
  • Einbindung von Grünflächen und urbanem Grün, zum Beispiel durch Dachgärten, begrünte Fassaden oder Innenhöfe
  • Verwendung ökologischer Baustoffe
  • Nachhaltige Bewirtschaftung von Gebäuden (Gebäudeautomation, Regenwassernutzung, Mülltrennung)

Die geschlossene Bauweise bietet somit auch Chancen für eine nachhaltige Stadtentwicklung, indem sie städtebauliche, energetische und ökologische Aspekte miteinander verknüpft und auf individuelle Bedürfnisse und Vorgaben abgestimmt wird.

Die zentrale Bedeutung des Bebauungsplans

Der Bebauungsplan ist ein wesentliches Instrument der Stadt- und Gemeindeplanung. Er enthält Vorgaben über die zulässige Art und das zulässige Maß der Bebauung auf einem Grundstück. Darin finden sich Festsetzungen bezüglich der Bauweise, der Bebaubarkeit, der Dichte, der Wohn- und Nutzungsgebiete sowie eventuell weitere Regelungen, die für Ihr Bauvorhaben relevant sein könnten.

In der Praxis kommt es somit vor allem auf den konkreten Bebauungsplan der jeweiligen Gemeinde an, welche Anforderungen an ein Bauvorhaben in geschlossener Bauweise gestellt werden.

Auseinandersetzung mit dem Bebauungsplan

Bevor Sie ein Bauvorhaben in geschlossener Bauweise angehen, ist es von zentraler Bedeutung, sich intensiv mit dem Bebauungsplan der Gemeinde auseinanderzusetzen und die darin enthaltenen Vorgaben zu analysieren. So ist unter anderem zu klären:

  • Ob die Gemeinde mittels Bebauungsplan überhaupt eine geschlossene Bauweise zulässt oder eine offene Bauweise bevorzugt.
  • Welche Anforderungen und Regelungen in Bezug auf Freiflächen, Grünflächen und Gemeinschaftsflächen bestehen.
  • Ob der Bebauungsplan bestimmte Abstandsflächen oder Grenzabstände vorschreibt.
  • Welche Anforderungen und Vorgaben bezüglich der baulichen Gestaltung, z. B. Dachform, Fassade, Materialien, bestehen.

Sich mit diesen Regelungen auseinanderzusetzen, kann Ihnen dabei helfen, spätere rechtliche Probleme zu vermeiden und ein Bauvorhaben zu planen, das den Anforderungen der geschlossenen Bauweise entspricht.

Fazit: Die geschlossene Bauweise bietet Chancen und Herausforderungen

Die geschlossene Bauweise ist eine interessante Alternative zur offenen Bauweise, ermöglicht eine maximale Grundstücksausnutzung und hat ihren unverwechselbaren Charme. Allerdings müssen Bauherren, Architekten und Investoren bei der Planung und Umsetzung dieses Baukonzepts auf eine Vielzahl rechtlicher, baulicher und planerischer Herausforderungen achten.

Dazu gehören insbesondere die Anforderungen des Baurechts, der Landesbauordnungen und der Bebauungspläne der jeweiligen Gemeinden, die nicht selten sehr verschieden sein können.

Bei Unklarheiten oder Detailfragen empfiehlt es sich, auf eine rechtliche Beratung zurückzugreifen, um unliebsame Überraschungen während oder nach Fertigstellung des Bauvorhabens zu vermeiden.

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