Das Gewerberecht ist ein wichtiger Bestandteil des Wirtschaftslebens und beeinflusst die Geschäftstätigkeit maßgeblich. Eines der wesentlichen Instrumente im Rahmen des Gewerberechts ist die Gewerbeuntersagung. Mit diesem Beitrag wollen wir Ihnen einen umfassenden Einblick in die rechtlichen Rahmenbedingungen geben, die hinter der Gewerbeuntersagung stehen, aktuelle Gerichtsentscheidungen veranschaulichen und schließlich die häufigsten Fragen in diesem Zusammenhang beantworten.

Inhalt

  • Gesetzliche Grundlagen
  • Voraussetzungen für eine Gewerbeuntersagung
  • Verfahren und Rechtsschutz
  • Gewerbeuntersagung und Rechtsfolgen
  • Aktuelle Gerichtsurteile
  • Häufige Fragen zur Gewerbeuntersagung

Gesetzliche Grundlagen

Die rechtlichen Grundlagen für die Gewerbeuntersagung finden sich vor allem in der Gewerbeordnung (GewO) und den entsprechenden Verwaltungsvorschriften. Die Gewerbeordnung ist das zentrale Gesetz im Bereich des Gewerberechts und regelt unter anderem die Ausübung von Gewerbe, die Anmeldung und Abmeldung von Gewerben und die gewerberechtliche Aufsicht.

Die oberste Behörde für Angelegenheiten des Gewerberechts ist das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Die zentralen Regelungen für die Gewerbeuntersagung finden sich in § 35 GewO und werden in den folgenden Kapiteln erläutert.

Voraussetzungen für eine Gewerbeuntersagung

Nach § 35 Abs. 1 GewO kann die zuständige Behörde die Ausübung eines Gewerbes ganz oder teilweise untersagen, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

  • die Person, die das Gewerbe ausübt, ist in Bezug auf das Gewerbe unzuverlässig.
  • die Unzuverlässigkeit erstreckt sich auch auf das Betriebsleiter-Gewerbe.

Unzuverlässigkeit

Die Beurteilung der Unzuverlässigkeit ist eine Ermessensentscheidung der zuständigen Behörde, die anhand der Umstände des Einzelfalls erfolgt. In der Regel ist eine Person unzuverlässig, wenn sie in der Vergangenheit in schwerwiegender Weise gegen gewerberechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen hat und aufgrund dessen die Gefahr besteht, dass sie auch in Zukunft gegen solche Vorschriften verstoßen wird.

Zu den relevanten Verstößen gehören insbesondere:

Es ist jedoch zu beachten, dass die Unzuverlässigkeit immer im Zusammenhang mit dem Gewerbe steht, d.h. die Unzuverlässigkeit muss sich konkret auf das ausgeübte Gewerbe beziehen.

Betriebsleiter-Gewerbe

Die Unzuverlässigkeit muss sich auch auf das Betriebsleiter-Gewerbe erstrecken. Die Rolle des Betriebsleiters ist von zentraler Bedeutung, da er für die ordnungsgemäße Führung des Betriebes verantwortlich ist. Wenn sowohl der Gewerbetreibende als auch der Betriebsleiter unzuverlässig sind, ist die Voraussetzung für eine Gewerbeuntersagung erfüllt.

Verfahren und Rechtsschutz

Verwaltungsverfahren

Die Entscheidung über eine Gewerbeuntersagung erfolgt im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens durch die zuständige Behörde, in der Regel das Gewerbeamt oder das Ordnungsamt. Im Verfahren sind die gesetzlichen Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) zu beachten, insbesondere das rechtliche Gehör, d.h. die Möglichkeit, Stellung zu den Vorwürfen und der beabsichtigten Untersagung zu nehmen.

Rechtsschutz

Gegen die Entscheidung über eine Gewerbeuntersagung kann der Betroffene innerhalb eines Monats schriftlich Widerspruch einlegen. Der Widerspruch ist bei der Behörde einzulegen, die die Untersagung ausgesprochen hat. Wird dem Widerspruch nicht abgeholfen, kann binnen eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids Klage beim zuständigen Verwaltungsgericht erhoben werden.

Das Verwaltungsgericht prüft die Rechtmäßigkeit der Gewerbeuntersagung in vollem Umfang. Dabei werden insbesondere die Erfüllung der Voraussetzungen, die Verhältnismäßigkeit der Untersagung und die Einhaltung der Verfahrensvorschriften geprüft.

In eiligen Fällen kann der Betroffene auch einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz (Eilverfahren) beim Verwaltungsgericht stellen, um die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wiederherzustellen oder anzuordnen, dass die Behörde die Untersagung vorläufig zurücknimmt.

Gewerbeuntersagung und Rechtsfolgen

Die Gewerbeuntersagung hat zur Folge, dass der Betroffene das Gewerbe ab dem Zeitpunkt der Vollziehung der Untersagung nicht mehr ausüben darf. Die Untersagung kann sich auf das gesamte Gewerbe oder auf bestimmte Teile beziehen. In der Regel ist die Untersagung zeitlich unbefristet, sie kann jedoch auch mit einer Befristung oder Bedingung versehen werden.

Die Gewerbeuntersagung ist ein schwerwiegender Eingriff in die wirtschaftliche Betätigung und kann daher erhebliche finanzielle und persönliche Folgen für den Betroffenen haben. Die Untersagung kann dazu führen, dass der Betrieb geschlossen werden muss, Mitarbeiter entlassen werden müssen oder Vertragspartner verloren gehen. Darüber hinaus kann die Untersagung negative Auswirkungen auf das Ansehen des Betroffenen in der Branche und bei Kunden haben.

Um diese schwerwiegenden Folgen zu vermeiden, ist es wichtig, die Voraussetzungen und Rechtsfolgen einer Gewerbeuntersagung genau zu kennen und sich frühzeitig anwaltlichen Beistand zu sichern, um im Falle einer Untersagung strategisch und juristisch optimal aufgestellt zu sein.

Aktuelle Gerichtsurteile

Im Folgenden geben wir Ihnen einen Überblick über einige aktuelle Gerichtsentscheidungen zum Thema Gewerbeuntersagung:

Untersagung wegen Steuerhinterziehung und Schwarzarbeit (VG Köln, Urteil vom 25. Juni 2020, Az. 1 K 6727/18)

In diesem Fall hatte das Verwaltungsgericht Köln über die Klage eines Gewerbetreibenden zu entscheiden, dem aufgrund von Steuerhinterziehung und Schwarzarbeit die Ausübung seines Gewerbes untersagt worden war. Der Kläger betrieb ein Bauunternehmen und hatte über einen Zeitraum von mehreren Jahren Sozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuer nicht abgeführt sowie Schwarzarbeit organisiert.

Das Gericht bestätigte die Gewerbeuntersagung und wies die Klage ab. Es stellte fest, dass die Unzuverlässigkeit des Klägers in Bezug auf das Gewerbe gegeben war und die Untersagung verhältnismäßig und angemessen sei. Die schwerwiegenden Verstöße gegen Steuergesetze und das Sozialversicherungsrecht rechtfertigten die Annahme, dass der Gewerbetreibende auch in Zukunft gegen solche Vorschriften verstoßen werde.

Keine Untersagung bei fehlender betrieblicher Verantwortung (VG Gelsenkirchen, Urteil vom 14. Juni 2018, Az. 16 K 421/16)

Dagegen hatte das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen in einer anderen Entscheidung die Untersagung der gewerblichen Tätigkeit einer Klägerin aufgehoben. Die Frau betrieb ein Restaurant, in dem wiederholt Verstöße gegen das Lebensmittelrecht, das Arbeitsschutzrecht und das Sozialversicherungsrecht festgestellt wurden. Die Klägerin selbst war jedoch nicht aktiv in die betrieblichen Abläufe eingebunden, sondern hatte die Betriebsführung einem Dritten übertragen.

Das Gericht entschied, dass in diesem Fall die Unzuverlässigkeit der Klägerin in Bezug auf das Gewerbe nicht festgestellt werden könne, da die festgestellten Verstöße nicht auf ihr persönliches Handeln oder Verschulden zurückzuführen seien. Die Gewerbeuntersagung sei daher rechtswidrig und die Klage erfolgreich.

Untersagung bei Cannabis-Handel (VG Berlin, Beschluss vom 10. März 2020, Az. 4 L 192.20)

Ein weiterer Fall wurde vom Verwaltungsgericht Berlin entschieden. Dort wurde einem Betreiber von CBD-Shops, die Cannabisprodukte verkauften, die weitere Ausübung des Gewerbes untersagt. Die Behörde ging davon aus, dass die verkauften Produkte nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprachen und der Betreiber insofern unzuverlässig sei.

Das Gericht bestätigte die Untersagung im Eilverfahren und führte aus, dass aufgrund der wiederholten Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz, das Lebensmittelrecht und das Arzneimittelrecht die Unzuverlässigkeit des Betreibers gegeben sei. Durch den Verkauf von nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Produkten werde die öffentliche Gesundheit gefährdet, was eine Gewerbeuntersagung rechtfertige.

Häufige Fragen zur Gewerbeuntersagung

Wie kann ich gegen eine Gewerbeuntersagung vorgehen?

Wenn Ihnen die Ausübung Ihres Gewerbes untersagt wurde, haben Sie das Recht, innerhalb eines Monats schriftlich Widerspruch gegen die Verfügung einzulegen. Sollte Ihrem Widerspruch nicht stattgegeben werden, können Sie innerhalb eines Monats Klage beim zuständigen Verwaltungsgericht erheben. Um Ihre Erfolgsaussichten zu erhöhen, ist es ratsam, sich frühzeitig an einen erfahrenen Rechtsanwalt zu wenden.

Wann verjährt eine Gewerbeuntersagung?

Grundsätzlich gibt es keine gesetzliche Verjährungsfrist für Gewerbeuntersagungen. Allerdings sind Behörden verpflichtet, Verwaltungsakte – und damit auch Gewerbeuntersagungen – unverzüglich zu erlassen, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen. Im Einzelfall kann eine längere Zeitspanne zwischen den relevanten Verstößen und der Untersagung dazu führen, dass die Untersagung rechtswidrig ist. Hier ist eine anwaltliche Prüfung des Einzelfalls erforderlich.

Kann ich nach einer Gewerbeuntersagung ein neues Gewerbe anmelden?

Die Gewerbeuntersagung gilt grundsätzlich nur für das betroffene Gewerbe oder die untersagten gewerblichen Tätigkeiten. Eine Anmeldung eines neuen, nicht von der Untersagung betroffenen Gewerbes ist daher im Prinzip möglich. Allerdings könnte auch hier die Frage der Zuverlässigkeit im Raum stehen und eine Prüfung durch die Gewerbebehörde erforderlich machen.

Gilt eine Gewerbeuntersagung auch für andere Bundesländer?

Ja, eine Gewerbeuntersagung ist bundesweit wirksam und betrifft somit auch eine etwaige Gewerbeausübung in anderen Bundesländern. Eine Umgehung der Untersagung durch eine Verlagerung des Gewerbes in ein anderes Bundesland ist somit nicht möglich.

Fazit

Die Gewerbeuntersagung ist ein wesentliches Instrument im Rahmen des Gewerberechts, um die Einhaltung der geltenden Vorschriften sicherzustellen und die Allgemeinheit vor unzuverlässigen Gewerbetreibenden zu schützen. Gleichzeitig ist die Untersagung ein gravierender Eingriff in die wirtschaftliche Betätigung, der erhebliche persönliche und finanzielle Folgen haben kann. Daher ist es von großer Bedeutung, die Voraussetzungen und Rechtsfolgen einer Gewerbeuntersagung genau zu kennen und sich im Zweifelsfall rechtzeitig anwaltlichen Beistand zu suchen.

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