In der heutigen schnelllebigen Welt ist es unvermeidlich, dass Rechtsstreitigkeiten immer häufiger vorkommen. Gerichtsverfahren können jedoch langwierig, teuer und belastend für die beteiligten Parteien sein. Deshalb gewinnt die Güteverhandlung als Möglichkeit zur Beilegung von Rechtsstreitigkeiten immer mehr an Bedeutung. In diesem umfassenden Blog-Beitrag wird erörtert, was eine Güteverhandlung ist, warum sie in Betracht gezogen werden sollte, welche rechtlichen Rahmenbedingungen für sie gelten und wie sie im Einzelnen abläuft. Dabei werden rechtliche Ausführungen, Gesetze, aktuelle Gerichtsurteile und häufig gestellte Fragen behandelt, um Ihnen ein umfassendes Verständnis dieser effektiven Alternative zur gerichtlichen Klärung von Rechtsstreitigkeiten zu bieten.

Was ist eine Güteverhandlung?

Die Güteverhandlung, auch als Güterichterverfahren, Mediation oder Schlichtung bezeichnet, ist ein freiwilliges Verfahren zur außergerichtlichen Beilegung von Rechtsstreitigkeiten. Bei diesem Verfahren kommen die beteiligten Parteien unter der Leitung eines neutralen Dritten, des sogenannten Güterichters oder Mediators, zusammen, um eine einvernehmliche Lösung für ihren Konflikt zu finden. Dabei ist das Ziel, eine für beide Seiten zufriedenstellende Vereinbarung zu erreichen, ohne dass ein Gericht einschreiten muss.

Vorteile der Güteverhandlung

Die Güteverhandlung bietet zahlreiche Vorteile gegenüber einem gerichtlichen Verfahren. Hier sind einige Gründe, warum eine Güteverhandlung in Betracht gezogen werden sollte:

  • Zeit- und Kosteneffizienz: Gerichtsverfahren können viele Monate oder sogar Jahre dauern und hohe Kosten verursachen. Güteverhandlungen hingegen sind in der Regel viel schneller und weniger kostspielig.
  • Vertraulichkeit und Privatsphäre: Während Gerichtsverfahren in der Regel öffentlich sind, sind Güteverhandlungen vertraulich und können somit den Ruf der Streitparteien schützen.
  • Flexibilität und Kontrolle: Die Parteien bestimmen selbst, wie das Verfahren gestaltet wird und behalten so die Kontrolle über den Lösungsprozess.
  • Förderung der Kommunikation: Die informelle Atmosphäre einer Güteverhandlung ermöglicht bessere Kommunikation und Verständigung zwischen den Parteien.
  • Erhalt von Geschäftsbeziehungen: Durch eine einvernehmliche Lösung können die Parteien ihre Geschäfts- oder persönlichen Beziehungen durch eine konstruktive Zusammenarbeit erhalten.

Rechtliche Grundlagen der Güteverhandlung

In vielen Ländern sind die rechtlichen Grundlagen für die Durchführung von Güteverhandlungen gesetzlich verankert. In Deutschland beispielsweise ist die Möglichkeit zur Güteverhandlung in folgenden Gesetzen geregelt:

  • § 15 a EGZPO (Einführungsgesetz zur Zivilprozessordnung): Schafft eine gesetzliche Grundlage für Güteverhandlungen in Landgerichtsbezirken und eine Verpflichtung für die Landesregierungen, gesetzliche Regelungen für die Führung von Güteverhandlungen vor solchen Stellen zu erlassen.
  • Gütestellenverordnungen der Bundesländer: Legen die Voraussetzungen für die Anerkennung von Gütestellen sowie die Durchführung von Güteverhandlungen in den jeweiligen Bundesländern fest.
  • § 278 Abs. 2 ZPO (Zivilprozessordnung): Ermöglicht den Richtern, eine Güteverhandlung innerhalb eines Zivilverfahrens vorzuschlagen oder anzuregen.
  • § 280, 281, 282 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Regeln die außergerichtliche Schlichtung von Rechtsstreitigkeiten und legen fest, dass eine Güteverhandlung als Beginn der Verjährungshemmung wirkungsgleich ist.

Ablauf einer Güteverhandlung

Der genaue Ablauf einer Güteverhandlung kann von Fall zu Fall leicht variieren. Im Allgemeinen beginnt die Güteverhandlung jedoch mit der schriftlichen oder mündlichen Einigung der Parteien, das Güteverfahren durchzuführen. Im Folgenden wird der typische Ablauf einer Güteverhandlung beschrieben:

  1. Eröffnungssitzung: Zu Beginn der Güteverhandlung eröffnet der Güterichter die Sitzung und gibt einen Überblick über das Verfahren und die Ziele der Verhandlung.
  2. Stellungnahmen der Parteien: Jede Partei hat die Gelegenheit, ihren Standpunkt und ihre Interessen darzulegen, ohne Unterbrechungen oder Störungen durch die Gegenpartei.
  3. Separate Prüfung der Interessen: Der Güterichter untersucht die Interessen beider Parteien und die möglichen Gründe für ihre unterschiedlichen Standpunkte.
  4. Erarbeitung von Lösungsmöglichkeiten: Beide Parteien versuchen zusammen mit dem Güterichter, alternative Lösungen für den Konflikt zu finden und ihre jeweiligen Vor- und Nachteile abzuwägen.
  5. Verhandlung: Die Parteien diskutieren über die entwickelten Lösungsmöglichkeiten, um auf eine gemeinsame Vereinbarung hinzuarbeiten.
  6. Vereinbarung und Abschluss: Wenn die Parteien eine Einigung erzielen, wird diese schriftlich festgehalten, von beiden Parteien unterschrieben und ist damit rechtlich bindend. Wenn keine Einigung erzielt wird, können die Parteien ihren Rechtsstreit weiterhin gerichtlich klären lassen.

Aktuelle Gerichtsurteile zur Güteverhandlung

Im Folgenden werden einige aktuelle Gerichtsurteile aufgeführt, die die Bedeutung und Wirksamkeit von Güteverhandlungen in der Praxis belegen:

  • Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 11.04.2019 (IX ZB 8/18): In diesem Fall betonte der BGH die Notwendigkeit, dass Schuldner und Gläubiger bei einer Güteverhandlung offen und ehrlich miteinander verhandeln und Informationen austauschen müssen, um ein faires Verfahren zu gewährleisten.
  • Oberlandesgericht (OLG) Hamm, Beschluss vom 06.04.2017 (15 W 104/17): Das OLG Hamm bekräftigte in diesem Urteil, dass eine erfolgreiche Güteverhandlung auch ohne unmittelbare Anwesenheit der Parteien möglich ist, wenn sie durch einen bevollmächtigten Vertreter an der Verhandlung teilnehmen.
  • Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 16.03.2017 (VII ZR 198/16): Der BGH entschied, dass die Durchführung einer Güteverhandlung von einem Gericht auch dann angeordnet werden kann, wenn bereits ein gerichtliches Verfahren anhängig ist. Dadurch sollen alle Möglichkeiten zur Streitbeilegung ausgeschöpft werden.

Häufig gestellte Fragen (FAQs)

Im Folgenden werden einige häufig gestellte Fragen zum Thema Güteverhandlung behandelt:

Ist die Teilnahme an einer Güteverhandlung verpflichtend?

Die Teilnahme an einer Güteverhandlung ist grundsätzlich freiwillig, da beide Parteien zustimmen müssen, das Verfahren durchzuführen. Allerdings kann in einigen Fällen die Durchführung einer Güteverhandlung vor der Klageerhebung vorgeschrieben sein. Bei bestimmten Streitigkeiten, wie beispielsweise in nachbarrechtlichen Angelegenheiten, besteht in manchen Bundesländern eine gesetzliche Güteanrufungspflicht.

Muss der Güterichter ein Rechtsanwalt oder Richter sein?

Der Güterichter muss nicht zwingend ein Rechtsanwalt oder Richter sein, sollte jedoch über die erforderliche Kompetenz und Erfahrung in der Schlichtung von Rechtsstreitigkeiten verfügen. In der Regel handelt es sich bei Güterichtern um speziell ausgebildete Personen, die über eine entsprechende Zertifizierung verfügen.

Wie lange dauert eine Güteverhandlung?

Die Dauer einer Güteverhandlung ist abhängig von der Komplexität des Falles und der Verhandlungsbereitschaft der Parteien. In der Regel sind Güteverhandlungen jedoch deutlich schneller als gerichtliche Verfahren, da keine zeitaufwändigen Beweisaufnahmen oder Schriftsatzwechsel erforderlich sind. Oft kann ein Güteverfahren innerhalb weniger Stunden oder wenigen Terminen abgeschlossen werden.

Ist das Ergebnis einer Güteverhandlung rechtsgültig?

Ja, wenn die Parteien während einer Güteverhandlung eine Einigung erzielen und diese schriftlich festhalten, ist diese Vereinbarung rechtlich bindend und durchsetzbar. Diese sog. Vergleichsvereinbarung hat den Rang eines vollstreckbaren Titels, der auch gerichtlich vollstreckt werden kann.

Fazit

Die Güteverhandlung ist eine effektive Alternative zur gerichtlichen Klärung von Rechtsstreitigkeiten, die sowohl Zeit als auch Kosten spart und dazu beiträgt, die Beziehung zwischen den beteiligten Parteien zu erhalten. Durch ihre Flexibilität, Vertraulichkeit und Förderung der Kommunikation können Güteverhandlungen eine Win-Win-Situation für beide Seiten schaffen. Da immer mehr Gesetzgeber weltweit die Güteverhandlung als Alternative zur gerichtlichen Auseinandersetzung fördern, lohnt es sich, dieses Verfahren ernsthaft in Betracht zu ziehen, wenn man vor einem Rechtsstreit steht. Die rechtlichen Grundlagen und der Prozess der Güteverhandlung variieren je nach Rechtsordnung und Sachverhalt, weshalb eine individuelle Beratung durch einen erfahrenen Rechtsanwalt unerlässlich ist, um den bestmöglichen Weg zur Beilegung eines Rechtsstreits zu finden.

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