Handyaufnahmen Gericht – Wenn bei einer hitzigen Diskussion am Nachbarszaun plötzlich mit dem Smartphone draufgehalten wird, könnte man fast meinen, der nächste Viralhit auf YouTube steht in den Startlöchern. Doch Scherz beiseite: Immer öfter kommt es vor, dass Laien wie Profis Handyvideos und -bilder zur Beweisführung in einem Gerichtsverfahren nutzen wollen.

Aber ist das überhaupt zulässig? Lassen Sie sich von uns, einer erfahrenen Anwaltskanzlei, durch den Dschungel der gesetzlichen Bestimmungen führen und erfahren Sie, was Sie rund um das Thema Handyaufnahmen vor Gericht wissen müssen.

Auf dem Weg zum digitalen Beweismittel

Die Technik schreitet voran, Smartphones sind mittlerweile nicht nur Kommunikationszentrale, sondern auch handliche Kompaktkamera und -camcorder. Es ist also kein Wunder, dass immer mehr Menschen ihr Handy zücken, um einmalige Erlebnisse oder potenzielle Beweismittel festzuhalten.

Sämtliche Aufnahmen von Straftaten, Unfällen oder Streitigkeiten können dabei durchaus wertvolle Informationen liefern. Doch um Missverständnissen vorzubeugen, sollte man sich zuerst einmal darüber im Klaren sein, welche rechtlichen Rahmenbedingungen für Handyaufnahmen in Gerichtsverfahren gelten.

Handyaufnahmen im Zivil- und Strafprozess – unterschiedliche Regeln

Grundsätzlich ist zu unterscheiden, ob Sie im Rahmen eines Zivil- oder Strafprozesses eine Handyaufnahme als Beweismittel verwenden möchten. Im Folgenden gehen wir auf beide Situationen näher ein:

Handyaufnahmen im Zivilprozess

Im Zivilprozess geht es darum, streitige Rechtsansprüche zwischen zwei oder mehreren Parteien durch richterliche Entscheidung zu klären. Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 286 ZPO) besagt hier, dass das Gericht sämtliche zur Verfügung stehenden Beweismittel in seine Entscheidung einbeziehen kann. Dazu zählen auch Handyaufnahmen, solange Sie im Einzelfall geeignet sind, den Nachweis einer Tatsache zu führen.

Die Persönlichkeitsrechte und die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO)

Allerdings sind auch im Zivilprozess gewisse Grenzen zu beachten. So müssen bei der Verwendung von Handyaufnahmen stets Persönlichkeitsrechte und die DSGVO gewahrt werden. Dies bedeutet zum Beispiel, dass die Personen, die in der Aufnahme erkennbar sind, grundsätzlich damit einverstanden sein müssen oder ein berechtigtes Interesse gegeben ist. Zudem sind technische und organisatorische Maßnahmen zu treffen, um die Daten angemessen zu schützen (Art. 32 DSGVO).

Handyaufnahmen im Strafprozess

Im Strafprozess geht es um die Ahndung von Straftaten und die Feststellung der Schuld oder Unschuld des Beschuldigten. Auch hier gilt grundsätzlich der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 261 StPO). Handyaufnahmen können daher als Beweismittel im Strafprozess verwendet werden, allerdings ist die Beweisführung durch einen Sachverständigen in der Regel erforderlich, um ihre Echtheit und Unverfälschtheit zu überprüfen.

Achtung: Erlaubnis zur Aufnahme erforderlich!

Egal, ob im Zivil- oder Strafprozess: In jedem Fall sollten Sie daran denken, dass das Erstellen der Handyaufnahme selbst bereits legal sein muss, um sie als Beweismittel zu verwenden. Ist das nicht der Fall, kann dies unter Umständen zu einem Beweisverwertungsverbot führen und die Aufnahme wird nicht berücksichtigt.

Ein Beispiel: Das heimliche Filmen einer Person in deren Wohnung ohne deren Einwilligung ist ein Verstoß gegen das Persönlichkeitsrecht und die Aufnahme wäre vor Gericht nicht verwertbar.

Tipps für die gerichtliche Verwertbarkeit von Handyaufnahmen

Um die Wahrscheinlichkeit der Verwertbarkeit von Handyaufnahmen im Gerichtsverfahren zu erhöhen, empfehlen wir Ihnen folgende Vorgehensweise:

  • Achten Sie darauf, dass Ihre Aufnahme legal erstellt wurde. Rücksicht auf die Persönlichkeitsrechte der abgebildeten Personen ist Pflicht!
  • Stellen Sie sicher, dass die Aufnahme authentisch ist und nicht manipuliert wurde. Ein Sachverständiger kann dies im Zweifel überprüfen.
  • Vergewissern Sie sich, dass Sie die Originaldatei der Aufnahme besitzen. Eine weitergeleitete oder kopierte Datei kann schwerer als Beweismittel verwendet werden.
  • Sichern Sie die Aufnahme angemessen, um den Datenschutz zu gewährleisten. Beachten Sie dabei die technischen und organisatorischen Anforderungen der DSGVO.
  • Bereiten Sie eine genaue Dokumentation der Aufnahme vor, die das Datum, den Zeitpunkt, den Ort und die beteiligten Personen enthält.
  • Ziehen Sie im Zweifel einen Rechtsanwalt zurate, um keine falschen Schritte zu unternehmen und Ihre Beweise optimal vorzubereiten.

Praxisbeispiel: Handyaufnahme im Verkehrsunfallprozess

Ein Autofahrer hält an einer roten Ampel, als plötzlich ein Fahrradfahrer von links gegen sein Auto prallt. Die Situation eskaliert schnell, der Fahrradfahrer beschuldigt den Autofahrer vehement, ihm die Vorfahrt genommen zu haben. Glücklicherweise hat der Autofahrer eine Dashcam im Einsatz, die den Unfallhergang genau aufzeichnet.

Die Aufnahme zeigt, dass der Fahrradfahrer das Rotlicht missachtet und somit den Unfall verursacht hat. Der Autofahrer legt dem Gericht die Dashcam-Aufnahme als Beweismittel vor. Hier stellt sich die Frage: Ist dieses Beweismittel zulässig?

Die Antwort in diesem Fall: Ja! Obwohl Dashcam-Aufnahmen grundsätzlich datenschutzrechtliche Bedenken aufwerfen, hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einem wegweisenden Urteil (Az. VI ZR 233/17) entschieden, dass Dashcam-Aufnahmen in einem Zivilprozess verwertbar sein können – insbesondere wenn sie der Aufklärung eines Verkehrsunfalls dienen.

Fazit: Handyaufnahmen als Beweismittel sind möglich, aber nicht ohne Risiko

Die Verwendung von Handyaufnahmen als Beweismittel vor Gericht ist grundsätzlich möglich, sowohl im Zivil- als auch im Strafprozess. Es gilt jedoch, einige rechtliche Hürden zu überwinden und auf Persönlichkeitsrechte sowie den Datenschutz zu achten.

Um auf der sicheren Seite zu sein, sollten Sie sich stets im Einzelfall von einem erfahrenen Rechtsanwalt beraten lassen. Wir stehen Ihnen dabei gerne zur Seite und helfen Ihnen, Ihre Interessen bestmöglich zu vertreten und Ihre Beweise optimal aufzubereiten. Scheuen Sie sich nicht, uns bei Fragen oder Unsicherheiten zu kontaktieren – wir sind für Sie da!

Unsere Rechtsanwälte stehen Ihnen bundesweit und im deutschsprachigen Ausland zur Verfügung.

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