In Zeiten von dynamischen Arbeitsmärkten und sich ständig verändernden wirtschaftlichen Bedingungen gewinnt die Arbeitnehmerüberlassung immer mehr an Bedeutung. Unternehmen sind häufig dazu aufgefordert, flexibel auf Schwankungen der Arbeitskräftenachfrage zu reagieren und greifen dafür vermehrt auf Zeitarbeitsfirmen und andere Formen der Arbeitnehmerüberlassung zurück. In dieser Übersicht erfahren Sie, welche rechtlichen Rahmenbedingungen dabei zu beachten sind, welche Folgen eine nicht ordnungsgemäße Arbeitnehmerüberlassung haben kann und welche Maßnahmen gegen illegalen Verleih und Scheinwerkverträge ergriffen werden können.

Gesetzliche Grundlagen der Arbeitnehmerüberlassung

Die Arbeitnehmerüberlassung ist in Deutschland im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) gesetzlich geregelt. Das AÜG regelt die Voraussetzungen für eine legale Arbeitnehmerüberlassung und somit Zeitarbeit oder Leiharbeit. Es schafft hierbei einen Rahmen, um die Rechte von Arbeitnehmern zu wahren, den Verleih von Arbeitnehmern an andere Unternehmen zu erleichtern und missbräuchliche Praktiken zu verhindern.

  • § 1 AÜG: Erlaubnispflicht der Arbeitnehmerüberlassung
  • § 2 AÜG: Die Überlassung von Arbeitnehmern an Dritte
  • § 3 AÜG: Gleichbehandlungsgrundsatz und Mindestarbeitsbedingungen
  • § 9 AÜG: Rechte und Pflichten des Verleihers
  • § 10 AÜG: Rechte und Pflichten des Entleihers
  • § 12a AÜG: Höchstüberlassungsdauer
  • § 16 AÜG: Sanktionen bei Verstößen

Folgen einer illegalen Arbeitnehmerüberlassung

Eine ordnungsgemäße Arbeitnehmerüberlassung liegt dann vor, wenn ein Unternehmen (Verleiher) Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) mit einer entsprechenden Erlaubnis an ein anderes Unternehmen (Entleiher) überlässt. Illegale oder unzulässige Arbeitnehmerüberlassung kann sich demnach in verschiedenen Gestalten zeigen:

  • Fehlende Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung
  • Scheinwerkverträge und verdeckte Arbeitnehmerüberlassung
  • Überschreitung der Höchstüberlassungsdauer
  • Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes

Die Folgen einer illegalen Arbeitnehmerüberlassung können sowohl für den Verleiher als auch für den Entleiher erhebliche Strafen und Nachteile mit sich bringen. Im Folgenden werden einzelne Aspekte sowie die möglichen Konsequenzen bei Verstößen näher beleuchtet.

Fehlende Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung

Ein Verleiher, der Arbeitnehmer ohne die erforderliche Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung zu Verfügung stellt, begeht nach § 16 AÜG eine Ordnungswidrigkeit, die mit Bußgeldern von bis zu 500.000 Euro bestraft werden kann. Zudem kann die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung widerrufen oder von vornherein versagt werden.

Insbesondere bei einer fehlenden Erlaubnis kann nach § 10 Abs. 1 S. 1 AÜG ein sogenannter „Fingierter Arbeitsvertrag“ entstehen. Dies bedeutet, dass ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und dem Entleiher fingiert wird, auch wenn kein Arbeitsvertrag zwischen den beiden besteht. Der Arbeitnehmer hat dann die gleichen arbeitsrechtlichen Ansprüche gegenüber dem Entleiher, als ob er dort direkt angestellt wäre.

Scheinwerkverträge und verdeckte Arbeitnehmerüberlassung

Scheinwerkverträge liegen vor, wenn in Wirklichkeit eine Arbeitnehmerüberlassung vorhanden ist, diese jedoch unter dem Deckmantel eines Werkvertrags versteckt wird. In diesem Fall besteht die Gefahr, dass das Vertragsverhältnis als illegale Arbeitnehmerüberlassung einzustufen ist und die bereits erwähnten Folgen eintreten.

Ein Indiz für eine verdeckte oder unzulässige Arbeitnehmerüberlassung kann sein, wenn der Arbeitnehmer in weitem Umfang in die Betriebsorganisation des Entleihers eingebunden ist, sodass von einer Eingliederung ins „Weisungsgefüge“ des Entleihers gesprochen werden kann. Grundsätzlich darf ein Arbeitnehmer im Rahmen eines Werkvertrags nur weisungsfrei arbeiten.

Überschreitung der Höchstüberlassungsdauer

Seit der AÜG-Reform im Jahr 2017 beträgt die gesetzliche Höchstüberlassungsdauer von Leiharbeitnehmern in Deutschland 18 Monate. Eine Überschreitung dieser Höchstüberlassungsdauer kann gemäß § 16 AÜG ebenfalls mit Bußgeldern in Höhe von bis zu 30.000 Euro geahndet werden. Darüber hinaus kann auch hier ein fingiertes Arbeitsverhältnis zwischen Leiharbeitnehmer und Entleiher entstehen.

Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes

Gemäß § 8 Abs. 3 AÜG müssen Leiharbeitnehmer grundsätzlich dieselben Arbeitsbedingungen einschließlich Entgelt erhalten wie vergleichbare Arbeitnehmer des Entleihers. Eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes kann zu arbeitsrechtlichen Ansprüchen des Arbeitnehmers gegenüber dem Verleiher und zu solidarischen Haftungsansprüchen gegenüber dem Entleiher führen.

Aktuelle Gerichtsurteile zu illegaler Arbeitnehmerüberlassung

Im Folgenden werden einige aktuelle und relevante Gerichtsurteile aufgeführt, die verdeutlichen, wie die illegale Arbeitnehmerüberlassung von der Rechtsprechung behandelt wird:

  • Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 10.12.2019, Az.: 9 AZR 167/18: Das BAG stellte fest, dass eine zu weit gefasste Weisungsbefugnis im Rahmen eines Werkvertrags auf eine verdeckte Arbeitnehmerüberlassung hindeuten kann.
  • Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.09.2018, Az.: 9 AZR 162/18: Bei einer unzulässigen Dauerüberlassung kann ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Entleiher entstehen, auch wenn der Arbeitnehmer objektiv gar nicht in den Betrieb des Entleihers eingegliedert war.
  • Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 24.03.2020, Az.: BVerwG 1 C 2.19: Die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung kann versagt werden, wenn Tatsachen die Annahme begründen, dass der Antragsteller gegen das AÜG oder gegen auf Grund des AÜG erlassene Rechtsverordnungen verstößt.

FAQ rund um illegale Arbeitnehmerüberlassung

In diesem Abschnitt finden Sie Antworten auf häufig gestellte Fragen (FAQ) rund um das Thema illegale Arbeitnehmerüberlassung.

Was ist der Unterschied zwischen Werkvertrag und Arbeitnehmerüberlassung?

Ein Werkvertrag ist ein Vertrag, bei dem sich ein Auftragnehmer gegenüber einem Auftraggeber verpflichtet, ein bestimmtes Werk zu erstellen, ohne dass er dabei in die betriebliche Organisation des Auftraggebers eingebunden ist. Bei der Arbeitnehmerüberlassung hingegen stellt ein Verleiher dem Entleiher einen Arbeitnehmer zur Verfügung, der in die betriebliche Organisation des Entleihers eingebunden ist und weisungsgebunden arbeitet.

Was sind Scheinwerkverträge und was sind die Folgen, wenn sie aufgedeckt werden?

Scheinwerkverträge sind Verträge, bei denen in Wahrheit eine Arbeitnehmerüberlassung vorliegt, diese jedoch unter dem Deckmantel eines Werkvertrags getarnt wird. Wenn eine verdeckte Arbeitnehmerüberlassung im Sinne eines Scheinwerkvertrags festgestellt wird, kann dies zu Sanktionen wie Bußgeldern, einem fingierten Arbeitsverhältnis oder Haftungsansprüchen führen.

Wie kann ich mich als Arbeitgeber vor illegalem Verleih oder Scheinwerkverträgen schützen?

Um sicherzustellen, dass eine legale Arbeitnehmerüberlassung vorliegt, sollte der Arbeitgeber darauf achten, dass der Verleiher die erforderliche Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung besitzt und die gesetzlichen Vorgaben des AÜG eingehalten werden. Bei Werkverträgen sollte der Arbeitgeber darauf achten, dass der Auftragnehmer nicht in die betriebliche Organisation des Auftraggebers eingebunden ist und nicht weisungsgebunden arbeitet.

Was sind die Folgen einer illegalen Arbeitnehmerüberlassung für den Arbeitnehmer?

Für den Arbeitnehmer können aus einer illegalen Arbeitnehmerüberlassung unter Umständen arbeitsrechtliche Ansprüche gegenüber dem Entleiher entstehen, etwa in Form eines fingierten Arbeitsvertrages. Zudem hat der Arbeitnehmer möglicherweise Anspruch auf gleichwertige Arbeitsbedingungen und Entgelt wie vergleichbare Arbeitnehmer des Entleihers.

Kann man als Entleiher die Verantwortung für eine illegale Arbeitnehmerüberlassung dem Verleiher überlassen?

Grundsätzlich haften Verleiher und Entleiher gemäß § 11 AÜG gemeinsam für die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung. Eine vollständige Abschiebung der Verantwortung auf den Verleiher ist daher nicht möglich. Der Entleiher sollte daher darauf achten, nur mit seriösen Verleihern zusammenzuarbeiten und die gesetzlichen Vorgaben hinsichtlich der Arbeitnehmerüberlassung einzuhalten.

Fazit und Ausblick

Die Arbeitnehmerüberlassung ist für viele Unternehmen ein notwendiges Instrument, um flexibel und wettbewerbsfähig zu bleiben. Allerdings sind dabei die gesetzlichen Rahmenbedingungen und Grenzen zu beachten, um nicht in das Fahrwasser illegaler Arbeitnehmerüberlassung zu geraten. Eine verantwortungsvolle und seriöse Beschäftigung von Leiharbeitnehmern schützt nicht nur die Rechte der Arbeitnehmer, sondern dient auch der Vermeidung von erheblichen Sanktionen und Haftungsrisiken für Arbeitgeber und Entleiher. Durch Transparenz, Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen und eine klare Abgrenzung von Werkverträgen kann für alle Beteiligten ein zufriedenstellendes Arbeitsverhältnis geschaffen werden.

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