Insolvenzgeld wird von der Bundesagentur für Arbeit im Falle der Insolvenz eines Arbeitgebers gezahlt, wenn der Arbeitgeber nicht in der Lage ist, seinen Zahlungsverpflichtungen gegenüber den Arbeitnehmern nachzukommen. In diesem Blogbeitrag geben wir Ihnen als erfahrener Rechtsanwalt detaillierte Informationen über Insolvenzgeld, die gesetzlichen Bestimmungen, aktuelle Gerichtsurteile, Beispiele und häufig gestellte Fragen.

Gliederung

  • Definition und gesetzliche Grundlagen
  • Anspruchsvoraussetzungen
  • Berechnung und Höhe des Insolvenzgelds
  • Antragsverfahren und Fristen
  • Aktuelle Gerichtsurteile zum Insolvenzgeld
  • Beispiele für Insolvenzgeld
  • FAQ – Häufig gestellte Fragen

Definition und gesetzliche Grundlagen

Insolvenzgeld ist eine Leistung der Bundesagentur für Arbeit, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Fällen zusteht, in denen ihr Arbeitgeber insolvent ist und somit seinen vertraglichen und gesetzlichen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen kann. Die gesetzliche Grundlage für den Anspruch auf Insolvenzgeld ist § 165 des Dritten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB III). Im Insolvenzgeldgesetz sind zudem weitere Vorschriften und Regelungen zum Insolvenzgeld enthalten.

Anspruchsvoraussetzungen

Damit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Anspruch auf Insolvenzgeld haben, müssen verschiedene Voraussetzungen erfüllt sein. Die wichtigsten davon sind:

  • Ein begründetes Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitnehmerin bzw. Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Hierbei spielt es keine Rolle, ob es sich um ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis handelt.
  • Bei dem Arbeitgeber ist ein Insolvenzeröffnungsverfahren oder ein vergleichbares, von einer zuständigen Stelle beaufsichtigtes Verfahren eingeleitet worden.
  • Das Arbeitsentgelt für die letzten drei Monate vor der Insolvenzeröffnung beziehungsweise dem Antrag auf Insolvenzgeld ist tatsächlich ausgefallen.
  • Die Arbeitnehmerin bzw. der Arbeitnehmer hat den Antrag auf Insolvenzgeld innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach dem Insolvenzeröffnungsverfahren bzw. dem vergleichbaren Verfahren gestellt.

Berechnung und Höhe des Insolvenzgelds

Die Höhe des Insolvenzgelds bemisst sich nach dem ausgefallenen Arbeitsentgelt für den betreffenden Zeitraum. Die Berechnung des Insolvenzgelds erfolgt anhand verschiedener Faktoren:

  • Das Bruttomonatseinkommen einschließlich aller Zuschläge, Vergütungen und sonstigen Bestandteile (z. B. Überstundenzuschläge, Sonn- und Feiertagszuschläge, Urlaubs- und Weihnachtsgeld, vermögenswirksame Leistungen, Sozialleistungen).
  • Der persönliche Steuersatz, der individuell nach dem Lohnsteuerrecht ermittelt wird.
  • Der individuelle Beitragssatz zur Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung.

Die Höhe des Insolvenzgelds wird auf Grundlage des Nettoarbeitsentgelts berechnet und darf die jeweilige Beitragsbemessungsgrenze für die allgemeine Rentenversicherung nicht überschreiten. Im Jahr 2022 beträgt diese Grenze für die alten Bundesländer 7.100 Euro und für die neuen Bundesländer 6.800 Euro (jeweils monatlich).

Antragsverfahren und Fristen

Der Antrag auf Insolvenzgeld kann sowohl von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern selbst als auch vom Insolvenzverwalter oder vorläufigen Insolvenzverwalter gestellt werden. Der Antrag ist an die Agentur für Arbeit zu richten, die für den Arbeitnehmer zuständig ist. Zur Antragstellung müssen folgende Unterlagen vorgelegt werden:

  • Antragsformular für Insolvenzgeld (G0100)
  • Arbeitsbescheinigung, die vom Insolvenzverwalter oder vorläufigen Insolvenzverwalter bzw. dem Arbeitgeber ausgestellt wurde
  • Entgeltbescheinigung für den Zeitraum der Forderung
  • Kopie des Beschlusses über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bzw. des vergleichbaren Verfahrens

Die Frist für die Antragstellung beträgt zwei Monate ab dem Insolvenzeröffnungsverfahren bzw. dem vergleichbaren Verfahren. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollten diese Frist unbedingt einhalten, da andernfalls der Anspruch auf Insolvenzgeld erlischt.

Aktuelle Gerichtsurteile zum Insolvenzgeld

Ein aktuelles Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom

29. Juli 2020 (Az. 5 AZR 149/19) befasst sich mit der Frage, inwieweit Urlaubsabgeltungsansprüche auf Insolvenzgeld angerechnet werden können. Das BAG entschied, dass das Insolvenzgeld die Urlaubsabgeltungsansprüche nur ersetzt, soweit es sich auf den Arbeitsentgeltanspruch für denselben Zeitraum bezieht. Somit sind nicht ihre vollen Urlaubsabgeltungsansprüche, sondern nur ein Teil davon durch das Insolvenzgeld gedeckt.

Ein weiteres BAG-Urteil vom 21. August 2019 (Az. 5 AZR 171/18) behandelt die Frage, ob ein Arbeitnehmer einem Insolvenzverwalter seinen Insolvenzgeldanspruch abtreten kann, um eine Betriebsrente aus einer Pensionskasse zu erhalten. Das BAG entschied, dass eine derartige Abtretung zulässig ist und der Insolvenzverwalter somit berechtigt ist, im Namen des Arbeitnehmers das Insolvenzgeld zu beantragen und zu verwenden.

Beispiele für Insolvenzgeld

Im Folgenden finden Sie einige Beispiele, die Ihnen einen Eindruck von der Berechnung des Insolvenzgelds vermitteln sollen:

Beispiel 1:

Ein Arbeitnehmer verdient monatlich 4.000 Euro brutto. Sein Arbeitgeber ist insolvent, und die Agentur für Arbeit stellt dem Arbeitnehmer 2.500 Euro Insolvenzgeld für den letzten Monat vor der Insolvenz zur Verfügung. Der Arbeitnehmer hat damit Anspruch auf eine Nachzahlung von 1.500 Euro, die durch den Insolvenzverwalter geltend gemacht werden kann.

Beispiel 2:

Ein Arbeitnehmer verdient monatlich 6.000 Euro brutto. Sein Arbeitgeber ist insolvent, und der Arbeitnehmer hat keine Gehaltszahlung für die letzten drei Monate erhalten. Da die Insolvenzgeldzahlung auf die Beitragsbemessungsgrenze beschränkt ist, erhält der Arbeitnehmer ein monatliches Insolvenzgeld in Höhe von 5.950 Euro (Beitragsbemessungsgrenze in den neuen Bundesländern). Insgesamt stehen dem Arbeitnehmer somit 17.850 Euro Insolvenzgeld für die drei Monate zu.

FAQ – Häufig gestellte Fragen

Kann ich als Minijobber Insolvenzgeld beantragen?

Ja, auch Minijobber haben grundsätzlich Anspruch auf Insolvenzgeld, sofern die anderen Voraussetzungen erfüllt sind. Dabei ist zu beachten, dass Insolvenzgeld auch für Minijobber auf die Beitragsbemessungsgrenze begrenzt ist.

Habe ich auch Anspruch auf Insolvenzgeld, wenn mein Arbeitgeber seinen Sitz im Ausland hat?

Grundsätzlich haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in Deutschland beschäftigt sind und deren Arbeitgeber im Ausland ansässig ist, ebenfalls einen Anspruch auf Insolvenzgeld, sofern die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind. Hierbei muss jedoch beachtet werden, dass der Antrag auf Insolvenzgeld in Deutschland bei der zuständigen Agentur für Arbeit gestellt wird.

Bekomme ich das Insolvenzgeld sofort nach Antragstellung oder gibt es Wartezeiten?

Nach Antragstellung prüft die zuständige Agentur für Arbeit den Anspruch und berechnet die Höhe des Insolvenzgelds. Die Auszahlung erfolgt in der Regel innerhalb von vier bis sechs Wochen nach Antragstellung.

Kann ich meinen Insolvenzgeldanspruch auch dann geltend machen, wenn ich bereits eine neue Arbeitsstelle gefunden habe?

Ja, der Anspruch auf Insolvenzgeld bleibt auch bestehen, wenn der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin eine neue Arbeitsstelle gefunden hat. Dennoch muss der Antrag auf Insolvenzgeld fristgerecht gestellt werden.

Fazit

Insolvenzgeld stellt eine wichtige finanzielle Absicherung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dar, deren Arbeitgeber insolvent geworden sind. Um einen Anspruch auf Insolvenzgeld erfolgreich geltend zu machen, müssen jedoch verschiedene Voraussetzungen erfüllt sein und Fristen eingehalten werden. Ein erfahrener Rechtsanwalt kann Sie bei der Durchsetzung Ihrer Insolvenzgeldansprüche unterstützen und beraten. Dieser umfangreiche Beitrag soll Ihnen einen ersten Überblick über das Insolvenzgeld, die gesetzlichen Grundlagen, die Anspruchsvoraussetzungen, die Berechnung und Höhe des Insolvenzgelds sowie aktuelle Gerichtsurteile und Beispiele geben.

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