Ist Fortbildung Arbeitszeit? Wann Sie zahlen müssen und Forderungen abwehren

Ist Fortbildung Arbeitszeit? – Das Recht auf Weiterbildung und seine Grenzen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer. In einer sich ständig verändernden Arbeitswelt ist es wichtiger denn je, dass Arbeitnehmer sich fortbilden, um ihre Fähigkeiten und Kenntnisse auf dem aktuellsten Stand zu halten.

Doch stellt sich die Frage: Ist Fortbildung Arbeitszeit und muss der Arbeitgeber die Kosten dafür tragen oder die Weiterbildung ermöglichen? In diesem umfassenden Blog-Beitrag erfahren Sie alles, was Sie über dieses wichtige Thema wissen müssen, und erhalten praktische Einblicke durch FAQs, fallbezogene Beispiele und Checklisten.

Inhaltsverzeichnis

  • Fortbildung im Arbeitsrecht: Wann ist Fortbildung Arbeitszeit?
  • Die gesetzliche Grundlage: Weiterbildungsgesetze und ihre Bedeutung
  • Externe und interne Fortbildungen: Unterschiede und Verantwortlichkeiten
  • Betriebliche Interessen und individuelle Weiterbildung: Wann hat der Arbeitgeber Anspruch auf Mitwirkung?
  • Kostenübernahme und Entgeltfortzahlung: Rechte und Pflichten von Arbeitgebern und Arbeitnehmern
  • Arbeitszeitgesetz: Ist Fortbildung in der Freizeit erlaubt?
  • Checkliste: Wann ist eine Fortbildung als Arbeitszeit zu werten und wann nicht?
  • Fortbildung während der Elternzeit: Sonderregelungen und Ausnahmen
  • Möglichkeiten und Grenzen der Anordnung einer Fortbildung durch den Arbeitgeber
  • Fazit und Handlungsempfehlungen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer

Fortbildung im Arbeitsrecht: Wann ist Fortbildung Arbeitszeit?

Die Frage, ob eine Fort- oder Weiterbildung als Arbeitszeit gilt oder nicht, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Eine eindeutige Antwort ist nicht immer möglich, da es auf die Umstände des Einzelfalles ankommt. Generell gilt: Eine Fortbildung ist dann Arbeitszeit, wenn sie auf Veranlassung des Arbeitgebers oder im direkten betrieblichen Interesse stattfindet. Hierbei muss man jedoch zwischen externen und internen Fortbildungen unterscheiden, auf die später noch näher eingegangen wird.

Die gesetzliche Grundlage: Weiterbildungsgesetze und ihre Bedeutung

Im deutschen Arbeitsrecht gibt es keine allgemeine gesetzliche Regelung, die den Umfang, die Art oder die Kostenübernahme von Fortbildungen regelt. Forschungsansätze dazu finden sich im Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG), in Tarifverträgen und in einzelnen Weiterbildungsgesetzen der Länder. § 98 BetrVG regelt die betriebliche Bildungsarbeit und legt fest, dass der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei der betrieblichen Weiterbildung hat.

Tarifverträge können besondere Regelungen über die Art, den Umfang und die Kostenübernahme der Fortbildungen enthalten. So kann in einem Tarifvertrag festgelegt sein, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, seinen Arbeitnehmern eine bestimmte Anzahl an Fortbildungsstunden pro Jahr zu ermöglichen und die Kosten dafür zu übernehmen.

Externe und interne Fortbildungen: Unterschiede und Verantwortlichkeiten

Externe Fortbildungen sind solche, die außerhalb des jeweiligen Betriebs stattfinden und von Dritten durchgeführt werden. Interne Fortbildungen hingegen finden innerhalb des Betriebs statt und werden in der Regel von eigenen Mitarbeitern oder Vorgesetzten durchgeführt. Bei externen Fortbildungen ist der Arbeitgeber meist in stärkerem Ausmaß in die Planung und Organisation eingebunden als bei internen Fortbildungen. Das spielt bei der Bewertung, ob Fortbildung Arbeitszeit ist, eine entscheidende Rolle.

Betriebliche Interessen und individuelle Weiterbildung: Wann hat der Arbeitgeber Anspruch auf Mitwirkung?

Grundsätzlich hat der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse daran, dass seine Mitarbeiter ihre fachlichen Kompetenzen aktuell halten und erweitern. Wenn sich die Fortbildungsmaßnahme unmittelbar auf die berufliche Tätigkeit des Arbeitnehmers auswirkt und diese verbessert, hat der Arbeitgeber Anspruch auf Mitwirkung. Entscheidend ist hier das betriebliche Interesse an der Fortbildung.

Kann der Arbeitnehmer dagegen nachweisen, dass die Weiterbildung ausschließlich seinen persönlichen Interessen dient und keinen direkten Bezug zur ausgeübten Tätigkeit hat, muss der Arbeitgeber nicht zwangsläufig zustimmen und die Kosten übernehmen.

Kostenübernahme und Entgeltfortzahlung: Rechte und Pflichten von Arbeitgebern und Arbeitnehmern

Wenn eine Fortbildung als Arbeitszeit gilt, haben Arbeitnehmer in der Regel Anspruch auf Entgeltfortzahlung und die Erstattung der Fortbildungskosten. Dazu zählen sowohl die eigentlichen Kosten der Weiterbildung als auch Nebenkosten, wie beispielsweise Reisekosten oder Unterkunftskosten.

Allerdings kann der Arbeitgeber verlangen, dass der Arbeitnehmer bei externen Fortbildungen zunächst eine Eigenbeteiligung leistet, die dann bei erfolgreichem Abschluss der Weiterbildung zurückerstattet wird. Umgekehrt kann der Arbeitgeber auch eine Rückzahlungsvereinbarung verlangen, falls der Arbeitnehmer das Unternehmen kurz nach Abschluss der Fortbildung verlässt.

Arbeitszeitgesetz: Ist Fortbildung in der Freizeit erlaubt?

Fortbildungen, die in der Freizeit des Arbeitnehmers stattfinden und nicht auf Veranlassung des Arbeitgebers erfolgen, gelten grundsätzlich nicht als Arbeitszeit. Allerdings darf dadurch nicht gegen das Arbeitszeitgesetz verstoßen werden, welches die zulässigen Arbeitsstunden pro Tag und Woche regelt. Wenn der Arbeitnehmer aufgrund einer Fortbildung seine gesetzlich vorgeschriebenen Ruhezeiten nicht einhalten kann, ist dies unzulässig und stellt einen Verstoß gegen das Arbeitszeitgesetz dar.

Checkliste: Wann ist eine Fortbildung als Arbeitszeit zu werten und wann nicht?

  • Wurde die Fortbildung vom Arbeitgeber angeordnet oder gefördert?
  • Findet die Fortbildung während der regulären Arbeitszeit statt?
  • Handelt es sich um eine interne oder externe Fortbildung und wie stark ist der Arbeitgeber in die Organisation eingebunden?
  • Wie groß ist das betriebliche Interesse an der Fortbildung und welchen direkten Bezug hat die Weiterbildung zur ausgeübten Tätigkeit?
  • Wer trägt die Kosten für die Fortbildung und gibt es Regelungen zur Kostenbeteiligung oder Rückzahlungsvereinbarungen?
  • Stehen die Fortbildung und die dafür verwendete Zeit im Einklang mit dem Arbeitszeitgesetz?

Fortbildung während der Elternzeit: Sonderregelungen und Ausnahmen

Während der Elternzeit haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gemäß § 15 Abs. 2 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) einen Anspruch auf Teilnahme an bis zu zwei Fortbildungen des Arbeitgebers, unabhängig davon, ob diese während der regulären Arbeitszeit stattfinden. Dies ermöglicht Eltern in Elternzeit, ihre Kompetenzen nicht veralten zu lassen und den Anschluss an die Arbeitswelt zu halten. Der gesetzliche Anspruch sichert die Fortbildung während dieser Zeit insoweit ab. Allerdings darf die Fortbildung keine unzumutbare Belastung für die Eltern, insbesondere im Hinblick auf ihre Betreuungspflichten, darstellen.

Möglichkeiten und Grenzen der Anordnung einer Fortbildung durch den Arbeitgeber

Der Arbeitgeber hat grundsätzlich das Recht, Fortbildungen anzuordnen, wenn diese im betrieblichen Interesse stehen und zur Verbesserung der Arbeitsqualität beitragen. Allerdings sind dabei die Persönlichkeitsrechte und die Arbeitnehmerinteressen zu berücksichtigen. Eine Fortbildung darf nicht willkürlich oder schikanös angeordnet werden und muss für den Arbeitnehmer zumutbar sein. Bei der Anordnung von Fortbildungen sollte der Arbeitgeber stets darauf achten, dass diese in einem angemessenen Verhältnis zur ausgeübten Tätigkeit stehen und die entstehenden Kosten gerecht aufgeteilt werden.

Fazit und Handlungsempfehlungen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer

Ist Fortbildung Arbeitszeit? Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten, da sie von vielen verschiedenen Faktoren abhängt, die im Einzelfall zu betrachten sind. Grundsätzlich gilt, dass Fortbildungen dann als Arbeitszeit gelten, wenn sie auf Veranlassung des Arbeitgebers stattfinden und im betrieblichen Interesse liegen. Allerdings gibt es auch individuelle Weiterbildungen, die der Arbeitgeber unterstützen sollte, um die Fähigkeiten seiner Mitarbeiter optimal nutzen zu können.

Arbeitgeber sollten darauf achten, ihre Mitarbeiter bei Fortbildungen angemessen zu unterstützen und eine kosten- und zeitgerechte Lösung zu finden. Arbeitnehmer sollten einen offenen Dialog mit dem Arbeitgeber suchen und ihre Fortbildungswünsche rechtzeitig äußern. So kann in vielen Fällen eine Win-Win-Situation geschaffen werden, von der beide Seiten profitieren.

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