Der deutsche Arbeitsmarkt ist geprägt von einer Vielzahl an Kleinbetrieben, die einen bedeutenden Anteil an der Gesamtwirtschaft ausmachen. Im Rahmen dieser Betriebe gibt es einige Besonderheiten, die für Arbeitgeber und Arbeitnehmer relevant sind, insbesondere im Bereich des Kündigungsschutzes und der Mitbestimmung. Dieser umfangreiche Blog-Beitrag beleuchtet die rechtlichen Regelungen und die verschiedenen Aspekte dieser Themen, um Ihnen ein fundiertes Verständnis der zugrundeliegenden Gesetze und Gerichtsentscheidungen zu vermitteln. Zudem werden häufig gestellte Fragen im Zusammenhang mit Kündigungsschutz und Mitbestimmung in Kleinbetrieben beantwortet.

Inhaltsverzeichnis

  1. Begriff des Kleinbetriebs
  2. Kündigungsschutz im Kleinbetrieb
    1. Kündigungsgründe
    2. Das Kündigungsschutzgesetz und seine Anwendung im Kleinbetrieb
    3. Rechtssicherheit und Gang vor das Arbeitsgericht
    4. Soziale Auswahl und Kündigung
  3. Mitbestimmung im Kleinbetrieb
    1. Einrichtung und Aufgaben des Betriebsrats
    2. Arbeitnehmervertretung: Möglichkeiten und Grenzen
  4. Rechtliche Fallstricke vermeiden
  5. Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Begriff des Kleinbetriebs

Ein Kleinbetrieb ist in Deutschland ein Unternehmen mit einer bestimmten Anzahl an Beschäftigten, für das besondere Regelungen gelten. Gemäß § 23 Abs. 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) liegt ein Kleinbetrieb vor, wenn regelmäßig nicht mehr als 10 Arbeitnehmer – ohne Auszubildende – beschäftigt werden. Hierbei werden Teilzeitkräfte anteilig eingerechnet.

Beispiel:

  • Ein Unternehmen beschäftigt 7 Vollzeitkräfte, 2 Teilzeitkräfte mit einer 50%igen Arbeitszeit und 1 Auszubildenden. Die Berechnung für das Vorliegen eines Kleinbetriebs erfolgt wie folgt: 7 Vollzeitkräfte + 2 x 50% (1) Teilzeitkräfte = 8 Arbeitnehmer. Da die Anzahl der Arbeitnehmer unter 10 liegt und der Auszubildende nicht eingerechnet wird, handelt es sich um einen Kleinbetrieb.

Diese Kleinbetriebsgrenze ist von erheblicher Bedeutung, da sie maßgeblich für die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes sowie die Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Betrieb ist.

Kündigungsschutz im Kleinbetrieb

Die Rechte und Pflichten bezüglich des Kündigungsschutzes im Kleinbetrieb unterscheiden sich von denen in größeren Betrieben. Im Folgenden werden die Besonderheiten des Kündigungsschutzes im Kleinbetrieb näher erläutert.

Kündigungsgründe

Grundsätzlich sind Kündigungen in Deutschland sozial gerechtfertigt, wenn sie auf personen-, verhaltens- oder betriebsbedingten Gründen beruhen. Im Kleinbetrieb haben Arbeitgeber jedoch einen größeren Spielraum bei der Begründung einer Kündigung.

  1. Personenbedingte Kündigung: Eine Kündigung kann aus personenbedingten Gründen erfolgen, wenn der Arbeitnehmer aufgrund persönlicher Merkmale oder Eigenschaften nicht in der Lage ist, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Beispiele hierfür sind lang andauernde Krankheit oder der Verlust einer erforderlichen Berufszulassung.
  2. Verhaltensbedingte Kündigung: Eine Kündigung kann aus verhaltensbedingten Gründen erfolgen, wenn der Arbeitnehmer seine vertraglichen Pflichten schuldhaft und in erheblicher Weise verletzt hat. Beispiele sind wiederholtes unentschuldigtes Fehlen oder wiederholte Pflichtverstöße trotz vorheriger Abmahnung.
  3. Betriebsbedingte Kündigung: Eine Kündigung kann aus betriebsbedingten Gründen erfolgen, wenn der Arbeitsplatz des Arbeitnehmers aufgrund dringender betrieblicher Erfordernisse weggefallen ist. Die Arbeitsplatzreduktion muss jedoch aufgrund von unternehmerischen Entscheidungen erfolgen und in einer dauerhaften Entlassung von Arbeitnehmern resultieren.

Das Kündigungsschutzgesetz und seine Anwendung im Kleinbetrieb

Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) schützt Arbeitnehmer grundsätzlich vor unberechtigten oder willkürlichen Kündigungen. Allerdings findet es gemäß § 23 Abs.1 KSchG nur in Betrieben Anwendung, die regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigen. Daher greift das KSchG im Kleinbetrieb nicht.

Das bedeutet jedoch nicht, dass Arbeitnehmer in Kleinbetrieben gar keinen Kündigungsschutz genießen. Hier kommen die allgemeinen Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zum Tragen, welche eine fristgerechte und formgerechte Kündigung vorschreiben. Darüber hinaus gelten die oben erläuterten Gründe für eine sozial gerechtfertigte Kündigung weiterhin.

Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass im Kleinbetrieb Arbeitgeber nicht dazu verpflichtet sind, eine Sozialauswahl im Falle einer Auswahlkündigung durchzuführen, wie im Folgenden erläutert wird.

Rechtssicherheit und Gang vor das Arbeitsgericht

Trotz der geringeren Anforderungen an die Begründung einer Kündigung im Kleinbetrieb müssen Arbeitgeber dennoch bei einer Kündigung gewissenhaft vorgehen, um möglichen Kündigungsschutzklagen vorzubeugen. Auch im Kleinbetrieb ist es ratsam, die Gründe für eine Kündigung gut zu dokumentieren und gegebenenfalls Abmahnungen auszusprechen.

Arbeitnehmer in Kleinbetrieben haben ebenso das Recht, gegen eine Kündigung vor das Arbeitsgericht zu ziehen. Hierbei sollten sie jedoch beachten, dass die Voraussetzungen für einen Kündigungsschutz im Kleinbetrieb geringer sind und eine erfolgreiche Klage somit auch weniger wahrscheinlich ist.

Soziale Auswahl und Kündigung

In Betrieben, die dem KSchG unterliegen, müssen Arbeitgeber bei einer betriebsbedingten Kündigung eine Sozialauswahl durchführen. Dies bedeutet, dass sie denjenigen Arbeitnehmer kündigen müssen, der die geringsten sozialen Härten durch die Kündigung zu erleiden hat. Hierbei werden Kriterien wie Dauer der Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltstsverpflichtungen und etwaige Schwerbehinderung berücksichtigt.

Im Kleinbetrieb besteht jedoch keine Verpflichtung zur Durchführung einer Sozialauswahl bei betriebsbedingten Kündigungen. Dies gibt den Arbeitgebern mehr Flexibilität bei der Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer, führt jedoch auch zu einer weniger starken Absicherung der Arbeitnehmer bei Kündigungen.

Mitbestimmung im Kleinbetrieb

Die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in Betrieben ist ein zentrales Element des deutschen Arbeitsrechts. Sie soll insbesondere eine gemeinsame Gestaltung der Arbeitsbedingungen und eine Ausgewogenheit der Interessen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern ermöglichen. Im Kleinbetrieb gelten jedoch andere Regelungen zur Mitbestimmung als in größeren Betrieben. Im Folgenden werden die Besonderheiten der Mitbestimmung im Kleinbetrieb erläutert.

Einrichtung und Aufgaben des Betriebsrats

Ein Betriebsrat ist eine gewählte Arbeitnehmervertretung in einem Betrieb. Seine Hauptaufgaben sind die Vertretung der Arbeitnehmerinteressen gegenüber dem Arbeitgeber, die Beratung und Unterstützung der Arbeitnehmer sowie die Mitwirkung und Mitbestimmung bei betrieblichen Entscheidungen.

Nach § 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) haben Arbeitnehmer grundsätzlich das Recht, einen Betriebsrat zu wählen, unabhängig von der Betriebsgröße. Allerdings gelten für Kleinbetriebe besondere Regelungen im Hinblick auf die Zusammensetzung und Befugnisse des Betriebsrats:

  • In Kleinbetrieben mit 5 bis 50 wahlberechtigten Arbeitnehmern besteht der Betriebsrat aus einer Person, im Falle von 51 bis 100 Arbeitnehmern aus drei Personen. Bei größeren Betrieben gelten andere Regelungen zur Betriebsratsgröße.
  • In Kleinbetrieben mit bis zu 20 Arbeitnehmern kann auf Antrag des Arbeitgebers oder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft ein vereinfachtes Wahlverfahren nach § 14a BetrVG angewandt werden, welches weniger formelle Vorgaben enthält und die Betriebsratswahl deutlich vereinfacht.
  • Einige Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats, die in größeren Betrieben gelten, entfallen in Kleinbetrieben oder sind eingeschränkt. So besteht im Kleinbetrieb beispielsweise kein grundsätzliches Vetorecht des Betriebsrats bei Einstellungen, Versetzungen oder Entlassungen von Arbeitnehmern.

Arbeitnehmervertretung: Möglichkeiten und Grenzen

Die Arbeitnehmervertretung im Kleinbetrieb ist durch die vereinfachte Betriebsratsstruktur und die eingeschränkten Mitbestimmungsrechte weniger umfassend und institutionalisiert als in größeren Betrieben. Dennoch gibt es für Arbeitnehmer in Kleinbetrieben verschiedene Möglichkeiten, ihre Interessen aktiv zu vertreten und sich bei betrieblichen Entscheidungen Gehör zu verschaffen:

  • Kommunikation und Zusammenarbeit mit dem Arbeitgeber – ein konstruktiver Dialog auf Augenhöhe kann dazu beitragen, Probleme gemeinsam zu lösen und eine partnerschaftliche Zusammenarbeit zu entwickeln.
  • Eine Vertrauensperson oder ein Sprecherkreis der Arbeitnehmer – in Betrieben ohne Betriebsrat können die Arbeitnehmer eine Vertrauensperson oder einen Sprecherkreis wählen, der ihre Interessen gegenüber dem Arbeitgeber vertritt und als Ansprechpartner für betriebliche Fragen fungiert.
  • Gewerkschaftliche Unterstützung – Gewerkschaften bieten Ratschläge, Unterstützung und Hilfe bei arbeitsrechtlichen Fragen für ihre Mitglieder an und können auch in Betrieben ohne Betriebsrat eine wichtige Rolle bei der Vertretung von Arbeitnehmerinteressen spielen.

Die Grenzen der Arbeitnehmervertretung im Kleinbetrieb ergeben sich vor allem aus den eingeschränkten Mitbestimmungsrechten sowie der geringeren Durchsetzungskraft gegenüber dem Arbeitgeber aufgrund der reduzierten Betriebsratsstruktur.

Rechtliche Fallstricke vermeiden

Arbeitgeber und Arbeitnehmer in Kleinbetrieben sollten auf folgende Aspekte achten, um rechtliche Fallstricke im Bereich von Kündigungsschutz und Mitbestimmung zu vermeiden:

  • Gründliche Dokumentation: Sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer sollten betriebliche Vorgänge und Entscheidungen sorgfältig dokumentieren, um im Falle von Auseinandersetzungen oder rechtlichen Streitigkeiten nachweisen zu können, dass die eigenen Handlungen und Entscheidungen in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorgaben erfolgt sind.
  • Kommunikation und Konsens: Eine offene und vertrauensvolle Kommunikation zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer dient nicht nur der Konfliktprävention, sondern auch der Vermeidung rechtlicher Fallstricke. Besonders im Kleinbetrieb, wo formale Mitbestimmungs- und Schlichtungsverfahren weniger ausgeprägt sind, ist der gemeinsame Dialog ein zentrales Instrument zur Klärung von Fragen und Differenzen.
  • Rechtliche Beratung: Die Nutzung von externer Expertise – beispielsweise durch Anwälte oder Gewerkschaften – ist ein wichtiger Baustein zur Vermeidung rechtlicher Fallstricke. Sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer sollten in Zweifelsfällen ihre Rechte und Pflichten prüfen lassen und sich beraten lassen, wie sie ihre Interessen rechtssicher durchsetzen können.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Wie viele Arbeitnehmer müssen in einem Betrieb beschäftigt sein, damit das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) greift?

Das KSchG ist grundsätzlich in Betrieben mit mehr als 10 Arbeitnehmern (ohne Auszubildende) anwendbar. In Betrieben mit 10 oder weniger Arbeitnehmern greift das KSchG nicht.

Können Arbeitnehmer in Kleinbetrieben einen Betriebsrat wählen?

Ja, Arbeitnehmer in Kleinbetrieben haben grundsätzlich das Recht, einen Betriebsrat zu wählen. Allerdings gelten für Kleinbetriebe besondere Regelungen im Hinblick auf die Zusammensetzung und Befugnisse des Betriebsrats.

Muss im Kleinbetrieb bei einer betriebsbedingten Kündigung eine Sozialauswahl durchgeführt werden?

Nein, im Kleinbetrieb ist der Arbeitgeber nicht dazu verpflichtet, eine Sozialauswahl bei betriebsbedingten Kündigungen durchzuführen. Dennoch müssen die Gründe für die Kündigung sozial gerechtfertigt sein.

Welche Mitbestimmungsrechte haben Arbeitnehmer in Kleinbetrieben?

Arbeitnehmer in Kleinbetrieben haben grundsätzlich die gleichen Mitbestimmungsrechte wie in größeren Betrieben, allerdings sind einige dieser Rechte eingeschränkt. So besteht beispielsweise kein grundsätzliches Vetorecht des Betriebsrats bei Einstellungen, Versetzungen oder Entlassungen von Arbeitnehmern im Kleinbetrieb.

Was sind die rechtlichen Unterschiede zwischen einem Kleinbetrieb und einem größeren Betrieb hinsichtlich Kündigungsschutz und Mitbestimmung?

Die rechtlichen Unterschiede zwischen Kleinbetrieben und größeren Betrieben liegen vor allem in der Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) und der Ausgestaltung der Mitbestimmungsrechte. Im Kleinbetrieb sind die Voraussetzungen für einen Kündigungsschutz geringer, da das KSchG nicht greift. Zudem sind die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats in Kleinbetrieben eingeschränkt.

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