Kontenabrufverfahren – Das Finanzwesen ist ein komplexes Feld, das viele verschiedene Aspekte und Regelungen enthält. Eine dieser Regelungen ist das sogenannte Kontenabrufverfahren. Dieses Verfahren ermöglicht es bestimmten Behörden, Einblick in die Kontodaten von Privatpersonen und Unternehmen zu erhalten.

Aber keine Sorge, dies geschieht nicht einfach so, sondern nur unter bestimmten Bedingungen und unter Einhaltung strenger Datenschutzbestimmungen. Damit Sie genau wissen, worum es bei diesem Verfahren geht, stellen wir Ihnen in diesem Blogbeitrag alle relevanten Informationen vor.

Und wer weiß, vielleicht können Sie mit Ihrem neu erworbenen Wissen sogar Ihre Freunde oder Kollegen beeindrucken?

Was ist das Kontenabrufverfahren?

Das Kontenabrufverfahren ist ein Instrument, das es bestimmten deutschen Behörden ermöglicht, auf die Kontodaten von inländischen Kontoinhabern zuzugreifen. Dieses Recht ist jedoch an strenge Voraussetzungen und gesetzliche Regelungen geknüpft. Bei diesem Verfahren müssen die Behörden verschiedene Schritte einhalten, um letztendlich an die erforderlichen Informationen zu gelangen.

Ein Hauptziel des Kontenabrufverfahrens ist es, Steuerhinterziehung und Geldwäsche effektiver zu bekämpfen. Zudem kann es auch zur Durchführung von Sozialleistungen oder zur Feststellung von Ansprüchen auf staatliche Unterstützung eingesetzt werden.

Rechtsgrundlage

Die Rechtsgrundlage für das Kontenabrufverfahren ist in § 24c Abgabenordnung (AO) und im Gesetz über das Kreditwesen (KWG) geregelt. Diese Gesetze bilden zusammen die Basis, auf der Behörden das Verfahren anwenden können.

Umsetzung in der Praxis

In der Praxis wird das Kontenabrufverfahren durch das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) organisiert und durchgeführt. Das BZSt ist dabei verantwortlich für die technische Abwicklung des Verfahrens und für die Zuteilung von Berechtigungsscheinen an die jeweiligen Behörden. In bestimmten Fällen kann es notwendig sein, dass das Bundeszentralamt den Antrag auf Kontenabruf an Dritte weiterleitet (z.B. an die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht oder an die Bundesbank).

Wie funktioniert das Kontenabrufverfahren?

Das Kontenabrufverfahren ist ein mehrstufiger Prozess, der aus folgenden Schritten besteht:

Antragstellung

Die Behörde, die Zugriff auf die Kontodaten eines bestimmten Steuerpflichtigen erhalten möchte, stellt beim Bundeszentralamt für Steuern einen Antrag auf Durchführung eines Kontenabrufverfahrens.

Dieser Antrag muss bestimmte formale Bedingungen erfüllen. So muss die Behörde beispielsweise darlegen, dass sie bereits alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel zur Ermittlung der relevanten Informationen ausgeschöpft hat. Weiterhin muss die Behörde begründen, warum genau die angeforderten Daten benötigt werden.

Prüfung des Antrags

Hat das Bundeszentralamt den Antrag erhalten, prüft es diesen auf seine Rechtmäßigkeit, also ob die beantragenden Behörden die gesetzlichen Voraussetzungen für die Durchführung eines Kontenabrufverfahrens erfüllen.

Hierbei ist insbesondere zu prüfen, ob die antragstellende Behörde dazu berechtigt ist, die im Antrag genannten Informationen zu erhalten, und ob die Erforderlichkeit für den Zugriff auf die Kontodaten gegeben ist.

Sind die Voraussetzungen erfüllt, erteilt das Bundeszentralamt einen Berechtigungsschein. Dies kann jedoch nur im Einklang mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit erfolgen. Das bedeutet, dass die beantragten Informationen für die Behörde notwendig und geeignet sein müssen, um ihre gesetzliche Aufgabe zu erfüllen.

Durchführung des Kontenabrufverfahrens

Mit dem erteilten Berechtigungsschein kann die Behörde nun die Bank oder das Kreditinstitut auffordern, ihr die erforderlichen Kontoinformationen zu übermitteln. Diese Kontoinformationen umfassen:

  • Kontonummer und Bankleitzahl bzw. IBAN
  • Name und Anschrift des Kontoinhabers
  • Geburtsdatum und -ort des Kontoinhabers
  • Datum der Kontoeröffnung und -schließung
  • Bevollmächtigte
  • Verfügungsberechtigte

Es ist wichtig zu betonen, dass das Kontenabrufverfahren lediglich den Zugriff auf diese Daten ermöglicht und keine Einsicht in den Kontostand oder in einzelne Kontoumsätze gestattet.

Datenschutz

Das Kontenabrufverfahren unterliegt strengen datenschutzrechtlichen Bestimmungen, um die Sicherheit und den Schutz der betroffenen Personen zu gewährleisten. So dürfen die von der Behörde erhaltenen Informationen nur für den vorgesehenen Zweck verwendet werden. Darüber hinaus sind Datenschutzbeauftragte und das Bundeszentralamt dazu verpflichtet, den ordnungsgemäßen Umgang mit den Daten zu kontrollieren.

Wer ist berechtigt, ein Kontenabrufverfahren durchzuführen?

Nicht jede Behörde oder jedes Amt kann auf Kontodaten zugreifen. Vielmehr ist das Kontenabrufverfahren nur bestimmten Behörden vorbehalten, die damit auch ihre jeweiligen Aufgaben erfüllen können.

Zu den berechtigten Behörden zählen unter anderem:

  • Finanzämter: im Rahmen der Steuerfestsetzung oder zur Durchführung anderer steuerlicher Aufgaben
  • Sozialleistungsträger: zur Feststellung von Ansprüchen auf staatliche Unterstützung oder zur Durchführung von Sozialleistungen
  • Vollstreckungsbehörden: wenn sie Vollstreckungsansprüche prüfen oder durchsetzen müssen
  • Insolvenzverwalter: zur Ermittlung des Schuldnervermögens in Insolvenzverfahren
  • Staatsanwaltschaften: im Rahmen von Ermittlungsverfahren bei Verdacht auf Straftaten oder Geldwäsche

Diese Liste ist nicht abschließend, vielmehr können auch andere Behörden unter bestimmten Voraussetzungen zum berechtigten Personenkreis gehören.

Häufige Fragen rund um das Kontenabrufverfahren

Untenstehend finden Sie eine Übersicht über die am meisten gestellten Fragen und deren Antworten.

Muss ich als Kontoinhaber informiert werden, wenn ein Kontenabrufverfahren gegen mich durchgeführt wird?

Nein, grundsätzlich besteht keine Informationspflicht gegenüber dem Kontoinhaber. Die Behörden können also auch ohne vorherige Information des Betroffenen das Verfahren durchführen.

Was passiert, wenn ich in mein Heimatland zurückkehre und mein Konto in Deutschland auflöse?

Sollten Sie Ihr Konto in Deutschland auflösen und zurück in Ihr Heimatland gehen, ist das Kontenabrufverfahren nicht mehr anwendbar. Die Behörden können dann nur noch über bestimmte internationale Rechtshilfeersuchen auf die entsprechenden Informationen zugreifen.

Können auch ausländische Behörden das deutsche Kontenabrufverfahren nutzen?

Nein, das deutsche Kontenabrufverfahren ist ausschließlich für inländische Behörden zulässig. Ausländische Behörden können lediglich über internationale Rechtshilfeabkommen Informationen über Kontodaten erhalten.

Wie kann ich mich gegen ein unberechtigtes Kontenabrufverfahren wehren?

Sollten Sie Kenntnis von einem unberechtigten Kontenabrufverfahren erhalten, ist es ratsam, sich anwaltliche Hilfe zu suchen, um Ihre Rechte wirksam zu verteidigen. Ein erfahrener Anwalt kann Sie dabei unterstützen, die Rechtmäßigkeit des Verfahrens zu überprüfen und gegebenenfalls rechtliche Schritte gegen die betreffende Behörde einzuleiten.

Fazit

Das Kontenabrufverfahren ist ein wichtiges Instrument im Finanzsektor, das bestimmten Behörden in bestimmten Fällen Ermittlungsmöglichkeiten eröffnet. Die gesetzlichen Grundlagen und Datenschutzbestimmungen sorgen dabei für eine geregelte Durchführung und einen angemessenen Schutz der betroffenen Personen.

Sollten Sie als Kontoinhaber Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Kontenabrufverfahrens haben, wenden Sie sich an einen Anwalt – dieser wird Sie kompetent beraten und gegebenenfalls notwendige Schritte einleiten.

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