Das Steuerrecht kann komplex und verwirrend sein, besonders wenn es um internationale Sachverhalte geht. In diesem Blog-Beitrag widmen wir uns einer besonderen Steuer, die in grenzüberschreitenden Fällen zum Tragen kommt: der Quellensteuer. Wir erläutern Ihnen die Grundlagen dieser Steuer und zeigen Ihnen, wie sie Ihre Steuerpflicht beeinflussen kann. Dabei beziehen wir uns auf relevante Gesetze, aktuelle Gerichtsentscheidungen und häufig gestellte Fragen, die uns in unserer täglichen Praxis begegnen.

Was ist die Quellensteuer?

Die Quellensteuer ist eine Form der Einkommensteuer, die direkt von der auszahlenden Stelle einbehalten und an das Finanzamt abgeführt wird. Grundsätzlich können alle Zahlungen aus einer inländischen Quelle an einen ausländischen Empfänger der Quellensteuer unterliegen. Dies betrifft vor allem Einkünfte wie Zinsen, Dividenden, Mieten oder Lizenzgebühren.

Rechtsgrundlage

Die gesetzlichen Grundlagen für die Quellensteuer finden sich in den jeweiligen nationalen Steuergesetzen sowie in den Doppelbesteuerungsabkommen (DBA), die zwischen den beteiligten Ländern geschlossen werden. In Deutschland beispielsweise regelt § 43 EStG das Einbehaltungsverfahren für Kapitalerträge wie Zinsen und Dividenden.

Zweck der Quellensteuer

Der Zweck der Quellensteuer besteht darin, die Besteuerung von grenzüberschreitenden Zahlungen zu gewährleisten. Durch sie wird verhindert, dass ausländische Personen oder Unternehmen, die in einem Land Einkünfte erzielen, diese in ihrem Heimatland nicht versteuern und somit der Besteuerung entziehen könnten. Die Quellensteuer soll also einer unfairen Steuervermeidung entgegenwirken und die Gerechtigkeit im internationalen Steuersystem gewährleisten.

Auswirkungen der Quellensteuer auf Steuerpflichtige

Die Quellensteuer trifft in erster Linie ausländische Steuerpflichtige, die Einkünfte aus inländischen Quellen beziehen. Dabei kann die Quellensteuer jedoch auch Auswirkungen auf inländische Steuerpflichtige haben, wenn beispielsweise die Hinzurechnungsbesteuerung angewendet wird.

Wie funktioniert die Quellensteuer in der Praxis?

In der Praxis wird die Quellensteuer durch die auszahlende Stelle einbehalten und an das Finanzamt abgeführt. Der Empfänger der Zahlung erhält somit nur den Nettobetrag, d.h. die Zahlung abzüglich der einbehaltenen Quellensteuer. Der Steuerabzug erfolgt unabhängig davon, ob der Empfänger der Zahlung im In- oder Ausland ansässig ist.

Ein Beispiel:

Ein deutsches Unternehmen zahlt Lizenzgebühren in Höhe von 10.000 Euro an einen in den USA ansässigen Lizenzgeber. Aufgrund der geltenden Regelungen zur Quellensteuer ist das Unternehmen verpflichtet, einen Teil der Zahlung – beispielsweise 15 % oder 1.500 Euro – einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen. Der Lizenzgeber erhält somit 8.500 Euro.

Anrechnung der Quellensteuer auf die persönliche Einkommensteuer

Die Quellensteuer ist in der Regel auf die persönliche Einkommensteuer des Empfängers anrechenbar. Das bedeutet, dass die im Ausland gezahlte Quellensteuer auf die Steuerschuld im Heimatland angerechnet wird, um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden. Hierfür kommen verschiedene Mechanismen zum Einsatz:

  • Anrechnungsmethode: Die im Ausland entrichtete Quellensteuer wird auf die im Inland geschuldete Einkommensteuer angerechnet.
  • Freistellungsmethode: Die im Ausland erzielten Einkünfte sind von der inländischen Besteuerung befreit (mit oder ohne Progressionsvorbehalt).

Die genaue Anwendung dieser Mechanismen ist in den Doppelbesteuerungsabkommen geregelt, die zwischen den beteiligten Ländern geschlossen werden.

Wie kann die Quellensteuer reduziert werden?

Für viele Steuerpflichtige ist die Quellensteuer ein ärgerlicher Kostenfaktor. Um die Belastung durch die Quellensteuer zu reduzieren, stehen jedoch verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, die wir Ihnen nachfolgend vorstellen möchten.

Doppelbesteuerungsabkommen

Die Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) dienen in erster Linie dazu, die Doppelbesteuerung von grenzüberschreitenden Zahlungen zu vermeiden. In vielen DBA sind Regelungen enthalten, die eine Reduzierung der Quellensteuer vorsehen. So kann beispielsweise der Quellensteuersatz auf Dividenden oder Zinsen von 15 % auf 5 % reduziert werden. Hierfür ist jedoch in der Regel eine Antragstellung beim Finanzamt sowie die Vorlage einer Ansässigkeitsbescheinigung erforderlich.

Umstrukturierung von Zahlungen

In manchen Fällen kann die Quellensteuerbelastung durch eine gezielte Umstrukturierung von Zahlungen reduziert werden. Hierbei wird beispielsweise eine Lizenzvereinbarung so gestaltet, dass die auf die Lizenzzahlungen anfallende Quellensteuer entfällt oder gesenkt wird. Dies ist jedoch nicht in allen Ländern und in jedem Fall möglich und sollte daher sorgfältig geprüft werden.

Minderung der Steuerbasis

Gegebenenfalls kann die Steuerbasis für die Quellensteuer durch Abschreibungsmöglichkeiten oder die Berücksichtigung von Betriebsausgaben gemindert werden. Dies setzt jedoch voraus, dass der Empfänger der Zahlung im Quellenstaat eine Betriebsstätte hat, was häufig nicht der Fall ist.

Aktuelle Gerichtsurteile zur Quellensteuer

In der jüngeren Vergangenheit sind einige wichtige Gerichtsurteile ergangen, die das Thema betreffen. Wir möchten Ihnen hier einige dieser Entscheidungen vorstellen, um Ihnen einen Eindruck von der aktuellen Rechtslage zu geben.

Bundesfinanzhof (BFH) – Urteil vom 09.12.2020

In diesem Fall stritten sich die Beteiligten um die Anrechnung ausländischer Quellensteuer auf die deutsche Einkommensteuer eines Steuerpflichtigen. Der BFH entschied, dass die Quellensteuer nur dann auf die deutsche Einkommensteuer angerechnet werden kann, wenn die ausländischen Einkünfte auch tatsächlich der deutschen Einkommensteuer unterliegen.

Europäischer Gerichtshof (EuGH) – Urteil vom 12.09.2019

In diesem Fall hatte der EuGH über eine Anfrage des belgischen Gerichtshofs zu entscheiden. Die Frage lautete, ob die belgische Regelung zur Quellenbesteuerung von Zinsen und Lizenzgebühren mit dem EU-Recht vereinbar ist. Der EuGH entschied, dass die Regelung gegen die Grundfreiheiten des Binnenmarkts verstößt und daher unionsrechtswidrig ist.

Häufig gestellte Fragen

In unserer täglichen Praxis als Anwaltskanzlei erhalten wir immer wieder Fragen von Mandanten zum Thema. Einige dieser Fragen haben wir hier für Sie zusammengestellt und beantwortet:

Muss die Quellensteuer auch gezahlt werden, wenn der Empfänger der Zahlung im Inland ansässig ist?

Grundsätzlich gilt die Quellensteuer für grenzüberschreitende Sachverhalte und ist daher in erster Linie für ausländische Empfänger relevant. Allerdings gibt es auch nationale Regelungen, die eine Quellenbesteuerung für inländische Empfänger vorsehen. Dies betrifft insbesondere den Steuerabzug bei Kapitalerträgen im Rahmen der Abgeltungsteuer. In solchen Fällen muss auch ein inländischer Empfänger der Zahlung die Quellensteuer entrichten.

Gibt es Länder, mit denen Deutschland kein Doppelbesteuerungsabkommen geschlossen hat? Und wie wirkt sich das auf die Quellensteuer aus?

Ja, es gibt Länder, mit denen Deutschland kein Doppelbesteuerungsabkommen geschlossen hat. Das bedeutet, dass mit diesen Ländern keine völkerrechtlichen Vereinbarungen über die Besteuerung von grenzüberschreitenden Zahlungen geschlossen wurden. In solchen Fällen kommen die nationalen Regeln des Quellenstaats zur Anwendung. Dies kann dazu führen, dass die Quellensteuerlast höher ausfällt als bei Vorliegen eines DBA.

Kann ich die gezahlte Quellensteuer bei meiner Steuererklärung geltend machen?

Ja, die im Ausland gezahlte Quellensteuer können Sie bei Ihrer Steuererklärung geltend machen, sofern die ausländischen Einkünfte auch tatsächlich der deutschen Einkommensteuer unterliegen. Die Anrechnung erfolgt entweder nach der Anrechnungsmethode oder nach der Freistellungsmethode, je nach Regelung im jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen.

Wie kann ich eine Reduzierung der Quellensteuer beantragen?

Um eine Reduzierung der Quellensteuer zu beantragen, müssen Sie in der Regel eine Ansässigkeitsbescheinigung bei dem Finanzamt Ihres Wohnsitzlandes beantragen und diese der auszahlenden Stelle im Quellenstaat vorlegen. Die auszahlende Stelle prüft dann, ob eine Quellensteuerreduzierung aufgrund des zugrundeliegenden Doppelbesteuerungsabkommens möglich ist.

Muss ich als Unternehmen, das Zahlungen ins Ausland leistet, die Quellensteuer einbehalten und an das Finanzamt abführen?

Grundsätzlich sind Unternehmen, die grenzüberschreitende Zahlungen leisten, dazu verpflichtet, die Quellensteuer einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen. Dies betrifft insbesondere Zahlungen wie Zinsen, Dividenden, Mieten oder Lizenzgebühren. Allerdings gibt es in einigen Fällen Freistellungen oder Reduzierungen der Quellensteuer, beispielsweise aufgrund von Doppelbesteuerungsabkommen.

Fazit

Die Quellensteuer ist ein wesentlicher Aspekt der internationalen Besteuerung und kann erhebliche Auswirkungen auf die Steuerpflicht von natürlichen und juristischen Personen haben. Die Quellensteuerregeln sind komplex und erfordern eine genaue Kenntnis der nationalen und internationalen Gesetze sowie der einschlägigen Gerichtsentscheidungen. Wir hoffen, dass dieser Blog-Beitrag Ihnen ein besseres Verständnis vermitteln konnte und Ihnen bei Ihren steuerlichen Fragestellungen weiterhilft.

Sollten Sie weitere Fragen zum Thema haben oder eine individuelle Beratung wünschen, stehen wir Ihnen als erfahrene Anwaltskanzlei gerne zur Verfügung. Kontaktieren Sie uns, um einen Beratungstermin zu vereinbaren.

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