Das Reisegewerbe gilt als wichtiger Bestandteil des deutschen Wirtschaftssystems. Es umfasst eine Vielzahl von Tätigkeiten, die selbstständig und auf Reisen ausgeübt werden. Dazu zählen unter anderem der Verkauf von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen außerhalb Ihrer eigenen Betriebsräume. Der vorliegende Blog-Beitrag beschäftigt sich umfassend mit den rechtlichen Anforderungen, den entsprechenden Gesetzen sowie aktuellen Rechtsprechungen rund um das Reisegewerbe. Dabei soll insbesondere auf die einzelnen Voraussetzungen eingegangen werden, die für eine erfolgreiche Anmeldung eines solchen Gewerbes erforderlich sind. Auch die Rechte der Gewerbetreibenden sowie der Verbraucher sollen eingehend beleuchtet werden. Darüber hinaus werden wir Ihnen einige Praxisbeispiele vorstellen, um einen konkreten und praktischen Einblick in die Materie zu bieten.

Gesetzliche Grundlagen für das Reisegewerbe

Um Ihnen einen fundierten Überblick zu ermöglichen, sollte man zunächst einen Blick auf die rechtlichen Grundlagen des Reisegewerbes werfen.

  • § 55 Gewerbeordnung (GewO): Dieser Paragraph enthält die grundlegenden Vorschriften zur Reisegewerbe.Die Bedeutung der Gewerbeordnung liegt dabei insbesondere im Schutz der Verbraucher sowie der Marktordnung.
  • Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG): Hierbei handelt es sich um ein Gesetz, das den fairen Wettbewerb unter den Unternehmen sicherstellt. Es enthält Vorschriften zu unzulässigen Geschäftspraktiken und informiert darüber, welche Maßnahmen gegen Wettbewerbsverstöße möglich und zulässig sind.
  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Das BGB enthält Vorschriften zu Verträgen sowie vertraglichen Pflichten und Rechten von Unternehmern und Verbrauchern. Es gilt insbesondere für den Abschluss und die Durchführung von Kaufverträgen, die im Rahmen des Reisegewerbes getätigt werden.
  • Beispielsweise haftet im Falle eines Verkaufs von mangelhaften Waren der Gewerbetreibende nach BGB für die Mängel.

Neben diesen gesetzlichen Regelungen sind im Reisegewerbe auch spezielle branchenspezifische Leitlinien und Verordnungen zu beachten, die adaptiert werden müssen, um rechtskonform zu handeln.

Anforderungen und Voraussetzungen zur Anmeldung eines Reisegewerbes

Für die Anmeldung eines Reisegewerbes und die Erlangung einer entsprechenden Reisegewerbekarte müssen gewisse Voraussetzungen erfüllt sein. Hier finden Sie eine Übersicht der wichtigsten Punkte, die auf dem Weg zum eigenen Reisegewerbe beachtet werden müssen:

Volljährigkeit und Geschäftsfähigkeit

Der Antragsteller muss volljährig und in vollem Umfang geschäftsfähig sein. Eine Minderjährigkeit oder eine eingeschränkte Geschäftsfähigkeit führt zur Ablehnung des Antrags auf Erteilung einer Reisegewerbekarte.

Zuverlässigkeit und Unbedenklichkeit

Die zuständige Behörde prüft, ob der Antragsteller zuverlässig und unbedenklich erscheint. Hierzu kann die Vorlage folgender Unterlagen erforderlich sein:

  • Polizeiliches Führungszeugnis
  • Auskunft aus dem Gewerbezentralregister
  • Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes
  • Bescheinigung der zuständigen Stelle, dass keine Rückstände bei Sozialversicherungsbeiträgen bestehen

Bei Bestehen von Zweifeln an der Zuverlässigkeit oder bei Vorliegen von Tatsachen, die eine Unzuverlässigkeit begründen könnten, kann die Erteilung der Reisegewerbekarte verweigert werden.

Gegebenenfalls vorhandene Sach- und Fachkenntnisse

Je nach Art des Reisegewerbes können fachliche Voraussetzungen erforderlich sein, um die notwendige Sachkunde nachzuweisen. So benötigen beispielsweise Reisegewerbetreibende, die Bausparverträge oder Versicherungen anbieten, eine Sachkundeprüfung gemäß § 34d bzw. § 34c GewO.

Beachtung von Ausnahmeregeln für bestimmte Gewerbearten

Es gibt bestimmte Gewerbearten, für die eine Ausnahme von der Reisegewerbekartenpflicht gilt. Dazu zählen unter anderem:

  • Der Verkauf selbst hergestellter Waren durch Handwerker
  • Verkauf von Zeitungen und Zeitschriften
  • Tätigkeit als Schausteller oder Marktkaufmann
  • Tätigkeit als freier Berater oder Versicherungsvermittler im Zusammenhang mit dem Finanzwesen

Für diese Tätigkeiten ist eine Anmeldung des Reisegewerbes und das Vorhandensein einer Reisegewerbekarte nicht erforderlich. Dies sollte bei der Prüfung der Notwendigkeit einer Reisegewerbekartenpflicht bedacht werden.

Rechte und Pflichten im Reisegewerbe

Reisegewerbetreibende unterliegen gesetzlichen Rechten und Pflichten, die sowohl die eigenen Interessen als auch die der Verbraucher betreffen. Im Folgenden werden diese näher erläutert.

Rechte der Gewerbetreibenden

Reisegewerbetreibende haben die grundsätzlichen Rechte, die Gewerbetätigkeit selbstständig und frei auszuüben, solange keine geltenden rechtlichen Vorschriften verletzt werden. Sie können beispielsweise selbst entscheiden, welche Waren sie anbieten oder welche Dienstleistungen sie erbringen möchten. Auch die Preisgestaltung liegt in der Hand des Gewerbetreibenden, solange keine Preisspannen nach dem Gesetz gegen Wucher und Sittenwidrigkeit überschritten werden.

Pflichten der Gewerbetreibenden

Die Pflichten von Reisegewerbetreibenden betreffen insbesondere die Einhaltung gesetzlicher Regelungen sowie die vertraglichen Pflichten gegenüber Kunden. Im Einzelnen sind dies:

  • Einhaltung aller geltenden gesetzlichen Regelungen (GewO, UWG, BGB, etc.)
  • Führung und Vorlage der Reisegewerbekarte bei behördlichen Kontrollen
  • Auskunft- und Anzeigenpflicht gegenüber der zuständigen Behörde
  • Einhaltung der vertraglichen Vereinbarungen mit Kunden (z. B. Kaufvertragsrecht, Widerrufs- und Umtauschrecht)
  • Angebot von sicheren und qualitativ hochwertigen Produkten und Dienstleistungen

Diese Pflichten dienen unter anderem dem Schutz der Verbraucher, der Mitbewerber sowie der Marktordnung im Allgemeinen und sind daher strikt einzuhalten.

Aktuelle Gerichtsurteile zum Reisegewerbe

Um Ihnen die rechtliche Dimension des Reisegewerbes näher zu bringen, stellen wir Ihnen im Folgenden einige aktuelle Gerichtsurteile zum Thema vor:

Bundesgerichtshof, Urteil vom 11. Oktober 2017 – VIII ZR 315/16

In dieser Entscheidung musste der Bundesgerichtshof darüber entscheiden, ob ein Reisegewerbetreibender für Mängel an einer von ihm verkauften gebrauchten Ware haften muss. Im konkreten Fall hatte der Gewerbetreibende einen Gebrauchtwagen verkauft, der später Mängel aufwies. Das Gericht stellte klar, dass auch Reisegewerbetreibende nach den allgemeinen Regeln des Kaufvertragsrechts für Mängel an verkauften Waren haften. Im Ergebnis war der Verkäufer zur Nachbesserung verpflichtet.

Landgericht Köln, Urteil vom 06. Juni 2018 – 26 O 48/18

In dieser Entscheidung ging es um die zulässige Gestaltung von Werbemaßnahmen im Reisegewerbe. Das Landgericht stellte fest, dass bestimmte aggressive Geschäftspraktiken gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb verstoßen und somit untersagt sind. Im konkreten Fall ging es um das Anbringen von Werbeflyern an Fahrzeugen, durch welche Kunden, die sich in einer Notsituation befanden und ihr Fahrzeug schnellstmöglich benötigten, zum Kauf bestimmter Produkte gedrängt werden sollten. Dies sei laut Gericht unzulässig und werde daher untersagt.

Oberlandesgericht Nürnberg, Urteil vom 12. Juli 2018 – 3 U 1468/18

In diesem Fall musste das Oberlandesgericht Nürnberg über die Frage entscheiden, ob es sich bei einer Internethandelsplattform, die als Vermittler für Reisegewerbetreibende auftritt, um ein Reisegewerbe im Sinne der Gewerbeordnung handelt. Das Gericht entschied, dass die Plattform selbst kein Reisegewerbe betreibt, sondern lediglich als Vermittler auftritt. Somit sei für die Plattform keine Reisegewerbekarte erforderlich, sondern nur eine Gewerbeanmeldung als Vermittler

FAQ – Häufig gestellte Fragen zum Reisegewerbe

Im Folgenden finden Sie Antworten auf häufig gestellte Fragen rund um das Reisegewerbe.

Muss ich als Reisegewerbetreibender steuerliche Abgaben leisten?

Ja, als Reisegewerbetreibender sind Sie verpflichtet, die im Rahmen Ihrer Tätigkeit anfallenden Steuern, z. B. Einkommensteuer und Umsatzsteuer, ordnungsgemäß abzuführen. Im Einzelfall sollten Sie sich von Ihrem Steuerberater über die genauen steuerlichen Anforderungen und Pflichten informieren.

Kann ich einen Angestellten in meinem Reisegewerbe beschäftigen?

Grundsätzlich ist es möglich, Angestellte in einem Reisegewerbe zu beschäftigen. Hierbei müssen jedoch die arbeitsrechtlichen Regelungen beachtet werden, z. B. die Einhaltung von Mindestlöhnen und Maximalarbeitszeiten. Darüber hinaus muss der Angestellte über eine eigene Reisegewerbekarte verfügen.

Wie lange ist eine Reisegewerbekarte gültig?

Reisegewerbekarten werden grundsätzlich auf unbestimmte Zeit ausgestellt. Sie sind jedoch verpflichtet Ihre Verbände, Ämter oder sonstige öffentliche Stellen über Änderungen in Ihrem Reisegewerbe zu informieren. Bei fortgesetzten Verstößen gegen gesetzliche Regelungen kann die Reisegewerbekarte entzogen werden.

Was passiert, wenn ich ohne Reisegewerbekarte auf Reisen tätig bin?

Das Ausüben eines Reisegewerbes ohne gültige Reisegewerbekarte stellt eine Ordnungswidrigkeit dar und kann zu empfindlichen Bußgeldern führen. In schweren Fällen kann dies sogar eine Untersagung des weiteren Betriebs Ihres Reisegewerbes zur Folge haben.

Das Reisegewerbe – Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Reisegewerbe zahlreiche rechtliche Anforderungen und Voraussetzungen mit sich bringt, die von den Gewerbetreibenden beachtet werden müssen. Es ist wichtig, sich genau mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen auseinanderzusetzen und die entsprechenden Formalitäten, wie die Beantragung der Reisegewerbekarte, zu erfüllen, um ein erfolgreiches und rechtskonformes Gewerbe zu betreiben. Andernfalls drohen nicht nur Bußgelder, sondern auch zivilrechtliche Ansprüche von Verbrauchern und Mitbewerbern. Wir hoffen, dass dieser Artikel Ihnen einen umfangreichen Überblick über die rechtlichen Aspekte des Reisegewerbes geben konnte und Ihnen bei der Gründung und dem Betrieb Ihres eigenen Reisegewerbes behilflich ist.

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