Die Resozialisierung von Straftätern ist ein wichtiger Aspekt des Strafrechtssystems und spielt eine entscheidende Rolle bei der Verhinderung von Rückfälligkeit und der Wahrung der Sicherheit der Gesellschaft. In Deutschland ist das Prinzip der Resozialisierung im Strafrecht fest verankert und hat das Ziel, den Täter auf ein straffreies und sozialangepasstes Leben in der Gesellschaft vorzubereiten. Sie dient hierbei insbesondere dem Schutz der Allgemeinheit und der Prävention künftiger Straftaten.

Als erfahrener Rechtsanwalt, möchte ich in diesem Blog-Beitrag die Grundsätze, Bedeutung und rechtlichen Regelungen der Resozialisierung im Strafrecht erläutern. Ich werde auch aktuelle Gerichtsurteile, Beispiele aus der Praxis und häufig gestellte Fragen (FAQs) behandeln, um Ihnen ein umfassendes Verständnis dieses wichtigen rechtlichen Themas zu vermitteln.

Grundsätze der Resozialisierung im Strafrecht

Resozialisierung ist ein grundlegendes Prinzip des deutschen Strafrechtssystems. Die folgenden Grundsätze bilden hierbei die Basis.

  • Verhältnismäßigkeit der Strafe: Die Strafe muss in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere der begangenen Straftat und zur Schuld des Täters stehen. Unverhältnismäßig hohe oder auf Dauer angelegte Bestrafungsmaßnahmen sind potenziell kontraproduktiv und können Resozialisierungsbemühungen verhindern.
  • Individualisierung der Strafe: Strafen sollen auf den individuellen Fall abgestimmt sein und berücksichtigen sowohl die persönlichen Umstände des Täters als auch die spezifischen Anforderungen an die Resozialisierung.
  • Resozialisierung als Ziel: Das Ziel der Resozialisierung ist es, den Täter in die Gesellschaft zu reintegrieren und ihm die Möglichkeit zu geben, ein straffreies Leben zu führen. Alle Maßnahmen im Rahmen der Strafvollstreckung sollen darauf abzielen, dieses Ziel zu erreichen.
  • Berücksichtigung des Täter-Opfer-Ausgleichs: Der Täter-Opfer-Ausgleich ist ein wichtiges Instrument zur Resozialisierung, bei dem der Täter für den Schaden, den er verursacht hat, Wiedergutmachung leistet und somit das Unrecht, das er begangen hat, wiedergutzumachen versucht.

Um diese Grundsätze effektiv umzusetzen, müssen Rechtsanwälte, Gerichte, Strafvollzugsbeamt, Sozialarbeiter und andere Institutionen eng miteinander kooperieren und aufeinander abgestimmte Resozialisierungsmaßnahmen entwickeln und durchführen.

Rechtliche Grundlagen der Resozialisierung im Strafrecht

Die gesetzlichen Regelungen zur Resozialisierung im Strafrecht sind in verschiedenen Gesetzen und Vorschriften festgehalten, die im Folgenden genannt sind:

  • Grundgesetz (GG): Artikel 1 Abs. 1 GG garantiert die Würde des Menschen, die auch in der Resozialisierung ihren Niederschlag findet. Zudem ergibt sich aus Artikel 2 Abs. 1 GG das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit, welches die Grundlage für eine gelungene Resozialisierung darstellt.
  • Strafgesetzbuch (StGB): § 56 StGB regelt die Strafaussetzung zur Bewährung, die als zentrales Instrument der Resozialisierung gilt. Darüber hinaus bestimmen verschiedene weitere Vorschriften wie § 46 StGB (Strafzumessung) und § 49 StGB (mildere Strafe bei Verbrechen und Vergehen) die Anwendung und Gestaltung von Resozialisierungsmaßnahmen.
  • Strafvollzugsgesetz (StVollzG): Das StVollzG beinhaltet zahlreiche Regelungen, die die Umsetzung von Resozialisierungsmaßnahmen im Rahmen des Strafvollzugs vorschreiben, z.B. im Hinblick auf Arbeit und Beschäftigung im Vollzug (§§ 37-41 StVollzG), Freizeitgestaltung (§ 43 StVollzG) und Sozial- und psychologische Betreuung (§§ 57-59 StVollzG).
  • Jugendgerichtsgesetz (JGG): Das JGG enthält spezielle Regelungen für den Umgang mit jugendlichen und heranwachsenden Straftätern, wobei der Resozialisierungsgedanke hier besonders im Vordergrund steht. Beispielsweise sieht das JGG erzieherische Maßregeln vor, um jungen Tätern die Möglichkeit zur Reflexion und persönlichen Entwicklung zu geben (§§ 10-12 JGG).

Es ist essentiell für Juristen und andere Fachleute, die im Bereich des Strafrechts tätig sind, diese Gesetze und Vorschriften zu kennen und bei der Auslegung und Anwendung des Rechts die Resozialisierung im Sinne der oben genannten Grundsätze zu berücksichtigen.

Ausgewählte aktuelle Gerichtsurteile zur Resozialisierung

Das Thema Resozialisierung wird durch Gerichtsurteile kontinuierlich geprägt und weiterentwickelt. Im Folgenden möchte ich einige wichtige, aktuelle Urteile vorstellen, die die Bedeutung der Resozialisierung im Strafrecht verdeutlichen.

Fall 1: Bundesverfassungsgericht zum Sicherungsverwahrung

Im Jahr 2011 entschied das Bundesverfassungsgericht (1 BvR 2921/11), dass die Sicherungsverwahrung nur dann verfassungskonform ist, wenn sie durch Resozialisierungsmaßnahmen begleitet wird und einem konkreten Zweck dient. Der Vollzug der Sicherungsverwahrung darf demnach nicht allein auf eine nachträgliche Verlängerung der Strafe abzielen, sondern muss darauf ausgerichtet sein, den Untergebrachten auf eine Rückkehr in die Gesellschaft vorzubereiten. Dabei müssen die individuellen Bedürfnisse und Fähigkeiten der in Sicherungsverwahrung Untergebrachten angemessen berücksichtigt werden.

Fall 2: Bundesgerichtshof zur Rückfallprävention

Ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) aus dem Jahr 2019 (5 StR 262/19) betonte die Bedeutung von Maßnahmen zur Vorbeugung von Rückfälligkeit als zentrales Element der Resozialisierung. Im konkreten Fall hatte das Gericht eine mildere Strafe verhängt, da der Angeklagte nachweislich konkrete Schritte zur Resozialisierung unternommen hatte, wie zum Beispiel den Beginn einer Langzeittherapie zur Bewältigung von Suchtproblemen und die Teilnahme an einem Anti-Aggressions-Training. Dadurch zeigte er seine Bereitschaft, an seiner Persönlichkeitsentwicklung zu arbeiten und das Risiko künftiger Straftaten zu reduzieren.

Fall 3: Oberlandesgericht zur Haftlockerung

Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm entschied im Jahr 2018 (3 Ws 166/18), dass Haftlockerungen wie Ausgang und Urlaub nicht nur zur Belohnung für gutes Verhalten im Strafvollzug gewährt werden dürfen, sondern auch als gezielte Maßnahme zur Resozialisierung. Indem dem Verurteilten schrittweise mehr Freiheiten gewährt werden, soll seine Fähigkeit zur Wiedereingliederung in die Gesellschaft gestärkt und das Risiko einer Rückfallgefahr minimiert werden.

Beispiele aus der Praxis und Empfehlungen zur Umsetzung der Resozialisierung

Die erfolgreiche Resozialisierung von Straftätern ist ein langfristiger Prozess, der konsequente und aufeinander abgestimmte Maßnahmen erfordert. Im Folgenden möchte ich einige Praxisbeispiele und Empfehlungen für die erfolgreiche Umsetzung der Resozialisierung im Strafrecht vorstellen.

Therapeutische Maßnahmen im Strafvollzug

Die Durchführung von Therapie- und Beratungsangeboten im Strafvollzug ist ein zentraler Baustein der Resozialisierung. Indem Täter ihre Probleme und Verhaltensmuster reflektieren und lernen, Konflikte konstruktiv zu lösen, wird ihre Fähigkeit zur sozialen Integration gestärkt. Therapeutische Maßnahmen können beispielsweise Sucht- und Gewalttherapie, Sozial- und Lebensberatung oder Trauma-Behandlung umfassen.

Berufliche Qualifizierung und Integration

Die berufliche Integration von Straftätern ist ein weiterer wichtiger Aspekt der Resozialisierung. Durch den Erwerb von Kenntnissen und Fertigkeiten können ehemalige Straftäter ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt erhöhen und ein geregeltes Einkommen erzielen, was ihre soziale Stabilität und Bindung an die Gesellschaft stärkt. Hierzu zählen Maßnahmen wie berufliche Bildung, Praktika, Unterstützung bei der Jobsuche und die Zusammenarbeit mit Unternehmen und Bildungseinrichtungen.

Soziale Betreuung und Unterstützung

Neben therapeutischen und beruflichen Maßnahmen ist die soziale Betreuung und Unterstützung von Tätern ein entscheidender Faktor für eine erfolgreiche Resozialisierung. Hierzu zählen Angebote wie Schuldner- und Wohnungsberatung, Hilfe bei familiären Problemen, Betreuung durch Bewährungshelfer und die Förderung von Freizeitaktivitäten, welche die persönliche Entwicklung und soziale Integration der Täter unterstützen.

Zusammenarbeit zwischen Institutionen

Die erfolgreiche Umsetzung von Resozialisierungsmaßnahmen erfordert die enge Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Institutionen und Akteuren – darunter Gerichte, Bewährungshelfer, Sozialarbeiter, Therapeuten, Arbeitsvermittler und Bildungseinrichtungen. Durch die koordinierte Zusammenarbeit können individuell abgestimmte Resozialisierungsprogramme entwickelt und umgesetzt werden, die auf die Bedürfnisse und Fähigkeiten der Straftäter eingehen und bestmögliche Ergebnisse erzielen.

FAQs zur Resozialisierung im Strafrecht

Warum ist die Resozialisierung von Straftätern wichtig?

Die Resozialisierung ist von großer Bedeutung, da sie dazu beiträgt, Straffälligkeit und Rückfälle zu verhindern, indem sie die Täter auf ein straffreies Leben in der Gesellschaft vorbereitet. Sie dient damit der Sicherung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und trägt somit zu einer funktionierenden Gesellschaft bei.

Gibt es bestimmte Faktoren, die die Erfolgschancen einer Resozialisierung beeinflussen?

Die Erfolgschancen einer Resozialisierung hängen von verschiedenen Faktoren ab, wie etwa der individuellen Motivation und Bereitschaft des Täters zur Veränderung, der Qualität und Kontinuität der angebotenen Maßnahmen und der Zusammenarbeit der beteiligten Institutionen.

Können auch Sexualstraftäter erfolgreich resozialisiert werden?

Resozialisierungsmaßnahmen können grundsätzlich auch bei Sexualstraftätern erfolgreich sein. Hierbei sind jedoch besondere Anforderungen an die Therapie und Betreuung zu stellen, um die spezifischen Probleme und Risiken dieser Tätergruppe wirksam zu adressieren. Der Erfolg hängt stark von der individuellen Situation des Täters, seiner Motivation und Bereitschaft zur Veränderung sowie von der Passgenauigkeit der angewendeten Therapieansätze ab.

Wie kann ich als Betroffener Resozialisierungsmaßnahmen in Anspruch nehmen?

Als Betroffener sollten Sie sich zunächst an die zuständigen Stellen im Strafvollzug oder an Ihren Bewährungshelfer wenden, um Informationen und Unterstützung hinsichtlich geeigneter Resozialisierungsmaßnahmen zu erhalten. Ein offener und ehrlicher Umgang mit Ihrer Situation sowie die Bereitschaft, an Ihrer persönlichen Entwicklung zu arbeiten, sind Voraussetzungen für den Nutzen solcher Maßnahmen.

Welche Rolle spielen Anwälte bei der Umsetzung von Resozialisierungsmaßnahmen?

Rechtsanwälte können eine bedeutende Rolle bei der Umsetzung von Resozialisierungsmaßnahmen spielen, indem sie ihre Mandanten über die rechtlichen Rahmenbedingungen und Möglichkeiten informieren, sie bei der Durchsetzung ihrer Rechte gegenüber den Vollzugsbehörden unterstützen und sie in Verfahren vertreten, die auf Haftlockerungen, Bewährung oder andere Aspekte der Resozialisierung abzielen. Darüber hinaus können Rechtsanwälte als Vermittler zwischen Mandant und anderen beteiligten Institutionen fungieren und zur erfolgreichen Umsetzung der Resozialisierungsmaßnahmen beitragen.

Fazit

Die Resozialisierung von Straftätern ist ein zentrales Element des deutschen Strafrechtssystems, das zur Erhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung beiträgt. Sie erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Institutionen und Fachleuten, einschließlich Rechtsanwälten, Gerichten, Strafvollzugsbeamten, Sozialarbeitern und Therapeuten. Durch den Einsatz gezielter, auf den Einzelfall abgestimmter Maßnahmen kann die Resozialisierung dazu beitragen, Straffälligkeit zu verhindern, Rückfälle zu reduzieren und die Integration von Straftätern in die Gesellschaft zu fördern.

Als erfahrener Rechtsanwalt stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung, um Ihre Fragen zum Thema Resozialisierung im Strafrecht zu beantworten und Sie bei der Durchsetzung Ihrer Rechte und Interessen zu unterstützen. Zögern Sie nicht, mich zu kontaktieren, um ein persönliches Beratungsgespräch zu vereinbaren.

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