Schutzschirmverfahren – eine Rettungsleine für Unternehmen in finanziellen Schwierigkeiten. Dieses besondere Insolvenzverfahren ermöglicht es Unternehmen, frühzeitig Maßnahmen zu ergreifen, um eine drohende Zahlungsunfähigkeit abzuwenden und eine nachhaltige Sanierung zu erreichen. In diesem Artikel beleuchten wir die Hintergründe, den Ablauf und die rechtlichen Rahmenbedingungen des Schutzschirmverfahrens. Bleiben Sie dran, um zu erfahren, wie dieser gerichtliche Schutz vor Gläubigern funktioniert und welche Vorteile er bieten kann.

Einführung in das Schutzschirmverfahren

Was ist ein Schutzschirmverfahren?

Das Schutzschirmverfahren ist ein Instrument des deutschen Insolvenzrechts, das speziell zur Sanierung und Restrukturierung von Unternehmen entwickelt wurde. Es wurde durch das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) im Jahr 2012 eingeführt.

Dieses Verfahren bietet Unternehmen die Möglichkeit, sich unter bestimmten Voraussetzungen für maximal drei Monate vor dem Zugriff der Gläubiger zu schützen. Ziel ist es, den Unternehmen die notwendige Zeit zu geben, einen Sanierungsplan zu erarbeiten und umzusetzen, um die Zahlungsfähigkeit wiederherzustellen und Insolvenzen zu vermeiden.

Relevanz in der Praxis

In der Praxis hat sich das Schutzschirmverfahren als wichtige Maßnahme zur Unternehmenssanierung etabliert. Insbesondere in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, wie beispielsweise während der COVID-19-Pandemie, nutzen viele Unternehmen dieses Verfahren, um drohende Insolvenzen abzuwenden.

Der Vorteil liegt in der Führung des Unternehmens durch die bisherigen Organe während der Sanierungsphase, wodurch ein effizienter Umstrukturierungsprozess ermöglicht wird. Durch die in dieser Phase gewährleistete Fortführungsgarantie für wesentliche Verträge und Lieferantenbeziehungen schaffen Unternehmen eine Basis, um Vertrauen bei Gläubigern und Geschäftspartnern zurückzugewinnen.

Voraussetzungen für das Schutzschirmverfahren

Überblick über die Voraussetzungen

Um ein Schutzschirmverfahren zu beantragen, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Diese Anforderungen dienen dem Schutz der Gläubiger und stellen sicher, dass nur Unternehmen, die tatsächlich noch eine erfolgreiche Sanierung erreichen können, von diesem Instrument profitieren.
Die Hauptvoraussetzungen sind:

  • Das Vorliegen einer drohenden Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, jedoch keine bereits bestehende Zahlungsunfähigkeit.
  • Ein Antrag auf Eröffnung des Schutzschirmverfahrens beim zuständigen Insolvenzgericht.
  • Die Vorlage eines umfassenden Sanierungskonzepts, das von einem sachverständigen Dritten bestätigt wurde.

Drohen der Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung

Das Schutzschirmverfahren kann nur eingeleitet werden, wenn eine drohende Zahlungsunfähigkeit oder eine Überschuldung vorliegt. Eine drohende Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn das Unternehmen voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, seine fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Eine Überschuldung hingegen bedeutet, dass die Verbindlichkeiten die vorhandenen Vermögenswerte übersteigen, ohne dass eine positive Fortführungsprognose besteht.

Diese Voraussetzung gewährleistet, dass nur Unternehmen, die noch eine realistische Chance auf Sanierung besitzen, das Schutzschirmverfahren nutzen können.

Antrag und Sanierungskonzept

Der Antrag auf Eröffnung eines Schutzschirmverfahrens muss beim zuständigen Insolvenzgericht gestellt werden. Dem Antrag ist ein umfassendes Sanierungskonzept beizufügen, das von einem sachverständigen Dritten, in der Regel ein Wirtschaftsprüfer oder Rechtsanwalt, überprüft und bestätigt wurde.

Diese Bestätigung stellt sicher, dass das vorgelegte Konzept für die Sanierung des Unternehmens realistisch und erfolgversprechend ist. Das Insolvenzgericht prüft den Antrag und das Sanierungskonzept und entscheidet daraufhin, ob das Schutzschirmverfahren eröffnet wird.

Ablauf des Schutzschirmverfahrens

Einleitung des Verfahrens

Nachdem das Insolvenzgericht den Antrag auf ein Schutzschirmverfahren geprüft und genehmigt hat, wird das Verfahren offiziell eingeleitet. Ein entscheidender Vorteil dieses Verfahrens ist, dass die bisherigen Geschäftsführungsorgane weiterhin die Kontrolle über das Unternehmen ausüben können.

Das Unternehmen erhält durch das Schutzschirmverfahren einen Zeitraum von maximal drei Monaten, in dem es vor Vollstreckungsmaßnahmen der Gläubiger geschützt ist. In dieser Zeit sollen die Verantwortlichen den Sanierungsplan umsetzen und das Unternehmen wieder auf solide finanzielle Grundlagen stellen.

Erstellung des Insolvenzplans

Ein wesentlicher Bestandteil des Schutzschirmverfahrens ist die Erstellung eines Insolvenzplans. Dieser Plan enthält detaillierte Maßnahmen zur Sanierung und Restrukturierung des Unternehmens.
Dazu zählen:

  1. Strategische Neuausrichtungen.
  2. Kostensenkungsmaßnahmen.
  3. Strukturelle Veränderungen.
  4. Vereinbarungen mit Gläubigern hinsichtlich Erlassung oder Stundung von Forderungen.

Der Insolvenzplan muss so ausgestaltet sein, dass er eine realistische Möglichkeit bietet, die finanzielle Wiederherstellung des Unternehmens zu gewährleisten und zukünftige Zahlungsfähigkeit sicherzustellen.

Umsetzung und Kontrolle

Während der Laufzeit des Schutzschirmverfahrens wird das Unternehmen eng von einem vorläufigen Sachwalter begleitet, der vom Insolvenzgericht bestellt wird. Dieser Sachwalter überwacht die Nutzung der Unternehmensmittel und stellt sicher, dass die im Sanierungsplan vorgesehenen Maßnahmen umgesetzt werden.

Zugleich bleibt die Verantwortung und Entscheidungsbefugnis in der Regel beim bisherigen Management, was das Vertrauen der Geschäftspartner und Gläubiger stärkt. Der Sachwalter hat eine beratende Funktion und trägt zur Sicherung der wirtschaftlichen Interessen der Gläubiger bei.

Rechtliche Rahmenbedingungen des Schutzschirmverfahrens

Gesetzliche Grundlagen

Die rechtlichen Grundlagen für das Schutzschirmverfahren sind im deutschen Insolvenzrecht verankert. Wesentliche Regelungen finden sich insbesondere in der Insolvenzordnung (InsO) und in dem zum 1. März 2012 eingeführten Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG).

Das ESUG hat zahlreiche Neuerungen und Erleichterungen für Unternehmenssanierungen gebracht und enthält spezifische Vorschriften für das Schutzschirmverfahren, die darauf abzielen, den Schuldner zu unterstützen und gleichzeitig die Interessen der Gläubiger zu wahren.

Rolle des Insolvenzgerichts

Das Insolvenzgericht spielt eine zentrale Rolle im Schutzschirmverfahren. Es entscheidet über die Eröffnung des Verfahrens, überwacht den Fortschritt des Sanierungsprozesses und stellt sicher, dass die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden. Zu den Aufgaben des Gerichts gehören unter anderem:

  • Prüfung des Antrags und des Sanierungskonzepts.
  • Bestellung eines vorläufigen Sachwalters.
  • Kontrolle der Umsetzung des Insolvenzplans.

Durch diese Funktionen trägt das Gericht dazu bei, dass der Sanierungsprozess transparent und rechtssicher abläuft und die Interessen der Gläubiger gewahrt bleiben.

Rechte und Pflichten der Beteiligten

Im Schutzschirmverfahren haben sowohl der Schuldner als auch die Gläubiger bestimmte Rechte und Pflichten. Der Schuldner ist verpflichtet, alle erforderlichen Informationen offenzulegen und den Sanierungsplan vollständig umzusetzen.

Die Gläubiger ihrerseits haben das Recht, regelmäßig über den Stand des Verfahrens informiert zu werden und können sich im Rahmen von Gläubigerversammlungen einbringen. Weiterhin haben sie das Recht auf eine faire und marktgerechte Behandlung ihrer Forderungen, sei es durch Erlass, Stundung oder andere Vereinbarungen, die im Insolvenzplan festgelegt werden.

Sonderfälle und Besonderheiten

Besonderheiten in der Praxis

Obwohl das Schutzschirmverfahren eine wertvolle Möglichkeit zur Unternehmenssanierung bietet, gibt es in der Praxis einige Besonderheiten und Herausforderungen, die berücksichtigt werden müssen. Beispielsweise kann es in komplexen Fällen schwierig sein, ein umfassendes und tragfähiges Sanierungskonzept zu erstellen, insbesondere bei international tätigen Unternehmen oder bei stark fragmentierten Gläubigerstrukturen.

Auch die Finanzierung während des Verfahrens kann eine Herausforderung darstellen, da Banken und Investoren möglicherweise zögerlich bei der Bereitstellung neuer Mittel sind. Es ist daher wichtig, frühzeitig alle Beteiligten einzubeziehen und transparente Verhandlungen zu führen, um eine erfolgreiche Umsetzung des Sanierungsplans zu gewährleisten.

Mandantengeschichten ohne Namen

Aus unserer langjährigen Erfahrung mit Schutzschirmverfahren möchten wir eine Erfolgsgeschichte teilen, bei der ein mittelständisches Unternehmen durch das Verfahren gerettet werden konnte. Das Unternehmen stand aufgrund einer unerwarteten Marktveränderung vor erheblichen finanziellen Schwierigkeiten und sah sich einer drohenden Zahlungsunfähigkeit gegenüber.

Durch ein schnell eingeleitetes Schutzschirmverfahren konnte das Unternehmen unter professioneller Begleitung einen umfassenden Sanierungsplan entwickeln, der sowohl Kostensenkungsmaßnahmen als auch strukturelle Veränderungen beinhaltete. Mit Unterstützung eines starken Sachwalters und durch transparente Kommunikation mit den Gläubigern gelang es, das Vertrauen aller Beteiligten zu gewinnen und das Unternehmen erfolgreich zu sanieren.

Binnen weniger Monate stellte sich das Unternehmen neu auf, gewann an Wettbewerbsfähigkeit und konnte durch das Schutzschirmverfahren Insolvenz abwenden.

Checkliste für Unternehmen im Schutzschirmverfahren

Für Unternehmen, die erwägen, ein Schutzschirmverfahren einzuleiten, haben wir eine praktische Checkliste bereitgestellt. Diese kann als Leitfaden dienen, um den Prozess strukturiert und zielführend anzugehen:

  • Prüfung der Voraussetzungen: Stellen Sie sicher, dass eine drohende Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung vorliegt.
  • Erstellung des Sanierungskonzepts: Entwickeln Sie gemeinsam mit einem Experten ein umfassendes und realisierbares Sanierungskonzept.
  • Einreichung des Antrags: Bereiten Sie alle notwendigen Unterlagen vor und reichen Sie den Antrag beim zuständigen Insolvenzgericht ein.
  • Ernennung des vorläufigen Sachwalters: Arbeiten Sie eng mit dem bestellten Sachwalter zusammen und halten Sie regelmäßige Abstimmungen.
  • Umsetzung des Insolvenzplans: Führen Sie die geplanten Maßnahmen konsequent und transparent durch und informieren Sie alle Beteiligten regelmäßig über den Fortschritt.
  • Finanzierung sicherstellen: Arbeiten Sie an der Sicherung der Finanzierung während des Verfahrens, sei es durch interne Mittel oder externe Investoren.
  • Kontinuierliche Überwachung: Überwachen Sie den Erfolg der Sanierungsmaßnahmen und passen Sie den Plan bei Bedarf flexibel an aktuelle Entwicklungen an.

Mit dieser Checkliste sind Unternehmen gut gerüstet, um den komplexen Prozess des Schutzschirmverfahrens erfolgreich zu meistern und eine nachhaltige Sanierung zu erreichen.

Häufig gestellte Fragen (FAQ) zum Schutzschirmverfahren

Was ist der Unterschied zwischen Schutzschirmverfahren und regulärem Insolvenzverfahren?

Der wesentliche Unterschied liegt darin, dass beim Schutzschirmverfahren die Geschäftsführung des Unternehmens weiterhin die Kontrolle behält und das Verfahren in einer frühen Phase eingeleitet wird. Das reguläre Insolvenzverfahren dagegen wird meist bei bereits bestehender Zahlungsunfähigkeit eröffnet und kann zu einer Entmachtung der Geschäftsführung führen.

Wie lange dauert ein Schutzschirmverfahren?

Das Schutzschirmverfahren sieht eine Laufzeit von maximal drei Monaten vor. Innerhalb dieses Zeitraums sollen die notwendigen Sanierungsmaßnahmen ergriffen werden. Nach Ablauf dieser Frist muss das Unternehmen einen Insolvenzplan vorlegen und das Insolvenzgericht entscheidet über die Fortsetzung oder Beendigung des Verfahrens.

Können alle Unternehmen ein Schutzschirmverfahren beantragen?

Nein, nicht alle Unternehmen sind berechtigt, ein Schutzschirmverfahren zu beantragen. Nur Unternehmen, die eine drohende Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, aber keine bestehende Zahlungsunfähigkeit aufweisen, können dieses Verfahren nutzen.

Welche Kosten sind mit einem Schutzschirmverfahren verbunden?

Die Kosten eines Schutzschirmverfahrens können variieren und umfassen Gerichtskosten, Honorare für Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte sowie Gebühren für den vorläufigen Sachwalter. Diese Ausgaben sollten im Sanierungskonzept berücksichtigt und sorgfältig geplant werden.

Wie hoch sind die Erfolgschancen eines Schutzschirmverfahrens?

Die Erfolgschancen eines Schutzschirmverfahrens hängen stark von der Ausgangssituation des Unternehmens, der Qualität des Sanierungskonzepts und der transparenten Kommunikation mit den Gläubigern ab. Unternehmen, die diesen Prozess sorgfältig planen und umsetzen, haben gute Chancen auf eine erfolgreiche Sanierung.

Das Schutzschirmverfahren als Rettungsanker

Das Schutzschirmverfahren bietet Unternehmen in finanziellen Schwierigkeiten eine wertvolle Möglichkeit, eine drohende Insolvenz abzuwenden und eine nachhaltige Sanierung zu erreichen. Durch frühzeitiges Eingreifen und enge Begleitung durch den Sachwalter können Geschäftsführer weiterhin die Kontrolle über ihr Unternehmen behalten und die notwendigen Maßnahmen zur Sanierung umsetzen.

Trotz gewisser Herausforderungen in der Praxis, wie der Erstellung eines tragfähigen Sanierungskonzepts und der Finanzierung während des Verfahrens, zeigt die Erfahrung, dass das Schutzschirmverfahren bei richtiger Anwendung zu positiven Ergebnissen führen kann. Es ist ein Instrument, das zunehmend an Bedeutung gewinnt und sich als Rettungsanker für viele Unternehmen etabliert hat.

Wenn Sie oder Ihr Unternehmen Unterstützung bei der Einleitung und Durchführung eines Schutzschirmverfahrens benötigen, stehen Ihnen die erfahrenen Rechtsanwälte der Kanzlei Herfurtner zur Seite. Kontaktieren Sie uns für eine umfassende Beratung und eine maßgeschneiderte Lösung für Ihre Situation.

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