Im Strafrecht spielt die schwere Körperverletzung eine bedeutende Rolle, die sowohl für den Geschädigten als auch für den Beschuldigten weitreichende Folgen haben kann. In diesem ausführlichen Blog-Beitrag werden wir alle relevanten Aspekte der schweren Körperverletzung beleuchten, um ein besseres Verständnis der verschiedenen Kriterien, rechtlichen Hintergründe, möglichen Strafen und verteidigungsrechtlichen Überlegungen zu ermöglichen.

Der Beitrag gliedert sich wie folgt:

  • Was bedeutet schwere Körperverletzung?
  • Rechtliche Grundlagen der schweren Körperverletzung
  • Beispiele für schwere Körperverletzungen
  • Strafrahmen bei schwerer Körperverletzung
  • Aktuelle Gerichtsurteile zur schweren Körperverletzung
  • Verteidigungsstrategien bei schwerer Körperverletzung
  • FAQ zur schweren Körperverletzung

Was bedeutet schwere Körperverletzung?

Die schwere Körperverletzung ist eine Straftat, die sich gegen die körperliche Unversehrtheit einer Person richtet und sich dadurch auszeichnet, dass sie schwerwiegender ist als eine einfache Körperverletzung. Häufig resultiert sie aus der Anwendung von Gewalt, mit der Folge, dass der Geschädigte langfristig oder dauerhaft beeinträchtigt ist oder ein hohes Maß an Schmerzen erleidet. Die schwere Körperverletzung unterscheidet sich in ihrer rechtlichen Bewertung und den möglichen Strafen erheblich von der einfachen Körperverletzung.

Rechtliche Grundlagen der schweren Körperverletzung

Die rechtlichen Grundlagen der schweren Körperverletzung finden sich im deutschen Strafrecht, insbesondere im Strafgesetzbuch (StGB). Dort ist die schwere Körperverletzung im § 226 StGB geregelt, während die einfache Körperverletzung in § 223 StGB normiert ist.

Entscheidend für die Einordnung einer Verletzung als schwere Körperverletzung sind die im Gesetz genannten Kriterien. Nach § 226 StGB handelt es sich um eine schwere Körperverletzung, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

  • 1. Eine Körperverletzung im Sinne von § 223 StGB ist gegeben.
  • 2. Eine der in § 226 StGB aufgezählten schwerwiegenden Folgen tritt ein.

Die in § 226 StGB genannten schwerwiegenden Folgen sind:

  • 1. Wenn die verletzte Person die Fähigkeit, sich mit Hilfe der Sprache zu verständigen, verliert.
  • 2. Wenn sie das Sehvermögen auf einem oder beiden Augen verliert.
  • 3. Wenn sie das Gehör verliert.
  • 4. Wenn eine wichtige Funktion des Körpers dauernd beeinträchtigt wird.
  • 5. Wenn das Opfer entstellt bleibt.
  • 6. Wenn aufgrund der Verletzung eine Behinderung oder Krankheit entsteht, die mindestens drei Monate andauert oder dauerhaft ist.

Wichtig ist, dass nicht nur das Verursachen einer der genannten schwerwiegenden Folgen ausreicht, sondern dass auch die Handlung, die zur Körperverletzung geführt hat, vorsätzlich begangen wurde. Fahrlässig verursachte Körperverletzungen, bei denen eine der aufgezählten schweren Folgen eintritt, erfüllen damit nicht den Tatbestand der schweren Körperverletzung.

Beispiele für schwere Körperverletzungen

Um ein besseres Verständnis von Fällen schwerer Körperverletzung zu erhalten, sind hier einige typische Beispiele aufgeführt:

  • A schlägt im Streit B mit der Faust ins Gesicht, wodurch B dauerhafte Verletzungen am Auge erleidet und sein Sehvermögen auf diesem Auge verliert.
  • C tritt im Rahmen einer Auseinandersetzung D mit voller Wucht gegen den Kopf. D erleidet ein schweres Schädel-Hirn-Trauma, das zu einer dauerhaften Sprachbehinderung führt.
  • E greift F mit einem Messer an und verursacht dadurch eine schwere Schnittverletzung, die zu einer dauerhaften Einschränkung der Handbeweglichkeit führt.
  • G bedroht H massiv und setzt Pfefferspray ein, wodurch H nicht nur erhebliche Schmerzen erleidet, sondern auch eine langfristige Sehbeeinträchtigung.

In allen diesen Fällen liegt sowohl eine vorsätzliche Körperverletzung gemäß § 223 StGB vor, als auch eine der schwerwiegenden Folgen im Sinne von § 226 StGB. Daher würden diese Handlungen, sofern sie sich beweisen lassen, als schwere Körperverletzung gewertet und entsprechend geahndet.

Strafrahmen bei schwerer Körperverletzung

Gemäß § 226 Abs. 1 StGB ist die Strafe für schwere Körperverletzung eine Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. Dabei hängt das konkrete Strafmaß von unterschiedlichen Faktoren ab, wie zum Beispiel dem Verschulden des Täters, der Schwere der Folgen für das Opfer und den Umständen der Tat. Es handelt sich bei schwerer Körperverletzung um ein Verbrechen gemäß § 12 StGB, da die minimale Strafandrohung eine Freiheitsstrafe von einem Jahr ist.

Da die Strafe für schwere Körperverletzung deutlich höher ausfällt als die für eine einfache Körperverletzung (Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe), sind die Auswirkungen auf den Beschuldigten erheblich. Die genaue Strafzumessung erfolgt jedoch immer im Einzelfall und unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände.

Aktuelle Gerichtsurteile

Im Folgenden werden einige aktuelle Gerichtsurteile zur schweren Körperverletzung aufgeführt, um ein Verständnis dafür zu bekommen, wie die Rechtsprechung in verschiedenen Fällen mit diesem Delikt umgeht:

  1. Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 22.08.2018 – 2 StR 186/18: Der BGH hat in diesem Fall eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren wegen schwerer Körperverletzung bestätigt. Der Täter hatte sein Opfer mit einem gezielten Faustschlag schwer am Kopf verletzt, sodass dieses eine Schädelfraktur erlitt und dauerhafte gesundheitliche Beeinträchtigungen davontrug. Das Gericht ging dabei von einem erhöhten Verschulden des Täters aus, da dieser den Angriff heimtückisch und aus niedrigen Beweggründen verübt hatte.
  2. Oberlandesgericht (OLG) Hamm, Urteil vom 26.10.2017 – 4 RVs 103/17: In diesem Fall hatte der Täter seinem Opfer mehrere Knochenbrüche zugefügt und an verschiedenen Körperstellen Schnitt- und Stichwunden verursacht. Das OLG Hamm hat die Freiheitsstrafe des Täters wegen schwerer Körperverletzung auf vier Jahre und sechs Monate reduziert, da das Gericht bei der Strafzumessung nicht ausreichend die außergerichtliche Schadenswiedergutmachung durch den Täter berücksichtigt hatte.
  3. Landgericht (LG) Berlin, Urteil vom 09.01.2019 – 505 KLs 26/18: In diesem Fall ging es um einen fremdenfeindlichen Angriff, bei dem das Opfer trotz des Einsatzes eines Nothammers dauerhaft im Gesicht entstellt wurde. Das LG Berlin verhängte eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten wegen schwerer Körperverletzung, wobei die Strafe auch wegen der besonderen Schwere der Schuld und wegen der fremdenfeindlichen Motivation des Täters in diesem Bereich lag.

Diese Urteile zeigen, dass die Strafen für schwere Körperverletzung sehr unterschiedlich ausfallen können und von vielen Faktoren abhängen, die im Einzelfall zu berücksichtigen sind.

Verteidigungsstrategien bei schwerer Körperverletzung

Die Verteidigungsstrategien bei einer Beschuldigung wegen schwerer Körperverletzung können je nach Einzelfall variieren, aber einige grundlegende Ansätze sind:

  • Bestreiten der Vorsätzlichkeit: Eine mögliche Strategie ist es, die Vorsätzlichkeit der Handlung in Frage zu stellen und darauf hinzuweisen, dass es sich um eine unabsichtliche oder fahrlässige Körperverletzung handelt.
  • Anzweifeln der schwere der Folgen: Hierbei kann der Fokus darauf gelegt werden, dass keine der schwerwiegenden Folgen gemäß § 226 StGB nachweisbar vorliegt, wodurch die Einstufung als schwere Körperverletzung entfällt.
  • Notwehr oder Nothilfe: Es kann argumentiert werden, dass die Handlung in Notwehr oder Nothilfe geschehen ist und somit nicht strafbar ist.
  • Beweismangel: In einigen Fällen kann es sinnvoll sein, auf Unstimmigkeiten in der Beweisführung der Anklage hinzuweisen, um begründete Zweifel an der Schuld des Beschuldigten zu erzeugen.
  • Mildernde Umstände: Wenn sich die Schuld des Beschuldigten nicht bestreiten lässt, können mildernde Umstände geltend gemacht werden, die dazu führen können, dass die Strafe gemindert wird.

In jedem Fall sollten Betroffene bei einer Anschuldigung wegen schwerer Körperverletzung unverzüglich einen erfahrenen Strafverteidiger hinzuziehen, um ihre Rechte bestmöglich zu schützen und die bestmögliche Verteidigungsstrategie zu entwickeln.

FAQs

Was ist der Unterschied zwischen einfacher und schwerer Körperverletzung?

Der Hauptunterschied besteht in der Schwere der Folgen für das Opfer und den damit einhergehenden Strafrahmen. Bei der schweren Körperverletzung treten dauerhafte oder langfristige gesundheitliche Beeinträchtigungen auf, die im Gesetz definiert sind. Die möglichen Strafen für schwere Körperverletzung sind in der Regel deutlich höher als für eine einfache Körperverletzung.

Kann eine schwere Körperverletzung auch fahrlässig begangen werden?

Nein, der Tatbestand der schweren Körperverletzung erfordert stets Vorsatz. Fahrlässig herbeigeführte Körperverletzungen mit schwerwiegenden Folgen erfüllen nicht den Tatbestand der schweren Körperverletzung und werden in der Regel als fahrlässige Körperverletzung gemäß § 229 StGB geahndet.

Wann verjährt eine schwere Körperverletzung?

Gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB beträgt die Verjährungsfrist für schwere Körperverletzung zehn Jahre.

Wie hoch ist die Strafe für schwere Körperverletzung?

Die Strafe für schwere Körperverletzung ist eine Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren gemäß § 226 Abs. 1 StGB. Das konkrete Strafmaß hängt jedoch von verschiedenen Faktoren ab, wie etwa dem Verschulden, der Schwere der Folgen und den Umständen der Tat.

Fazit

Die schwere Körperverletzung ist eine ernstzunehmende Straftat, die sowohl für Opfer als auch Beschuldigte weitreichende Folgen haben kann. Wer mit einer solchen Anschuldigung konfrontiert ist, sollte unverzüglich einen erfahrenen Strafverteidiger hinzuziehen, um seine Rechte und Verteidigungschancen bestmöglich zu wahren. Die Kenntnis der rechtlichen Grundlagen, aktuellen Rechtsprechung und möglichen Verteidigungsstrategien ist dabei unerlässlich.

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