Die Steuerprüfung, auch Betriebsprüfung genannt, ist für viele Unternehmer und Privatpersonen ein Schreckgespenst. Doch mit der richtigen Vorbereitung und dem nötigen Background-Wissen kann man diesen Prozess erfolgreich bewältigen. In diesem Blogbeitrag geben wir Ihnen einen umfassenden Leitfaden, wie Sie sich optimal auf eine Steuerprüfung vorbereiten, welche rechtlichen Aspekte Sie beachten sollten und wie Sie während der Steuerprüfung agieren können. Ebenso informieren wir Sie über aktuelle Gerichtsurteile und beantworten die wichtigsten Fragen rund um das Thema Steuerprüfung.
Was ist eine Steuerprüfung und welche Gründe gibt es dafür?
Eine Steuerprüfung ist eine Prüfung der steuerlichen Verhältnisse eines Unternehmens oder einer natürlichen Person durch das Finanzamt bzw. das Bundeszentralamt für Steuern. Ziel der Steuerprüfung ist es, die Richtigkeit der eingereichten Steuererklärungen und Bilanzen zu überprüfen und damit die Gleichmäßigkeit der Besteuerung sicherzustellen.
Gründe für eine Steuerprüfung können sein:
- Verdacht auf Steuerstraftaten oder -ordnungswidrigkeiten
- Verspätete oder unvollständige Steuererklärungen
- Anhaltspunkte für Unregelmäßigkeiten aus internen Risikoanalysen des Finanzamtes
- Zufällige Auswahl aufgrund statistischer Erhebungen
Vorbereitung auf die Steuerprüfung
Die Vorbereitung auf eine Steuerprüfung ist essentiell, um den Prüfungsablauf möglichst reibungslos und erfolgreich zu gestalten. Hier sind einige Tipps zur Vorbereitung:
Organisation der Unterlagen
Eine gute Organisation der Unterlagen ist Grundvoraussetzung für einen geordneten Prüfungsablauf. Stellen Sie sicher, dass alle relevanten Unterlagen vorhanden, vollständig und übersichtlich geordnet sind. Dazu gehören insbesondere:
- Steuererklärungen und Bilanzen der zu prüfenden Jahre
- Verträge, Rechnungen und Belege
- Aufzeichnungen und Nachweise zu steuerrechtlich relevanten Sachverhalten (z. B. Fahrtenbücher, Bescheinigungen)
- Buchhaltungsunterlagen, Geschäftskorrespondenz und interne Verwaltungsdokumente
Analyse der steuerlichen Risiken
Eine frühzeitige Analyse der steuerlichen Risiken hilft, sich auf mögliche Fragestellungen und Diskussionen mit dem Steuerprüfer vorzubereiten. Überprüfen Sie Ihre Unterlagen auf mögliche Schwachstellen und Unstimmigkeiten und erarbeiten Sie Argumentationshilfen, um diese Punkte während der Steuerprüfung klar und sachlich darstellen zu können.
Einbindung von Experten
Das Hinzuziehen von Experten, insbesondere Steuerberatern und Rechtsanwälten, kann bei komplexen Sachverhalten und rechtlichen Fragestellungen eine sinnvolle Unterstützung sein. Nehmen Sie frühzeitig Kontakt zu Ihrem Steuerberater und/oder Rechtsanwalt auf, um gemeinsam die steuerlichen Risiken zu analysieren und eine Strategie für die Steuerprüfung zu entwickeln.
Ablauf der Prüfung
Der Ablauf einer Steuerprüfung gestaltet sich in der Regel wie folgt:
Ankündigung der Steuerprüfung
Die Steuerprüfung wird dem Steuerpflichtigen schriftlich angekündigt. Die Ankündigung enthält Angaben zum Zeitpunkt, zum Umfang und zu den zu prüfenden Steuerarten und -zeiträumen. Der Steuerpflichtige hat die Möglichkeit, innerhalb einer angemessenen Frist Einwände gegen den vorgesehenen Prüfungsumfang vorzubringen.
Beginn der Steuerprüfung und Prüfungsablauf
Die Steuerprüfung beginnt mit einem Eröffnungsgespräch, in dem der Prüfer den Umfang und die Schwerpunkte der Prüfung erläutert. Bei Betriebsprüfungen finden Prüfungen in der Regel in den Geschäftsräumen des Unternehmens statt, bei Privatpersonen können sie auch in der Wohnung oder beim Steuerberater durchgeführt werden.
Der Prüfer hat das Recht, während der Steuerprüfung Einsicht in die Unterlagen des Steuerpflichtigen zu nehmen und Fragen zu den steuerlichen Sachverhalten zu stellen. Der Steuerpflichtige ist verpflichtet, alle erforderlichen Auskünfte zu erteilen, die für die Ermittlung seiner steuerlichen Verhältnisse von Bedeutung sind.
Abschluss der Steuerprüfung
Nach Abschluss der Prüfung erstellt der Prüfer einen Prüfungsbericht, der die wesentlichen Prüfungsergebnisse und gegebenenfalls steuerlichen Mehr- oder Minderbelastungen beinhaltet. Der Steuerpflichtige hat die Möglichkeit, zum Prüfungsbericht Stellung zu nehmen. Nachfolgend ergeht ein geänderter oder bestätigender Steuerbescheid, gegen den der Steuerpflichtige ggf. Einspruch einlegen kann.
Rechtliche Aspekte und aktuelle Gerichtsurteile
Im Zusammenhang mit Steuerprüfungen sind verschiedene rechtliche Aspekte und aktuelle Gerichtsurteile von Bedeutung:
Verjährungsfristen
Steuerprüfungen unterliegen gesetzlichen Verjährungsfristen: In der Regel beträgt die Verjährungsfrist für Steueransprüche vier Jahre, bei Steuerhinterziehung jedoch zehn Jahre. Eine begonnene Steuerprüfung unterbricht die Verjährung.
Verpflichtung zur Aufbewahrung von Unterlagen
Steuerpflichtige sind verpflichtet, bestimmte Unterlagen (z. B. Bücher, Aufzeichnungen, Geschäftspapiere) für einen bestimmten Zeitraum aufzubewahren. Die gesetzliche Aufbewahrungsfrist beträgt in der Regel zehn Jahre für Buchungsbelege und Geschäftspapiere sowie sechs Jahre für sonstige Unterlagen, soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind.
Aktuelle Gerichtsurteile
- BFH-Urteil vom 20.06.2018 (X R 20/16): Das Bundesfinanzhof hat entschieden, dass das Finanzamt bei der Prüfungsanordnung das sog. Verhältnismäßigkeitsprinzip beachten muss. Eine Steuerprüfung muss demnach in einem angemessenen Verhältnis zum Mitteleinsatz und zur erwarteten Prüfungsausbeute stehen.
- BFH-Urteil vom 10.01.2018 (XI R 4/15): Der Bundesfinanzhof hat klargestellt, dass Steuerpflichtige für eine mehrjährige Umsatzsteuersonderprüfung in der Regel nur ein Jahr Aufbewahrungsvorlauf gewähren müssen.
FAQs
Mit welchen Konsequenzen muss ich bei einer Steuerprüfung rechnen?
Die Konsequenzen einer Steuerprüfung können eine steuerliche Mehr- oder Minderbelastung, gegebenenfalls verbunden mit Hinterziehungszinsen sein. In schwerwiegenden Fällen kann es zu einer Strafverfolgung aufgrund von Steuerhinterziehung kommen.
Kann ich einer Steuerprüfung widersprechen oder sie verhindern?
Grundsätzlich sind Steuerprüfungen gesetzlich vorgesehen und der Steuerpflichtige kann ihnen nicht entgehen. Allerdings können Sie bei einer unangemessenen Umsetzung der Prüfung (z. B. zw. angemessener Frist für die Vorbereitung) Einwände vorbringen und auf eine angemessene Anpassung des Prüfungsablaufs bestehen.
Wie häufig finden Steuerprüfungen statt?
Die Häufigkeit von Steuerprüfungen variiert je nach Unternehmensgröße, Branche und steuerlicher Komplexität. Während Großunternehmen nahezu jährlich geprüft werden, kann es bei kleineren Unternehmen und Privatpersonen zu längeren Prüfungsintervallen kommen.
Wie lange dauert eine Steuerprüfung?
Die Dauer einer Steuerprüfung ist abhängig von der Größe des Unternehmens, der Anzahl der zu prüfenden Steuerarten und -zeiträume sowie der Komplexität der steuerlichen Sachverhalte. Eine Steuerprüfung kann von wenigen Tagen bis zu mehreren Wochen oder Monaten dauern.
Was passiert, wenn ich während der Prüfung nicht kooperiere?
Ein mangelnder Kooperationswillen bei der Steuerprüfung kann zu Verschuldenszuschlägen und im äußersten Fall sogar zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen führen. Insofern ist es ratsam, den Anweisungen des Prüfers zu folgen und alle nötigen Informationen zur Verfügung zu stellen.
Fazit zur Steuerprüfung
Eine Steuerprüfung kann für Unternehmer und Privatpersonen eine Herausforderung darstellen, insbesondere wenn steuerliche Unregelmäßigkeiten zu erwarten sind. Eine gründliche Vorbereitung, die frühzeitige Einbindung von Experten und die Beachtung grundlegender rechtlicher Aspekte sind essenziell für einen erfolgreichen Prüfungsverlauf. Zudem sollte man sich über aktuelle Gerichtsurteile, die die Steuerprüfung betreffen, informiert halten, um sicherzustellen, dass die eigenen Rechte gewahrt bleiben. Mit diesem Leitfaden sind Sie gut gerüstet für die Bewältigung einer Steuerprüfung.
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