In diesem Blog-Beitrag werden wir uns eingehend mit dem Thema Unfallflucht, auch Fahrerflucht genannt, beschäftigen. Dabei werden wir nicht nur untersuchen, was rechtlich als Unfallflucht gilt, sondern auch die möglichen strafrechtlichen Konsequenzen und mögliche Verteidigungsstrategien im Fall einer Anzeige gegen den Beschuldigten erläutern. Darüber hinaus werden wir uns mit der Rolle eines Strafverteidigers auseinandersetzen und einige Fragen beantworten, die für Personen mit einer Beschuldigung wegen Unfallflucht relevant sein könnten.

Inhaltsverzeichnis

Definition von Unfallflucht

Unfallflucht, auch als Fahrerflucht bekannt, ist die Handlung, einen Unfallort zu verlassen, ohne die gesetzlichen Pflichten erfüllt zu haben. Diese Pflichten beinhalten, anderen Unfallbeteiligten die Personalien mitzuteilen, den Schaden zu melden und gegebenenfalls Hilfe zu leisten. Unfallflucht kann sowohl bei Verkehrsunfällen als auch bei anderen Unfällen, wie z.B. Parkremplern, begangen werden und stellt in Deutschland eine Straftat dar.

Tatbestandsmerkmale und rechtlicher Rahmen

Im deutschen Strafrecht ist die Unfallflucht im § 142 des Strafgesetzbuches (StGB) geregelt. Die Tatbestandsmerkmale der Unfallflucht sind folgende:

  1. Es wurde ein nicht unerheblicher Sachschaden verursacht.
  2. Der Unfallverursacher entfernt sich vom Unfallort, ohne seine Personalien zu hinterlassen oder auf Verlangen bekannt zu geben.
  3. Der Unfallverursacher unterlässt es, den Unfall unverzüglich bei der nächsten Polizeidienststelle oder einer anderen geeigneten Stelle anzuzeigen.
  4. Der Unfallverursacher weiß oder hat Grund zur Annahme, dass er durch den Unfall einen nicht unerheblichen Sachschaden verursacht hat.
  5. Die Handlung ist sowohl vorsätzlich als auch fahrlässig verübbar.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Unfallflucht nach § 142 StGB nur dann strafbar ist, wenn sie vorsätzlich oder fahrlässig begangen wird. Ein Versehen oder Unwissenheit über die Pflichten im Falle eines Unfalls entlastet den Täter jedoch nicht vollständig von der Verantwortung.

Strafrechtliche Folgen

Die strafrechtlichen Folgen einer Unfallflucht können unterschiedlich ausfallen, je nach Schwere der Tat und den Umständen des Einzelfalls. Die wichtigsten strafrechtlichen Folgen der Unfallflucht sind:

  1. Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren
  2. Fahrerlaubnisentzug bzw. Entziehung der Fahrerlaubnis
  3. Verlängerung der Führerschein-Probezeit
  4. Eintrag in das Fahreignungsregister („Punkte in Flensburg“)
  5. Regulierung von Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüchen
  6. Versicherungsrechtliche Nachteile und mögliche Rückstufung der Schadenfreiheitsklasse
  7. Strafrechtliche Vorbelastung durch eintragungsfähiges Vorstrafenregister

Es ist zu beachten, dass die o.g. strafrechtlichen Folgen keine abschließende Aufzählung darstellen und sich nach der konkreten Tat, den persönlichen Umständen des Täters und der Einschätzung des Gerichts richten.

Aktuelle Gerichtsurteile zur Unfallflucht

Einige der jüngsten Gerichtsurteile zur Unfallflucht verdeutlichen die aktuellen Tendenzen und den rechtlichen Umgang mit diesem Delikt:

  • Bundesgerichtshof, Urteil vom 14. Juni 2016, Az. 4 StR 144/16: In diesem Urteil hat der BGH entschieden, dass es für die Strafbarkeit wegen Unfallflucht ausreicht, wenn der Täter den Unfallort verlassen hat und dies auch nur für kurze Zeit geschieht. Rückkehrpflicht oder Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sind keine Voraussetzung für die Strafbarkeit.
  • Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 29. Mai 2015, Az. 2 RBs 78/15: Das OLG Hamm hat entschieden, dass ein im Unfallgeschehen nicht aktiv Beteiligter, der lediglich Beifahrer war und den Fahrer veranlasst, die Unfallstelle zu verlassen, keine Unfallflucht begeht.
  • Landgericht Saarbrücken, Urteil vom 29. Juni 2014, Az. 13 S 68/14: Das LG Saarbrücken hat entschieden, dass ein Unfallbeteiligter, der seinen Unfallgegner über den Schaden informiert und dabei falsche Personalien angibt, sich ebenfalls wegen Unfallflucht strafbar macht.

Verteidigung gegen Anzeige wegen Unfallflucht

Es gibt verschiedene Verteidigungsstrategien gegen eine Anzeige wegen Unfallflucht. Im Folgenden finden Sie einige häufige Verteidigungsansätze:

  • Entkräftung der Tatbestandsmerkmale: Die Verteidigung kann versuchen, die Tatbestandsmerkmale der Unfallflucht zu entkräften, indem sie nachweist, dass der Beschuldigte nicht vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat, dass kein nicht unerheblicher Sachschaden verursacht wurde oder dass der Beschuldigte den Unfallort nicht verlassen hat.
  • Glaubhaftes Unfallgeschehen: Ein weiterer Verteidigungsansatz besteht darin, darzulegen, dass der Beschuldigte den Unfall gar nicht bemerkt hat oder dass der Unfall durch das unverschuldete Verhalten Dritter verursacht wurde.
  • Erhebliche Zeitverzögerung: In einigen Fällen kann der Nachweis einer erheblichen Zeitverzögerung zwischen dem Unfall und der Anzeige bzw. dem Verlassen des Unfallortes und der polizeilichen Aufforderung zur Angabe der Personalien die Strafbarkeit wegen Unfallflucht entfallen lassen.
  • Rechtsirrtum: Ein unbeachtliches Versehen oder ein vermeidbarer Rechtsirrtum können eine Strafbarkeit wegen Unfallflucht ausschließen. Liegt ein solcher Rechtsirrtum vor, wird der Täter von der Schuld frei gesprochen oder die Strafe gemildert.
  • Notstand oder Notwehr: Notstand oder Notwehr können als Rechtfertigungsgründe herangezogen werden, um eine Strafbarkeit wegen Unfallflucht auszuschließen. Hierbei muss der Beschuldigte jedoch nachweisen, dass sein Handeln notwendig war, um eine Gefahr abzuwehren bzw. einen Angriff abzuwenden.

All diese Verteidigungsstrategien erfordern eine detaillierte Prüfung des Einzelfalls und der jeweiligen Beweislage. Daher sollte bereits im Vorfeld ein erfahrener Strafverteidiger hinzugezogen werden, der entsprechende Erfahrungen und Fachkenntnisse auf dem Gebiet der Unfallflucht hat.

Rolle des Strafverteidigers

Ein Strafverteidiger hat in einem Verfahren wegen Unfallflucht verschiedene Aufgaben und Funktionen. Dazu gehören unter anderem:

  1. Beratung des Mandanten über die rechtlichen Grundlagen und die strafrechtlichen Folgen der Unfallflucht
  2. Prüfung der Beweislage, Aktenlage und sonstiger relevanter Umstände des Einzelfalls
  3. Entwicklung von Verteidigungsstrategien und Argumentationslinien
  4. Einschätzung der Erfolgsaussichten von Rechtsmitteln, wie z.B. einer Berufung oder einer Revision
  5. Kommunikation mit den Strafverfolgungsbehörden und dem Gericht
  6. Vertretung des Mandanten in der Hauptverhandlung und bei sonstigen Verfahrensterminen
  7. Regulierung von Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüchen, wenn dies direkt mit der Unfallflucht zusammenhängt

Ein erfahrener Strafverteidiger ist in der Lage, die Chancen und Risiken in einem Verfahren wegen Unfallflucht besser einzuschätzen und kann durch seine Expertise und sein rechtliches Know-how maßgeblich dazu beitragen, eine günstige Entscheidung für den Mandanten herbeizuführen.

Häufig gestellte Fragen (FAQs)

Im Folgenden finden Sie einige Fragen, die im Zusammenhang mit einer Anzeige wegen Unfallflucht häufig gestellt werden:

Wann soll ich einen Rechtsanwalt aufsuchen, wenn ich wegen Unfallflucht beschuldigt werde?

Es ist ratsam, bereits im Vorfeld der polizeilichen Anhörung oder dem Erhalt einer Anzeige bzw. eines Strafbefehls einen Rechtsanwalt mit der Klärung der rechtlichen Situation zu beauftragen, da ein frühzeitiges Tätigwerden die Chancen auf eine erfolgreiche Verteidigung gegen die Vorwürfe erhöhen kann.

Was passiert, wenn ich den Unfall nicht bemerkt habe und den Unfallort verlassen habe?

Der Tatbestand der Unfallflucht erfordert Vorsatz oder Fahrlässigkeit. Wenn der Unfall und somit die Pflichten, die aus § 142 StGB hervorgehen, vom Täter tatsächlich nicht bemerkt wurden, kann dies möglicherweise seine Strafbarkeit ausschließen. Eine detaillierte Prüfung des Sachverhalts durch einen Anwalt ist in diesem Fall jedoch unerlässlich.

Was kann ich tun, wenn ich die Unfallflucht bereue und mich selbst anzeigen möchte?

Ein Geständnis kann in einigen Fällen strafmildernd wirken. Es ist jedoch ratsam, eine solche Entscheidung mit einem Strafverteidiger abzustimmen, der die Chancen und Risiken einer Selbstanzeige im konkreten Einzelfall beurteilt.

Wer kommt für die Schäden auf, die durch eine Unfallflucht entstanden sind?

Im Falle einer Unfallflucht haftet der Täter grundsätzlich für die entstandenen Schäden. Seine Haftpflichtversicherung kann jedoch aus besonderen Gründen ihre Leistungspflicht begrenzen oder ganz ausschließen, sodass der Unfallflüchtige möglicherweise selbst für die Schäden aufkommen muss.

Wenn Sie noch weitere Fragen zum Thema Unfallflucht haben oder rechtliche Unterstützung benötigen, stehen wir Ihnen jederzeit zur Verfügung. Kontaktieren Sie uns, um einen Termin für ein unverbindliches Erstgespräch in unserer Anwaltskanzlei zu vereinbaren.

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