Das Unterhaltsrecht ist ein zentrales Thema im Familienrecht und hat weitreichende Auswirkungen auf das Leben der Betroffenen. In diesem umfassenden Blog-Beitrag möchten wir Ihnen einen detaillierten Einblick in das Unterhaltsrecht geben, die verschiedenen Aspekte von Unterhaltsansprüchen und -berechnungen erläutern, aktuelle Gerichtsurteile vorstellen und häufig gestellte Fragen beantworten.

Unsere Informationen basieren auf jahrzehntelanger Erfahrung im Familienrecht und spiegeln den aktuellen Stand der Gesetzgebung und Rechtsprechung wider.

Inhaltsverzeichnis

  • Grundlagen des Unterhaltsrechts
  • Arten von Unterhaltsansprüchen
  • Unterhaltsrecht: Unterhaltsberechnung und Leitlinien
  • Anpassung und Befristung von Unterhaltszahlungen
  • Unterhaltsrecht: Was ist die „Unterhalt Rangfolge“?
  • Aktuelle Gerichtsurteile zum Unterhaltsrecht
  • Häufig gestellte Fragen zum Unterhaltsrecht
  • Fazit zum Unterhaltsrecht

Grundlagen des Unterhaltsrechts

Im deutschen Rechtssystem ist das Unterhaltsrecht im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verankert und regelt die finanzielle Absicherung von Familienangehörigen, insbesondere nach einer Trennung oder Scheidung. Ziel des Unterhaltsrechts ist es, den Lebensstandard der Betroffenen aufrechtzuerhalten und eine gerechte Verteilung der finanziellen Lasten innerhalb der Familie zu gewährleisten. Dabei gilt das Prinzip der Eigenverantwortung, d.h. jeder Ehegatte ist grundsätzlich für seinen eigenen Unterhalt verantwortlich. Im Einzelfall können jedoch Unterhaltsansprüche entstehen, wenn einer der Ehegatten bedürftig ist und der andere leistungsfähig.

Unterhaltsansprüche können zwischen Ehegatten, Eltern und Kindern sowie in manchen Fällen auch zwischen Verwandten in gerader Linie entstehen. Die Höhe und Dauer des Unterhaltsanspruchs hängen von verschiedenen Faktoren ab, wie zum Beispiel dem Einkommen der Beteiligten, der Dauer der Ehe oder der Betreuung gemeinsamer Kinder.

Arten von Unterhaltsansprüchen

Im Unterhaltsrecht unterscheidet man zwischen verschiedenen Arten von Unterhaltsansprüchen, die je nach Lebenssituation der Beteiligten entstehen können:

Trennungsunterhalt: Während der Trennungsphase vor der Scheidung kann der bedürftige Ehegatte Trennungsunterhalt vom leistungsfähigen Ehegatten verlangen. Dieser Anspruch besteht unabhängig von der Dauer der Ehe und soll den Lebensstandard beider Ehegatten bis zur rechtskräftigen Scheidung sichern.

Nachehelicher Unterhalt: Nach der Scheidung kann der bedürftige Ehegatte nachehelichen Unterhalt vom leistungsfähigen Ehegatten verlangen. Dieser Anspruch ist grundsätzlich befristet und hängt von der Dauer der Ehe, dem Alter der Beteiligten, der Betreuung gemeinsamer Kinder und anderen Umständen ab.

Kindesunterhalt: Eltern sind ihren Kindern gegenüber unterhaltspflichtig. Der Kindesunterhalt soll die Grundbedürfnisse des Kindes decken und ist unabhängig vom Einkommen des unterhaltspflichtigen Elternteils zu zahlen. Die Höhe des Kindesunterhalts richtet sich nach der Düsseldorfer Tabelle.

Elternunterhalt: In bestimmten Fällen können auch erwachsene Kinder gegenüber ihren bedürftigen Eltern unterhaltspflichtig sein. Der Elternunterhalt dient der Absicherung der Lebensgrundlage im Alter und kann vom Sozialamt eingefordert werden, wenn die Eltern Sozialhilfe beziehen.

Unterhaltsrecht: Unterhaltsberechnung und Leitlinien

Die Berechnung von Unterhaltsansprüchen ist ein komplexer Prozess, der von verschiedenen Faktoren abhängt und oft von Streitigkeiten zwischen den Beteiligten begleitet ist. Um eine gerechte Verteilung der finanziellen Lasten zu gewährleisten, werden in der Rechtsprechung und Praxis verschiedene Leitlinien und Tabellen verwendet:

  • Düsseldorfer Tabelle: Die Düsseldorfer Tabelle ist ein Richtwert zur Berechnung des Kindesunterhalts, der auf Einkommensgruppen und Altersstufen der Kinder basiert. Die Tabelle wird regelmäßig aktualisiert und von den meisten Gerichten in Deutschland angewendet.
  • Leitlinien zur Berechnung von Ehegattenunterhalt: Bei der Berechnung von Trennungs- und nachehelichem Unterhalt orientieren sich die Gerichte an verschiedenen Leitlinien, die auf dem Einkommen der Beteiligten, der Dauer der Ehe und anderen Umständen basieren. Die Berechnung erfolgt in der Regel nach der sogenannten 3/7-Regel, d.h. der bedürftige Ehegatte erhält 3/7 des gemeinsamen bereinigten Nettoeinkommens.
  • Bedarfskontrollbetrag: Um eine übermäßige Belastung des unterhaltspflichtigen Ehegatten zu vermeiden, wird bei der Unterhaltsberechnung ein Bedarfskontrollbetrag berücksichtigt, der das Existenzminimum des Unterhaltspflichtigen sichert. Liegt das berechnete Unterhaltsvolumen über dem Bedarfskontrollbetrag, kann der Unterhaltsanspruch herabgesetzt werden.
  • Selbstbehalt: Bei der Unterhaltsberechnung wird auch ein Selbstbehalt berücksichtigt, der das Existenzminimum des Unterhaltspflichtigen sichert. Der Selbstbehalt variiert je nach Art des Unterhaltsanspruchs und der Lebenssituation des Unterhaltspflichtigen.

Anpassung und Befristung von Unterhaltszahlungen

Unterhaltsansprüche sind nicht in Stein gemeißelt und können im Laufe der Zeit angepasst oder befristet werden. Es gibt verschiedene Gründe, die eine Anpassung oder Befristung von Unterhaltszahlungen rechtfertigen können:

  • Veränderung der Einkommensverhältnisse: Wenn sich die Einkommensverhältnisse der Beteiligten wesentlich ändern, kann dies eine Anpassung der Unterhaltszahlungen rechtfertigen. Beispielsweise kann eine Erhöhung des Einkommens des Unterhaltspflichtigen zu einer Erhöhung des Unterhaltsanspruchs führen, während eine Verringerung des Einkommens eine Herabsetzung des Anspruchs rechtfertigen kann.
  • Änderung der Bedürftigkeit: Wenn sich die Bedürftigkeit des unterhaltsberechtigten Ehegatten ändert, etwa durch eine neue Partnerschaft, eine verbesserte Erwerbssituation oder den Wegfall der Kinderbetreuung, kann dies eine Anpassung oder Befristung des Unterhaltsanspruchs rechtfertigen.
  • Änderung der Leistungsfähigkeit: Wenn sich die Leistungsfähigkeit des unterhaltspflichtigen Ehegatten ändert, etwa durch Krankheit, Arbeitslosigkeit oder eine neue Familie, kann dies eine Anpassung oder Befristung des Unterhaltsanspruchs rechtfertigen.
  • Härtefall: In besonderen Härtefällen kann eine Anpassung oder Befristung des Unterhaltsanspruchs gerechtfertigt sein, wenn die Fortzahlung des Unterhalts für den Unterhaltspflichtigen unzumutbar ist. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn der Unterhaltsberechtigte erhebliche Vermögenswerte erwirbt oder eine schwere Straftat begeht.

Die Anpassung oder Befristung von Unterhaltszahlungen muss in der Regel gerichtlich geltend gemacht und begründet werden. Dabei spielen die individuellen Umstände der Beteiligten und die Grundsätze der Billigkeit eine entscheidende Rolle.

Unterhaltsrecht: Was ist die „Unterhalt Rangfolge“?

Die Unterhaltspflicht und ihre Durchsetzung ist ein essenzieller Teil des Familienrechts in Deutschland. Doch wie funktioniert sie genau, vor allem, wenn mehrere Unterhaltsberechtigte vorhanden sind? Hier kommt der Begriff „Unterhalt Rangfolge“ ins Spiel. Mit ihm wird die gesetzliche Ordnung geregelt, nach der Unterhaltsansprüche bei unzureichendem Vermögen des Unterhaltspflichtigen erfüllt werden. Diese Rangfolge ist nicht willkürlich, sondern folgt klar definierten gesetzlichen Vorschriften.

Gesetzliche Regelung der Unterhalt Rangfolge

Die Unterhalt Rangfolge ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), insbesondere in den §§ 1609 – 1615 BGB, festgelegt. Dabei wird zwischen privilegierten und nicht privilegierten Unterhaltsberechtigten unterschieden. Im Falle einer unzureichenden Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen muss dieser zunächst den Unterhalt der privilegierten Gruppe erfüllen, bevor nicht privilegierte Unterhaltsberechtigte berücksichtigt werden.

  • Erste Gruppe: Hierzu zählen minderjährige Kinder und Ehegatten, die ein Kind betreuen, welches das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet hat (§ 1609 Nr. 1 BGB).
  • Zweite Gruppe: Volljährige nicht privilegierte Kinder und geschiedene Ehepartner (§ 1609 Nr. 2 und 3 BGB).
  • Dritte Gruppe: Eltern, die ihren Unterhaltsanspruch gegen volljährige Kinder geltend machen (§ 1609 Nr. 4 BGB).

Verständnis der Rangfolge und ihrer Konsequenzen

Die Rangfolge hat erhebliche Auswirkungen auf die Verteilung der Unterhaltspflichten. Ist das verfügbare Einkommen des Unterhaltspflichtigen nicht ausreichend, um alle Unterhaltsansprüche zu erfüllen, werden zuerst die Ansprüche der ersten Gruppe bedient, dann die der zweiten und schließlich die der dritten Gruppe. Insofern spielt die Rangfolge eine Schlüsselrolle, wenn mehrere Ansprüche gleichzeitig geltend gemacht werden und begrenzte Mittel vorhanden sind.

Unterschiedliche Priorisierung der Unterhaltsberechtigten

Auf den ersten Blick scheint die Rangfolge klar und einfach zu sein. Doch die Realität kann komplex sein, da es verschiedene Arten von Unterhalt gibt und jede ihre eigene Rangordnung hat. Ehegattenunterhalt, Kindesunterhalt, Elternunterhalt und Unterhalt für volljährige Kinder haben jeweils ihre eigenen Rangregelungen, die in den unterschiedlichen Lebenssituationen greifen. So haben zum Beispiel minderjährige Kinder oder der Ehegatte, der sich um ein minderjähriges Kind kümmert, immer Vorrang vor den Eltern des Unterhaltspflichtigen.

Aktuelle Gerichtsurteile zum Unterhaltsrecht

Die Rechtsprechung zum Unterhaltsrecht ist ständig in Bewegung und orientiert sich an den gesellschaftlichen Entwicklungen und den Bedürfnissen der Betroffenen. Im Folgenden stellen wir Ihnen einige aktuelle Gerichtsurteile vor, die wichtige Aspekte des Unterhaltsrechts betreffen:

Bundesgerichtshof, Urteil vom 07.02.2018 (XII ZB 292/16): Der BGH hat entschieden, dass ein volljähriges Kind, das noch bei seinen Eltern wohnt, einen eigenen Anspruch auf Barunterhalt gegenüber seinen Eltern hat, wenn es ein Studium oder eine Berufsausbildung aufnimmt. Die Eltern sind nicht verpflichtet, dem Kind eine eigene Wohnung zur Verfügung zu stellen.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.04.2018 (XII ZB 415/17): Der BGH hat entschieden, dass ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt auch dann befristet werden kann, wenn die Ehegatten eine langjährige, intakte Ehe geführt haben und der Unterhaltsberechtigte über keine eigenen Einkünfte verfügt. Die Befristung soll dem unterhaltsberechtigten Ehegatten eine Anpassung an die veränderte Lebenssituation ermöglichen.

Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 09.06.2017 (3 UF 110/16): Das OLG Hamm hat entschieden, dass ein Elternteil, der die gemeinsamen Kinder überwiegend betreut, auch dann keinen Anspruch auf Betreuungsunterhalt hat, wenn er ein wesentlich höheres Einkommen erzielt als der andere Elternteil. Der betreuende Elternteil muss sich in diesem Fall selbst um seinen eigenen Unterhalt kümmern.

Häufig gestellte Fragen zum Unterhaltsrecht

Im Folgenden beantworten wir einige häufig gestellte Fragen zum Unterhaltsrecht, die uns in unserer anwaltlichen Praxis immer wieder begegnen:

Wie lange muss ich Unterhalt zahlen?

Die Dauer der Unterhaltspflicht hängt von der Art des Unterhaltsanspruchs und den individuellen Umständen der Beteiligten ab. Bei Kindesunterhalt besteht die Pflicht grundsätzlich bis zur Volljährigkeit und gegebenenfalls bis zum Abschluss einer ersten angemessenen Berufsausbildung. Bei Trennungsunterhalt besteht die Pflicht bis zur rechtskräftigen Scheidung. Bei nachehelichem Unterhalt ist die Dauer in der Regel befristet und hängt von der Dauer der Ehe, dem Alter der Beteiligten, der Betreuung gemeinsamer Kinder und anderen Umständen ab.

Wie wird der Unterhalt berechnet?

Die Berechnung des Unterhalts hängt von der Art des Unterhaltsanspruchs und den Einkommensverhältnissen der Beteiligten ab. Bei Kindesunterhalt orientiert man sich an der Düsseldorfer Tabelle. Bei Ehegattenunterhalt erfolgt die Berechnung in der Regel nach der 3/7-Regel. Dabei werden das bereinigte Nettoeinkommen der Beteiligten, der Selbstbehalt und der Bedarfskontrollbetrag berücksichtigt.

Kann ich den Unterhalt selbst berechnen?

Grundsätzlich können Sie den Unterhalt selbst berechnen, allerdings ist dies ein komplexer Prozess, der von vielen Faktoren abhängt und oft von Streitigkeiten zwischen den Beteiligten begleitet ist. Wir empfehlen daher, sich bei der Unterhaltsberechnung von einem erfahrenen Rechtsanwalt beraten und unterstützen zu lassen.

Was passiert, wenn der Unterhaltspflichtige nicht zahlt?

Wenn der Unterhaltspflichtige seiner Zahlungspflicht nicht nachkommt, können Sie gerichtliche Schritte einleiten und den Unterhaltstitel (z.B. einen gerichtlichen Unterhaltsbeschluss oder eine notarielle Unterhaltsvereinbarung) vollstrecken lassen. Dabei können Sie sich an das zuständige Amtsgericht oder einen Gerichtsvollzieher wenden. Bei Kindesunterhalt können Sie zudem Unterhaltsvorschuss beim Jugendamt beantragen, wenn der unterhaltspflichtige Elternteil nicht zahlt.

Kann ich auf Unterhalt verzichten, um die Rangfolge zu beeinflussen?

Grundsätzlich können Sie auf Unterhalt verzichten. Dieser Verzicht hat jedoch keine Auswirkungen auf die Rangfolge, da sie gesetzlich festgelegt ist. Auch ein Verzicht kann nicht dazu führen, dass andere Unterhaltsberechtigte in der Rangfolge aufsteigen.

Fazit zum Unterhaltsrecht

In diesem umfassenden Blog-Beitrag haben wir die Grundlagen des Unterhaltsrechts, die verschiedenen Arten von Unterhaltsansprüchen, die Berechnung von Unterhaltsleistungen sowie aktuelle Gerichtsurteile und häufig gestellte Fragen erörtert. Das Unterhaltsrecht ist ein wichtiger Bestandteil des Familienrechts und zielt darauf ab, den Lebensstandard der betroffenen Familienmitglieder nach einer Trennung oder Scheidung aufrechtzuerhalten und eine gerechte Verteilung der finanziellen Lasten sicherzustellen.

Die Berechnung und Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen ist jedoch ein komplexes und dynamisches Rechtsgebiet, das von vielen Faktoren abhängt und sich ständig weiterentwickelt. Daher ist es entscheidend, sich bei Fragen oder Streitigkeiten im Zusammenhang mit Unterhaltsansprüchen und -berechnungen an einen erfahrenen Rechtsanwalt für Familienrecht zu wenden. Eine professionelle rechtliche Beratung kann Ihnen dabei helfen, Ihre Ansprüche durchzusetzen, eine gerechte Lösung für alle Beteiligten zu finden und langfristig Ihre finanzielle Absicherung sicherzustellen.

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