Der Begriff „Verbotsirrtum“ spielt im deutschen Strafrecht eine besondere Rolle und kann in vielen unterschiedlichen Kontexten auftreten. Er bezieht sich auf eine Situation, in der eine Person im Irrtum ist, dass ihr Handeln gegen ein bestimmtes rechtliches Verbot oder eine rechtliche Regelung verstößt. In diesem Leitfaden erklären wir Ihnen alles, was Sie über den Verbotsirrtum wissen müssen – seine rechtliche Bedeutung, Voraussetzungen und Auswirkungen in verschiedenen rechtlichen Szenarien. Wir bieten Ihnen praktische Beispiele, FAQs und erläutern wichtige Gesetze, damit Sie ein besseres Verständnis für dieses wichtige Rechtskonzept erhalten.

Verbotsirrtum vs. Erlaubnistatbestandsirrtum

Es ist entscheidend, den Verbotsirrtum vom sogenannten Erlaubnistatbestandsirrtum abzugrenzen. Der Erlaubnistatbestandsirrtum bezieht sich auf Situationen, in denen eine Person fälschlicherweise annimmt, dass ein Rechtfertigungsgrund vorliegt, der ihr Handeln erlaubt – beispielsweise Notwehr, Notstand oder Einwilligung. Der Unterschied in der rechtlichen Behandlung dieser beiden Irrtumsarten ist erheblich: Während der Verbotsirrtum grundsätzlich zu einer Straflosigkeit führt (§ 17 StGB), hat der Erlaubnistatbestandsirrtum lediglich eine Strafmilderung zur Folge (§ 16 StGB). Daher ist es extrem wichtig, beide Begriffe klar voneinander abzugrenzen.

Rechtliche Grundlagen für den Verbotsirrtum

Das deutsche Strafgesetzbuch (StGB) ist die zentrale Quelle für die rechtlichen Regelungen, die sich auf den Verbotsirrtum beziehen. Insbesondere § 17 StGB enthält wichtige Bestimmungen, die die Auswirkungen eines Verbotsirrtums auf die strafrechtliche Verantwortlichkeit regeln. Einige der wichtigsten Gesetzesbestimmungen, die für ein Verständnis des Konzepts des Verbotsirrtums von Bedeutung sind, umfassen:

  • § 15 StGB: Vorsatz und Fahrlässigkeit
  • § 16 StGB: Auswirkungen des Erlaubnistatbestandsirrtums
  • § 17 StGB: Straflose Handlungen bei Verbotsirrtum
  • § 18 StGB: Aktive Ursache des Irrtums als Verschulden

Im Folgenden gehen wir detaillierter auf die Voraussetzungen für einen straflosen Verbotsirrtum ein, die Auswirkungen auf die strafrechtliche Haftung und die Möglichkeiten, wie der Irrtum als Verschulden angesehen werden kann.

Voraussetzungen für einen straflosen Verbotsirrtum

Die Voraussetzungen für einen straflosen Verbotsirrtum sind im § 17 StGB festgelegt. Im Wesentlichen sind zwei Hauptbedingungen zu erfüllen, damit ein Verbotsirrtum zur Straflosigkeit führt:

  1. Die handelnde Person muss in Unkenntnis der Tatsachen handeln, die den Verstoß gegen das gesetzliche Verbot begründen.
  2. Die handelnde Person darf hinsichtlich dieser Tatsachen nicht fahrlässig gehandelt haben.

Es ist zu beachten, dass ein Verbotsirrtum nur dann vorliegt, wenn die handelnde Person bei Vorsatz handelt (§ 15 StGB). Wenn die Handlung auf Fahrlässigkeit beruht, ist der Verbotsirrtum nicht anwendbar, da der Irrtum bereits die Annahme eines schuldhaften Vorsatzes verhindert.

Unkenntnis der Tatsachen

Die Unkenntnis der Tatsachen bezieht sich auf die fehlende Kenntnis der rechtlich relevanten Umstände, die gegebenenfalls dazu führen würden, dass die Handlung gegen ein gesetzliches Verbot verstößt. In diesem Zusammenhang muss der handelnden Person die Unrechtmäßigkeit ihrer Handlung unbekannt sein, und sie muss aufgrund dieser Unkenntnis in einem Irrtum handeln.

Ein Beispiel: Eine Person kauft ein gestohlenes Fahrrad, ohne zu wissen, dass es gestohlen ist. Sie glaubt, dass es sich um einen rechtmäßigen Kauf handelt und handelt deshalb aufgrund ihrer Unkenntnis der Diebstahlssituation im Irrtum.

Ausschluss der Fahrlässigkeit

Die Straflosigkeit im Falle eines Verbotsirrtums besteht nur, wenn die handelnde Person nicht fahrlässig im Hinblick auf die fehlende Tatsachenerkenntnis gehandelt hat. Dies bedeutet, dass die Unkenntnis der Tatsachen nicht aufgrund mangelnder Sorgfalt oder Vernachlässigung der Pflicht, sich über die relevanten Umstände zu informieren, entstanden sein darf. Im Fall der fahrlässigen Verursachung des Verbotsirrtums bleibt die Handlung strafbar, allerdings wird das Verschulden gemäß § 18 StGB in der Regel gemildert.

Ein Beispiel: Eine Person arbeitet als Sicherheitsbeamter und lässt eine verdächtige Person in ein Gebäude, ohne sie einer angemessenen Sicherheitskontrolle zu unterziehen, da sie nicht glaubt, dass dies erforderlich ist. Ihre fehlende Kenntnis der Sicherheitsprotokolle für den Gebäudezugang beruht auf eigener Nachlässigkeit oder fehlender Sorgfalt und daher besteht kein strafloser Verbotsirrtum.

Auswirkungen auf die strafrechtliche Haftung

Die zentrale Auswirkung eines straflosen Verbotsirrtums besteht – wie der Name schon sagt – darin, dass die betroffene Handlung straflos bleibt. Dies bedeutet, dass die handelnde Person für die tatbestandsmäßige Handlung nicht bestraft wird, obwohl sie objektiv gegen das Gesetz verstoßen hat.

Die Straflosigkeit im Falle eines straflosen Verbotsirrtums hat jedoch auch eine wichtige Konsequenz für die sekundäre strafrechtliche Haftung. In Fällen, in denen eine Person wegen Beihilfe, Mittäterschaft oder Anstiftung zu einer Straftat haftbar gemacht werden könnte, hat die Vorabprüfung, ob ein strafloser Verbotsirrtum vorliegt, ebenfalls Bedeutung für die Haftung dieser Personen. Wenn der Haupttäter einen straflosen Verbotsirrtum begeht, sind auch diejenigen, die ihm Beihilfe geleistet, mit ihm gemeinschaftlich gehandelt oder ihn angestiftet haben, straflos (§ 27 Abs. 2 StGB, § 28 Abs. 2 StGB, § 49 Abs. 1 StGB).

Ein Beispiel: Person A kauft ein gestohlenes Fahrrad von Person B, ohne zu wissen, dass es sich um ein gestohlenes Fahrrad handelt. Person C, die Person B bei der Durchführung des Geschäftes geholfen hat, wäre normalerweise wegen Beihilfe zum Diebstahl strafbar. Da jedoch Person A im Verbotsirrtum handelt, kann Person C nicht wegen Beihilfe strafrechtlich verfolgt werden.

FAQs

Nachfolgend die häufigsten Fragen für Sie auf einen Blick:

Was ist der Unterschied zwischen Verbotsirrtum und Erlaubnistatbestandsirrtum?

Der Unterschied besteht darin, dass ein Verbotsirrtum auftritt, wenn eine Person nicht weiß, dass ihr Handeln gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, während ein Erlaubnistatbestandsirrtum auftritt, wenn eine Person fälschlicherweise annimmt, dass ihr Handeln aufgrund eines Rechtfertigungsgrundes erlaubt ist. Die rechtlichen Auswirkungen eines Verbotsirrtums sind normalerweise strafloss, während der Erlaubnistatbestandsirrtum lediglich zu einer Strafminderung führt.

Kann ein Verbotsirrtum vorsätzlich herbeigeführt werden?

Ein Verbotsirrtum kann grundsätzlich nicht absichtlich oder vorsätzlich herbeigeführt werden, da die handelnde Person in Unkenntnis der Tatsachen handeln muss, die den Verstoß gegen das gesetzliche Verbot begründen. Eine vorsätzliche Herbeiführung des Irrtums könnte als Manipulation gewertet werden und würde die Straflosigkeit ausschließen. Zudem wäre die vorsätzliche Herbeiführung des Irrtums gemäß § 18 StGB als Verschulden zu werten und hätte strafrechtliche Konsequenzen.

Wie wird der Verbotsirrtum im Rahmen eines Gerichtsverfahrens behandelt?

Die Feststellung eines Verbotsirrtums im Rahmen eines Gerichtsverfahrens erfordert eine sorgfältige Prüfung der Umstände, die zur Unkenntnis der handelnden Person geführt haben. Das Gericht hat zu entscheiden, ob die Unkenntnis auf Nichtwissen der rechtlich relevanten Tatsachen beruht und ob es sich um eine fahrlässige Unkenntnis handelt. In der Regel muss das Gericht hierbei die Glaubwürdigkeit der handelnden Person, Zeugenaussagen und weitere Beweismittel berücksichtigen. Im Falle der Feststellung eines straflosen Verbotsirrtums erfolgt ein Freispruch oder eine Einstellung des Verfahrens.

Gibt es Sanktionen für die fahrlässige Herbeiführung eines Verbotsirrtums?

Ja, wenn eine handelnde Person fahrlässig einen Verbotsirrtum verursacht, bleibt die Handlung zwar strafbar, aber das Verschulden wird in der Regel gemildert, wie in § 18 StGB festgelegt. Dies bedeutet, dass die Strafe im Rahmen der gesetzlich vorgesehenen Grenzen reduziert wird, aber trotzdem eine Bestrafung erfolgt.

Wie wirkt sich ein Verbotsirrtum auf Zivilklagen oder Schadensersatzansprüche aus?

Ein Verbotsirrtum im Strafrecht hat keine direkte Auswirkung auf zivilrechtliche Ansprüche oder Schadensersatzklagen. Dennoch ist es denkbar, dass Gerichte in Zivilverfahren die Existenz eines straflosen Verbotsirrtums bei der Entscheidungsfindung oder bei der Bemessung von Schadensersatzbeträgen berücksichtigen. Hierbei kann es jedoch zu unterschiedlichen Bewertungen je nach Einzelfall und nationalen Regelungen kommen.

Zusammenfassung und abschließende Betrachtung

Der Verbotsirrtum ist ein zentrales Konzept im deutschen Strafrecht, das in einer Vielzahl von Fällen und Szenarien zum Tragen kommen kann. Dieser umfassende Leitfaden hat aufgezeigt, welche wesentlichen Gesetze für das Verständnis des Verbotsirrtums relevant sind, welche Voraussetzungen für seine Anwendung erfüllt sein müssen, und wie sich der Verbotsirrtum auf die strafrechtliche Haftung auswirkt.

Die Unterscheidung zum Erlaubnistatbestandsirrtum, der andere rechtliche Folgen hat, ist hierbei unerlässlich. Abschließend ist festzuhalten, dass der Verbotsirrtum ein komplexes Rechtsgebiet darstellt, bei dem jeder Einzelfall sorgfältig geprüft und bewertet werden muss. Im Zweifelsfall empfiehlt es sich daher, sich an einen kompetenten und erfahrenen Rechtsanwalt zu wenden, der die rechtlichen Aspekte gründlich analysiert und passende Strategien entwickelt, um die Interessen der Mandanten bestmöglich zu wahren.

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