Verschweigen von Vorstrafen im Job – In diesem Blog-Beitrag erfahren Sie, warum das Verschweigen von Vorstrafen bei der Jobsuche ein heikles Thema ist und welche rechtlichen Folgen es haben kann. Unser Ziel ist es, Ihnen die Informationen und praktischen Einblicke an die Hand zu geben, die Sie benötigen, um angemessen und im Einklang mit dem Gesetz zu handeln. Der Beitrag richtet sich an Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die entweder aufgrund eigener Erfahrungen oder aus allgemeinem Interesse mehr über das Thema erfahren möchten.

Inhaltsverzeichnis:

  • Rechtlicher Kontext: Das Führungszeugnis und seine Bedeutung
  • Voraussetzungen für die Offenbarungspflicht von Vorstrafen
  • Vorstrafen und Stellenbewerbung: Chancen und Risiken abwägen
  • Anonymisierte Fallstudie: Die Folgen des Verschweigens von Vorstrafen
  • Arbeitgeberseite: Umgang mit Vorstrafen bei der Einstellung von Mitarbeitern
  • FAQ: Häufig gestellte Fragen zum Verschweigen von Vorstrafen
  • Tips und Ratgeber: Offen und selbstbewusst mit Vorstrafen umgehen
  • Fazit: Verschweigen von Vorstrafen – eine riskante Strategie

Rechtlicher Kontext: Das Führungszeugnis und seine Bedeutung

Beginnen wir mit der Frage, was genau als „Vorstrafe“ gilt und welchen Stellenwert das Thema in der Arbeitswelt hat. Eine Vorstrafe ist eine rechtskräftige Verurteilung, die in das Bundeszentralregister eingetragen wird. Ein Führungszeugnis ist ein Auszug aus diesem Register und dient als Nachweis über das Vorhandensein oder Fehlen von Vorstrafen. Ein einfaches Führungszeugnis ist die am häufigsten angeforderte Form und gibt nur unausgeglichene Vorstrafen wieder, die das Gericht als erheblich einstuft. Erweiterte Führungszeugnisse enthalten detailliertere Informationen und werden vor allem für Tätigkeiten im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe verlangt.

Voraussetzungen für die Offenbarungspflicht von Vorstrafen

Arbeitnehmer sind grundsätzlich nicht verpflichtet, unaufgefordert ihre Vorstrafen im Bewerbungsverfahren preiszugeben. Eine Offenlegungspflicht besteht nur unter bestimmten Voraussetzungen:

  • Der Arbeitgeber hat ausdrücklich nach Vorstrafen gefragt. Die Frage muss klar und unmissverständlich formuliert sein.
  • Die Vorstrafe ist für die jeweilige Stelle von Bedeutung, etwa weil sie einen Vertrauensbruch darstellt oder weil die Tätigkeit besondere Anforderungen an die Zuverlässigkeit stellt (z. B. im Bankwesen).
  • Die Vorstrafe ist nicht tilgungsreif, d. h., sie ist noch nicht aus dem Register gelöscht.

Bei der Einschätzung, ob eine Vorstrafe von Bedeutung ist, spielen das Berufsbild, die konkreten Aufgaben und das Arbeitsumfeld eine Rolle. Einige Beispiele sind:

  • Ein Verurteilter wegen Betrugs bewirbt sich als Buchhalter.
  • Ein ehemaliger Drogendealer möchte im Suchthilfebereich tätig werden.
  • Ein vorbestrafter Sexualstraftäter sucht eine Anstellung in einer Kindertagesstätte.

Vorstrafen und Stellenbewerbung: Chancen und Risiken abwägen

Wer sich trotz Vorstrafe auf eine Stelle bewirbt, steht vor der schwierigen Frage, ob und wie das Thema zur Sprache gebracht werden sollte. Das Verschweigen von Vorstrafen kann zur Anfechtung des Arbeitsvertrags und im schlimmsten Fall zur fristlosen Kündigung führen, gerade wenn die Vorstrafe bei in vor der Bewerbung liegenden vergleichbaren Tätigkeiten eine Rolle spielte. Eine offene Kommunikation hingegen birgt das Risiko von Benachteiligungen oder Vorurteilen seitens des potenziellen Arbeitgebers.

Es gibt keine allgemeingültige Lösung für diese Problematik, aber einige Kriterien können bei der Entscheidungsfindung helfen:

  • Welche Relevanz hat die Vorstrafe für die angestrebte Stelle? Je größer die Schnittmenge, desto wichtiger ist die Offenlegung.
  • Wie lange liegt die Straftat zurück? Je älter die Vorstrafe, desto weniger Gewicht sollte ihr beigemessen werden.
  • Welche Veränderungen haben im Leben des Betroffenen seit der Verurteilung stattgefunden? Eine erfolgreiche Resozialisierung kann helfen, Vorurteile abzubauen.

Anonymisierte Fallstudie: Die Folgen des Verschweigens von Vorstrafen

Herr M. wurde vor fünf Jahren wegen Betrugs verurteilt und hat seitdem eine erfolgreiche Therapie absolviert sowie eine Umschulung zum Buchhalter gemacht. Bei seiner Stellensuche verschweigt er seine Vorstrafe, um bessere Chancen auf eine Anstellung zu haben. Nach einem Jahr im neuen Job erfährt sein Arbeitgeber von der Vorstrafe und kündigt ihm fristlos, obwohl es in dieser Zeit zu keinen Unregelmäßigkeiten gekommen ist.

Das Arbeitsgericht bestätigt die fristlose Kündigung, da die Vorstrafe in direktem Zusammenhang zur ausgeübten Tätigkeit steht und somit eine arglistige Täuschung des Arbeitgebers vorliegt. Herr M. hätte bei offener Kommunikation möglicherweise eine zweite Chance bekommen, aber durch das Verschweigen der Vorstrafe hat er sein Vertrauensverhältnis zum Arbeitgeber nachhaltig beschädigt.

Arbeitgeberseite: Umgang mit Vorstrafen bei der Einstellung von Mitarbeitern

Arbeitgeber sind bei der Frage nach Vorstrafen im Bewerbungsverfahren an gesetzliche Regelungen gebunden und müssen das Persönlichkeitsrecht des Bewerbers beachten. Konkret bedeutet das:

  • Die Frage nach Vorstrafen darf nur gestellt werden, wenn ein berechtigtes Interesse besteht, etwa wegen besonderer Anforderungen an die Stelle.
  • Die Frage muss präzise formuliert sein, ohne Einblicke in das Privatleben des Bewerbers zu erzwingen.
  • Bewerber mit Vorstrafen dürfen nicht pauschal benachteiligt werden. Es muss eine individuelle Abwägung der Interessen erfolgen.

Arbeitgeber sollten sich darüber im Klaren sein, dass eine Vergangenheit mit Vorstrafen nicht zwangsläufig auf die Eignung für die angestrebte Stelle schließen lässt. Eine ausführliche Prüfung der Umstände und eine differenzierte Bewertung sind essenziell, um Fehlentscheidungen zu vermeiden und die Chancengleichheit im Bewerbungsprozess zu wahren.

FAQ: Häufig gestellte Fragen zum Verschweigen von Vorstrafen

Wir präsentieren Ihnen die meistgefragten Themen in diesem FAQ-Bereich.

  • Muss ich meine Vorstrafen im Bewerbungsverfahren immer angeben? Nein, eine Offenlegungspflicht besteht nur unter bestimmten Voraussetzungen, wie oben beschrieben.
  • Wann ist eine Vorstrafe tilgungsreif? Tilgungsfristen variieren je nach Schwere der Straftat und betragen in der Regel 3, 5 oder 10 Jahre.
  • Kann ich gegen eine diskriminierende Behandlung wegen meiner Vorstrafen vorgehen? Ja, das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verbietet Diskriminierung aus diversen Gründen, einschließlich Vorstrafen. Sie können sich bei Verstößen an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes wenden.

Tipps und Ratgeber: Offen und selbstbewusst mit Vorstrafen umgehen

Der Umgang mit früheren strafrechtlichen Verurteilungen kann herausfordernd sein, aber es gibt Möglichkeiten, sich selbst im bestmöglichen Licht zu präsentieren:

  • Sie können Ihre Vorstrafen bereits im Bewerbungsschreiben direkt und offen ansprechen, um potenzielle Berührungsängste und Vorurteile abzubauen. Betonen Sie dabei, was Sie seit dem begangenen Fehltritt unternommen haben, um sich weiterzuentwickeln und Ihren Lebenslauf zu verbessern.
  • Im Vorstellungsgespräch sollten Sie stets ehrlich und aufrichtig sein, wenn das Thema zur Sprache kommt. Stellen Sie klar, dass Sie aus der Vergangenheit gelernt haben und bereit sind, Verantwortung zu übernehmen.
  • Bereiten Sie sich darauf vor, Fragen zu Ihren Vorstrafen zu beantworten und entsprechende Nachweise zu erbringen, z. B. über absolvierte Therapien oder freiwillige soziale Dienste.
  • Versuchen Sie, Empfehlungsschreiben oder Referenzen von früheren Arbeitgebern oder Ausbildern zu erhalten, um Ihre Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit zu unterstreichen.

Fazit: Verschweigen von Vorstrafen – eine riskante Strategie

Das Verschweigen von Vorstrafen im Job ist eine heikle Angelegenheit, die sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber rechtliche Risiken birgt. Der Verstoß gegen die Offenbarungspflicht kann zu schwerwiegenden Konsequenzen führen, wie der Anfechtung des Arbeitsvertrages oder der fristlosen Kündigung. Auf Arbeitgeberseite gilt es, ein berechtigtes Interesse an der Frage nach Vorstrafen zu haben und diskriminierende Behandlungen von Bewerbern zu vermeiden.

Für Bewerber mit Vorstrafen empfiehlt es sich, eine offene, selbstbewusste Kommunikation zu wählen, anstatt Belastendes zu verschweigen. Eine individuelle Abwägung der Chancen und Risiken, unter Berücksichtigung von Faktoren wie der Relevanz der Vorstrafe für die Stelle oder der persönlichen Entwicklung des Betroffenen, ist notwendig, um eine angemessene Entscheidung zu treffen.

Letztendlich sollten sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber auf ein faires, transparentes Bewerbungsverfahren abzielen, das den Einzelfall in den Vordergrund stellt, um Chancengleichheit und Resozialisierung zu fördern.

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