Vertragsanpassung: Möglichkeiten und Grenzen in der Praxis

Verträge sind die Grundlage für viele Geschäftsbeziehungen, aber es ist nicht immer einfach, die Bedingungen so zu gestalten, dass sie den ständig wechselnden Umständen gerecht werden. In diesem Blog-Beitrag wollen wir Ihnen einen umfassenden Einblick in das Thema Vertragsanpassung geben und sowohl die Möglichkeiten als auch die Grenzen in der Praxis aufzeigen.

Wir werden Ihnen Beispiele und FAQs präsentieren, um Ihnen zu helfen, das Beste aus Ihren Verträgen herauszuholen und Ihre Interessen bestmöglich zu schützen.

Inhaltsverzeichnis

Grundlagen der Vertragsanpassung

Die Vertragsanpassung ist ein Instrument, das es den Vertragsparteien ermöglicht, einen bestehenden Vertrag an veränderte Umstände anzupassen. Dies ist insbesondere dann erforderlich, wenn unvorhergesehene Ereignisse eintreten oder sich die wirtschaftlichen oder rechtlichen Rahmenbedingungen ändern. Die Anpassung eines Vertrags kann sowohl einvernehmlich als auch gerichtlich erfolgen.

Die rechtlichen Grundlagen für die Vertragsanpassung finden sich in verschiedenen Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Die zentralen Normen sind:

  • § 313 BGB (Störung der Geschäftsgrundlage)
  • § 314 BGB (Kündigung aus wichtigem Grund)
  • § 315 BGB (Bestimmung der Leistung durch eine Partei)

Im Folgenden werden wir uns näher mit den Möglichkeiten der Vertragsanpassung befassen und dabei sowohl einvernehmliche als auch gerichtliche Lösungen in den Blick nehmen.

Möglichkeiten der Vertragsanpassung

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um einen Vertrag an veränderte Umstände anzupassen. Die folgenden Optionen stehen den Vertragsparteien zur Verfügung:

  • Einvernehmliche Anpassung
  • Nachträgliche Vertragsänderung durch Gerichtsentscheidung
  • Anpassung aufgrund einer Änderungsklausel im Vertrag

Einvernehmliche Anpassung

Die einvernehmliche Anpassung ist die einfachste und am häufigsten genutzte Methode zur Vertragsanpassung. Hierbei einigen sich die Vertragsparteien auf die Änderungen, die sie an dem bestehenden Vertrag vornehmen möchten. Diese Änderungen sollten schriftlich festgehalten und von beiden Parteien unterzeichnet werden, um Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden.

Nachträgliche Vertragsänderung durch Gerichtsentscheidung

Wenn die Vertragsparteien keine Einigung über die Anpassung des Vertrags erzielen können, kann eine gerichtliche Entscheidung notwendig werden. In solchen Fällen kann das Gericht aufgrund von § 313 BGB (Störung der Geschäftsgrundlage) eine Anpassung des Vertrags anordnen, wenn die Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien den Vertrag mit den veränderten Umständen nicht oder mit einem anderen Inhalt geschlossen hätten.

Anpassung aufgrund einer Änderungsklausel im Vertrag

Einige Verträge enthalten Änderungsklauseln, die es den Parteien erlauben, den Vertrag unter bestimmten Voraussetzungen anzupassen. Diese Klauseln können beispielsweise eine Anpassung bei wesentlichen Änderungen der wirtschaftlichen oder rechtlichen Rahmenbedingungen vorsehen. Es ist wichtig, solche Klauseln sorgfältig zu formulieren und zu prüfen, um sicherzustellen, dass sie rechtlich zulässig sind und den gewünschten Anpassungsspielraum bieten.

Grenzen der Vertragsanpassung

Trotz der verschiedenen Möglichkeiten der Vertragsanpassung gibt es auch Grenzen, die beachtet werden müssen. Hier sind einige der wichtigsten zu berücksichtigenden Einschränkungen:

  • Grundsatz der Vertragsfreiheit
  • Treu und Glauben (§ 242 BGB)
  • Rechtliche Schranken und gesetzliche Verbote

Grundsatz der Vertragsfreiheit

Die Vertragsfreiheit ist ein Grundprinzip des deutschen Zivilrechts, das besagt, dass die Parteien frei sind, Verträge nach ihrem eigenen Ermessen abzuschließen und zu gestalten. Dies bedeutet jedoch auch, dass eine Partei nicht einseitig Veränderungen am Vertrag vornehmen kann, ohne die Zustimmung der anderen Partei. Eine Anpassung des Vertrags muss daher immer im Einvernehmen beider Parteien erfolgen, es sei denn, gesetzliche Regelungen oder vertragliche Vereinbarungen sehen etwas anderes vor.

Treu und Glauben (§ 242 BGB)

Die Vertragsanpassung muss auch den Grundsatz von Treu und Glauben beachten. Gemäß § 242 BGB sind die Vertragsparteien verpflichtet, ihre Leistungen so zu erbringen und das ihnen obliegende Tun oder Unterlassen so zu bestimmen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Dies bedeutet, dass eine Vertragsanpassung nicht dazu verwendet werden darf, eine Partei unangemessen zu benachteiligen oder ihr Rechte zu entziehen, die ihr aufgrund des ursprünglichen Vertrags zustehen.

Rechtliche Schranken und gesetzliche Verbote

Die Vertragsanpassung unterliegt auch rechtlichen Schranken und gesetzlichen Verboten. So dürfen die Vertragsparteien beispielsweise keine Anpassungen vornehmen, die gegen zwingende gesetzliche Vorschriften verstoßen oder die Rechte Dritter beeinträchtigen. Ebenso dürfen keine Anpassungen vorgenommen werden, die gegen das Gebot von Treu und Glauben oder die guten Sitten verstoßen.

Beispiele für Vertragsanpassungen in der Praxis

Im Folgenden möchten wir Ihnen einige Beispiele für Vertragsanpassungen in der Praxis vorstellen, um Ihnen ein besseres Verständnis für die Anwendung dieses Instruments zu geben:

  • Beispiel 1: Eine langfristige Liefervereinbarung zwischen zwei Unternehmen sieht vor, dass die Preise für die gelieferten Waren jährlich an die Inflationsrate angepasst werden. Aufgrund einer unerwarteten Wirtschaftskrise steigt die Inflationsrate stark an. Die Vertragsparteien einigen sich darauf, die Preisanpassung für das laufende Jahr auszusetzen, um den wirtschaftlichen Druck auf den Käufer zu verringern.
  • Beispiel 2: Ein Mietvertrag für Geschäftsräume enthält eine Indexmietklausel, die eine automatische Anpassung der Miete an die Entwicklung des Verbraucherpreisindexes vorsieht. Die Vertragsparteien vereinbaren, die Anpassung für einen bestimmten Zeitraum auszusetzen, um den Mieter während einer wirtschaftlich schwierigen Phase zu entlasten.
  • Beispiel 3: Ein Unternehmen, das Softwarelizenzen vertreibt, hat mit seinen Kunden Wartungsverträge abgeschlossen, die eine regelmäßige Anpassung der Wartungsgebühren vorsehen. Aufgrund von Änderungen in den gesetzlichen Anforderungen an die Software ist eine umfangreiche Überarbeitung der Programme erforderlich. Die Vertragsparteien einigen sich darauf, die Wartungsgebühren für einen bestimmten Zeitraum zu erhöhen, um die zusätzlichen Kosten für die Anpassung der Software zu decken.

FAQ – Häufig gestellte Fragen

In diesem Abschnitt beantworten wir einige häufig gestellte Fragen zum Thema Vertragsanpassung:

Ist eine einseitige Vertragsanpassung zulässig?

Grundsätzlich ist eine einseitige Vertragsanpassung nicht zulässig, da dies gegen den Grundsatz der Vertragsfreiheit verstoßen würde. Eine einseitige Anpassung kann jedoch zulässig sein, wenn dies gesetzlich vorgesehen oder vertraglich vereinbart ist.

Wann ist eine gerichtliche Anpassung eines Vertrags möglich?

Eine gerichtliche Anpassung eines Vertrags ist möglich, wenn die Vertragsparteien keine Einigung über die Anpassung erzielen können und die Voraussetzungen des § 313 BGB (Störung der Geschäftsgrundlage) erfüllt sind. Dies setzt voraus, dass sich die Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien den Vertrag mit den veränderten Umständen nicht oder mit einem anderen Inhalt geschlossen hätten.

Wie können Vertragsparteien sicherstellen, dass ihre Vertragsanpassungen rechtlich zulässig sind?

Um sicherzustellen, dass Vertragsanpassungen rechtlich zulässig sind, sollten die Parteien zunächst darauf achten, dass die Anpassungen im Einklang mit den Grundsätzen der Vertragsfreiheit, Treu und Glauben sowie den rechtlichen Schranken und gesetzlichen Verboten stehen. Es empfiehlt sich, die Unterstützung eines erfahrenen Rechtsanwalts in Anspruch zu nehmen, um mögliche rechtliche Risiken zu minimieren und die Vertragsanpassungen entsprechend den gesetzlichen Anforderungen durchzuführen.

Was ist der Unterschied zwischen Vertragsanpassung und Vertragsänderung?

Die Begriffe „Vertragsanpassung“ und „Vertragsänderung“ werden häufig synonym verwendet. Allerdings kann die Vertragsanpassung als eine spezielle Form der Vertragsänderung verstanden werden, die darauf abzielt, die vertraglichen Vereinbarungen an veränderte Umstände anzupassen, um den ursprünglichen Zweck des Vertrags aufrechtzuerhalten. Eine Vertragsänderung hingegen kann eine umfassendere Modifikation des Vertragsinhalts oder der Vertragsbedingungen beinhalten, die nicht unbedingt auf veränderte Umstände zurückzuführen sind.

Welche Rolle spielen Vertragsanpassungen in der COVID-19-Pandemie?

Die COVID-19-Pandemie hat zu zahlreichen Veränderungen in der Wirtschaft und im gesellschaftlichen Leben geführt, die in vielen Fällen eine Anpassung bestehender Verträge erforderlich gemacht haben.

Beispielsweise mussten Mietverträge angepasst werden, um Mietaussetzungen oder -stundungen zu ermöglichen, Lieferverträge wurden modifiziert, um Lieferengpässen Rechnung zu tragen, und Arbeitsverträge wurden geändert, um Homeoffice-Regelungen oder Kurzarbeit einzuführen.

In vielen Fällen haben sich die Vertragsparteien auf einvernehmliche Anpassungen geeinigt, um den Herausforderungen der Pandemie gemeinsam zu begegnen.

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