Vetternwirtschaft – ein Begriff, der häufig negativ konnotiert ist und dennoch immer wieder in der Geschäftswelt auftritt. Oft bringt es ein Gefühl von Ungerechtigkeit und Benachteiligung mit sich. Sie, als verantwortungsbewusste Geschäftsperson, möchten sicherstellen, dass Sie ethisch handeln und vor allem die gesetzlichen Vorgaben einhalten.

Wir, als Anwaltskanzlei mit langjähriger Erfahrung in diesem Bereich, möchten Ihnen in diesem Blog-Beitrag eine umfassende und leicht verständliche Orientierung über Vetternwirtschaft, Ethik und Rechtslage im Geschäftsleben geben.

Was ist Vetternwirtschaft – Eine Begriffsbestimmung

Vetternwirtschaft bezeichnet das Verhalten, Vorteile und Privilegien aufgrund von persönlichen Beziehungen oder familiären Bindungen zu gewähren. Dabei werden häufig objektive Auswahlkriterien, wie Qualifikationen oder Eignung, vernachlässigt. Mit anderen Worten: Die Entscheidung zugunsten einer Person oder eines Unternehmens basiert auf Beziehungen und nicht auf sachlichen Gründen.

Ein Beispiel: Sie suchen für Ihr Unternehmen einen neuen Lieferanten und entscheiden sich, obwohl andere Anbieter bessere Konditionen bieten, für den Lieferanten, der zufälligerweise der Cousin eines engen Freundes ist. Damit könnte bereits der Vorwurf der Vetternwirtschaft im Raum stehen.

Jetzt fragen Sie sich vielleicht, warum das überhaupt ein Problem ist. Schließlich sind Beziehungen im Geschäftsleben etwas ganz Normales und können durchaus Vorteile haben. Richtig! Beziehungen an sich sind nichts Verwerfliches, solange die Entscheidungen aufgrund von objektiven und nachvollziehbaren Kriterien getroffen werden. Hier kommt die Ethik ins Spiel.

Ethische Betrachtungen

Das ethische Kernproblem der Vetternwirtschaft liegt in der nicht gerechtfertigten Benachteiligung von anderen, möglicherweise besser qualifizierten Personen oder Unternehmen. Hier überschreitet das Handeln die Grenze zum Unethischen, da es einer gerechten und gleichberechtigten Teilhabe am Markt entgegenwirkt.

Die goldene Regel der Ethik

Die sogenannte Goldene Regel lautet: „Was du nicht willst, dass man dir tu‘, das füg‘ auch keinem anderen zu.“ Dieser Grundsatz sagt im Grunde, dass Sie sich in die Lage des anderen versetzen sollen und entsprechend handeln. Würden Sie es akzeptieren, wenn in einer ähnlichen Situation jemand anderes aufgrund einer persönlichen Beziehung bevorzugt wird?

Vermutlich nicht. Umso wichtiger ist es, dass Sie in Ihrem Geschäftsverhalten stets danach streben, ethische Grundsätze zu beachten und diese auch von Ihren Mitarbeitern einfordern.

Ethisches Handeln als Erfolgsfaktor

Auch wenn es auf den ersten Blick verlockend sein mag, persönliche Beziehungen zur Steigerung des eigenen Erfolgs zu nutzen, zeigt sich, dass Unternehmen, die auf ethische Grundsätze setzen, langfristig erfolgreicher sind. Kunden und Partner schätzen Transparenz und verlässliche Geschäftsbeziehungen, bei denen klar ist, dass Entscheidungen aufgrund von Fakten und nicht aufgrund von persönlichen Beziehungen getroffen werden.

Rechtliche Aspekte der Vetternwirtschaft

Bisher haben wir die ethische Dimension der Vetternwirtschaft betrachtet. Jetzt wenden wir uns den rechtlichen Rahmenbedingungen zu. Die Frage ist: Macht man sich strafbar, wenn man Vetternwirtschaft betreibt?

Vetternwirtschaft und Korruption

Seien Sie unbesorgt: Nicht jede Form von Vetternwirtschaft ist gleichzusetzen mit Korruption. Allerdings gibt es Schnittstellen, die zu beachten sind. Ein klarer Fall von Korruption liegt dann vor, wenn einem Geschäftspartner, zum Beispiel dem Cousin des Freundes aus dem oben genannten Beispiel, ein finanzieller Vorteil gewährt wird (z.B. in Form von Bestechung), um einen Auftrag zu erhalten.

Das ist rechtlich eindeutig verboten und kann strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Gesetzliche Regulierung von Vetternwirtschaft

Im deutschen Recht wurden verschiedene Regelungen geschaffen, um ungerechtfertigte Bevorzugungen und insbesondere Korruption zu verhindern. Hierbei hat der Gesetzgeber neben dem Strafrecht auch in anderen Bereichen des Rechts, wie dem Verwaltungsrecht oder Arbeitsrecht, entsprechende Regelungen geschaffen.

  • § 298 StGB – Wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Ausschreibungen
  • § 299 StGB – Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr
  • §§ 331-335 StGB – Vorteilsannahme, Vorteilsgewährung, Bestechlichkeit und Bestechung im öffentlichen Dienst

Auch wenn nicht alle diese Vorschriften direkt auf die Vetternwirtschaft anwendbar sind, so geben sie doch die Richtung vor, in welche das rechtliche Verständnis tendiert: Ungerechtfertigte Bevorzugungen sind unerwünscht und teilweise strafbar.

Haftung gegenüber Dritten

In einigen Fällen kann Vetternwirtschaft auch zu einer Haftung Ihnen gegenüber Dritten führen. Bevorzugen Sie in Ihrer Funktion als Unternehmer zum Beispiel einen Bekannten, der dadurch den Auftrag erhält, während andere, qualifiziertere Bewerber leer ausgehen, kann dies zu Schadensersatzforderungen führen.

Hier ist es wichtig, den Sachverhalt genau zu prüfen und sicherzustellen, dass alle Entscheidungen auf einer objektiven und nachvollziehbaren Grundlage getroffen wurden.

Praktische Umsetzung im Geschäftsalltag

Wissen und Erfahrungen sind nur so wertvoll, wie sie auch in der Praxis umgesetzt werden können. Daher möchten wir Ihnen einige Tipps zur Vermeidung von Vetternwirtschaft im Geschäftsalltag geben:

Transparente Entscheidungsgrundlagen

Geben Sie Ihren Mitarbeitern und Geschäftspartnern klare Kriterien an die Hand, auf welcher Grundlage Entscheidungen getroffen werden sollen: Qualität, Preis, Erfahrung, etc. Machen Sie in Ausschreibungen und Verhandlungen deutlich, dass objektive Faktoren und nicht persönliche Beziehungen im Mittelpunkt stehen.

Compliance-Management

Die meisten Unternehmen verfügen bereits über Compliance-Management-Systeme, die auf Transparenz und Regeltreue abzielen. Schaffen Sie auch in Ihrem Unternehmen klare Regelungen und Richtlinien, die das Verhalten Ihrer Mitarbeiter steuern sollen. Das erleichtert nicht nur das Nachvollziehen von Entscheidungen, sondern verhindert auch strafrechtliche Konsequenzen.

Regelmäßige Schulungen und Fortbildungen

Sensibilisieren Sie Ihre Mitarbeiter für die Problematik der Vetternwirtschaft und schulen Sie sie in ethischem Handeln. Thematisieren Sie die rechtlichen Aspekte und die goldene Regel der Ethik. Ein gut geschultes und sensibilisiertes Team kann Vetternwirtschaft verhindern und trägt zu einem positiven Image Ihres Unternehmens bei.

Offene Kommunikation

Verschaffen Sie Ihren Mitarbeitern Möglichkeiten, kritische Entscheidungen oder den Verdacht auf Vetternwirtschaft offen anzusprechen, ohne Angst vor negativen Konsequenzen. In vielen Unternehmen hat sich ein „Whistleblower-System“ bewährt, bei dem Mitarbeiter anonym Missstände melden können. So können Sie unethisches Handeln frühzeitig aufdecken und gegensteuern.

Fazit: Erfolg durch ethisches Handeln und Rechtskonformität

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Vetternwirtschaft in der Geschäftswelt ein sensibles und kontroverses Thema ist, welches sowohl ethische als auch rechtliche Aspekte beinhaltet. Es ist von großer Bedeutung, sich der Problematik bewusst zu sein und im Geschäftsalltag auf faire, transparente und objektive Entscheidungsgrundlagen zu achten. Dies stärkt nicht nur das Vertrauen von Kunden und Partnern, sondern trägt auch zu einem positiven Image und langfristigem Erfolg Ihres Unternehmens bei.

Durch den Aufbau von Compliance-Management-Systemen, die Bereitstellung von Schulungen und Fortbildungen sowie die Förderung einer offenen Kommunikationskultur können Sie Vetternwirtschaft aktiv entgegenwirken und rechtliche Risiken minimieren.

Als erfahrene Anwaltskanzlei stehen wir Ihnen als kompetente Berater in Sachen Ethik und Rechtslage im Geschäftsleben zur Seite und unterstützen Sie dabei, rechtliche Fallstricke zu vermeiden und ein erfolgreiches, ethisch handelndes Unternehmen zu führen.

Zögern Sie nicht, uns bei weiteren Fragen oder rechtlichem Beistand zu kontaktieren.

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