Als erfahrener Rechtsanwalt werde ich Ihnen in diesem Blogbeitrag detailliert erklären, was die Zeugenvernehmung ist, welche Rechtsgrundlagen diese verfahrensrechtliche Maßnahme hat und was Sie tun können, um gut darauf vorbereitet zu sein. Ich werde mich dabei nicht nur an der geltenden Gesetzeslage orientieren, sondern auch auf aktuelle Gerichtsurteile und meine langjährige praktische Erfahrung als Anwalt zurückgreifen.

Dabei werde ich Ihnen folgende Aspekte näherbringen:

  • Die Rechtsgrundlagen der Zeugenvernehmung
  • Abgrenzung von anderen Vernehmungsarten und Beweismitteln
  • Der Ablauf einer Zeugenvernehmung und mögliche Fragestellungen
  • Ihre Rechte und Pflichten als Zeuge
  • Wer darf kein Zeuge sein?
  • FAQs zur Zeugenvernehmung

Rechtsgrundlagen der Zeugenvernehmung

Um Ihnen einen grundlegenden Überblick über die gesetzlichen Regelungen im Zusammenhang mit der Zeugenvernehmung zu geben, möchte ich zunächst die wichtigsten Rechtsgrundlagen darstellen.

Die Zeugenvernehmung ist in den folgenden Gesetzen geregelt:

  • §§ 48 ff. der Strafprozessordnung (StPO)
  • §§ 373 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO)
  • §§ 70 ff. des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG)

Strafprozessordnung (StPO)

In der StPO ist die Zeugenvernehmung als ein Beweismittel im Strafverfahren geregelt. Dabei wird sie von anderen Beweismitteln wie der Sachverständigenbeweis oder der Urkundenbeweis unterschieden.

Die folgenden Paragraphen der StPO sind dabei besonders relevant:

  • § 48 StPO: Allgemeine Regelung zur Zeugenvernehmung
  • § 50 StPO: Persönliche Erscheinungspflicht des Zeugen
  • § 52 StPO: Zeugnisverweigerungsrecht aus persönlichen Gründen
  • § 55 StPO: Zeugnisverweigerungsrecht wegen Gefahr der Selbstbelastung
  • § 58 StPO: Vereidigung der Zeugen
  • § 68 StPO: Schutz der Identität des Zeugen

Zivilprozessordnung (ZPO)

In der ZPO sind die Regelungen für die Zeugenvernehmung in Zivilverfahren festgehalten. Hier gilt die Zeugenvernehmung ebenfalls als Beweismittel und ist von anderen Beweismitteln wie Gutachten und Augenschein abzugrenzen.

Die wichtigsten Paragraphen der ZPO im Zusammenhang mit der Zeugenvernehmung sind:

  • § 373 ZPO: Allgemeine Regelung zur Zeugenvernehmung
  • § 375 ZPO: Vereidigung der Zeugen
  • § 379 ZPO: Zeugnisverweigerungsrecht aus persönlichen Gründen
  • § 383 ZPO: Zeugnisverweigerungsrecht aus beruflichen Gründen
  • § 385 ZPO: Persönliche Erscheinungspflicht des Zeugen
  • § 391 ZPO: Befragung der Zeugen

Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG)

Das VwVfG regelt in den §§ 70 ff. die Zeugenvernehmung für Verwaltungsverfahren, insbesondere im Zusammenhang mit Anhörungen und Erörterungen.

Die Zeugenvernehmung ist auch in diesem Gesetz als Beweismittel vorgesehen und ist von anderen Beweismitteln wie Gutachten und Plänen abzugrenzen.

Abgrenzung von anderen Vernehmungsarten und Beweismitteln

Damit Sie die Zeugenvernehmung besser einordnen können, möchte ich kurz einige Abgrenzungen zu anderen Vernehmungsarten und Beweismitteln darstellen.

Vernehmungsarten

Es gibt verschiedene Arten von Vernehmungen, die in unterschiedlichen Verfahrensstadien und mit unterschiedlichen Beteiligten durchgeführt werden können. Einige der wichtigsten Vernehmungsarten sind:

  • Zeugenvernehmung: Die Befragung einer Person, die zur Aufklärung eines Sachverhalts beitragen kann
  • Angeschuldigtenvernehmung: Die Befragung einer Person, die eines Verbrechens oder einer Ordnungswidrigkeit beschuldigt wird
  • Opfervernehmung: Die Befragung einer Person, die von einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit betroffen ist
  • Sachverständigenanhörung: Die Befragung eines Fachexperten, der aufgrund seiner Expertise zur Klärung von Streitfragen beitragen kann

Beweismittel

Die Zeugenvernehmung ist eines von mehreren Beweismitteln, die in verschiedenen Verfahren eingesetzt werden können. Sie dient dazu, die Wahrheit über einen bestimmten Sachverhalt herauszufinden. Andere Beweismittel sind:

  • Akten: Schriftliche Unterlagen und Protokolle, die Aufschluss über den Sachverhalt geben können
  • Urkunden: Offizielle Dokumente und Bescheinigungen, die Tatsachen belegen
  • Sachverständigengutachten: Expertenmeinungen, die zur Klärung von technischen oder fachlichen Fragen herangezogen werden
  • Augenschein: Inspektion des Tatorts oder des streitgegenständlichen Objekts

Der Ablauf einer Zeugenvernehmung und mögliche Fragestellungen

Im Folgenden möchte ich Ihnen einen Überblick über den Ablauf einer typischen Zeugenvernehmung geben und einige der möglichen Fragestellungen aufzeigen.

Vor der Vernehmung

Bevor eine Zeugenvernehmung stattfindet, erhalten Sie in der Regel eine Vorladung von der zuständigen Verwaltungsbehörde (Gericht, Polizei oder Staatsanwaltschaft). Die Vorladung enthält Informationen über das betreffende Verfahren, die Rolle der geladenen Person als Zeuge und den Termin der Vernehmung. Darüber hinaus gibt sie Auskunft über Ihre Rechte und Pflichten als Zeuge.

Während der Vernehmung

Während der Zeugenvernehmung werden Ihnen zunächst Ihre Personalien abgefragt und aufgenommen. Anschließend werden Sie über Ihre Rechte und Pflichten als Zeuge belehrt. Dazu gehört auch das Zeugnisverweigerungsrecht aus persönlichen oder beruflichen Gründen, das Ihnen in bestimmten Fällen zusteht.

Nach der Belehrung beginnt die Befragung. Dabei können Ihnen verschiedene Fragestellungen begegnen:

  • Offene Fragen: Fragen, bei denen Sie Ihre Antwort in eigenen Worten geben können, z.B. „Wie haben Sie den Vorfall erlebt?“
  • Geschlossene Fragen: Fragen, bei denen Ihnen vorgegebene Antwortmöglichkeiten zur Verfügung stehen, z.B. „War der Angeklagte anwesend, als der Vorfall passierte? Ja oder Nein?“
  • Vorhalte: Fragen, bei denen Ihnen ein Teil Ihrer bisherigen Aussage vorgelegt wird und Sie dazu befragt werden, z.B. „Sie sagten vorhin, dass Sie den Angeklagten um 15 Uhr gesehen haben. Ist das korrekt?“

Während der Befragung können Ihnen sowohl die verfahrensbeteiligten Parteien, als auch das Gericht oder die ermittelnde Behörde Fragen stellen. Sie sollten auf diese Fragen wahrheitsgemäß und präzise antworten.

Nach der Vernehmung

Nach der Vernehmung sind Sie in der Regel entlassen und haben keine weiteren Verpflichtungen. In einigen Fällen kann jedoch eine erneute Vernehmung notwendig werden, etwa wenn neue Erkenntnisse zutage treten oder wenn das Gericht noch weitere Fragen klären möchte.

Ihre Rechte und Pflichten als Zeuge

Als Zeuge haben Sie sowohl Rechte als auch Pflichten, die in den jeweiligen Gesetzen (StPO, ZPO und VwVfG) verankert sind.

Einige der wichtigsten Rechte und Pflichten sind:

  • Persönliche Erscheinungspflicht: In der Regel sind Sie verpflichtet, persönlich vor Gericht oder bei der zuständigen Behörde zu erscheinen und auszusagen.
  • Wahrheitsgemäße Aussage: Sie sind verpflichtet, wahrheitsgemäß und vollständig auszusagen.
  • Zeugnisverweigerungsrecht: In bestimmten Fällen haben Sie das Recht, die Aussage zu verweigern, z.B. aus persönlichen Gründen (nahe Verwandtschaft oder Ehrenamt) oder beruflichen Gründen (als Geistlicher, Arzt, Anwalt etc.).
  • Informationsrecht: Sie haben das Recht, über den Gegenstand des Verfahrens und Ihre Rechte und Pflichten als Zeuge informiert zu werden.
  • Entschädigungsrecht: Sie haben das Recht, für Ihre Auslagen (wie Fahrtkosten) und für Ihren Zeitaufwand entschädigt zu werden.
  • Recht auf anwaltlichen Beistand: Sie haben das Recht, sich von einem Rechtsanwalt beraten oder vertreten zu lassen, sofern Sie dies wünschen.

Wer darf kein Zeuge sein?

Zeugenausschluss – Diese oft missverstandene Grundsatz des Zivil- und Strafrechts in Deutschland bietet Schutz und Vertraulichkeit für bestimmte Personengruppen und Beziehungsverhältnisse. Durch ihn werden einige Personen von der Pflicht zur Zeugenaussage ausgenommen.

Die Kenntnis dieser gesetzlichen Regelung zum Zeuge ablehnen kann für jeden Bürger von Vorteil sein, denn sie ermöglicht es uns, unsere Rechte und Pflichten im Gerichtssaal besser zu verstehen.

Verständnis von Zeugenausschluss

Beginnen wir zunächst mit dem grundlegenden Verständnis des Begriffs Zeugenausschluss. Gemäß den §§ 52, 53 Strafprozessordnung (StPO) sowie den §§ 383, 384 Zivilprozessordnung (ZPO) gibt es bestimmte Personengruppen, die das Recht haben, eine Zeugenaussage zu verweigern.

Diese Regelung hat ihren Ursprung in dem Prinzip der Wahrung von Vertraulichkeitsbeziehungen und schützt die Privatsphäre von Personen.

Wer ist vom Zeugenausschluss betroffen?

Es gibt insgesamt drei Gruppen von Personen, die vom Zeugenausschluss betroffen sind:

  • Verwandte und Ehepartner/Lebenspartner der Parteien
  • Professionelle Vertrauenspersonen
  • Minderjährige und Personen, denen aus gesundheitlichen Gründen die Aussage nicht zugemutet werden kann

Verwandte und Ehepartner/Lebenspartner der Parteien

Die erste Gruppe umfasst Verwandte und Ehepartner bzw. Lebenspartner der Parteien eines Verfahrens. Aus Gründen der Vertraulichkeit und des Familienfriedens haben diese das Recht, eine Aussage zu verweigern. Dies schließt Eltern, Geschwister, Kinder und Ehegatten bzw. Lebenspartner der beteiligten Parteien ein.

Professionelle Vertrauenspersonen

Die zweite Gruppe umfasst professionelle Vertrauenspersonen wie Ärzte, Anwälte, Steuerberater etc. Diese Gruppe hat eine besondere Stellung, da sie aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit oft Zugang zu vertraulichen und sensiblen Informationen ihrer Mandanten haben. Um diese Vertrauensbeziehung zu schützen, wurde das Aussageverweigerungsrecht eingeführt.

Minderjährige und Personen, denen aus gesundheitlichen Gründen die Aussage nicht zugemutet werden kann

Die dritte Gruppe betrifft Minderjährige und Personen, denen aus gesundheitlichen Gründen eine Aussage nicht zugemutet werden kann. Hier steht besonders der Schutz der oft besonders vulnerablen Person im Vordergrund.

Aktuelle Gerichtsurteile zur Zeugenvernehmung

An dieser Stelle möchte ich Ihnen zwei aktuelle Gerichtsurteile vorstellen, die für das Thema Zeugenvernehmung relevant sind und die anwaltliche Praxis betreffen.

Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) zur notwendigen Belehrung des Zeugen

Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 09.02.2022 (Az. 1 StR 436/21) entschieden, dass eine Zeugenvernehmung unverwertbar sein kann, wenn der Zeuge nicht über sein Zeugnisverweigerungsrecht belehrt wurde und dadurch seine Aussage unter Druck erfolgte. In diesem Fall hatte ein Polizeibeamter trotz Kenntnis des Zeugnisverweigerungsrechts des Angeklagten (in diesem Fall aufgrund der familiären Beziehung zur Ehefrau) diesen nicht über sein Recht aufgeklärt.

Dieses Urteil zeigt die Bedeutung einer ordnungsgemäßen Belehrung der Zeugen und unterstreicht, dass die Vernehmungsbehörde sorgfältig prüfen muss, ob ein Zeugnisverweigerungsrecht besteht.

Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zum Schutz der Zeugenidentität

Das Bundesverfassungsgericht hat am 29.05.2018 (Az. 2 BvR 1287/17) entschieden, dass die Anonymisierung von Zeugen in bestimmten Fällen zulässig sein kann, um deren Schutz sicherzustellen. In dem Entscheidungszusammenhang wurde einem Angeklagten die Einsichtnahme in die Personalien einer Zeugin verwehrt, die im Rahmen eines Zeugenschutzprogramms ausgesagt hatte.

Dieses Urteil zeigt die Balance zwischen dem Schutz der Zeugen und den Verteidigungsrechten der Angeklagten und verdeutlicht, dass der Schutz der Zeugenidentität in bestimmten Situationen Vorrang haben kann.

FAQs zur Zeugenvernehmung

In diesem Abschnitt beantworte ich einige der häufigsten Fragen zur Zeugenvernehmung und gebe Ihnen einen schnellen Überblick über das, was Sie wissen sollten.

Muss ich als Zeuge aussagen?

Ja, grundsätzlich sind Sie als Zeuge verpflichtet, vor Gericht oder bei der zuständigen Behörde auszusagen. Nur in bestimmten Fällen (z.B. wenn ein Zeugnisverweigerungsrecht besteht) können Sie die Aussage verweigern.

Was passiert, wenn ich als Zeuge nicht erscheine oder die Aussage verweigere?

Wenn Sie ohne triftigen Grund nicht erscheinen oder die Aussage verweigern, kann das Gericht oder die zuständige Behörde ein Ordnungsgeld oder sogar eine Ordnungshaft gegen Sie verhängen. Außerdem können Sie für Ihre Auslagen (z.B. Fahrtkosten) und Ihren Zeitaufwand entschädigt werden. Darauf besteht jedoch kein Anspruch, wenn Sie die Aussage unberechtigt verweigern.

Muss ich als Zeuge die Wahrheit sagen?

Ja, Sie sind als Zeuge verpflichtet, wahrheitsgemäß und vollständig auszusagen. Das absichtliche Erzählen von Unwahrheiten oder das Verschweigen von relevanten Informationen kann strafrechtliche Konsequenzen (z.B. eine Anzeige wegen Falschaussage) nach sich ziehen.

Kann ich als Zeuge anonym bleiben?

In bestimmten Fällen, insbesondere wenn Ihre Sicherheit oder die Sicherheit Ihrer Familie gefährdet ist, kann Ihr Zeugenschutz gewährleistet und Ihre Identität geschützt werden. Dies ist jedoch nur in Ausnahmefällen möglich und bedarf einer sorgfältigen Prüfung durch das Gericht oder die zuständige Behörde.

Kann ich mir als Zeuge einen Anwalt nehmen?

Ja, Sie haben das Recht, sich von einem Rechtsanwalt beraten oder vertreten zu lassen. Dies kann insbesondere in komplexen Verfahren oder wenn Sie unsicher sind, wie Sie sich verhalten sollen, hilfreich sein.

Fazit

Die Zeugenvernehmung ist ein bedeutendes Beweismittel in straf-, zivil- und verwaltungsrechtlichen Verfahren und unterliegt einer Vielzahl von gesetzlichen Regelungen und aktuellen Gerichtsurteilen. Als Zeuge sollten Sie sich über Ihre Rechte und Pflichten im Klaren sein und sich gegebenenfalls anwaltlichen Beistand suchen. Als erfahrener Rechtsanwalt stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung und unterstütze Sie bei allen Fragen rund um die Zeugenvernehmung.

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