Ein Besuch beim Zahnarzt ist für viele Menschen eine unangenehme Erfahrung, insbesondere wenn hohe Kosten und zweifelhafte Behandlungsmethoden im Spiel sind. In diesem Blog-Beitrag werden wir die rechtlichen Schritte und Möglichkeiten aufzeigen, die Patienten bei einer mutmaßlichen Abzocke durch ihren Zahnarzt ergreifen können. Wir werden uns auf die wichtigsten Gesetze, aktuelle Gerichtsurteile und allgemeine Fragen rund um das Thema Abzocke beim Zahnarzt konzentrieren.

Gesetzliche Grundlagen und zahnärztliche Verträge

Zahnärzte sind Freiberufler und schließen sowohl mit gesetzlich versicherten als auch mit privat versicherten Patienten Behandlungsverträge ab. Diese Verträge sind zivilrechtlicher Natur und unterliegen in erster Linie den Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).

  • § 630a BGB regelt den Behandlungsvertrag und die zahnärztlichen Pflichten im Rahmen der Leistungserbringung.
  • § 630b BGB betrifft den zahnärztlichen Aufklärungspflichten vor und während der Behandlung.
  • §§ 662 ff. BGB betreffen das Dienstverhältnis zwischen Zahnarzt und Patient.

Hier ist auch die (Muster-)Berufsordnung für die deutschen Zahnärzte (MBO-Z) zu beachten, die zusätzlich zum BGB Grundlagen des zahnärztlichen Handelns regelt und entsprechende Berufsregeln aufstellt.

Rechtlicher Rahmen zu Abzocke beim Zahnarzt

Unter Abzocke beim Zahnarzt können verschiedene Sachverhalte fallen, z. B.:

  • Unnötige Behandlungen oder Leistungen, die dem Patienten in Rechnung gestellt werden.
  • Überteuerte Rechnungen, die nicht der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) entsprechen.
  • Aufschwatzung von teuren Zusatzleistungen, sogenannte „Igelleistungen“.

Einige dieser Sachverhalte können eine berufs- oder zivilrechtliche Relevanz haben und gegebenenfalls Schadensersatz- oder Schmerzensgeldansprüche begründen.

Unnötige Behandlungen oder Leistungen

Ein Zahnarzt darf keine sinnlosen oder unnötigen Behandlungen oder Leistungen durchführen, die dem Patienten keinen objektiven Nutzen bringen. Dies wäre ein Verstoß gegen die (Muster-)Berufsordnung (MBO-Z).

Mögliche rechtliche Schritte bei Unnötigen Behandlungen oder Leistungen

  • Anzeige bei der zuständigen Zahnärztekammer: Eine solche Anzeige kann ein berufsrechtliches Verfahren gegen den Zahnarzt einleiten und bis zur beruflichen Disziplinierung führen.
  • Zivilrechtliche Schadensersatz- oder Schmerzensgeldansprüche: Wenn dem Patienten ein Schaden entstanden ist, z. B. unnötige Schmerzen oder Beeinträchtigungen, kann er Schadensersatz oder Schmerzensgeld beanspruchen.
  • Widerspruch gegen die Rechnung und Rückerstattung der bereits gezahlten Beträge: Der Patient kann die Rechnung aufgrund der vertragswidrigen Leistung zurückweisen und eventuell bereits gezahlte Beträge zurückfordern.

Überteuerte Rechnungen und Verstöße gegen die Gebührenordnung

Zahnärztliche Gebühren sind durch die Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) geregelt. Wenn ein Zahnarzt eine Rechnung stellt, die nicht den GOZ-Vorgaben entspricht, begeht er einen Verstoß gegen die (Muster-)Berufsordnung (MBO-Z).

Mögliche rechtliche Schritte bei Verstößen gegen die Gebührenordnung

  • Anzeige bei der zuständigen Zahnärztekammer: Ähnlich wie oben beschrieben, kann dies ein berufsrechtliches Verfahren einleiten.
  • Verweigerung der Zahlung und Rückerstattung: Der Patient hat das Recht, die Zahlung zu verweigern oder bereits gezahlte Beträge zurückzufordern, sofern die Rechnung nicht der GOZ entspricht.
  • Zivilrechtliche Klage wegen ungerechtfertigter Bereicherung: Hier bleibt zu beachten, dass die Beweislast im ungerechtfertigter Bereicherungsverfahren beim Patienten liegt.

Igelleistungen und Aufschwatzung von teuren Zusatzleistungen

Bei sogenannten „Igelleistungen“ handelt es sich um zusätzliche, privat zu zahlende Leistungen, die über die von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlten Leistungen hinausgehen. Eine pauschale Ablehnung solcher Leistungen ist juristisch problematisch. Es kommt auf den Einzelfall und die medizinische Notwendigkeit der Leistung an.

Mögliche rechtliche Schritte bei Igelleistungen

  • Anzeige bei der zuständigen Zahnärztekammer: Auch hier kann ein berufsrechtliches Verfahren eingeleitet werden.
  • Zivilrechtliche Schadensersatz- oder Schmerzensgeldansprüche: Diese können bei nachweisbarem, daraus entstandenen Schaden oder Schmerz geltend gemacht werden.
  • Widerspruch gegen die Rechnung und Rückerstattung der bereits gezahlten Beträge: Ebenso wie in den oben genannten Fällen kann der Patient diese Rechtsmittel nutzen.

Aktuelle Gerichtsurteile zu Abzocke beim Zahnarzt

In den letzten Jahren gab es einige Gerichtsurteile, die die rechtlichen Möglichkeiten für Patienten bei Abzocke durch den Zahnarzt verdeutlichen:

  1. Bundesgerichtshof, Urteil vom 26. Januar 2016 (Az. VI ZR 40/15): Schadensersatz wegen unnötigen und mangelhaften Zahnersatzes.
  2. Bundesgerichtshof, Urteil vom 24. Mai 2016 (Az. VI ZR 204/14): Schadensersatz bei mangelhafter Zahnsanierung.
  3. Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 30. Juni 2017 (Az. 26 U 49/16): Schmerzensgeld bei fehlerhafter Zahnimplantation.

Die Urteile zeigen, dass Patienten bei Abzocke oder mangelhafter Behandlung durch den Zahnarzt zivilrechtliche Ansprüche geltend machen können und das Recht auf ihrer Seite haben.

FAQ: Häufig gestellte Fragen zu Abzocke beim Zahnarzt

Im Folgenden beantworten wir noch einige häufig gestellte Fragen rund um das Thema Abzocke beim Zahnarzt:

Kann ich ohne weiteres den Zahnarzt wechseln?
Ja, jeder Patient hat das Recht, den Zahnarzt zu wechseln, wenn er mit der Behandlung oder den Leistungen unzufrieden ist oder den Eindruck hat, dass er abgezockt wird.
Muss ich mich vor der Behandlung über die anfallenden Kosten aufklären lassen?
Zahnärzte sind gemäß § 630b BGB verpflichtet, ihre Patienten über die voraussichtlichen Kosten der Behandlung aufzuklären. Dies ist insbesondere wichtig, wenn hohe Kosten oder nicht von den Krankenkassen übernommene Leistungen im Raum stehen.
Wann sollte ich gegen eine Zahnarztrechnung Widerspruch einlegen?
Wenn Sie den Eindruck haben, dass die Rechnung zu hoch ist oder sie Leistungen enthält, die Sie nicht erhalten haben oder die nicht medizinisch notwendig waren, sollten Sie Widerspruch einlegen. Dabei ist es ratsam, fachliche Hilfe von einem Rechtsanwalt oder einem Patientenberater in Anspruch zu nehmen.
Welche Fristen sind bei rechtlichen Schritten gegen den Zahnarzt zu beachten?
Bei Schadensersatz- oder Schmerzensgeldansprüchen gelten in der Regel dreijährige Verjährungsfristen, die mit dem Schluss des Jahres beginnen, in dem der Anspruch entstanden ist und der Patient von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (§§ 195, 199 BGB). Zahnärztliche Rechnungen unterliegen ebenfalls einer Verjährungsfrist von drei Jahren. Bei Zweifeln ist juristische Beratung empfehlenswert.
Welche Vorsichtsmaßnahmen kann ich treffen, um nicht Opfer einer Abzocke beim Zahnarzt zu werden?
Informieren Sie sich vor der Behandlung über die anzunehmenden Kosten und bestehen Sie auf einer detaillierten Aufklärung seitens des Zahnarztes. Lassen Sie sich keine unnötigen oder überteuerten Zusatzleistungen aufschwatzen. Bei Unsicherheiten ist es ratsam, eine Zweitmeinung von einem anderen Zahnarzt oder einem unabhängigen Patientenberater einzuholen.

Fazit: Abzocke beim Zahnarzt – rechtliche Möglichkeiten nutzen

Auch bei vermeintlicher Abzocke durch den Zahnarzt stehen Patientinnen und Patienten rechtliche Möglichkeiten zur Verfügung. Es ist wichtig, gut informiert zu sein und sich bei Bedarf fachkundigen Rat einzuholen, um entsprechende Schritte einzuleiten und rechtliche Ansprüche geltend zu machen. Letztendlich geht es beim Thema Zahnarztabzocke stets um das Wohl, die Gesundheit und die finanziellen Interessen der Patienten.

In unserer Anwaltskanzlei stehen wir Ihnen als kompetente und erfahrene Rechtsanwälte im Bereich des Medizinrechts zur Seite. Sollten Sie Fragen oder Probleme im Zusammenhang mit einer zahnärztlichen Behandlung haben, zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Gemeinsam werden wir Ihre rechtlichen Möglichkeiten erörtern und für Ihr Recht einstehen.

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