Als erfahrener Rechtsanwalt im Bereich Zivilrecht ist es mir ein besonderes Anliegen, Arbeitnehmern und Arbeitgebern die wichtigsten Aspekte des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) näherzubringen. Dieses Gesetz regelt in Deutschland die zulässige Arbeitszeit und schützt die Arbeitnehmer vor übermäßiger Arbeitsbelastung und gesundheitlichen Risiken.

Gleichzeitig gibt es jedoch auch zahlreiche Ausnahmen und Sonderregelungen, die in bestimmten Situationen greifen. In diesem ausführlichen Blog-Beitrag werde ich Ihnen die Regelungen, Grenzen und Ausnahmen des Arbeitszeitgesetzes erläutern und anhand von Beispielen, Gesetzen, aktuellen Gerichtsurteilen und FAQs näher bringen.

Inhaltsverzeichnis

Allgemeine Regelungen

Das Arbeitszeitgesetz dient dem Schutz der Arbeitnehmer und regelt die zulässige Arbeitszeit sowie die Pausen- und Ruhezeiten. Im Folgenden gehe ich auf die wichtigsten Regelungen ein:

Arbeitszeit

Die gesetzliche Höchstarbeitszeit beträgt gemäß § 3 ArbZG acht Stunden pro Werktag, wobei die Arbeitszeit auf bis zu zehn Stunden verlängert werden kann, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden pro Werktag nicht überschritten werden.

Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst

Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst gelten nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts als Arbeitszeit und sind entsprechend zu vergüten. Bei der Arbeitsbereitschaft ist der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz anwesend und muss bei Bedarf sofort arbeiten. Beim Bereitschaftsdienst hingegen befindet sich der Arbeitnehmer zwar an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort, kann aber die Zeit bis zum Einsatz frei nutzen.

Pausen

Arbeitnehmern stehen gemäß § 4 ArbZG folgende Pausenzeiten zu:

  • Bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden: mindestens 30 Minuten Pause
  • Bei einer Arbeitszeit von mehr als neun Stunden: mindestens 45 Minuten Pause

Die Pausen können in mehrere Abschnitte aufgeteilt werden, wobei jeder Abschnitt mindestens 15 Minuten betragen muss. Die Pausen sind unbezahlt, sofern im Arbeitsvertrag oder in einem Tarifvertrag keine abweichende Regelung getroffen wurde.

Ruhezeiten

Nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit müssen Arbeitnehmer eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden haben (§ 5 ArbZG). Auch hier gibt es Ausnahmen, wie zum Beispiel für Gaststätten, Krankenhäuser oder im öffentlichen Verkehr.

Wochenendarbeit und Feiertagsarbeit

Grundsätzlich ist die Arbeit an Sonn- und Feiertagen untersagt (§ 9 ArbZG). Ausnahmen gelten zum Beispiel für Not- und Rettungsdienste, Gaststätten oder in der Landwirtschaft. Bei einer notwendigen Sonn- oder Feiertagsarbeit hat der Arbeitnehmer Anspruch auf einen Ersatzruhetag, der innerhalb von zwei Wochen zu gewähren ist (§ 11 Abs. 3 ArbZG).

Sonderregelungen und Ausnahmen

Das Arbeitszeitgesetz enthält zahlreiche Sonderregelungen und Ausnahmen, die unter bestimmten Voraussetzungen greifen. Die wichtigsten Ausnahmen sind:

Ausnahmen für leitende Angestellte

Leitende Angestellte im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG sind von zahlreichen Regelungen des Arbeitszeitgesetzes ausgenommen, wie zum Beispiel von der Höchstarbeitszeit, den Pausen- und Ruhezeiten. Zu den leitenden Angestellten zählen zum Beispiel Geschäftsführer, Prokuristen oder Abteilungsleiter.

Ausnahmen für Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst

Bei der Arbeitsbereitschaft und dem Bereitschaftsdienst können die Ruhezeiten nach § 5 ArbZG verkürzt werden, sofern dies durch einen Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung geregelt ist. Die Ruhezeit muss jedoch mindestens zehn Stunden betragen.

Flexibilisierung der Arbeitszeit durch Arbeitszeitkonten

Arbeitszeitkonten ermöglichen eine Flexibilisierung der Arbeitszeit und können im Arbeitsvertrag, in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden. Dabei werden die geleisteten Arbeitsstunden auf einem Konto erfasst und können innerhalb bestimmter Grenzen ausgeglichen oder abgefeiert werden. Dies ermöglicht es Arbeitnehmern, in Zeiten hoher Arbeitsbelastung Überstunden zu leisten und diese in ruhigeren Phasen wieder abzubauen.

Ausnahmen für Schichtarbeit und Nachtarbeit

Schichtarbeit und Nachtarbeit unterliegen besonderen Regelungen im Arbeitszeitgesetz. Nachtarbeit ist definiert als Arbeit, die mindestens zwei Stunden in der Zeit zwischen 23:00 und 6:00 Uhr umfasst (§ 2 Abs. 5 ArbZG). Für Nachtarbeiter gelten besondere Schutzvorschriften, wie zum Beispiel ein Anspruch auf einen angemessenen Ausgleich für die Nachtarbeit oder die Möglichkeit, die Arbeitszeit auf Antrag zu verkürzen (§ 6 ArbZG).

Schichtarbeit liegt vor, wenn Arbeitnehmer im Wechsel zu unterschiedlichen Tages- und Nachtzeiten arbeiten. Für Schichtarbeit gilt grundsätzlich das gleiche Arbeitszeitregime wie für reguläre Arbeit, allerdings können hier ebenfalls Ausnahmen greifen, etwa bei der Bemessung der Ruhezeiten.

Funktionszeit: Arbeitszeitmodelle und ihre rechtlichen Bedingungen

Funktionszeit – diese terminologische Belästigung klingt zunächst unangenehm in den Ohren, aber sie ist ein Begriff, der in der Welt des Arbeitsrechts allgegenwärtig ist und zunehmend an Bedeutung gewinnt. Funktionszeit steht in enger Verbindung mit Arbeitszeitmodellen und ihren rechtlichen Bedingungen.

Dieses Thema ist von äußerster Wichtigkeit, da es die Grundlage für unsere täglichen Arbeitsroutinen bildet, sowohl für Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer. Darüber hinaus hat es erhebliche Auswirkungen auf die finanzielle Entlohnung, den Umgang mit Überstunden und letztlich auf die Arbeitszufriedenheit.

Was versteht man unter Funktionszeit?

Funktionszeit ist ein Begriff, der in Bezug auf die Arbeitszeit, genauer gesagt, auf bestimmte Gestaltungen der Arbeitszeit verwendet wird. Der Begriff wird insbesondere im Zusammenhang mit flexiblen Arbeitszeiten, also der sog. Vertrauensarbeitszeit, Gleitzeit und Jahresarbeitszeit verwendet.

Bei diesen Modellen handelt es sich nicht um herkömmliche Arbeitsmodelle mit einer festgelegten Anzahl von Arbeitsstunden pro Tag, sondern um Modelle, in denen die Arbeitszeiten flexibel gestaltet werden können.

Vertrauensarbeitszeit

Bei der Vertrauensarbeitszeit wird den Arbeitnehmern ein hohes Maß an Verantwortung und Vertrauen entgegengebracht. Die Mitarbeiter entscheiden selbst, wann und wie lange sie arbeiten, solange sie ihre Aufgaben erfüllen. Hier wird nicht die Anwesenheit, sondern die Erledigung der Aufgabe als Leistungsmaßstab genommen.

Gleitzeit

Bei der Gleitzeit handelt es sich um ein flexibles Arbeitszeitmodell, bei dem die Arbeitnehmer selbst entscheiden können, wann sie anfangen und aufhören zu arbeiten. Jedoch gibt es in der Regel bestimmte vorgegebene Zeiten, in denen die Arbeitnehmer anwesend sein müssen, die sogenannten Kernzeiten.

Jahresarbeitszeit

Die Jahresarbeitszeit ist ein Arbeitszeitmodell, bei dem die Arbeitszeit nicht auf die einzelnen Tage oder Wochen, sondern auf das gesamte Jahr verteilt wird. Hierbei wird eine bestimmte Anzahl von Arbeitsstunden, die innerhalb eines Jahres geleistet werden müssen, vereinbart. Somit haben die Arbeitnehmer die Möglichkeit, in bestimmten Zeiträumen mehr und in anderen Zeiträumen weniger zu arbeiten.

Welche rechtlichen Bedingungen müssen bei der Funktionszeit beachtet werden?

Bei der Umsetzung von Arbeitszeitmodellen wie der Funktionszeit sind bestimmte rechtliche Bedingungen zu beachten. Dazu gehören insbesondere die Einhaltung von Höchstarbeitszeiten, Ruhezeiten und die Dokumentation der Arbeitszeiten.

Höchstarbeitszeiten

Nach § 3 ArbZG dürfen Arbeitnehmer nicht länger als acht Stunden pro Werktag arbeiten. Diese Arbeitszeit kann auf bis zu zehn Stunden verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Monaten oder 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden.

Ruhezeiten

§ 5 ArbZG schreibt vor, dass Arbeitnehmer nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden haben müssen.

Dokumentation der Arbeitszeiten

Nach § 16 Abs. 2 ArbZG sind Arbeitgeber verpflichtet, die über die werktägliche Arbeitszeit von acht Stunden hinausgehenden Arbeitszeiten zu dokumentieren. Diese Pflicht gilt unabhängig davon, ob eine Überstundenvergütung gezahlt wird oder nicht.

Aktuelle Gerichtsurteile zur Arbeitszeit

Im Folgenden möchte ich Ihnen einige aktuelle Gerichtsurteile vorstellen, die einen interessanten Einblick in die Rechtsprechung zum Arbeitszeitgesetz bieten:

EuGH-Urteil zur Arbeitszeiterfassung (Az. C-55/18)

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat im Jahr 2019 entschieden, dass Arbeitgeber verpflichtet sind, ein System zur Erfassung der täglichen Arbeitszeit ihrer Arbeitnehmer einzurichten. Damit sollen die Arbeitnehmerrechte besser geschützt und die Einhaltung der Arbeitszeitgesetze überprüft werden können. Das Urteil hat erhebliche Auswirkungen auf die Praxis in vielen Unternehmen, die bisher keine oder nur unzureichende Arbeitszeiterfassungssysteme eingerichtet hatten.

BAG-Urteil zur Vergütung von Reisezeiten (Az. 5 AZR 553/17)

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat im Jahr 2018 entschieden, dass Reisezeiten, die auf Weisung des Arbeitgebers außerhalb der regulären Arbeitszeit anfallen, grundsätzlich als Arbeitszeit zu vergüten sind. Im konkreten Fall ging es um einen Arbeitnehmer, der auf Anweisung seines Arbeitgebers an einem Samstag zu einer Fortbildung reisen musste. Das Gericht stellte klar, dass die Reisezeit in diesem Fall als vergütungspflichtige Arbeitszeit anzusehen ist.

BAG-Urteil zur Arbeitszeit bei Betriebsratsmitgliedern (Az. 7 AZR 224/15)

Im Jahr 2016 entschied das Bundesarbeitsgericht, dass Betriebsratsmitglieder, die in einem Arbeitszeitkorridor beschäftigt sind, für ihre Betriebsratstätigkeit keine zusätzliche Vergütung beanspruchen können, wenn sie innerhalb des Korridors arbeiten. Die Betriebsratstätigkeit wird in diesem Fall als Teil der regulären Arbeitszeit angesehen, auch wenn sie außerhalb der festgelegten Arbeitszeiten stattfindet.

Häufige Fragen zum Arbeitszeitgesetz

Zum Abschluss möchte ich noch einige häufig gestellte Fragen zum Arbeitszeitgesetz beantworten, die Ihnen weiterhelfen könnten:

Gibt es eine Pflicht zur Leistung von Überstunden?

Grundsätzlich besteht keine Pflicht zur Leistung von Überstunden, es sei denn, diese ist im Arbeitsvertrag, in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung ausdrücklich vereinbart. Im Einzelfall kann jedoch eine Pflicht zur Leistung von Überstunden bestehen, wenn dies aus betrieblichen Gründen dringend erforderlich ist (z. B. bei Notfällen oder Engpässen).

Wie werden Überstunden vergütet?

Die Vergütung von Überstunden richtet sich nach dem Arbeitsvertrag, einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung. In der Regel werden Überstunden entweder finanziell vergütet oder durch Freizeitausgleich abgegolten. In einigen Fällen kann jedoch auch eine stillschweigende Vereinbarung zur Überstundenvergütung bestehen, etwa wenn der Arbeitgeber die Überstunden über einen längeren Zeitraum hinweg toleriert und vergütet hat.

Was ist bei der Arbeit an Feiertagen zu beachten?

Die Arbeit an gesetzlichen Feiertagen ist grundsätzlich untersagt. Ausnahmen gelten jedoch für bestimmte Branchen und Tätigkeiten, wie zum Beispiel Not- und Rettungsdienste, Gaststätten oder in der Landwirtschaft. Bei einer notwendigen Feiertagsarbeit hat der Arbeitnehmer Anspruch auf einen Ersatzruhetag, der innerhalb von zwei Wochen zu gewähren ist.

Was passiert bei Verstößen gegen das Arbeitszeitgesetz?

Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz können sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer erhebliche Konsequenzen haben. Arbeitgeber können bei Verstößen mit Bußgeldern oder sogar mit strafrechtlichen Sanktionen rechnen. Arbeitnehmer, die ihre Arbeitszeit eigenmächtig verlängern oder gegen Pausen- und Ruhezeiten verstoßen, riskieren arbeitsrechtliche Sanktionen, wie zum Beispiel Abmahnungen oder Kündigungen.

Ich hoffe, dieser ausführliche Blog-Beitrag hat Ihnen einen guten Überblick über das Arbeitszeitgesetz, seine Regelungen, Grenzen und Ausnahmen sowie die aktuelle Rechtsprechung gegeben. Bei weiteren Fragen oder rechtlichen Problemen zum Arbeitszeitgesetz stehe ich Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

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