Das Bereicherungsrecht ist ein Teilgebiet des deutschen Schuldrechts, das sich mit der Rückabwicklung ungerechtfertigter Vermögensverschiebungen befasst. In diesem Blog-Beitrag erfahren Sie alles Wissenswerte über das Bereicherungsrecht, die wesentlichen Vorschriften und Grundlagen, aktuelle Gerichtsurteile und wichtige FAQs zum Thema. Profitieren Sie von einer umfassenden Einführung in das Bereicherungsrecht und finden Sie heraus, welche Schritte Sie zur Durchsetzung Ihrer Ansprüche unternehmen sollten.

Grundlagen des Bereicherungsrechts

Das Bereicherungsrecht befasst sich mit Vermögensverschiebungen, die ohne gesetzlichen Grund oder in ungerechtfertigter Weise vorgenommen wurden. Ziel des Bereicherungsrechts ist es, solche Vermögensverschiebungen rückgängig zu machen und den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen, indem derjenige, der ohne Grund eine Vermögensmehrung erlangt hat, dazu verpflichtet wird, diese an den Verarmten zurückzugewähren. Das Bereicherungsrecht basiert auf dem Grundsatz, dass kein Mensch auf Kosten anderer ungerechtfertigt bereichert werden soll (nemo locupletari potest aliena iactura).

Gesetzliche Regelungen des Bereicherungsrechts

Das deutsche Bereicherungsrecht ist in den §§ 812-822 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geregelt. Im Folgenden werden die relevantesten Regelungen vorgestellt:

  • § 812 BGB – Rückforderung von Leistungen: Die Regelung des § 812 BGB bildet den zentralen Anspruchsgrund des Bereicherungsrechts. Sie besagt, dass derjenige, der von einer anderen Person aufgrund einer Leistung oder in sonstiger Weise aufgrund einer rechtlichen Tatsache eine Vermögensmehrung erlangt hat, diese herausgeben oder den Wert ersetzen muss, wenn es einen Rechtsgrund für die Vermögensverschiebung nicht gibt oder dieser im Nachhinein weggefallen ist.
  • § 818 BGB – Bereicherung in Geld oder dessen Wert: Regelungen zur Bereicherung in Form von Geld oder geldwerten Leistungen.
  • § 819 BGB – Bereicherungshaftung bei Kenntnis des Rechtsmangels: In bestimmten Fällen kann auch derjenige zur Bereicherungshaftung verpflichtet sein, der in Kenntnis des Rechtsmangels gehandelt hat.
  • § 820 BGB – Ersatz von Aufwendungen: Regelungen zur Ersatzpflicht von Aufwendungen, die bei der Durchsetzung eines bereicherungsrechtlichen Anspruchs entstanden sind.
  • § 821 BGB – Anspruch auf Wertersatz bei ungerechtfertigter Bereicherung: Regelungen zur Verpflichtung zur Leistung von Wertersatz bei Freigebigkeit oder doloser Bereicherung.
  • § 822 BGB – Haftung für Dritte: Regelungen zur Haftung für Dritte bei einer ungerechtfertigten Vermögensverschiebung, wenn der Schuldner selbst nicht zur Herausgabe verpflichtet ist.

Rechtliche Anforderungen für einen bereicherungsrechtlichen Anspruch

Um einen bereicherungsrechtlichen Anspruch erfolgreich durchzusetzen, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  1. Ungerechtfertigte Bereicherung: Der Bereicherungsschuldner muss eine Vermögensmehrung erlangt haben, für die es keinen Rechtsgrund gibt oder der Rechtsgrund im Nachhinein weggefallen ist.
  2. Verarmung des Bereicherungsgläubigers: Der Bereicherungsgläubiger muss infolge der ungerechtfertigten Vermögensverschiebung verarmt sein, d. h. er hat eine Vermögensminderung erlitten.
  3. Kausalzusammenhang: Es muss ein Kausalzusammenhang zwischen der ungerechtfertigten Bereicherung des Schuldners und der Verarmung des Gläubigers bestehen.
  4. Keine Entreicherung: Der Anspruch kann nicht geltend gemacht werden, wenn der Schuldner bereicherungsrechtlich nicht mehr bereichert ist, also die Vermögensmehrung wieder verloren gegangen ist (sog. Entreicherung).

Aktuelle Gerichtsurteile zum Bereicherungsrecht

Im Folgenden werden zwei aktuelle Gerichtsurteile zum Bereicherungsrecht vorgestellt, die von praktischer Bedeutung sein können:

  1. Bundesgerichtshof, Urteil vom 16.02.2021 – XI ZR 251/19: Der BGH hat entschieden, dass die Bank nicht verpflichtet ist, die Kreditnehmer über die Möglichkeit der Einrede der Verjährung aufzuklären. Im vorliegenden Fall hatten die Kreditnehmer einen Darlehensvertrag vorzeitig gekündigt, ohne sich über die anfallende Vorfälligkeitsentschädigung zu informieren, und verlangten später die Herausgabe dieser Entschädigung nach § 812 BGB, da sie sich über eine mögliche Verjährung im Unklaren waren. Der BGH stellte klar, dass eine solche Aufklärungspflicht der Bank nicht besteht.
  2. Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.05.2020 – II ZR 280/18: Der BGH hat entschieden, dass bei einer zu Unrecht begehrten Rückforderung von Dividenden, die aufgrund einer falschen Bilanz und fehlerhaften Gewinnfeststellung gezahlt wurden, ein Bereicherungsanspruch gegen den Hauptaktionär besteht, wenn dieser in seinen Grundzügen von dem Bilanzierungsfehler wusste und sich dadurch ein faktisches Beherrschungsverhältnis ergibt.

FAQs zum Bereicherungsrecht

Im Folgenden finden Sie einige häufig gestellte Fragen zum Bereicherungsrecht und entsprechende Antworten:

  1. Wie lange kann ich einen bereicherungsrechtlichen Anspruch geltend machen?

    Die allgemeine Verjährungsfrist für bereicherungsrechtliche Ansprüche beträgt nach § 195 BGB drei Jahre. Diese Frist beginnt gemäß § 199 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste.

  2. Kann ich einen Bereicherungsanspruch auch gegenüber Dritten geltend machen?

    Grundsätzlich bestehen Bereicherungsansprüche zunächst nur gegen den direkt Bereicherten. In besonderen Fällen kann jedoch gemäß § 822 BGB auch ein Dritter für die Herausgabe der ungerechtfertigten Bereicherung haften, wenn der Schuldner selbst nicht zur Herausgabe verpflichtet ist und der Dritte aufgrund einer Leistung des Schuldners ohne Rechtsgrund bereichert wurde. Voraussetzung ist allerdings, dass der Schuldner im Zeitpunkt der Leistung an den Dritten zur Herausgabe verpflichtet gewesen wäre.

  3. Welche Rolle spielen culpa in contrahendo und culpa in mora beim Bereicherungsanspruch?

    Ein Verschulden des Schuldners oder des Gläubigers bei der Begründung eines Schuldverhältnisses (culpa in contrahendo) oder bei der Erfüllung einer Leistung (culpa in mora) kann unter Umständen für das Bestehen oder Nichtbestehen eines bereicherungsrechtlichen Anspruchs oder für dessen Umfang relevant sein. So kann beispielsweise ein Schuldner, der in Kenntnis des fehlenden Rechtsgrundes gehandelt hat (culpa in contrahendo), gemäß § 819 Abs. 1 BGB zur Herausgabe der Bereicherung verpflichtet sein.

  4. Wie wirkt sich die Rückabwicklung eines Vertrages auf den Bereicherungsanspruch aus?

    Wenn ein Vertrag rückabgewickelt wird, kann dies dazu führen, dass ein bereicherungsrechtlicher Anspruch entsteht. So kann beispielsweise ein Käufer, der einen Kaufvertrag wegen eines Mangels der Kaufsache erfolgreich angefochten hat, die Rückzahlung des Kaufpreises gemäß § 812 BGB verlangen, da der ursprüngliche Rechtsgrund für die Zahlung – der Kaufvertrag – weggefallen ist.

  5. Wann liegt eine Entreicherung vor und welche Auswirkungen hat sie auf den Bereicherungsanspruch?

    Eine Entreicherung liegt vor, wenn der Bereicherte die ihm zugewendete Vermögensmehrung nicht mehr hat, weil er sie verbraucht, verschenkt oder anderweitig verloren hat. Eine Entreicherung hat gemäß § 818 Abs. 3 BGB zur Folge, dass der Schuldner den Wert der Bereicherung nur soweit ersetzen muss, wie er zur Zeit der Geltendmachung noch bereichert ist. Eine Entreicherung steht damit einer Erfüllung des bereicherungsrechtlichen Anspruchs teilweise oder vollständig entgegen.

Fazit: Wenden Sie sich an einen erfahrenen Rechtsanwalt, um Ihre bereicherungsrechtlichen Ansprüche geltend zu machen

Das Bereicherungsrecht beinhaltet komplexe Regelungen und Anforderungen, um ungerechtfertigte Vermögensverschiebungen rückgängig zu machen. Die Geltendmachung bereicherungsrechtlicher Ansprüche erfordert fundiertes Wissen über die erforderlichen Voraussetzungen, Fristen und die einschlägige Rechtsprechung. Ein erfahrener Rechtsanwalt kann Ihnen dabei helfen, Ihre bereicherungsrechtlichen Ansprüche zu identifizieren, zu bewerten und durchzusetzen. Nutzen Sie diese Expertise, um Ihre bereicherungsrechtlichen Ansprüche erfolgreich geltend zu machen und eine ungerechtfertigte Bereicherung auf Ihre Kosten zu vermeiden.

Quellenverzeichnis

  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
  • Bundesgerichtshof, Urteil vom 16.02.2021 – XI ZR 251/19
  • Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.05.2020 – II ZR 280/18

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