Der vorliegende Blog-Beitrag befasst sich mit dem Thema Bevollmächtigung, wobei auf die verschiedenen Arten von Vollmachten, die Voraussetzungen und Rechtsfolgen bei der Bevollmächtigung sowie die Möglichkeiten, eine Bevollmächtigung wieder zu beenden, eingegangen wird.

Einleitung: Begriff und Bedeutung der Bevollmächtigung

Die Bevollmächtigung ist ein zentraler Begriff im bürgerlichen Recht und begegnet uns im täglichen Leben immer wieder. Doch worum handelt es sich dabei genau, und welche Voraussetzungen sind für eine zulässige Bevollmächtigung erforderlich? Wie sind die Rechte und Pflichten der beteiligten Parteien ausgestaltet, und welche rechtlichen Folgen ergeben sich aus der Bevollmächtigung? Eine fundierte Auseinandersetzung mit diesen und weiteren spannenden Aspekten der Bevollmächtigung ist nicht nur für Rechtsanwälte und Notare von großer Bedeutung, sondern auch für Unternehmen, Vereine und Privatpersonen, die sich in zahlreichen Situationen auf das Instrument der Bevollmächtigung verlassen.

Voraussetzungen und Arten der Bevollmächtigung

Die Bevollmächtigung ist in § 164 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) definiert. Eine Bevollmächtigung besteht, wenn eine Person, der Vollmachtgeber, eine andere Person, den Bevollmächtigten, dazu ermächtigt, im eigenen Namen oder im Namen des Vollmachtgebers ein Rechtsgeschäft vorzunehmen. Es kann dabei sowohl um einzelne Geschäfte als auch um eine Vielzahl von Geschäften gehen. Grundsätzlich gibt es vier Arten von Bevollmächtigungen:

Allgemeine Vollmacht

Die allgemeine Vollmacht ermächtigt den Bevollmächtigten, alle rechtlichen Handlungen im Namen des Vollmachtgebers vorzunehmen. Dabei kann es sich um alltägliche Geschäfte wie den Abschluss eines Mietvertrages oder den Kauf von Waren handeln. Die allgemeine Vollmacht ist meist formlos, d. h. eine mündliche oder schriftliche Erklärung genügt.

Spezialvollmacht

Die Spezialvollmacht ist eine Vollmacht für einen bestimmten Geschäftskreis oder für spezifische Geschäfte. Sie ist beispielsweise gegeben, wenn ein Anwalt einen Mandanten in einer speziellen Rechtsangelegenheit oder ein Steuerberater einen Klienten in einer bestimmten steuerlichen Angelegenheit vertritt.

Einzelvollmacht

Die Einzelvollmacht ermächtigt den Bevollmächtigten, lediglich ein einzelnes Rechtsgeschäft im Namen des Vollmachtgebers vorzunehmen. Ein Beispiel wäre die Bevollmächtigung eines Bekannten, das Auto des Vollmachtgebers bei der Zulassungsstelle anzumelden.

Notarielle Vollmacht

Die notarielle Vollmacht ist eine öffentliche Urkunde, die von einem Notar beurkundet wird. Sie kommt insbesondere bei Rechtsgeschäften zum Einsatz, die einer notariellen Beurkundung bedürfen, wie etwa bei Grundstückskaufverträgen oder Erbverträgen.

Rechte und Pflichten der Beteiligten

Aus der Bevollmächtigung ergeben sich für den Vollmachtgeber und den Bevollmächtigten gegenseitige Rechte und Pflichten. Grundsätzlich ist der Bevollmächtigte verpflichtet, die erteilte Vollmacht im Interesse des Vollmachtgebers auszuüben.

  • Der Bevollmächtigte ist zur Sorgfalt verpflichtet. Er muss alle Handlungen im Rahmen der Vollmacht besonnen und sachgerecht ausführen.
  • Er ist zu einer ordnungsgemäßen Rechenschaftslegung gegenüber dem Vollmachtgeber verpflichtet.
  • Der Bevollmächtigte hat das Interesse des Vollmachtgebers stets vor sein eigenes zu stellen, dies bedeutet, dass er keine Geschäfte in eigenem Namen abschließen oder eigene Interessen verfolgen darf, die mit den Interessen des Vollmachtgebers in Widerspruch stehen.
  • Der Vollmachtgeber muss alle mit der Bevollmächtigung verbundenen Kosten übernehmen und den Bevollmächtigten von eventuellen Schäden freistellen, die aus der Ausübung der Vollmacht folgen.

Rechtliche Folgen der Bevollmächtigung

Die Bevollmächtigung hat insbesondere drei wichtige rechtliche Folgen. Erstens entsteht zwischen dem Vollmachtgeber und dem Bevollmächtigten ein Direktverhältnis. Dies bedeutet, dass der Bevollmächtigte gegenüber dem Vollmachtgeber unmittelbar aus dem Geschäft verpflichtet ist.

Zweitens erlangt der Bevollmächtigte durch die Vollmacht die Befugnis, rechtliche Handlungen im eigenen Namen oder im Namen des Vollmachtgebers vorzunehmen. Hierbei ist zu beachten, dass der Bevollmächtigte sowohl im Namen des Vollmachtgebers als auch im eigenen Namen handeln kann. Die im Rahmen der Vollmacht vorgenommenen Handlungen wirken dann unmittelbar für oder gegen den Vollmachtgeber und begründen dessen Rechte und Pflichten.

Drittens kann der Bevollmächtigte die Vollmacht im Rahmen seiner Befugnisse an Dritte übertragen, soweit dies nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist. Allerdings ist bei bestimmten Arten von Vollmachten, wie zum Beispiel bei der notariellen Vollmacht, eine Subvollmacht generell nicht zulässig.

Aktuelle Gerichtsurteile zur Bevollmächtigung

Im Zusammenhang mit Bevollmächtigungen sind in der jüngeren Vergangenheit einige interessante Gerichtsentscheidungen ergangen, die sowohl auf höchstrichterlicher Ebene als auch in der Rechtsprechung der Instanzgerichte für Aufsehen gesorgt haben. Die folgenden aktuellen Urteile beleuchten verschiedene rechtliche Aspekte der Bevollmächtigung und geben wichtige Hinweise für die Praxis:

  1. Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 21.06.2017 – XII ZR 30/16: Der BGH entschied, dass eine von einer einseitigen Rechtsgestaltung abhängige Einschränkung einer Vollmacht – in diesem Fall eine höhere Sicherheit bei der Vermietung einer Immobilie – nichtig ist, wenn sie im Innenverhältnis vereinbart, aber nicht im Außenverhältnis offenbart wird. Die Vollmacht bleibt in diesem Fall uneingeschränkt wirksam.
  2. Oberlandesgericht (OLG) München, Urteil vom 16.05.2017 – 31 U 1769/17: Das OLG entschied, dass eine ohne ausdrückliche Vollmacht erteilte Zustellungsvollmacht in einer Rechtsanwaltskanzlei unwirksam ist. Ohne eine ausdrückliche Bevollmächtigung der Kanzlei besteht kein Rechtsschutzbedürfnis für die Erteilung einer Vollmacht.
  3. OLG Hamm, Urteil vom 29.11.2016 – 19 U 103/16: Das OLG Hamm befasste sich mit der Frage der Haftung des Vollmachtgebers und des Bevollmächtigten bei unzureichender Erfüllung von Vertragspflichten. Das Gericht entschied, dass sowohl der Vollmachtgeber als auch der Bevollmächtigte zur Einstandspflicht herangezogen werden können, wenn sie gemeinsam und mit gleichwertigen Pflichtverletzungen zur Schadensentstehung beigetragen haben.

FAQs zur Bevollmächtigung

Im Folgenden werden einige der am häufigsten gestellten Fragen rund um das Thema Bevollmächtigung beantwortet:

Kann eine Bevollmächtigung widerrufen werden?

Ja, der Vollmachtgeber kann die Vollmacht jederzeit widerrufen, sofern keine vertraglichen Bindungen entgegenstehen. Der Widerruf sollte schriftlich erfolgen und direkt gegenüber dem Bevollmächtigten erklärt werden.

Wann endet eine Bevollmächtigung automatisch?

Eine Bevollmächtigung endet automatisch unter bestimmten Umständen, wie beispielsweise bei:

  • Tod des Vollmachtgebers oder des Bevollmächtigten
  • Eintritt einer Geschäftsunfähigkeit des Vollmachtgebers oder des Bevollmächtigten
  • Erfüllung des Zwecks der Vollmacht
  • Ablauf einer vertraglich vereinbarten Frist

Wie kann man sich gegen Missbrauch einer Vollmacht schützen?

Um sich gegen den Missbrauch einer Vollmacht zu schützen, sollte man:

  • den Bevollmächtigten sorgfältig auswählen und dessen Vertrauenswürdigkeit prüfen
  • den Umfang der Vollmacht möglichst klar und präzise formulieren, um Missverständnisse zu vermeiden
  • im Rahmen einer Spezialvollmacht oder Einzelvollmacht die Bevollmächtigung auf bestimmte Rechtsgeschäfte oder einen bestimmten Zeitraum beschränken
  • gegebenenfalls den Widerruf der Vollmacht in Betracht ziehen, wenn Zweifel an der Zuverlässigkeit des Bevollmächtigten auftreten

Ist eine Vollmacht auch dann wirksam, wenn sie lediglich mündlich erteilt wurde?

Grundsätzlich ist eine mündliche Vollmacht wirksam, sofern keine gesetzlichen oder vertraglichen Formvorschriften entgegenstehen. Sofern eine Bevollmächtigung jedoch einen höheren Grad an Sicherheit erfordert (z.B. bei Grundstücksübertragungen oder notariellen Beurkundungen), ist eine schriftliche oder notarielle Vollmacht erforderlich.

Was ist der Unterschied zwischen einem gesetzlichen und einem gewillkürten Vertreter?

Ein gesetzlicher Vertreter wird durch Gesetz bestimmt und übernimmt die rechtliche Vertretung einer Person im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen (z.B. Eltern, die ihre minderjährigen Kinder vertreten). Ein gewillkürter Vertreter hingegen wird durch private Vereinbarung zwischen den Beteiligten bestellt und erhält die Vollmacht, im Namen einer anderen Person zu handeln (z.B. ein Rechtsanwalt, der einen Mandanten vertritt).

Fazit

Die Bevollmächtigung ist ein zentrales Instrument im deutschen Recht, das sowohl im privaten als auch im geschäftlichen Bereich von großer Bedeutung ist. Um eine wirksame Bevollmächtigung zu erteilen oder zu erhalten, ist es wichtig, die verschiedenen Arten von Vollmachten, die damit verbundenen Rechte und Pflichten sowie die relevanten rechtlichen Vorschriften und aktuellen Gerichtsurteile zu kennen. Die Bevollmächtigung ermöglicht es, flexibel auf unterschiedliche Situationen zu reagieren und die rechtliche Vertretung zu gewährleisten. Gleichzeitig birgt sie aber auch Risiken, die durch sorgfältige Auswahl des Bevollmächtigten, klare Abgrenzung des Vollmachtsgegenstands und ggf. sogar Widerruf der Vollmacht beherrscht werden können. Sofern die rechtlichen Rahmenbedingungen beachtet werden, bietet die Bevollmächtigung eine effektive und sichere Möglichkeit, Handlungen und Geschäfte im Namen anderer durchzuführen.

Unsere Rechtsanwälte stehen Ihnen bundesweit und im deutschsprachigen Ausland zur Verfügung.

Rechtsanwalt Arthur Wilms - Kanzlei Herfurtner

Arthur Wilms | Rechtsanwalt | Associate

Philipp Franz Rechtsanwalt

Philipp Franz | Rechtsanwalt | Associate

Anwalt Wolfgang Herfurtner Hamburg - Wirtschaftsrecht

Wolfgang Herfurtner | Rechtsanwalt | Geschäftsführer | Gesellschafter

Kundenbewertungen & Erfahrungen zu Herfurtner Rechtsanwälte. Mehr Infos anzeigen.

Aktuelle Beiträge aus dem Rechtsgebiet Zivilrecht