In einem Gerichtsverfahren sind Beweisanträge von entscheidender Bedeutung, um einen Sachverhalt aufzuklären und eine gerechte Entscheidung herbeizuführen. Dabei gibt es diverse Aspekte zu beachten, sei es die Art der Beweismittel, der richtige Zeitpunkt für einen Antrag oder die Berücksichtigung aktueller Gerichtsurteile. In diesem umfassenden Beitrag erfahren Sie, wie Sie als Anwalt oder Partei im Zivil- und Strafprozess Beweisanträge richtig stellen, welche Beweismittel zulässig sind und wie aktuelle Gerichtsurteile die Rechtslage beeinflussen.

Einführung: Was ist ein Beweisantrag?

Ein Beweisantrag ist ein förmliches Verfahren, mit dem eine Partei oder ihr Anwalt im Rahmen eines Gerichtsverfahrens die Zulassung und Berücksichtigung eines bestimmten Beweismittels beantragt. Dabei kann es sich sowohl um Beweismittel zur Stützung der eigenen Position als auch um solche zur Entkräftung der gegnerischen Argumentation handeln.

Beweismittel und Beweislastverteilung im Zivil- und Strafprozess

Um ein Gericht von der Richtigkeit einer Behauptung zu überzeugen, sind Beweismittel von entscheidender Bedeutung. Im Folgenden erhalten Sie einen Überblick über die verschiedenen Beweismittel und die Beweislastverteilung im Zivil- und Strafprozess.

Beweismittel

Im deutschen Prozessrecht sind die zulässigen Beweismittel in § 370 ZPO (Zivilprozessordnung) und § 244 StPO (Strafprozessordnung) abschließend aufgezählt. Zu den klassischen Beweismitteln gehören:

Je nach Art des Verfahrens können weitere Beweismittel zugelassen werden, beispielsweise im Arbeitsgerichtsverfahren nach § 46 ArbGG (Arbeitsgerichtsgesetz) auch der Beweis durch eine eidesstattliche Versicherung.

Beweislastverteilung

Die Beweislastverteilung regelt, welche Partei die Beweislast für bestimmte Tatsachen trägt. Im Zivilprozess gilt grundsätzlich, dass die Partei die Beweislast trägt, die aus einer bestimmten Tatsache Rechte herleitet (§ 286 ZPO). Im Strafprozess gilt der Grundsatz „in dubio pro reo“ (im Zweifel für den Angeklagten), was bedeutet, dass die Staatsanwaltschaft die Beweislast für die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Angeklagten trägt.

Beweisanträge im Zivilprozess

Im Zivilprozess können Beweisanträge sowohl von den Parteien selbst als auch von ihren Anwälten gestellt werden. Dabei sind verschiedene Aspekte zu beachten, etwa die Form, der Inhalt und der Zeitpunkt des Antrags.

Form und Inhalt des Beweisantrags

Der Beweisantrag kann schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Gerichts gestellt werden (§ 297 ZPO). Er muss die zu beweisende Tatsache, das Beweismittel und gegebenenfalls die Person, die als Zeuge oder Sachverständiger benannt wird, genau bezeichnen (§ 373 ZPO). Wichtig ist auch, dass der Beweisantrag substantiiert ist, das heißt, er muss konkret und nachvollziehbar begründen, warum das Beweismittel geeignet ist, die behauptete Tatsache zu beweisen.

Zeitpunkt des Beweisantrags

Grundsätzlich können Beweisanträge bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden (§ 296 ZPO). Allerdings gelten bestimmte Fristen und Präklusionsvorschriften, die es zu beachten gilt. So müssen Beweisanträge, die sich auf eine bereits bekannte Tatsache beziehen, spätestens bis zum Ende der ersten mündlichen Verhandlung gestellt werden (§ 273 ZPO).

Ablehnung und Zulassung von Beweisanträgen

Das Gericht kann einen Beweisantrag ablehnen, wenn es der Auffassung ist, dass das Beweismittel untauglich oder unerheblich ist oder wenn es den Antrag für eine rechtsmissbräuchliche Verschleppungstaktik hält (§ 296a ZPO). Andernfalls hat das Gericht den Beweisantrag zuzulassen und das Beweismittel zu berücksichtigen. Wird ein Beweisantrag abgelehnt, kann die unterlegene Partei gegen die Entscheidung Berufung einlegen.

Beweisanträge im Strafprozess

Auch im Strafprozess spielen Beweisanträge eine zentrale Rolle. Dabei sind sowohl die Verteidigung als auch die Staatsanwaltschaft berechtigt, Beweisanträge zu stellen.

Form und Inhalt des Beweisantrags

Im Strafprozess kann der Beweisantrag ebenfalls schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Gerichts gestellt werden (§ 244 Abs. 2 StPO). Der Antrag muss die zu beweisende Tatsache, das Beweismittel und gegebenenfalls die Person, die als Zeuge oder Sachverständiger benannt wird, genau bezeichnen (§ 244 Abs. 3 StPO). Zudem muss der Antrag substantiiert sein, das heißt, er muss konkret und nachvollziehbar begründen, warum das Beweismittel geeignet ist, die behauptete Tatsache zu beweisen.

Zeitpunkt des Beweisantrags

Im Strafprozess können Beweisanträge grundsätzlich bis zum Schluss der Beweisaufnahme gestellt werden (§ 244 Abs. 2 StPO). Allerdings besteht auch hier die Möglichkeit, dass das Gericht einen verspäteten Beweisantrag ablehnt, wenn es diesen für eine rechtsmissbräuchliche Verschleppungstaktik hält (§ 244 Abs. 6 StPO).

Ablehnung und Zulassung von Beweisanträgen

Das Gericht kann einen Beweisantrag im Strafprozess ablehnen, wenn es der Auffassung ist, dass das Beweismittel untauglich oder unerheblich ist oder wenn es den Antrag für eine rechtsmissbräuchliche Verschleppungstaktik hält (§ 244 Abs. 3 StPO). Allerdings ist die Ablehnung eines Beweisantrags im Strafprozess an strengere Voraussetzungen geknüpft als im Zivilprozess. So darf das Gericht einen Beweisantrag beispielsweise nicht allein deshalb ablehnen, weil es die behauptete Tatsache für offenkundig hält (§ 244 Abs. 5 StPO). Wird ein Beweisantrag abgelehnt, kann die unterlegene Partei gegen die Entscheidung Revision einlegen.

Aktuelle Gerichtsurteile und ihre Auswirkungen auf Beweisanträge

Gerichtsurteile haben einen maßgeblichen Einfluss auf die Rechtsprechung und damit auch auf die Praxis der Beweisanträge. Im Folgenden werden einige aktuelle Gerichtsurteile und ihre Auswirkungen auf das Stellen von Beweisanträgen näher beleuchtet.

BGH-Urteil zur Beweiswürdigung bei Indizienbeweisen (BGH, Urteil vom 22.03.2018 – 1 StR 159/17)

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in diesem Urteil klargestellt, dass bei der Beweiswürdigung von Indizienbeweisen eine lückenlose und widerspruchsfreie Beweiskette vorliegen muss, um eine Verurteilung zu begründen. Dieses Urteil hat Auswirkungen auf die Anforderungen an die Substantiierung von Beweisanträgen, insbesondere bei Indizienbeweisen.

BVerfG-Entscheidung zur Ablehnung von Beweisanträgen im NSU-Prozess (BVerfG, Beschluss vom 19.06.2018 – 2 BvR 1287/17)

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat in dieser Entscheidung die Ablehnung von Beweisanträgen im NSU-Prozess durch das Oberlandesgericht München als verfassungsgemäß bestätigt. Das BVerfG betonte dabei, dass die Ablehnung von Beweisanträgen durch das Gericht grundsätzlich zulässig ist, wenn diese keine neuen Erkenntnisse erwarten lassen oder unerheblich sind. Diese Entscheidung verdeutlicht die Grenzen der Ablehnung von Beweisanträgen durch das Gericht und zeigt, welche Anforderungen an die Begründung von Beweisanträgen zu stellen sind.

BGH-Urteil zur Zulässigkeit von Beweisanträgen bei unterbliebener Akteneinsicht (BGH, Urteil vom 30.08.2018 – 3 StR 218/18)

Der BGH hat in diesem Urteil entschieden, dass ein Beweisantrag auch dann zulässig ist, wenn der Antragsteller zuvor keine Akteneinsicht genommen hat. Dieses Urteil hat Bedeutung für die Frage, inwieweit Beweisanträge von einer vorherigen Akteneinsicht abhängig gemacht werden können.

Häufig gestellte Fragen (FAQs) zum Beweisantrag

Kann ich einen Beweisantrag auch ohne Anwalt stellen?

Grundsätzlich können Sie im Zivilprozess auch ohne Anwalt einen Beweisantrag stellen. Allerdings ist es ratsam, sich anwaltliche Unterstützung zu holen, da ein Anwalt die rechtlichen Anforderungen an einen Beweisantrag besser kennt und Ihnen bei der Formulierung des Antrags helfen kann. Im Strafprozess können sowohl die Verteidigung als auch die Staatsanwaltschaft Beweisanträge stellen.

Welche Fristen gelten für das Stellen von Beweisanträgen?

Im Zivilprozess müssen Beweisanträge grundsätzlich bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden (§ 296 ZPO). Allerdings gelten bestimmte Fristen und Präklusionsvorschriften, die es zu beachten gilt. Im Strafprozess können Beweisanträge bis zum Schluss der Beweisaufnahme gestellt werden (§ 244 Abs. 2 StPO).

Kann das Gericht meinen Beweisantrag ablehnen?

Das Gericht kann Ihren Beweisantrag ablehnen, wenn es der Auffassung ist, dass das Beweismittel untauglich oder unerheblich ist oder wenn es den Antrag für eine rechtsmissbräuchliche Verschleppungstaktik hält. Allerdings sind die Voraussetzungen für die Ablehnung von Beweisanträgen im Strafprozess strenger als im Zivilprozess.

Kann ich gegen die Ablehnung meines Beweisantrags vorgehen?

Wenn das Gericht Ihren Beweisantrag ablehnt, können Sie gegen die Entscheidung Berufung (im Zivilprozess) oder Revision (im Strafprozess) einlegen. Hierbei ist es ratsam, sich anwaltliche Unterstützung zu holen, um die Erfolgsaussichten und das weitere Vorgehen zu klären.

Was ist der Unterschied zwischen einem Beweisantrag und einer Beweislast?

Der Beweisantrag bezieht sich auf das Einbringen eines bestimmten Beweismittels in den Prozess, um eine bestimmte Tatsache zu beweisen. Die Beweislast hingegen legt fest, welche Partei die Verantwortung dafür trägt, die Richtigkeit einer bestimmten Tatsache zu beweisen. Die Beweislastverteilung ist somit ein grundlegendes Prinzip des Prozessrechts, während der Beweisantrag ein konkretes Verfahren zur Beweisführung darstellt.

Fazit: Beweisanträge sind ein zentrales Element im Prozessrecht

Beweisanträge sind ein entscheidender Bestandteil von Gerichtsverfahren und tragen maßgeblich zur Aufklärung von Sachverhalten und zur Herbeiführung einer gerechten Entscheidung bei. Sowohl im Zivil- als auch im Strafprozess ist es wichtig, die Anforderungen an Form, Inhalt und Zeitpunkt von Beweisanträgen zu beachten und die zulässigen Beweismittel richtig einzusetzen. Aktuelle Gerichtsurteile und deren Auswirkungen auf die Rechtsprechung sollten dabei stets berücksichtigt werden. Im Zweifel ist es ratsam, sich anwaltliche Unterstützung zu holen, um sicherzustellen, dass Beweisanträge korrekt gestellt werden und die bestmögliche Erfolgsaussicht haben.

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