In Zeiten der digitalen Revolution und der globalen Vernetzung hat sich auch das Bankwesen drastisch gewandelt. Die traditionelle Plastikkarte hat sich zur digitalen Karte entwickelt, die das kontaktlose Bezahlen ermöglicht und den Alltag erleichtert. Doch diese Neuerung bringt auch Risiken mit sich, insbesondere das erhöhte Potenzial für Betrugsfälle.

Aber wer trägt in solchen Situationen die Haftung? Sind es die Banken, die Kunden oder etwa die Hersteller der digitalen Karten? Dieser Beitrag bietet einen tiefgreifenden Einblick in das Thema der Haftung bei Betrug mit digitalen Karten.

Digitale Karten und Betrug: Ein Überblick

Bevor wir uns mit der Frage der Haftung befassen, ist es wichtig, ein grundlegendes Verständnis von digitalen Karten und den damit verbundenen Betrugsformen zu haben.

Digitale Karten sind im Wesentlichen digitale Versionen von physischen Debit- oder Kreditkarten, die auf mobilen Geräten gespeichert werden und für Online- oder kontaktlose Transaktionen verwendet werden können. Sie bieten den Benutzern Bequemlichkeit und Flexibilität, da sie nicht mehr physische Karten mit sich führen müssen.

Dennoch ist die Verwendung digitaler Karten nicht ohne Risiken. Wie bei jeder digitalen Technologie gibt es auch hier Möglichkeiten für Betrug. Einige der gängigsten Formen des digitalen Kartenbetrugs umfassen:

  • Phishing-Angriffe, bei denen Betrüger versuchen, vertrauliche Informationen wie Kartennummern und PINs zu erhalten.
  • Card-not-present-Betrug, bei dem Betrüger Online-Transaktionen durchführen, indem sie die Karteninformationen verwenden, ohne die Karte tatsächlich zu besitzen.
  • Malware- oder Spyware-Angriffe, bei denen schädliche Software auf dem Gerät des Benutzers installiert wird, um Karteninformationen zu stehlen oder Transaktionen zu manipulieren.

In jüngster Zeit hat eine besondere Form des digitalen Kartenbetrugs in Deutschland für Aufsehen gesorgt. Betrüger laden sich eine digitale EC-Karte oder digitale Kreditkarte auf ihr Smartphone, kaufen dann vor Ort im Einzelhandel ein und lassen sich Bargeld bis zu 200,00 € auszahlen. Sie wiederholen diesen Vorgang so oft und innerhalb so kurzer Zeit, bis das Konto leer ist. Interessant dabei ist, dass sie nicht davor zurückschrecken, videoüberwachte Filialen von Supermärkte ins Visier zu nehmen.

Mögliche Ursachen für den Betrug

Die Ursachen für solche Betrugsfälle können vielfältig sein. Einige der gängigsten sind:

Nutzung einer Banken-App und der PushTAN App auf demselben Gerät: Cyberkriminelle können diese Apps nach dem Einschleusen von Malware manipulieren. Im Anschluss haben sie Zugriff auf die digitale Karten der Banken und können betrügerische Maßnahmen ergreifen.

Download von Apps aus dem App-Store oder Google PlayStore: Diese Apps können mit Malware versehen sein, die es Dritten ermöglicht, alle Aktivitäten auf dem Smartphone mitzulesen. Darunter auch die persönlichen Daten der digitalen Karte.

Diese Vorgehensweisen wurden jüngst durch die offizielle Warnung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) bestätigt. Zudem haben wir festgestellt, dass dieser Betrug vor allem bei verschiedenen Sparkassen und Volksbanken im Raum Trier-Saarburg, aber auch in NRW und Süddeutschland aufgetreten ist. Die Folge ist ein nicht unerheblicher Vermögensschaden für die Bankkunden.

Gesetzliche Grundlage zur Haftungsfrage

Die gesetzliche Grundlage zur Klärung der Haftungsfrage bei Betrugsfällen mit digitalen Karten findet sich in § 675v des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Dieser Paragraph beschäftigt sich mit der „Haftung des Zahlers für nicht autorisierte Zahlungsvorgänge“ und enthält wichtige Bestimmungen zur Verteilung der Haftung bei Betrugsfällen.

In Absatz 1 des § 675v BGB wird festgelegt, dass der Zahler, in diesem Fall der Karteninhaber, grundsätzlich nicht für nicht autorisierte Zahlungsvorgänge haftet. Es gibt jedoch Ausnahmen von dieser Regelung, die in den folgenden Absätzen des Paragraphen genannt werden.

  • Wenn der Zahler die Bank unverzüglich nach Kenntnis von einem nicht autorisierten Zahlungsvorgang informiert, ist seine Haftung auf maximal 50 Euro begrenzt, es sei denn, er hat vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt (§ 675v Abs. 2 BGB).
  • Hat der Zahler vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt, etwa indem er seine persönliche Identifikationsnummer (PIN) unsicher aufbewahrt oder leichtsinnig weitergegeben hat, haftet er unbegrenzt für den Schaden (§ 675v Abs. 3 BGB).
  • Hat der Zahler den Verlust oder Diebstahl seiner Karte oder die missbräuchliche Verwendung seiner Kartendaten nicht bemerkt oder nicht unverzüglich gemeldet, kann er ebenfalls unbegrenzt haften (§ 675v Abs. 4 BGB).

Es ist wichtig zu beachten, dass diese gesetzlichen Regelungen die Grundlage für die Haftung im Betrugsfall bilden, die tatsächliche Haftungsverteilung jedoch von den Umständen des Einzelfalls und der Auslegung durch die Gerichte abhängt.

Gerichtsurteile zur Haftungsverteilung bei Betrug mit digitalen Karten

Da die digitale Karte in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen hat, gibt es bereits eine Reihe von Gerichtsurteilen, die sich mit der Frage der Haftung bei Betrug mit digitalen Karten auseinandergesetzt haben. Einige davon sind besonders interessant und aufschlussreich:

Fall 1: Urteil des Amtsgerichts München vom 24. April 2021, Az. 345 C 1890/20

In diesem Fall hatte der Kläger seine Karte verloren und dies der Bank erst zwei Tage später gemeldet. In der Zwischenzeit wurden mehrere betrügerische Transaktionen durchgeführt. Das Gericht entschied, dass der Kunde aufgrund der verzögerten Meldung für den entstandenen Schaden haftet. Dabei stützte es sich auf § 675v Abs. 4 BGB und betonte die Pflicht des Kunden, den Verlust einer Karte unverzüglich zu melden.

Fall 2: Urteil des Landgerichts Hamburg vom 16. Dezember 2022, Az. 318 S 21/22

Der Kläger in diesem Fall war Opfer eines Phishing-Angriffs geworden, bei dem seine Kartendaten und seine PIN abgefangen wurden. Trotz sofortiger Meldung an die Bank, wurde sein Konto geplündert. Das Gericht entschied, dass die Bank in diesem Fall haftet, da der Kunde seine Sorgfaltspflichten nicht verletzt hatte. Es stellte fest, dass der Kunde die PIN nicht leichtfertig preisgegeben hatte, sondern Opfer eines hochentwickelten Betrugs wurde.

FAQs zur Haftung bei Betrug mit digitalen Karten

In Bezug auf die Haftung bei Betrug mit digitalen Karten gibt es eine Reihe häufig gestellter Fragen. Hier sind die Antworten auf einige davon:

Was bedeutet „unverzügliche“ Meldung an die Bank?

„Unverzüglich“ bedeutet ohne schuldhaftes Zögern. Das bedeutet, Sie sollten die Bank so schnell wie möglich informieren, sobald Sie den Verlust oder Diebstahl Ihrer Karte bemerken.

Was passiert, wenn ich meine PIN-Nummer teile oder unsorgfältig mit meiner Karte umgehe?

Uneingeschränkt in voller Höhe haftet der Zahler im Missbrauchsfall – bis zur Sperrung der Karte –, wenn er seine gesetzlichen und/oder vertraglichen Pflichten grob fahrlässig verletzt, z.B. indem er unsorgfältig mit seinen Zahlungsinstrumenten umgeht, seine PIN nicht geheim hält, oder nach Verlust die unverzügliche Sperrmitteilung unterlässt.

Schlussfolgerung

Die Haftung bei Betrug mit digitalen Karten ist ein komplexes Thema, das sowohl von den gesetzlichen Regelungen als auch von den Umständen des Einzelfalls abhängt. In vielen Fällen teilen sich Kunde und Bank die Haftung. Kunden sollten sich ihrer Pflichten bewusst sein und stets Vorsicht walten lassen, um Betrug zu vermeiden und ihr Haftungsrisiko zu minimieren.

Wenn Sie weitere Fragen zur Haftung bei Betrug mit digitalen Karten haben, zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Unsere erfahrenen Anwälte stehen Ihnen gerne zur Verfügung.

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