Eigenmächtige Veränderung – Wer hat nicht schon von solchen Geschichten gehört oder gelesen, in denen der Mieter ohne Zustimmung des Vermieters die Wohnung oder das Haus nach seinen eigenen Vorstellungen umgestaltet hat? Hier gibt es zahlreiche Fragen zu klären: Darf der Mieter das überhaupt? Was können Vermieter dagegen tun? Welche Rechte und Pflichten bestehen für beide Parteien? Tauchen Sie mit uns in die Welt des Mietrechts ein, und finden Sie heraus, was Sie sowohl als Mieter als auch als Vermieter beachten sollten.

Rechtliche Grundlagen und ihre Bedeutung

Bevor wir uns den konkreten Fallbeispielen widmen, sollten wir einen Blick auf die rechtlichen Grundlagen werfen. Im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) sind die wesentlichen Normen für das Mietrecht und die damit zusammenhängenden Pflichten und Rechte geregelt.

§ 535 BGB beinhaltet den Grundsatz der Gebrauchsüberlassung und besagt, dass der Mieter dem Vermieter die vereinbarte Miete zahlen muss, während der Vermieter dem Mieter die Mietsache zum Gebrauch überlassen muss. Dieser Grundsatz bildet die Basis für das gesamte Mietrecht und lässt sich auch auf Fragen der eigenmächtigen Veränderung anwenden.

§ 541 BGB regelt die Veränderung der Mietsache durch den Mieter. Hier steht geschrieben, dass der Mieter „keine Veränderungen an der Mietsache vornehmen“ darf, ohne die Genehmigung des Vermieters.

§ 554 BGB behandelt die Durchführung von Erhaltungsmaßnahmen und baulichen Veränderungen. Hier ist festgelegt, dass der Vermieter dem Mieter Maßnahmen zur Instandhaltung oder Instandsetzung der Mietsache mitteilen muss.

Abgrenzung: Schönheitsreparaturen vs. bauliche Veränderungen

Wichtig ist die Unterscheidung zwischen Schönheitsreparaturen und baulichen Veränderungen. Schönheitsreparaturen sind üblicherweise – entsprechende Vereinbarungen im Mietvertrag vorausgesetzt – dem Mieter auferlegt und können zum Erhalt oder zur Verbesserung des Wohnraums beitragen. Hierzu zählen beispielsweise das Streichen der Wände, das Ausbessern kleinerer Schäden oder das Erneuern von Dichtungen.

Bauliche Veränderungen hingegen betreffen die Substanz oder Ausstattung der Mieträume und gehen über die einfache Erhaltung des aktuellen Zustands hinaus. Solche Veränderungen bedürfen grundsätzlich immer der Zustimmung des Vermieters. Denken Sie hierbei an einen Anbau, das Verändern von tragenden Wänden oder das Installieren neuer Einrichtungen wie einer Fußbodenheizung.

Wann ist eine eigenmächtige Veränderung erlaubt?

Grundsätzlich darf der Mieter ohne Zustimmung des Vermieters keine baulichen Veränderungen an der Mietsache vornehmen. Allerdings gibt es auch hier Ausnahmen von der Regel. In bestimmten Fällen, etwa wenn es um die Anpassung der Mietsache an persönliche Bedürfnisse geht, ist eine Veränderung auch ohne Zustimmung möglich. Damit diese Handlung als erlaubt gilt, müssen jedoch folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Die Maßnahme ist zur Wahrung berechtigter Interessen des Mieters erforderlich,
  • eine Zustimmung des Vermieters ist nicht erforderlich oder kann nach Treu und Glauben nicht verweigert werden,
  • und keine wesentliche Beeinträchtigung der Mietsache liegt vor.

Eine solche berechtigte Interessenlage kann beispielsweise für behindertengerechte Umbauten gelten, um dem Mieter ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Ebenso können Anpassungen an die aktuellen Sicherheitsstandards (wie beispielsweise Rauchmelder) oder energieeffiziente Modernisierungen ohne Zustimmung des Vermieters erfolgen, wenn sie gesetzlich gefordert oder im Mietvertrag vereinbart sind.

Wie kann der Vermieter auf eigenmächtige Veränderungen reagieren?

Wenn der Vermieter feststellt, dass der Mieter ohne seine Zustimmung bauliche Veränderungen vorgenommen hat, stehen ihm grundsätzlich verschiedene Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung:

  • Beseitigung der Veränderungen (auf Kosten des Mieters),
  • Zustimmung zur Veränderung (ggf. mit Bedingungen oder Auflagen verbunden),
  • Schadensersatzansprüche gegenüber dem Mieter geltend machen,
  • oder in schwerwiegenden Fällen sogar die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses.

Die Wahl der geeigneten Reaktionsweise ist immer von den jeweiligen Umständen abhängig und sollte idealerweise in Absprache mit einem erfahrenen Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin erfolgen. In manchen Fällen kann es auch sinnvoll sein, zunächst eine außergerichtliche Einigung anzustreben, bevor rechtliche Schritte eingeleitet werden.

FAQs zur eigenmächtigen Veränderung

In einer Welt, die sich ständig wandelt, ist es wichtig, beständig informiert zu bleiben. Lassen Sie uns deshalb gemeinsam in das Thema eintauchen und die Nuancen dahinter kurz erkunden.

Darf der Mieter die Wände bunt streichen?

Ob der Mieter seine Wohnung farbenfroh gestalten darf, hängt zunächst davon ab, ob dies im Mietvertrag geregelt ist. Grundsätzlich sind farbliche Gestaltungen von Wänden und Decken als Schönheitsreparatur zu betrachten und somit vom Mieter durchführbar. Allerdings ist es ratsam, dies mit dem Vermieter abzusprechen, da dieser erwarten kann, dass der ursprüngliche Zustand bei Auszug wiederhergestellt wird. Zahlt der Vermieter für die Renovierung, ist er berechtigt, die Farbauswahl zu treffen.

Kann der Vermieter nachträglich den Umbau verlangen?

Ein Vermieter kann in der Regel nicht nachträglich den Umbau der Mietsache verlangen, es sei denn, es handelt sich um vertraglich vereinbarte oder gesetzlich vorgeschriebene Maßnahmen. Eine solche Forderung müsste im Mietvertrag entsprechend festgehalten sein oder aus einer notwendigen Instandsetzung resultieren, die der Mieter verschuldet hat.

Was passiert, wenn der Mieter eigenmächtig einen Balkon anbaut?

Ein eigenmächtiger Balkonanbau stellt eine bauliche Veränderung dar und bedarf grundsätzlich der Zustimmung des Vermieters. Wird dieser Balkon ohne Genehmigung errichtet, kann der Vermieter unter Umständen die Beseitigung verlangen und Schadensersatzansprüche geltend machen, auch wenn dieser Anbau den Wert der Immobilie erhöht. Zudem kann der Bau neue rechtliche Probleme mit sich bringen, zum Beispiel in Bezug auf baurechtliche Vorschriften oder die Zustimmung der Wohnungseigentümergemeinschaft bei Eigentumswohnungen.

Fallstudien und Praxisbeispiele

Im Folgenden möchten wir Ihnen einige Fallstudien und Praxisbeispiele vorstellen, um Ihnen die Thematik der eigenmächtigen Veränderung greifbarer zu machen:

Fall 1: Die Fußbodenheizung

Familie Schneider zeiht in eine neue Wohnung ein. Da sie im Winter immer Probleme mit kalten Füßen hatten, entscheiden sie sich, auf eigene Kosten eine Fußbodenheizung einbauen zu lassen – ohne Rücksprache mit dem Vermieter.

Als dieser davon erfährt, verlangt er die sofortige Rückbau der Fußbodenheizung. Familie Schneider muss dem nachkommen und auf eigene Kosten den ursprünglichen Zustand wiederherstellen. Nach mehreren Gesprächen mit dem Vermieter hätten sie eventuell eine Einigung erzielen und die Maßnahme unter bestimmten Auflagen durchführen können.

Fall 2: Der Einbruchschutz

Ein Mieter fühlt sich in seiner Wohnung unsicher, weil mehrere Einbrüche in der Nachbarschaft stattgefunden haben. Auf eigene Kosten lässt er daher ein Sicherheitsschloss an seiner Wohnungstür installieren, ohne dies mit dem Vermieter abzustimmen. Da es sich hierbei um eine Verbesserung des Einbruchschutzes handelt, würde der Vermieter nach Treu und Glauben nicht begründet die Zustimmung verweigern können.

In diesem Fall wäre die eigenmächtige Veränderung der Wohnungstür zulässig. Der Vermieter hätte allerdings das Recht, den ursprünglichen Zustand bei Beendigung des Mietverhältnisses wiederherzustellen.

Fall 3: Der Kaminofen

Ein Pärchen hat sich in seiner Mietwohnung heimisch eingerichtet und möchte nun einen Kaminofen installieren. Sie fragen den Vermieter um Erlaubnis und dieser verweigert diese. Trotzdem bauen die Mieter den Kaminofen eigenmächtig ein – eine eindeutige bauliche Veränderung ohne Zustimmung. Hier könnte der Vermieter auf Beseitigung des Ofens bestehen, Schadensersatz verlangen oder im schlimmsten Fall das Mietverhältnis fristlos kündigen. Es lohnt sich also, mit dem Vermieter im Gespräch zu bleiben und ggf. Kompromisse einzugehen.

Fall 4: Die Haustür

Ein älteres Ehepaar entscheidet sich dazu, ihre Haustür aufgrund kürzlich eingetretener Einbrüche in der Nachbarschaft gegen eine neue, einbruchsichere Tür auszutauschen. Sie tun dies ohne Rücksprache mit dem Vermieter. In diesem Fall handelt es sich wieder um eine eigenmächtige Veränderung, für die die Mieter den Vermieter hätten fragen müssen. Je nach Sachlage und Einschätzung des Vermieters kann dies zu unterschiedlichen Reaktionen führen, von möglichen Forderungen nach Rückbau über Tolerierung bis hin zu Schadenersatzforderungen.

Checkliste für Vermieter und Mieter

Im Umgang mit eigenmächtigen Veränderungen seitens der Mieter kann die folgende Checkliste hilfreich sein, um rechtliche Probleme zu vermeiden und einvernehmliche Lösungen zu finden:

  1. Prüfen Sie den Mietvertrag auf mögliche Regelungen zu Schönheitsreparaturen und baulichen Veränderungen.
  2. Als Mieter: Sprechen Sie rechtzeitig und offen Ihre Veränderungswünsche mit dem Vermieter ab.
  3. Als Vermieter: Zeigen Sie sich gesprächsbereit und bringen Sie eigene Anliegen und Bedenken zum Ausdruck.
  4. Bedenken Sie im Streitfall, dass beide Seiten Rechte und Pflichten haben.
  5. Ziehen Sie bei komplexen Fragen oder Unklarheiten frühzeitig professionellen Rat von Anwälten hinzu, um Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden.
  6. Arbeiten Sie gemeinsam an außergerichtlichen Einigungen, bevor kostspielige Prozesse eingeleitet werden.
  7. Als Mieter: Stellen Sie sicher, dass Sie sämtliche baulichen Veränderungen dokumentieren und nachweisen können, um eventuelle Erstattungen oder Ansprüche geltend machen zu können.
  8. Als Vermieter: Vergewissern Sie sich, dass bauliche Veränderungen der Mietsache sachgemäß und fachmännisch ausgeführt wurden, um mögliche Mängel oder Schäden zu vermeiden.

Abschließende Gedanken und Empfehlungen

Wir hoffen, dass wir Ihnen mit diesem Beitrag einen umfassenden Überblick über das Thema der eigenmächtigen Veränderungen im Mietrecht verschaffen konnten: Von der rechtlichen Ausgangslage über die möglichen Handlungsoptionen für Vermieter und Mieter bis hin zu FAQs und praxisnahen Beispielen.

Das Mietrecht ist ein komplexes und facettenreiches Rechtsgebiet. In vielen Fällen können Missverständnisse oder auftretende Probleme durch frühzeitige Kommunikation und das Einholen von professionellem Rat vermieden werden. Indem Sie sich ihrer Rechte und Pflichten als Vermieter oder Mieter bewusst sind, können Sie eine konstruktive Zusammenarbeit fördern und dafür sorgen, dass die Mietsache für alle Beteiligten zufriedenstellend genutzt wird.

Sollten Sie noch weitere Fragen zum Thema eigenmächtige Veränderungen oder Mietrecht im Allgemeinen haben, zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir stehen Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung und unterstützen Sie mit juristischem Wissen und persönlicher Beratung. Denn schließlich ist es unser gemeinsames Ziel, dass Sie sich in Ihrem Zuhause wohl und sicher fühlen.

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