Eine Einrede ist ein rechtliches Mittel, das es einem Schuldner ermöglicht, sich gegen die Ansprüche eines Gläubigers zu verteidigen. Im deutschen Zivilrecht versteht man unter einer Einrede einen Einwand, der das Bestehen oder die Durchsetzbarkeit eines Anspruchs hindert. Es gibt unterschiedliche Arten von Einreden, die verschiedene Voraussetzungen und Rechtsfolgen haben. Hier geht es darum, wann und wie Sie eine Einrede erheben können und welche Besonderheiten es dabei zu beachten gibt.

Ein wichtiger Aspekt im Umgang mit Einreden ist die Unterscheidung zwischen peremptorischen und dilatorischen Einreden. Peremptorische Einreden führen dazu, dass der Anspruch endgültig vernichtet wird, während dilatorische Einreden die Geltendmachung des Anspruchs lediglich hemmen oder hinauszögern. Zu den bekanntesten Einreden gehören die Verjährungseinrede, die Einrede des nicht erfüllten Vertrags und die Stundungseinrede.

Verjährungseinrede

Die Verjährungseinrede spielt im täglichen Rechtsverkehr eine zentrale Rolle. Hierbei handelt es sich um ein Rechtsinstitut, das verhindert, dass Ansprüche nach Ablauf einer bestimmten Frist noch gerichtlich durchgesetzt werden können. Die Regelungen zur Verjährung finden sich in den §§ 194 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB).

Regelmäßige Verjährungsfrist

Nach § 195 BGB beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist drei Jahre. Diese Frist beginnt gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen.

Verkürzte und verlängerte Verjährungsfristen

Neben der regelmäßigen Verjährungsfrist gibt es auch verkürzte und verlängerte Verjährungsfristen. Beispielsweise beträgt die Verjährungsfrist im Kaufrecht bei Mängelgewährleistungsansprüchen nach § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB zwei Jahre. Dagegen können Schadensersatzansprüche aus vorsätzlicher Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit gemäß § 199 Abs. 2 BGB in 30 Jahren verjähren.

Erhebung der Verjährungseinrede

Um die Verjährungseinrede erfolgreich zu erheben, muss der Schuldner aktiv werden. Das heißt, er muss die Verjährung gegenüber dem Gläubiger ausdrücklich geltend machen. Wird dies versäumt, bleibt der Anspruch trotz abgelaufener Verjährungsfrist bestehen. Das Gericht wird die Verjährungseinrede nur berücksichtigen, wenn der Schuldner sie im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens aktiv erhebt.

Einrede des nicht erfüllten Vertrags

Gemäß § 320 BGB hat der Schuldner eines gegenseitigen Vertrags das Recht, seine Leistung zu verweigern, bis die ihm gebührende Gegenleistung bewirkt wird. Diese Einrede wird auch als „Einrede des nicht erfüllten Vertrags“ oder als „Zurückbehaltungsrecht“ bezeichnet. Sie spielt beispielsweise im Kaufrecht sowie im Werkvertragsrecht eine bedeutende Rolle.

Anwendungsfälle

  • Kaufvertrag: Der Käufer kann die Zahlung des Kaufpreises verweigern, solange der Verkäufer die Ware nicht übergibt.
  • Werkvertrag: Der Auftraggeber kann die Abnahme des Werkes und die Zahlung verweigern, solange das Werk nicht vollständig und mangelfrei erbracht wurde.

Voraussetzungen

Damit die Einrede des nicht erfüllten Vertrags greift, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Gegenseitiger Vertrag: Der Vertrag muss gegenseitige Leistungspflichten beinhalten.
  • Fälligkeit: Die Gegenleistung, auf die sich die Einrede bezieht, muss fällig sein.
  • Erheblichkeit: Der Verstoß gegen die vertraglichen Pflichten muss erheblich sein.

Rechtsfolgen

Die Rechtsfolge der Einrede des nicht erfüllten Vertrags ist, dass der Schuldner zur Leistung nicht verpflichtet ist, solange die Gegenleistung nicht erbracht wird. Allerdings besteht dieses Recht nur so lange, wie der Gläubiger nicht seinerseits zur Erfüllung bereit ist und dies dem Schuldner anzeigt.

Stundungseinrede

Eine weitere wichtige Einrede ist die Stundungseinrede nach § 205 BGB. Sie kommt zum Tragen, wenn der Gläubiger dem Schuldner eine Zahlungsaufschiebung (Stundung) eingeräumt hat. Hierdurch wird die Fälligkeit der Forderung hinausgeschoben.

Vertragliche und gesetzliche Stundung

Grundsätzlich kann eine Stundung entweder vertraglich oder gesetzlich vereinbart werden. Eine vertragliche Stundung erfolgt durch Vereinbarung zwischen Gläubiger und Schuldner, während eine gesetzliche Stundung durch ein gesetzliches Gebot, wie z. B. bei Ratenzahlungsvereinbarungen, begründet wird.

Wirkung der Stundung

Während der Stundungszeit kann der Gläubiger keine Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Schuldner einleiten und dieser kann die Stundungseinrede erheben. Diese schützt den Schuldner somit vor einer vorzeitigen und unberechtigten Inanspruchnahme durch den Gläubiger.

Praktische Beispiele und Mandantengeschichten

Ein typisches Beispiel aus unserer Praxis ist der Fall eines Unternehmers, der aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten in Rückstand mit seinen Zahlungsverpflichtungen geraten war. Der Unternehmer hatte einen Vertrag mit einem Zulieferer abgeschlossen, bei dem es ebenfalls zu Lieferschwierigkeiten kam. Dank der Einrede des nicht erfüllten Vertrags konnte der Unternehmer die Zahlung zurückhalten, bis die Zulieferung vollständig und mängelfrei war.

Ein anderes Beispiel betrifft einen Verbraucher, der über das Internet ein Elektrogerät erworben hatte. Nach Erhalt der Ware stellte sich heraus, dass das Gerät defekt war. Der Verbraucher machte von seinem Recht auf Nacherfüllung Gebrauch und verweigerte die Zahlung, bis der Verkäufer das Gerät reparierte oder austauschte.

FAQ zur Erhebung einer Einrede

Wann kann eine Einrede erhoben werden?

Eine Einrede kann erhoben werden, sobald die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen. Bei der Verjährungseinrede muss die Verjährungsfrist abgelaufen sein. Bei der Einrede des nicht erfüllten Vertrags muss die Gegenleistung fällig und nicht erbracht worden sein. Bei der Stundungseinrede muss eine Stundung vereinbart worden sein.

Welche Einreden gibt es im deutschen Recht?

Zu den gängigsten Einreden im deutschen Recht gehören:

  • Verjährungseinrede
  • Einrede des nicht erfüllten Vertrags
  • Stundungseinrede
  • Erfüllungseinrede
  • Einrede der Klagehäufung

Muss eine Einrede schriftlich erhoben werden?

Grundsätzlich kann eine Einrede auch mündlich erhoben werden. Allerdings empfiehlt es sich aus Beweisgründen, die Einrede schriftlich geltend zu machen.

Was passiert, wenn ich eine Einrede nicht erhebe?

Wenn Sie eine Einrede, die Ihnen zusteht, nicht erheben, verlieren Sie den Schutz, den diese Einrede Ihnen gewährt. Beispielsweise bleibt ein Anspruch trotz eingetretener Verjährung bestehen, wenn die Verjährungseinrede nicht erhoben wird, und es könnte zur Durchsetzung des Anspruchs kommen.

Wichtige Gesetze und Paragraphen

Verjährungsrecht (§§ 194 ff. BGB)

Das Verjährungsrecht regelt, wann Ansprüche aufgrund Zeitablaufs nicht mehr durchgesetzt werden können. Wichtige Paragraphen sind § 195 BGB für die regelmäßige Verjährungsfrist und § 199 BGB für den Beginn der Verjährungsfrist.

Einrede des nicht erfüllten Vertrags (§ 320 BGB)

Diese Norm gibt dem Schuldner das Recht, seine Leistung zu verweigern, bis die ihm gebührende Gegenleistung erbracht wird.

Stundung (§ 205 BGB)

Die gesetzliche Norm zur Stundung schützt den Schuldner während der Stundungszeit vor der Inanspruchnahme durch den Gläubiger.

Checkliste zur Erhebung einer Einrede

Unsere praktische Checkliste hilft Ihnen dabei, keine wichtigen Schritte zu vergessen, wenn Sie eine Einrede erheben möchten:

  • Prüfen Sie, ob die Verjährungsfrist abgelaufen ist bzw. ob die vertraglichen oder gesetzlichen Voraussetzungen einer anderen Einrede vorliegen.
  • Erläutern Sie dem Gläubiger klar und deutlich, welche Einrede Sie geltend machen möchten.
  • Führen Sie sämtliche relevante Korrespondenz schriftlich, um Nachweise zu sichern.
  • Belegen Sie gegebenenfalls mit Beweismitteln die Gründe für Ihre Einrede.
  • Überwachen Sie die weiteren Entwicklungen und reagieren Sie schnell auf neue Forderungen des Gläubigers.
  • Konsultieren Sie bei Unklarheiten einen Rechtsanwalt, um sicherzustellen, dass Ihre Einrede ordnungsgemäß und rechtzeitig erhoben wird.

Die Erhebung einer Einrede ist ein rechtlich komplexes Thema, das fundiertes Wissen und eine genaue Betrachtung des Einzelfalls erfordert. Doch mit der notwendigen Sorgfalt und unter Beachtung der rechtlichen Rahmenbedingungen können Sie Ihre Rechte als Schuldner erfolgreich verteidigen.

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