Der Elternunterhalt ist ein komplexes und häufig missverstandenes Thema, das jedoch immer mehr an Bedeutung gewinnt, da die Kosten für Pflege und Betreuung im Alter steigen und der Staat zunehmend auf die finanzielle Unterstützung der Kinder zurückgreift. In diesem umfassenden Blog-Beitrag erfahren Sie alles, was Sie zum Thema Elternunterhalt wissen müssen: die rechtlichen Grundlagen, die Berechnung der Unterhaltsansprüche, aktuelle Gerichtsurteile und häufig gestellte Fragen. Als erfahrener Rechtsanwalt werde ich Ihnen die Materie in verständlicher Sprache und mit zahlreichen Beispielen näherbringen.

Rechtliche Grundlagen des Elternunterhalts

Die rechtliche Grundlage für den Elternunterhalt ist in Deutschland im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verankert. Gemäß § 1601 BGB sind Verwandte in gerader Linie verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren. Dazu zählen neben den Eltern auch die Kinder. Der Elternunterhalt wird somit von den Kindern an ihre bedürftigen Eltern gezahlt, um deren Bedarf an Pflege, Betreuung und Lebensunterhalt zu decken. Die Unterhaltspflicht besteht grundsätzlich unabhängig vom Alter der Eltern und der Kinder.

Voraussetzungen für den Elternunterhalt

Es gibt mehrere Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit ein Anspruch auf Elternunterhalt besteht:

  • Bedürftigkeit der Eltern: Die Eltern müssen ihren Lebensunterhalt nicht oder nur teilweise selbst bestreiten können. Dies kann zum Beispiel aufgrund von Altersarmut, Krankheit oder Pflegebedürftigkeit der Fall sein.
  • Leistungsfähigkeit der Kinder: Die Kinder müssen finanziell in der Lage sein, den Unterhalt ihrer Eltern zu gewährleisten. Dabei wird das Einkommen und Vermögen der Kinder berücksichtigt.
  • Familienverhältnisse: Die Eltern müssen in gerader Linie mit den Kindern verwandt sein, das heißt, sie müssen die leiblichen Eltern, Adoptiveltern oder Stiefeltern sein.

Erst wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind, besteht grundsätzlich ein Anspruch auf Elternunterhalt.

Rangfolge der Unterhaltspflicht

Die Unterhaltspflicht gegenüber den Eltern ist jedoch nicht vorrangig. Gemäß § 1609 BGB gibt es eine Rangfolge der Unterhaltspflicht, die wie folgt aussieht:

  1. Ehegatten und eingetragene Lebenspartner
  2. Abkömmlinge (Kinder und Enkelkinder)
  3. Eltern (bei minderjährigen unverheirateten Kindern)
  4. Eltern (bei volljährigen Kindern)
  5. Geschwister
  6. Großeltern
  7. Urgroßeltern

Das bedeutet, dass die Unterhaltspflicht gegenüber den Eltern hinter der Unterhaltspflicht gegenüber Ehegatten und Kindern zurücktritt. Erst wenn diese Unterhaltsansprüche erfüllt sind, kann ein Anspruch auf Elternunterhalt bestehen.

Berechnung der Unterhaltsansprüche

Die Berechnung des Elternunterhalts ist ein komplexer Vorgang, der sich aus verschiedenen Faktoren zusammensetzt. Im Folgenden werde ich die wichtigsten Aspekte erläutern, die bei der Berechnung der Unterhaltsansprüche zu berücksichtigen sind.

Bedarf der Eltern

Der Bedarf der Eltern ergibt sich aus deren Lebenshaltungskosten und den Kosten für Pflege und Betreuung. Dazu zählen unter anderem:

  • Miete oder Belastungen aus Wohneigentum
  • Heizung und Nebenkosten
  • Lebensmittel und Getränke
  • Bekleidung
  • Medizinische Versorgung und Medikamente
  • Pflege- und Betreuungskosten

Der Bedarf der Eltern wird in der Regel anhand der sogenannten „Düsseldorfer Tabelle“ ermittelt, die auch für die Berechnung von Kindesunterhalt herangezogen wird. Dabei handelt es sich um eine Richtlinie, die vom Oberlandesgericht Düsseldorf herausgegeben wird und bundesweit als Orientierungshilfe dient.

Einkommen und Vermögen der Eltern

Bei der Berechnung des Unterhaltsanspruchs werden das Einkommen und Vermögen der Eltern berücksichtigt. Dazu zählen unter anderem:

  • Renten
  • Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
  • Kapitalerträge
  • Vermögenswerte wie Immobilien, Wertpapiere oder Bargeld

Das Einkommen und Vermögen der Eltern werden auf den Bedarf angerechnet, sodass sich der Unterhaltsanspruch verringert. Dabei sind bestimmte Freibeträge zu beachten, die den Eltern zustehen.

Leistungsfähigkeit der Kinder

Die Leistungsfähigkeit der Kinder wird anhand ihres Einkommens und Vermögens ermittelt. Dazu zählen unter anderem:

  • Arbeitslohn
  • Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit
  • Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
  • Kapitalerträge
  • Vermögenswerte wie Immobilien, Wertpapiere oder Bargeld

Bei der Berechnung der Leistungsfähigkeit der Kinder sind auch bestimmte Freibeträge zu berücksichtigen, die den Kindern zustehen. Dazu zählen unter anderem:

  • Der Selbstbehalt, der den Kindern ein angemessenes Leben ermöglichen soll
  • Ein Freibetrag für berufsbedingte Aufwendungen
  • Ein Freibetrag für die Altersvorsorge

Erst wenn die Leistungsfähigkeit der Kinder den Bedarf der Eltern übersteigt, besteht ein Anspruch auf Elternunterhalt.

Verteilung des Unterhaltsanspruchs auf mehrere Kinder

Wenn mehrere Kinder für den Elternunterhalt in Frage kommen, wird der Unterhaltsanspruch nach dem sogenannten „Mangelfallprinzip“ auf die Kinder verteilt. Dabei wird der gesamte Bedarf der Eltern durch die Summe der Leistungsfähigkeiten der Kinder geteilt, um den prozentualen Anteil jedes Kindes am Gesamtbedarf zu ermitteln. Anschließend wird der Bedarf der Eltern entsprechend diesen prozentualen Anteilen auf die Kinder verteilt.

Aktuelle Gerichtsurteile zum Elternunterhalt

Im Folgenden möchte ich einige aktuelle Gerichtsurteile zum Elternunterhalt vorstellen, die wichtige Aspekte der Thematik verdeutlichen und Ihnen einen Einblick in die aktuelle Rechtsprechung geben.

Unterhaltsanspruch trotz eingeschränktem Kontakt (BGH, Urteil vom 12.02.2014, Az. XII ZR 150/12)

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass ein Anspruch auf Elternunterhalt auch dann bestehen kann, wenn der Kontakt zwischen Eltern und Kindern eingeschränkt ist oder über einen längeren Zeitraum nicht stattgefunden hat. Im konkreten Fall hatte der Sohn argumentiert, dass er aufgrund des fehlenden Kontakts zu seiner Mutter keine Unterhaltspflicht habe. Der BGH stellte jedoch klar, dass die Unterhaltspflicht unabhängig von der persönlichen Beziehung zwischen Eltern und Kindern besteht und lediglich bei schweren Verfehlungen entfallen kann.

Kein Unterhaltsanspruch bei weitreichenden Vermögenswerten der Eltern (OLG Hamm, Beschluss vom 15.08.2018, Az. 2 UF 39/18)

Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hat entschieden, dass kein Unterhaltsanspruch besteht, wenn die Eltern über weitreichende Vermögenswerte verfügen, auch wenn diese nicht direkt zur Deckung des Lebensunterhalts eingesetzt werden können. In dem verhandelten Fall ging es um eine Mutter, die über ein erhebliches Vermögen in Form von Immobilien verfügte, deren Verwertung jedoch nicht ohne Weiteres möglich war. Das Gericht sah dennoch keine Unterhaltspflicht der Kinder, da die Mutter ausreichend Vermögen hatte, um ihren Bedarf zu decken.

Anrechnung von Pflegeleistungen auf den Unterhaltsanspruch (BGH, Urteil vom 03.02.2016, Az. XII ZR 150/14)

Der Bundesgerichtshof hat klargestellt, dass Pflegeleistungen, die Kinder ihren Eltern erbringen, auf den Unterhaltsanspruch angerechnet werden können. Im konkreten Fall hatte die Tochter ihre Mutter über einen Zeitraum von mehreren Jahren gepflegt und dafür keine finanzielle Entschädigung erhalten. Das Gericht stellte fest, dass die Tochter in diesem Fall einen Anspruch auf eine angemessene Vergütung hatte und diese auf den Unterhaltsanspruch der Mutter angerechnet werden konnte.

Häufig gestellte Fragen (FAQ) zum Elternunterhalt

Abschließend möchte ich noch einige häufig gestellte Fragen zum Thema Elternunterhalt beantworten, um Ihnen einen umfassenden Überblick über die Thematik zu bieten.

Muss ich für meine Schwiegereltern Unterhalt zahlen?

Grundsätzlich besteht keine Unterhaltspflicht gegenüber den Schwiegereltern. Allerdings kann es in Einzelfällen dazu kommen, dass das Einkommen des Ehepartners, der mit den Schwiegereltern verwandt ist, bei der Berechnung der Unterhaltspflicht des anderen Ehepartners berücksichtigt wird. Dies ist jedoch nur der Fall, wenn das Einkommen des verwandten Ehepartners nicht ausreicht, um die Unterhaltspflicht allein zu erfüllen.

Wie lange muss ich Elternunterhalt zahlen?

Die Unterhaltspflicht besteht grundsätzlich solange, wie die Bedürftigkeit der Eltern und die Leistungsfähigkeit der Kinder gegeben sind. Das kann bedeuten, dass die Unterhaltspflicht über einen längeren Zeitraum oder sogar lebenslang besteht. Allerdings kann die Unterhaltspflicht auch entfallen, wenn sich die finanzielle Situation der Eltern oder der Kinder ändert.

Kann ich den Elternunterhalt von der Steuer absetzen?

Ja, Elternunterhalt kann als außergewöhnliche Belastung steuerlich geltend gemacht werden. Dabei sind jedoch bestimmte Voraussetzungen zu beachten, wie zum Beispiel die Beachtung der zumutbaren Eigenbelastung. Zudem müssen die gezahlten Unterhaltsleistungen nachweisbar sein, beispielsweise durch Kontoauszüge oder Verträge.

Was passiert, wenn ich den Elternunterhalt nicht zahlen kann?

Wenn Sie den Elternunterhalt nicht zahlen können, weil Ihre finanzielle Leistungsfähigkeit nicht ausreicht, besteht grundsätzlich keine Unterhaltspflicht. Allerdings kann es in solchen Fällen dazu kommen, dass der Staat die Unterhaltsleistungen vorläufig übernimmt und später versucht, diese von Ihnen zurückzufordern. In diesem Fall sollten Sie sich rechtzeitig anwaltliche Hilfe suchen, um Ihre Interessen bestmöglich zu vertreten.

Fazit

Der Elternunterhalt ist ein komplexes und vielschichtiges Thema, das sowohl rechtliche als auch emotionale Aspekte berührt. Die rechtlichen Grundlagen und die Berechnung der Unterhaltsansprüche sind umfangreich und erfordern eine sorgfältige Auseinandersetzung mit den individuellen Gegebenheiten. Als erfahrener Rechtsanwalt stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung, um Ihre Fragen zum Thema Elternunterhalt zu beantworten und Sie bei Bedarf rechtlich zu vertreten. Zögern Sie nicht, mich zu kontaktieren, um ein persönliches Beratungsgespräch zu vereinbaren.

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