Der Forderungseinzug ist ein Thema, das sowohl Gläubiger als auch Schuldner betrifft. Um sicherzustellen, dass der Prozess fair und gesetzeskonform abläuft, ist es entscheidend, die Rechte und Pflichten aller Beteiligten zu kennen. In diesem umfassenden Blog-Beitrag werden wir Ihnen das Forderungseinzugsrecht näherbringen, indem wir auf aktuelle Gesetze und Gerichtsurteile eingehen, Beispiele und FAQs behandeln und Ihnen somit einen umfassenden Einblick in das Thema geben.

Inhaltsverzeichnis

Grundlagen des Forderungseinzugsrechts

Das Forderungseinzugsrecht ist ein Teilbereich des Zivilrechts, der sich mit dem rechtlichen Rahmen für die Durchsetzung von Forderungen beschäftigt. Eine Forderung entsteht, wenn ein Schuldner einem Gläubiger eine Geldsumme schuldet, beispielsweise aufgrund eines Vertrags oder einer unerlaubten Handlung.

Der Forderungseinzug ist der Prozess, bei dem der Gläubiger versucht, die ihm geschuldete Geldsumme vom Schuldner einzutreiben. Dies kann auf unterschiedliche Weise geschehen, etwa durch Mahnungen, gerichtliche Mahnverfahren oder Zwangsvollstreckungsmaßnahmen.

Gesetzliche Regelungen beim Forderungseinzug

Das Forderungseinzugsrecht ist in verschiedenen Gesetzen geregelt, die sowohl die Rechte und Pflichten des Gläubigers als auch die des Schuldners festlegen. Zu den wichtigsten Regelungen gehören:

  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Das BGB ist das zentrale Gesetzeswerk des deutschen Zivilrechts und enthält zahlreiche Vorschriften zum Forderungseinzug, etwa zum Verzug, zur Verjährung oder zur Abtretung von Forderungen.
  • Zivilprozessordnung (ZPO): Die ZPO regelt das Verfahren in Zivilprozessen, einschließlich der Durchsetzung von Forderungen. Hier finden sich Vorschriften zum gerichtlichen Mahnverfahren und zur Zwangsvollstreckung.
  • Insolvenzordnung (InsO): Im Falle einer Insolvenz des Schuldners gibt die InsO den rechtlichen Rahmen für den Forderungseinzug vor, etwa durch die Anmeldung von Forderungen im Insolvenzverfahren oder die Teilnahme an Gläubigerversammlungen.
  • Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG): Das UWG enthält Vorschriften zum Schutz vor unlauteren Geschäftspraktiken, die auch für den Forderungseinzug relevant sein können, etwa bei unzulässiger Telefonwerbung oder irreführender Inkassodrohungen.
  • Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG): Das RDG regelt die Erbringung von Rechtsdienstleistungen, einschließlich der Forderungsbeitreibung durch Inkassounternehmen oder Rechtsanwälte.

Rechte und Pflichten des Gläubigers

Als Gläubiger haben Sie verschiedene Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit dem Forderungseinzug. Dazu zählen unter anderem:

  • Mahnung und Verzug: Um den Schuldner in Verzug zu setzen, müssen Sie ihm zunächst eine Mahnung zukommen lassen. Dabei müssen Sie die Forderung konkret benennen und eine angemessene Frist zur Zahlung setzen. Der Schuldner gerät in Verzug, wenn er nicht innerhalb der gesetzten Frist zahlt.
  • Verzugszinsen: Sobald der Schuldner in Verzug ist, können Sie Verzugszinsen verlangen. Der gesetzliche Zinssatz beträgt 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz für Verbraucher und 9 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz für Unternehmer. Daneben können Sie auch eine angemessene Verzugspauschale verlangen.
  • Mahnbescheid und gerichtliches Mahnverfahren: Wenn der Schuldner trotz Mahnung nicht zahlt, können Sie einen Mahnbescheid beantragen und ein gerichtliches Mahnverfahren einleiten. Ist der Mahnbescheid rechtskräftig, haben Sie einen vollstreckbaren Titel, mit dem Sie die Zwangsvollstreckung betreiben können.
  • Zwangsvollstreckung: Mit einem vollstreckbaren Titel können Sie die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner betreiben, etwa durch Pfändung von Gehalt oder Kontoguthaben, Pfändung und Verwertung von beweglichen Sachen oder Zwangsversteigerung von Immobilien.
  • Verjährungshemmung: Um die Verjährung Ihrer Forderung zu hemmen, können Sie beispielsweise ein gerichtliches Mahnverfahren einleiten, einen gerichtlichen Vollstreckungsbescheid beantragen oder eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme durchführen.
  • Abtretung von Forderungen: Sie können Ihre Forderung an einen Dritten abtreten, etwa an ein Inkassounternehmen oder einen Factoring-Anbieter. Dieser Dritte tritt dann in Ihre Rechte als Gläubiger ein und kann die Forderung im eigenen Namen geltend machen.
  • Forderungsbeitreibung durch Dritte: Sie können die Beibringung Ihrer Forderung auch einem Dritten, wie einem Rechtsanwalt oder einem Inkassounternehmen, übertragen. Diese müssen jedoch im Rahmen des RDG zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen befugt sein.
  • Informationspflichten und Transparenz: Sie sind verpflichtet, dem Schuldner gegenüber transparent und informativ aufzutreten. Dies bedeutet unter anderem, dass Sie Ihre Forderung klar und verständlich darlegen und dem Schuldner auf Anfrage weitere Informationen zur Verfügung stellen müssen.
  • Faires Verhalten: Sie dürfen nicht gegen die guten Sitten verstoßen oder unlautere Geschäftspraktiken anwenden, etwa indem Sie den Schuldner durch Drohungen oder unzulässige Druckmittel zur Zahlung bewegen wollen.

Rechte und Pflichten des Schuldners

Als Schuldner haben Sie ebenfalls Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit dem Forderungseinzug, unter anderem:

  • Zahlungspflicht: Sie sind verpflichtet, die Ihnen gegenüber geltend gemachte Forderung fristgerecht zu begleichen, sofern diese berechtigt ist.
  • Einrede der Verjährung: Ist die Forderung verjährt, können Sie die Zahlung verweigern und sich auf die Einrede der Verjährung berufen.
  • Einrede der Unzuständigkeit: Wenn der Gläubiger die Forderung durch einen unbefugten Dritten, etwa ein nicht zugelassenes Inkassounternehmen, beitreibt, können Sie die Zahlung verweigern und sich auf die Einrede der Unzuständigkeit berufen.
  • Widerspruchsrecht: Gegen einen Mahnbescheid oder einen Vollstreckungsbescheid können Sie innerhalb einer bestimmten Frist Widerspruch einlegen und so die Vollstreckung verhindern.
  • Informationsanspruch: Sie haben das Recht, vom Gläubiger oder einem Inkassounternehmen Informationen über die Forderung und die Berechnung von Zinsen oder Kosten zu verlangen.
  • Schutz vor unlauteren Geschäftspraktiken: Sie dürfen nicht durch unzulässige Druckmittel oder Drohungen zur Zahlung bewegt werden. Solche Geschäftspraktiken können gegen das UWG verstoßen.

Verjährung von Forderungen

Die Verjährung von Forderungen spielt eine wichtige Rolle im Forderungseinzugsrecht, da sie den Zeitraum begrenzt, in dem der Gläubiger seine Forderung geltend machen kann. Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt gemäß § 195 BGB drei Jahre und beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen.

In bestimmten Fällen gelten jedoch abweichende Verjährungsfristen, etwa für Forderungen aus unerlaubter Handlung (§ 852 BGB) oder für Forderungen, die durch einen vollstreckbaren Titel gesichert sind (§ 197 BGB).

Aktuelle Gerichtsurteile zum Forderungseinzug

Im Folgenden finden Sie eine Auswahl aktueller Gerichtsurteile zum Forderungseinzug, die für die rechtliche Praxis von Bedeutung sind:

  • Bundesgerichtshof, Urteil vom 17. Juli 2019, Az. VIII ZR 130/18: Der BGH entschied, dass ein Vermieter von Wohnraum, der die Mietkaution nicht auf einem gesonderten Konto anlegt, seinen Rückzahlungsanspruch gegenüber dem Mieter verwirkt.
  • Bundesgerichtshof, Urteil vom 18. März 2020, Az. VIII ZR 62/19: Der BGH stellte klar, dass ein Gläubiger bei Zahlungsverzug des Schuldners die Kosten für eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung verlangen kann, auch wenn er noch keine Mahnung verschickt hat.
  • Bundesgerichtshof, Urteil vom 14. Oktober 2016, Az. V ZR 32/16: Der BGH entschied, dass ein Gläubiger bei einer Zwangsvollstreckung in das Grundbuch des Schuldners auch dann eintragen lassen kann, wenn der Schuldner das Grundstück zwischenzeitlich verkauft hat.
  • Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 4. Juli 2019, Az. I-20 U 210/18: Das OLG Düsseldorf urteilte, dass eine Inkassofirma keinen Anspruch auf Zahlung von Inkassokosten hat, wenn sie den Schuldner nicht über die Möglichkeit informiert hat, den Forderungsanspruch zu bestreiten.
  • Oberlandesgericht München, Urteil vom 21. Juli 2016, Az. 29 U 2139/16: Das OLG München entschied, dass ein Schuldner, der die Forderung eines Gläubigers bestreitet, nicht dazu verpflichtet ist, die Kosten für die Einschaltung eines Inkassounternehmens zu tragen.

Beispiele für den Forderungseinzug

Im Folgenden finden Sie einige Beispiele für den Forderungseinzug, die Ihnen die verschiedenen Aspekte des Forderungseinzugsrechts veranschaulichen sollen:

  • Beispiel 1: Herr Müller hat bei einem Versandhändler Waren im Wert von 500 Euro bestellt, aber nicht bezahlt. Der Versandhändler mahnt Herrn Müller mehrfach erfolglos an und beauftragt schließlich ein Inkassounternehmen mit dem Forderungseinzug. Herr Müller zahlt daraufhin den geforderten Betrag inklusive Verzugszinsen und Inkassokosten.
  • Beispiel 2: Frau Schmidt hat ihren Handwerker für Renovierungsarbeiten in ihrer Wohnung bezahlt, ist jedoch mit der Qualität der Arbeit unzufrieden. Sie fordert den Handwerker auf, die Mängel zu beseitigen, doch dieser reagiert nicht. Frau Schmidt nimmt die Mängelbeseitigung schließlich selbst in die Hand und fordert vom Handwerker die Erstattung der Kosten. Als dieser nicht zahlt, leitet sie ein gerichtliches Mahnverfahren ein und erwirkt einen Vollstreckungsbescheid. Mit diesem lässt sie den Handwerker zur Zahlung der geforderten Summe zwangsvollstrecken.
  • Beispiel 3: Herr Meier hat vor vier Jahren einen Kredit bei einer Bank aufgenommen und die Raten nicht mehr gezahlt. Die Bank versucht nun, die Forderung einzutreiben, doch Herr Meier beruft sich auf die Verjährung der Forderung. Da die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren abgelaufen ist und die Bank keine verjährungshemmenden Maßnahmen ergriffen hat, kann sie die Forderung nicht mehr erfolgreich geltend machen.

FAQs zum Forderungseinzugsrecht

Wie lange dauert es, bis eine Forderung verjährt?

Die regelmäßige Verjährungsfrist für Forderungen beträgt gemäß § 195 BGB drei Jahre. Die Frist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. In bestimmten Fällen gelten jedoch abweichende Verjährungsfristen.

Kann ich als Gläubiger die Forderung selbst eintreiben oder muss ich ein Inkassounternehmen beauftragen?

Als Gläubiger können Sie die Forderung zunächst selbst eintreiben, etwa durch Mahnungen oder das Einleiten eines gerichtlichen Mahnverfahrens. Erst wenn diese Maßnahmen erfolglos bleiben, kann es sinnvoll sein, ein Inkassounternehmen oder einen Rechtsanwalt mit der Forderungsbeitreibung zu beauftragen.

Wie kann ich mich als Schuldner gegen unberechtigte Forderungen wehren?

Als Schuldner können Sie sich gegen unberechtigte Forderungen wehren, indem Sie die Forderung bestreiten und gegebenenfalls gerichtliche Schritte einleiten, etwa durch Widerspruch gegen einen Mahnbescheid oder Klageerhebung. Zudem können Sie sich auf die Einrede der Verjährung oder der Unzuständigkeit berufen, wenn dies zutreffend ist.

Welche Kosten entstehen beim Forderungseinzug?

Die Kosten beim Forderungseinzug können je nach Vorgehen unterschiedlich ausfallen. Dazu zählen unter anderem Mahnkosten, Verzugszinsen, Gerichts- und Anwaltskosten sowie Inkassokosten. Grundsätzlich gilt, dass der Schuldner die Kosten für eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung zu tragen hat, sofern die Forderung berechtigt ist.

Fazit

Das Forderungseinzugsrecht ist ein komplexes Rechtsgebiet, das sowohl Gläubiger als auch Schuldner betrifft. Um den Forderungseinzug fair und gesetzeskonform zu gestalten, ist es wichtig, die Rechte und Pflichten aller Beteiligten zu kennen und aktuelle Gesetze und Gerichtsurteile im Auge zu behalten. Sowohl Gläubiger als auch Schuldner sollten daher im Zweifelsfall rechtlichen Beistand suchen, um ihre Interessen effektiv durchzusetzen und mögliche Fehler oder Missverständnisse im Forderungseinzugsprozess zu vermeiden.

Unsere Rechtsanwälte stehen Ihnen bundesweit und im deutschsprachigen Ausland zur Verfügung.

Rechtsanwalt Arthur Wilms - Kanzlei Herfurtner

Arthur Wilms | Rechtsanwalt | Associate

Philipp Franz Rechtsanwalt

Philipp Franz | Rechtsanwalt | Associate

Anwalt Wolfgang Herfurtner Hamburg - Wirtschaftsrecht

Wolfgang Herfurtner | Rechtsanwalt | Geschäftsführer | Gesellschafter

Kundenbewertungen & Erfahrungen zu Herfurtner Rechtsanwälte. Mehr Infos anzeigen.

Aktuelle Beiträge aus dem Rechtsgebiet Zivilrecht