Freistellung im Arbeitsrecht: Wann, warum und wie es funktioniert

Die Freistellung ist die vorübergehende oder endgültige Befreiung eines Arbeitnehmers von seiner Arbeitspflicht unter Fortzahlung der Vergütung. In der Regel erfolgt dieser Schritt aufgrund einer Entscheidung des Arbeitgebers und kann aus unterschiedlichen Gründen notwendig werden.

Eine Freistellung kann auch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer einvernehmlich durch eine entsprechende Vereinbarung erfolgen.

Inhaltsübersicht

  1. Freistellung im Arbeitsrecht – welche Arten gibt es?
  2. Wann kommt eine Freistellung in Betracht?
  3. Wie erfolgt die Freistellung?
  4. Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit einer Freistellung
  5. Strategien für Arbeitgeber und Arbeitnehmer
  6. FAQ – Häufig gestellte Fragen zur Freistellung im Arbeitsrecht

Freistellung im Arbeitsrecht – welche Arten gibt es?

Die Freistellung erfolgt entweder einseitig durch den Arbeitgeber oder in Übereinstimmung mit dem Arbeitnehmer. Im Arbeitsrecht unterscheidet man folgende Arten der Freistellung:

  • Bezahlte Freistellung: Bei dieser Variante erfolgt die Freistellung bei Fortzahlung der Vergütung und Sozialleistungen.
  • Unbezahlte Freistellung: In Ausnahmefällen kann der Arbeitnehmer von der Arbeitsleistung freigestellt werden, ohne weiterhin seine Vergütung und Sozialleistungen zu erhalten. Eine unbezahlte Freistellung ist jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig und bedarf in der Regel der Zustimmung des Arbeitnehmers.
  • Teilweise Freistellung: Bei einer teilweisen Freistellung wird der Arbeitnehmer von einem Teil seiner Arbeitsleistung entbunden. Die Vergütung und Sozialleistungen werden entsprechend gekürzt.

Wann kommt eine Freistellung in Betracht?

Die Gründe für eine Freistellung können vielfältig sein. Beispielsweise kann die Freistellung aus betrieblichen, personenbedingten oder verhaltensbedingten Gründen erfolgen. Im Folgenden werden einige typische Situationen aufgezeigt, in denen eine Freistellung in Betracht kommen kann:

  • Kündigung oder Aufhebungsvertrag: Häufig wird ein Arbeitnehmer nach Ausspruch einer Kündigung oder bei Abschluss eines Aufhebungsvertrages bis zum Ablauf der Kündigungsfrist freigestellt.
  • Verdacht einer Straftat oder eines schwerwiegenden Fehlverhaltens: Im Falle des Vorwurfs einer Straftat oder eines schwerwiegenden Fehlverhaltens kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer vorübergehend freistellen, um die notwendigen Ermittlungen durchzuführen.
  • Schutz des Arbeitnehmers: In bestimmten Konstellationen kann es erforderlich sein, den Arbeitnehmer vorübergehend freizustellen, um ihn beispielsweise vor gesundheitlichen Risiken oder Diskriminierungen zu schützen.
  • Notwendigkeit der Umorganisation oder Kurzarbeit: Bei betrieblichen Umstrukturierungen oder Auftragsrückgang kann eine vorübergehende Freistellung als Maßnahme zur Personalanpassung dienen.
  • Gesetzliche Ansprüche: Arbeitnehmer können etwa im Rahmen von Elternzeit, Pflegezeit oder Bildungsurlaub gesetzliche Ansprüche auf Freistellung geltend machen.

Wie erfolgt die Freistellung?

Freistellung im Arbeitsrecht: Die Freistellung eines Arbeitnehmers kann grundsätzlich auf zwei Wegen erfolgen:

  • Einseitige Freistellung: Hierbei trifft der Arbeitgeber die Entscheidung zur Freistellung ohne Zustimmung des Arbeitnehmers. Die einseitige Freistellung ist in der Regel mit einer Fortzahlung der Vergütung verbunden und muss auf einer rechtlichen Grundlage, wie z. B. einer vertraglichen Vereinbarung, einer Betriebsvereinbarung oder einer gesetzlichen Regelung beruhen.
  • Einvernehmliche Freistellung: In diesem Fall erfolgt die Freistellung durch eine Übereinkunft zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Beide Parteien vereinbaren die Bedingungen, unter denen die Freistellung erfolgen soll, und regeln etwa die Fortzahlung der Vergütung oder die Beanspruchung von Urlaubsansprüchen.

Unabhängig davon, ob die Freistellung einseitig oder einvernehmlich erfolgt, ist eine klare und unmissverständliche Formulierung der Freistellungserklärung von entscheidender Bedeutung, um Missverständnisse zu vermeiden und die rechtliche Bindungswirkung sicherzustellen.

Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit einer Freistellung

Während der Freistellungsphase gelten für beide Parteien – Arbeitgeber und Arbeitnehmer – bestimmte Rechte und Pflichten. Einige der wichtigsten rechtlichen Aspekte im Zusammenhang mit einer Freistellung sind:

  1. Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses: Während der Freistellung bleibt das Arbeitsverhältnis grundsätzlich bestehen, auch wenn die Arbeitspflicht entfällt.
  2. Fortzahlung der Vergütung: In der Regel erfolgt die Freistellung unter Fortzahlung der Vergütung, es sei denn, es wurde eine unbezahlte Freistellung einvernehmlich vereinbart.
  3. Urlaubsanspruch: Der Urlaubsanspruch bleibt während der Freistellung grundsätzlich erhalten. Eine mögliche Verrechnung von Urlaubstagen mit der Freistellungszeit sollte vertraglich geregelt werden.
  4. Nebenbeschäftigung: Der freigestellte Arbeitnehmer ist in der Regel nicht berechtigt, eine neue Hauptbeschäftigung aufzunehmen, solange das Arbeitsverhältnis noch besteht. Eine Nebenbeschäftigung kann jedoch zulässig sein – sofern sie der Zustimmungspflicht des Arbeitgebers unterliegt, muss diese jedoch während der Freistellungsphase stets vom Arbeitgeber genehmigt werden.
  5. Wettbewerbsverbot: Ein bestehendes nachvertragliches Wettbewerbsverbot kann trotz Freistellung seine Gültigkeit behalten.
  6. Geheimhaltungs- und Loyalitätspflichten: Der Arbeitnehmer ist auch während der Freistellung verpflichtet, betriebliche Geheimnisse zu wahren und die Interessen des Arbeitgebers zu wahren.

Freistellung im Arbeitsrecht – Strategien für Arbeitgeber und Arbeitnehmer

Für Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist es wichtig, die Möglichkeiten und Risiken einer Freistellung im Arbeitsrecht sorgfältig abzuwägen und die eigene Vorgehensweise strategisch zu planen.

Hier einige Empfehlungen für beide Seiten:

Für Arbeitgeber:

  • Klare Regelungen schaffen: Achten Sie darauf, die Bedingungen einer Freistellung im Arbeits- oder Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung klar zu regeln, um Rechtsunsicherheiten und Streitigkeiten zu vermeiden.
  • Begründung prüfen: Stellen Sie sicher, dass ein sachlicher Grund für die Freistellung besteht und dass die Maßnahme nicht willkürlich oder diskriminierend ist.
  • Form und Umfang beachten: Achten Sie darauf, die Freistellung schriftlich zu erklären und den Umfang der Freistellung (z. B. bezahlte oder unbezahlte Freistellung) eindeutig festzulegen.
  • Rücksprache mit Betriebsrat: Bei Vorliegen eines Betriebsrats sollten Sie diesen bei der Entscheidung zur Freistellung frühzeitig einbinden und dessen Zustimmung einholen, sofern gesetzlich oder vertraglich vorgesehen.

Für Arbeitnehmer:

  • Freistellung prüfen: Lassen Sie prüfen, ob die Freistellung rechtmäßig ist, insbesondere ob eine gesetzliche, vertragliche oder sonstige Grundlage dafür besteht.
  • Einvernehmliche Lösungen suchen: Wenn Sie eine Freistellung wünschen, z. B. aus persönlichen Gründen, suchen Sie das Gespräch mit dem Arbeitgeber und versuchen Sie eine einvernehmliche Regelung zu finden.
  • Rechte und Pflichten kennen: Informieren Sie sich über Ihre Rechte und Pflichten während der Freistellung, z. B. hinsichtlich Urlaubsanspruch, Fortzahlung der Vergütung oder Nebenbeschäftigung.
  • Anwaltliche Unterstützung nutzen: Bei Unsicherheiten oder Streitigkeiten im Zusammenhang mit einer Freistellung sollten Sie frühzeitig rechtlichen Rat einholen, um Ihre Interessen bestmöglich zu vertreten und mögliche Nachteile abzuwenden.

FAQ – Freistellung im Arbeitsrecht

1. Kann ich als Arbeitnehmer eine Freistellung verlangen?

Ein allgemeines Recht auf Freistellung für Arbeitnehmer gibt es nicht. Eine Freistellung kann jedoch aufgrund von gesetzlichen Regelungen (z. B. Elternzeit, Pflegezeit, Bildungsurlaub) oder aufgrund individueller oder kollektiver Vereinbarungen (Arbeitsvertrag, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung) erfolgen. Freistellung im Arbeitsrecht: Im Einzelfall können auch persönliche berechtigte Gründe für eine Freistellung sprechen, über die Sie mit Ihrem Arbeitgeber reden sollten.

2. Kann ich während einer Freistellung anderweitig arbeiten?

Grundsätzlich dürfen Sie während einer Freistellung keine neue Hauptbeschäftigung aufnehmen, da das Arbeitsverhältnis weiterhin besteht. Eine Nebenbeschäftigung kann jedoch grundsätzlich zulässig sein, sofern sie mit Ihren vertraglichen Pflichten, insbesondere der Geheimhaltungs- und Loyalitätspflicht gegenüber Ihrem Arbeitgeber, vereinbar ist. Eine zustimmungspflichtige Nebenbeschäftigung muss in der Regel vom Arbeitgeber während der Freistellung genehmigt werden.

3. Verfällt mein Urlaubsanspruch während der Freistellung?

Der Urlaubsanspruch bleibt während einer Freistellung grundsätzlich erhalten. Eine mögliche Verrechnung von Urlaubstagen mit der Freistellungszeit sollte vertraglich geregelt werden. Bei einer Freistellung nach Kündigung oder im Rahmen eines Aufhebungsvertrags kann der Urlaubsanspruch jedoch auf die verbleibende Freistellungszeit angerechnet werden.

4. Kann mein Arbeitgeber mich gegen meinen Willen freistellen?

Im Arbeitsrecht gilt der Grundsatz, dass der Arbeitgeber über das Direktionsrecht verfügen kann. Dies bedeutet, dass er in gewissem Umfang berechtigt ist, arbeitsvertragliche Pflichten, wie die Arbeitszeit, den Arbeitsort oder die Art der Tätigkeit, einseitig festzulegen. Voraussetzung hierfür ist jedoch stets ein sachlicher Grund, der die Freistellung erforderlich macht. Eine willkürliche oder schikanöse Freistellung ist nicht zulässig. Bei Zweifeln, ob eine Freistellung rechtmäßig ist, sollten Sie rechtlichen Rat einholen.

5. Wie lange kann eine Freistellung dauern?

Freistellung im Arbeitsrecht: Die Dauer der Freistellung ist abhängig von den individuellen Umständen des Einzelfalls, den zugrunde liegenden Regelungen im Arbeitsvertrag oder in Betriebsvereinbarungen und den Gründen für die Freistellung. Eine Freistellung kann beispielsweise für die Dauer der gesetzlichen Kündigungsfrist, für einen bestimmten Zeitraum oder bis zur Klärung eines strittigen Sachverhalts erfolgen.

6. Erhalte ich während einer Freistellung meine Vergütung?

Bei einer Freistellung erfolgt in der Regel die Fortzahlung der Vergütung. Dies gilt insbesondere, wenn die Freistellung einseitig durch den Arbeitgeber angeordnet wurde oder aufgrund gesetzlicher Vorschriften erfolgt. Eine unbezahlte Freistellung ist nur in Ausnahmefällen zulässig und bedarf in der Regel der Zustimmung des Arbeitnehmers.

7. Wann kann eine unbezahlte Freistellung rechtmäßig sein?

Eine unbezahlte Freistellung ist grundsätzlich nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Voraussetzung ist in der Regel die Zustimmung des Arbeitnehmers, entweder ausdrücklich oder durch eine entsprechende Regelung im Arbeitsvertrag.

Eine unbezahlte Freistellung kann beispielsweise im Rahmen einer vertraglich vereinbarten unbezahlten Auszeit (Sabbatical) oder bei beruflichen Fortbildungsmaßnahmen, die vom Arbeitnehmer initiiert wurden, möglich sein.

Freistellung im Arbeitsrecht

In diesem umfangreichen Blog-Beitrag haben wir Ihnen die wesentlichen Aspekte der Freistellung im Arbeitsrecht dargelegt. Die Freistellung ist ein komplexes Thema, das viele Facetten und rechtliche Implikationen mit sich bringt.

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