Ein Freistellungsauftrag ist ein Antrag, mit dem der Sparer seiner Bank oder seinem Kreditinstitut mitteilt, bis zu welcher Höhe seine Kapitalerträge vom Steuerabzug freigestellt werden sollen. Dies ist besonders relevant, um die gesetzliche Abgeltungssteuer zu vermeiden, die ansonsten automatisch von Zins- und Dividendenerträgen abgezogen wird. Doch was passiert, wenn Ihre Bank hierbei Fehler macht?

Fehler im Zusammenhang mit dem Freistellungsauftrag können weitreichende finanzielle und rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Sie als Kunde stehen oft ratlos da, weil der bürokratische Dschungel selten transparent ist. Dieser Blog-Beitrag beleuchtet ausführlich die wichtigsten Aspekte, problematische Szenarien und gibt praktische Tipps, wie Sie das Beste aus Ihrem Freistellungsauftrag herausholen und bei Fehlern der Bank angemessen reagieren können.

Die Grundlagen des Freistellungsauftrags

Ein Freistellungsauftrag für Kapitalerträge ist ein Dokument, das Sie Ihrer Bank vorlegen, um von der automatischen Besteuerung Ihrer Zinserträge und Dividenden in Deutschland bis zu einer bestimmten Höhe befreit zu werden. Diese Höhe beträgt seit dem Jahr 2009 für Alleinstehende 801 Euro und für verheiratete Paare 1.602 Euro pro Jahr.

Ein Freistellungsauftrag ist aus folgenden Gründen wichtig:

  • Vermeidung der Abgeltungssteuer: Da die Bank die Abgeltungssteuer direkt an das Finanzamt abführt, kann durch einen gültigen Freistellungsauftrag die Zahlung der Steuer vermieden oder reduziert werden.
  • Keine Rückforderung nötig: Ohne Freistellungsauftrag müssten Steuerzahler eine Steuererklärung einreichen und die zu viel gezahlte Steuer zurückfordern.
  • Bessere Liquiditätsplanung: Verfügbares Geld bleibt auf dem Konto und kann reinvestiert oder anderweitig genutzt werden.

Rechtliche Grundlagen und Vorschriften

Die Rechtsgrundlage für den Freistellungsauftrag bildet das Einkommensteuergesetz (EStG), genauer der § 44a EStG. Dort sind die Freistellung und die Voraussetzungen zur Umsetzung geregelt. Weitere relevante Paragrafen sind § 43 EStG, in dem die Abgeltungssteuer beschrieben wird, und § 45a EStG, der die Mitteilungspflichten der Banken gegenüber den Finanzämtern behandelt.

Wichtige Aspekte aus dem Einkommensteuergesetz bezüglich Freistellungsaufträgen:

  • Nach § 44a Abs. 1 Nr. 1 EStG kann der Abzug der Kapitalertragsteuer unterbleiben, wenn der Steuerpflichtige gegenüber der Bank einen Freistellungsauftrag in entsprechender Höhe erteilt hat.
  • Gemäß § 44a Abs. 2 Nr. 1 EStG müssen die Angaben im Freistellungsauftrag vollständig und korrekt sein, einschließlich der Steuer-Identifikationsnummer.
  • Nach § 45a EStG sind Banken verpflichtet, jedes Jahr eine Mitteilung über die freigestellten Beträge an das Bundeszentralamt für Steuern zu übermitteln.

Typische Fehler und ihre Folgen

Erfahrungen zeigen, dass Fehler beim Freistellungsauftrag keine Seltenheit sind. Sie können sowohl bei der Beantragung als auch bei der Bearbeitung durch die Bank oder das Kreditinstitut entstehen. Häufige problematische Szenarien sind:

Versehentlich falsch ausgestellte Freistellungsaufträge:

  • Falsche Steuer-Identifikationsnummer: Eine häufige Fehlerquelle ist die fehlerhafte Angabe der Steuer-Identifikationsnummer. Dies kann dazu führen, dass der Freistellungsauftrag nicht wirksam ist und die Bank die Kapitalertragsteuer einbehält.
  • Überschreitung des Freistellungsvolumens: Wenn mehrere Banken unabhängig voneinander Freistellungsaufträge erhalten und das Gesamtvolumen 801 Euro (bei Einzelpersonen) oder 1.602 Euro (bei Ehepaaren) übersteigt, kann es zu Problemen kommen.
  • Nicht rechtzeitige Änderungen: Veränderungen in der persönlichen Lebenssituation, wie beispielsweise eine Heirat oder Scheidung, können die Höhe des Freistellungsauftrags beeinflussen. Wird dies der Bank nicht mitgeteilt, kann der Freistellungsauftrag falsch berechnet werden.

Bankinterne Fehler bei der Umsetzung:

  • Technische Probleme: IT-Systeme der Banken sind nicht unfehlbar. Technische Fehler können dazu führen, dass Freistellungsaufträge nicht korrekt umgesetzt werden.
  • Fehlerhafte Datenverarbeitung: Auch menschliche Fehler bei der Eingabe und Verarbeitung von Daten können dazu führen, dass Freistellungsaufträge nicht wirksam sind.

Was tun bei Fehlern der Bank?

Wenn Sie feststellen, dass Ihre Bank Fehler beim Freistellungsauftrag gemacht hat, sollten Sie keinen Moment zögern und sofort handeln. Ein systematisches Vorgehen ist dabei wichtig, um Ihre Rechte durchzusetzen und finanzielle Nachteile zu vermeiden.

Schritte zur Problemlösung:

  • Überprüfung und Dokumentation: Kontrollieren Sie zuerst Ihre Bankunterlagen und stellen Sie fest, ob der Fehler tatsächlich von der Bank ausgeht oder ob ein Missverständnis vorliegt. Dokumentieren Sie den Fehler akribisch.
  • Kontaktaufnahme mit der Bank: Nehmen Sie schriftlich Kontakt mit Ihrer Bank auf und schildern Sie das Problem. Fordern Sie eine schriftliche Bestätigung der Bank, dass sie den Fehler anerkennt und beheben wird.
  • Fristsetzung: Setzen Sie der Bank eine angemessene Frist zur Korrektur des Fehlers. Eine übliche Frist beträgt zwei bis vier Wochen.
  • Beantragung einer Korrektur beim Finanzamt: Wenn die Bank den Fehler nicht innerhalb der gesetzten Frist behebt, können Sie beim zuständigen Finanzamt eine Korrektur beantragen. Legen Sie dabei alle relevanten Unterlagen und Korrespondenzen vor.
  • Rechtliche Schritte erwägen: Sollte die Bank den Fehler trotz aller Maßnahmen nicht korrigieren, ziehen Sie in Betracht, sich an einen Anwalt zu wenden und rechtliche Schritte einzuleiten.

Mandantengeschichte: Herr Müller und sein pechvoller Freistellungsauftrag

Herr Müller ist ein langjähriger Kunde einer bekannten Bank und nutzt seit Jahren den Freistellungsauftrag, um die Steuerlast auf seine Kapitalerträge zu minimieren. Eines Tages stellt er fest, dass seine Bank die Abgeltungssteuer auf seine Zinsen und Dividenden einbehalten hat, obwohl er rechtzeitig einen vollständigen Freistellungsauftrag eingereicht hatte.

Er überprüft seine Unterlagen und stellt fest, dass die Steuer-Identifikationsnummer, die er der Bank mitgeteilt hatte, korrekt ist. In einem telefonischen Gespräch mit seiner Bank erfährt er, dass es sich um einen internen Fehler bei der Datenverarbeitung handelte. Herr Müller bittet darum, den Fehler zu beheben und die zu viel gezahlte Steuer zu erstatten.

Die Bank stellt jedoch klar, dass eine solche Erstattung nur über das Finanzamt erfolgen könne. Herr Müller ist enttäuscht und wendet sich an das zuständige Finanzamt. Dort erhält er die Auskunft, dass eine Korrektur nur auf Grundlage einer Bescheinigung der Bank möglich sei.

Herr Müller fordert die Bank schriftlich auf, ihm eine solche Bescheinigung auszustellen und setzt eine Frist von zwei Wochen. Nachdem die Bank dies nach deren Ablauf immer noch nicht getan hat, schaltet Herr Müller einen Anwalt ein. Mit der Unterstützung des Anwalts gelingt es schließlich, die erforderliche Bescheinigung zu erhalten. Herr Müller reicht sie beim Finanzamt ein und bekommt nach einiger Zeit die zu viel gezahlte Steuer erstattet.

Die Geschichte von Herrn Müller zeigt exemplarisch, wie kompliziert und nervenaufreibend die Korrektur eines Fehlers beim Freistellungsauftrag sein kann. Sie unterstreicht die Notwendigkeit, Fehler rechtzeitig zu erkennen und systematisch vorzugehen.

Praxisbeispiel: Checkliste für den korrekten Freistellungsauftrag

Um solche Probleme wie die von Herrn Müller möglichst von vornherein zu vermeiden, ist eine sorgfältige Vorgehensweise unerlässlich. Nachfolgend eine Checkliste, die Sie bei der Beantragung und Überprüfung Ihres Freistellungsauftrags unterstützt:

Checkliste für einen korrekten Freistellungsauftrag:

  • Kontrollieren Sie Ihre Steuer-Identifikationsnummer auf Vollständigkeit und Korrektheit.
  • Prüfen Sie, ob die Höhe des Freistellungsbetrags den gesetzlichen Grenzen entspricht (801 Euro für Einzelpersonen, 1.602 Euro für Ehepaare).
  • Stellen Sie sicher, dass der Freistellungsauftrag rechtzeitig bei Ihrer Bank eingereicht wurde. Eine Bearbeitungszeit von mindestens zwei Wochen ist in der Regel einzukalkulieren.
  • Überprüfen Sie regelmäßig Ihre Kontoauszüge und Steuerbescheinigungen, um sicherzustellen, dass die Bank den Freistellungsauftrag korrekt umgesetzt hat.
  • Benachrichtigen Sie Ihre Bank unverzüglich über Änderungen Ihrer persönlichen Situation, die die Höhe des Freistellungsauftrags beeinflussen könnten, z.B. Heirat, Geburt eines Kindes oder Trennung.
  • Bewahren Sie alle relevanten Unterlagen und die Korrespondenz mit Ihrer Bank sicher auf.

FAQs zum Thema Freistellungsauftrag

Was passiert, wenn ich keinen Freistellungsauftrag erteile?

Ohne einen Freistellungsauftrag wird Ihre Bank die Abgeltungssteuer in Höhe von 25% zuzüglich Solidaritätszuschlag und eventuell Kirchensteuer automatisch von Ihren Kapitaleinkünften abführen. Das Geld wird direkt an das Finanzamt übertragen, und Sie müssen es gegebenenfalls im Rahmen Ihrer Steuererklärung zurückfordern.

Kann ich mehrere Freistellungsaufträge erteilen?

Ja, es ist möglich, mehrere Freistellungsaufträge bei verschiedenen Banken zu erteilen. Achten Sie jedoch darauf, dass die Gesamtfreistellungsbeträge die gesetzlichen Höchstgrenzen von 801 bzw. 1.602 Euro nicht überschreiten. Andernfalls kann es zu Problemen und Nachforderungen durch das Finanzamt kommen.

Muss ich den Freistellungsauftrag jedes Jahr erneuern?

In der Regel bleibt ein einmal erteilter Freistellungsauftrag unbefristet gültig. Sie sollten jedoch regelmäßig prüfen, ob die Angaben noch korrekt sind und gegebenenfalls Anpassungen vornehmen. Insbesondere bei Änderungen in Ihrer Lebenssituation (wie Heirat oder Trennung) ist eine Aktualisierung notwendig.

Meine Bank hat trotz Freistellungsauftrag Steuern einbehalten. Was kann ich tun?

Falls Ihre Bank trotz Freistellungsauftrag Steuern einbehält, prüfen Sie zunächst, ob Ihr Freistellungsauftrag korrekt und vollständig ausgefüllt wurde. Nehmen Sie dann schriftlich Kontakt mit Ihrer Bank auf, dokumentieren Sie den Fehler und fordern Sie eine Korrektur. Bei Nichtbehebung des Fehlers durch die Bank sollten Sie sich an Ihr Finanzamt wenden und gegebenenfalls rechtlichen Beistand in Anspruch nehmen.

Schlussfolgerung

Der Freistellungsauftrag ist ein hilfreiches Instrument zur Steueroptimierung, allerdings auch anfällig für Fehler. Ein systematisches Vorgehen und die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften sind essenziell, um finanzielle Nachteile zu vermeiden. Mit der richtigen Vorbereitung und sorgfältigen Kontrolle können Probleme oft im Vorfeld vermieden werden. Bei entstehenden Unklarheiten oder Fehlern bieten rechtliche Schritte und die Unterstützung durch einen Anwalt den letzten Ausweg.

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