Das Eherecht ist ein wesentlicher Bereich, der oft missverstanden wird und weitreichende rechtliche Konsequenzen haben kann. Der Güterstand der Ehe spielt dabei eine entscheidende Rolle. Dieser Artikel wird die rechtlichen Aspekte und Folgen der Gütergemeinschaft im Eherecht aufschlüsseln, Gesetze und aktuelle Gerichtsurteile erläutern und häufig gestellte Fragen beantworten.

Einführung in die Gütergemeinschaft

Die Gütergemeinschaft ist einer der drei gesetzlich anerkannten Güterstände im deutschen Eherecht, neben der Zugewinngemeinschaft und der Gütertrennung. In einer Gütergemeinschaft besteht ein gemeinschaftliches Vermögen der Eheleute (Gesamtgut) und jedes von ihnen behält zusätzlich sein selbständiges Vermögen (Sondergut).

Die Gütergemeinschaft kann sowohl bei Heirat automatisch in Kraft treten, wenn beide Ehepartner dies ausdrücklich vereinbaren, als auch später durch einen Ehevertrag eingeführt werden.

Gesetzliche Regelungen zur Gütergemeinschaft

Die Gütergemeinschaft ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) in §§ 1415-1563 geregelt. In den genannten Paragraphen finden sich detaillierte Regelungen bezüglich des rechtlichen Status des Gesamtguts, der Kontrolle und Verwaltung des Sonderguts und der Rechte und Pflichten beider Ehepartner.

Typen der Gütergemeinschaft

Es gibt zwei Typen der Gütergemeinschaft: die ordentliche und die außerordentliche Gütergemeinschaft.

  • Ordentliche Gütergemeinschaft: Bei dieser Form der Gütergemeinschaft fällt das gesamte Vermögen beider Ehegatten – sowohl dasjenige, das sie während der Ehe erwerben, als auch das, das sie vor der Ehe hatten – in das Gesamtgut.
  • Außerordentliche Gütergemeinschaft: In diesem Fall bleibt das Vermögen, das jeder Ehepartner vor der Ehe hatte, sein Sondergut, während das Vermögen, das beide während der Ehe erwerben, zum Gesamtgut gehört. Diese Form der Gütergemeinschaft muss explizit in einem Ehevertrag vereinbart werden.

Verwaltung und Verfügung über das Vermögen in der Gütergemeinschaft

Ein wesentlicher Aspekt der Gütergemeinschaft ist die Verwaltung und Verfügung über das gemeinsame Vermögen sowie das Sondergut der einzelnen Ehepartner.

Verwaltung des Gesamtguts

Grundsätzlich sind beide Ehegatten gemeinschaftlich zur Verwaltung des Gesamtguts berechtigt und verpflichtet. Dies bedeutet, dass sie gemeinsam über das Vermögen entscheiden und Verbindlichkeiten eingehen können. Ausnahmen gelten bei Geschäften, die lediglich einen rechtlichen Vorteil verschaffen oder keinen Verlust verursachen können. Hier ist die Zustimmung des anderen Ehegatten grundsätzlich nicht erforderlich.

Verfügung über das Gesamtgut

Grundsätzlich dürfen beide Ehegatten gleichberechtigt über das Gesamtgut verfügen, d.h. Vermögensgegenstände veräußern, verschenken oder belasten. Allerdings ist für Verfügungen, die über den bloßen Gebrauch oder die ordnungsgemäße Verwaltung hinausgehen, die Zustimmung des anderen Ehegatten erforderlich.

Verwaltung und Verfügung über das Sondergut

Jeder Ehegatte verwaltet sein Sondergut selbstständig und darf ohne Zustimmung des anderen Ehegatten über dieses verfügen. Jedoch muss bei Verfügungen, die die Aufhebung der Gütergemeinschaft zur Folge hätten, die Zustimmung des anderen Ehegatten eingeholt werden.

Haftung für Schulden in der Gütergemeinschaft

Die Frage der Haftung für Schulden ist ein zentrales rechtliches Thema in der Gütergemeinschaft. Da das Vermögen der Eheleute unterschiedlichen Charakter hat (Gesamtgut und Sondergut), unterscheidet sich auch die Haftung für Schulden entsprechend.

Haftung für Schulden aus dem Gesamtgut

Grundsätzlich haften beide Ehegatten gemeinschaftlich für Schulden, die das Gesamtgut betreffen (z. B. Darlehen, die für gemeinsame Anschaffungen oder Investitionen aufgenommen wurden). Dies bedeutet, dass beide Ehegatten sowohl einzeln als auch gemeinsam in voller Höhe für solche Schulden haften. Gläubigern steht es daher grundsätzlich frei, sich an denjenigen Ehegatten zu halten, der am ehesten die Schulden begleichen kann.

Haftung für Schulden aus dem Sondergut

Für Schulden, die das Sondergut eines Ehegatten betreffen (z. B. Darlehen, die ausschließlich für dessen persönliche Zwecke aufgenommen wurden), haftet grundsätzlich nur derjenige Ehegatte, dem das Sondergut gehört. Der andere Ehegatte haftet in diesem Fall nicht für die Schulden.

Haftung nach Beendigung der Gütergemeinschaft

Bei Beendigung der Gütergemeinschaft, z.B. durch Scheidung oder den Tod eines Ehegatten, ändern sich die Haftungsverhältnisse. Grundsätzlich haften die Ehegatten bzw. der überlebende Ehegatte dann nur noch für die während der Gütergemeinschaft gemeinsam begründeten Schulden. Schulden, die vor der Gütergemeinschaft entstanden sind oder die das Sondergut betreffen, sind grundsätzlich vom jeweiligen Ehegatten allein zu tragen.

Beendigung der Gütergemeinschaft

Die Gütergemeinschaft kann auf verschiedene Weise beendet werden. Im Folgenden werden die wichtigsten Gründe und die rechtlichen Folgen der Beendigung dargestellt.

Beendigung durch Scheidung

Der häufigste Grund für die Beendigung der Gütergemeinschaft ist die Scheidung der Ehe. Bei einer Scheidung wird die Gütergemeinschaft automatisch aufgehoben und die vermögensrechtliche Abwicklung erfolgt im Rahmen des sogenannten „Zugewinnausgleichs“. Dabei wird das gemeinschaftliche Vermögen hälftig beider Ehegatten aufgeteilt. Über den genauen Umfang der Aufteilung können die Ehepartner außergerichtlich eine Vereinbarung treffen oder die gerichtliche Entscheidung herbeiführen.

Beendigung durch Tod eines Ehegatten

Stirbt ein Ehegatte, wird die Gütergemeinschaft ebenfalls beendet. In diesem Fall erfolgt die Abwicklung des Vermögens im Rahmen der Erbfolge. Der überlebende Ehegatte erbt dabei den hälftigen Anteil am gemeinschaftlichen Vermögen und behält seinen Anteil am Sondergut. Die andere Hälfte des gemeinschaftlichen Vermögens und das Sondergut des verstorbenen Ehegatten geht auf die Erben über.

Beendigung durch Aufhebungsvertrag

Die Ehegatten können die Gütergemeinschaft auch durch einen Aufhebungsvertrag beenden und einen anderen Güterstand wählen (z. B. Gütertrennung oder Zugewinngemeinschaft). In diesem Fall müssen sie über die Verteilung des gemeinschaftlichen Vermögens und die Regelung der Schulden eine Vereinbarung treffen. Der Aufhebungsvertrag ist notariell zu beurkunden und beim zuständigen Familiengericht einzureichen, um wirksam zu werden.

Rechtliche Auswirkungen der Gütergemeinschaft auf Erbrecht und Sozialleistungen

Sie wirkt sich auch auf andere rechtliche Aspekte aus, wie das Erbrecht und die Berechtigung zu Sozialleistungen. Im Folgenden werden diese Auswirkungen erläutert.

Einfluss auf das Erbrecht

Die Gütergemeinschaft hat weitreichende Auswirkungen auf das Erbrecht. Insbesondere wirkt sich die Gütergemeinschaft auf die gesetzliche Erbquote aus. Während der Gütergemeinschaft erbt der überlebende Ehegatte neben Verwandten des Erblassers nur den hälftigen Anteil am gemeinschaftlichen Vermögen, während Verwandte des Erblassers die andere Hälfte erhalten.

Darüber hinaus kann die Gütergemeinschaft die Anwendung von Testamenten und Erbverträgen beeinflussen, insbesondere wenn diese Verfügungen unter der Bedingung getroffen wurden, dass ein bestimmter Güterstand während der Ehe fortbesteht oder ein anderer Güterstand eingeführt wird.

Einfluss auf Sozialleistungen

Die Gütergemeinschaft hat auch Auswirkungen auf die Berechtigung zu Sozialleistungen, wie z.B. Arbeitslosengeld II, Sozialhilfe oder Wohngeld. Das gemeinschaftliche Vermögen und das Sondergut beider Ehegatten sind relevant für die Berechnung des anrechenbaren Vermögens und Einkommens und können somit einen Einfluss auf die Höhe der Sozialleistungen haben. Zudem können bei gemeinschaftlichen Schulden beide Ehegatten für die Rückzahlung von zu Unrecht erhaltenen Sozialleistungen in Anspruch genommen werden.

Aktuelle Gerichtsurteile zur Gütergemeinschaft

Um die rechtliche Relevanz weiter zu verdeutlichen, werden im Folgenden einige aktuelle Gerichtsurteile zu diesem Thema dargestellt.

Urteil des BGH vom 18. Januar 2017 (XII ZB 517/15)

Der Bundesgerichtshof entschied in diesem Fall, dass ein im Ausland begründeter gesetzlicher Güterstand der Gütergemeinschaft auch in Deutschland anerkannt werden muss, wenn dieser nach dem maßgeblichen Kollisionsrecht (Internationales Privatrecht) heranzuziehen ist. Dadurch ist die Vorschrift des § 1416 BGB, die für eine vertragliche Vereinbarung der Gütergemeinschaft eine notarielle Beurkundung vorsieht, nicht auf diesen Fall anzuwenden.

Urteil des OLG Hamm vom 15. Mai 2017 (10 UF 102/16)

Das Oberlandesgericht Hamm stellte fest, dass Schenkungen an den Schwiegersohn oder die Schwiegertochter unter dem Vorbehalt des Widerrufs auch nach dem Eintritt der Gütergemeinschaft durch Heirat widerruflich bleiben. Im konkreten Fall wurde die Schenkung eines Grundstücks von der Mutter an ihren Sohn und dessen Lebensgefährtin vorgenommen. Nachdem die Lebensgefährtin einvernehmlich aus dem Grundbuch ausgetragen wurde, heirateten die Parteien und begründeten damit eine Gütergemeinschaft. Das Gericht entschied, dass das Grundstück nach späterer Scheidung für den Zugewinnausgleich als Sondergut des Sohnes zu behandeln ist.

Häufig gestellte Fragen zur Gütergemeinschaft im Eherecht

Im Folgenden werden einige häufig gestellte Fragen zu rechtlichen Aspekten und Folgen des Themas beantwortet.

Welche Vorteile und Nachteile hat die Gütergemeinschaft gegenüber anderen Güterständen?

Ein Vorteil der Gütergemeinschaft ist der enge wirtschaftliche Zusammenhalt beider Ehegatten und die gemeinsame Verantwortung für die finanziellen Beziehungen. Bei erfolgreicher Vermögensbildung kann dies zu einer stärkeren finanziellen Sicherheit für beide Ehegatten führen. Von Nachteil kann jedoch sein, dass das Vermögen eines Ehegatten auch für die Schulden des anderen Ehegatten haftet und die Verfügungen über das gemeinschaftliche Vermögen nur gemeinsam erfolgen können. Dadurch sind beide Ehegatten möglicherweise weniger flexibel und autonom in ihren finanziellen Entscheidungen.

Wie kann die Gütergemeinschaft gewählt werden?

Die Gütergemeinschaft kann entweder bei der Eheschließung durch eine entsprechende Vereinbarung im Ehevertrag explizit gewählt werden oder während der Ehe durch einen notariell beurkundeten Vertrag eingeführt werden. Bei Ehen, die ohne besondere Regelung geschlossen werden, greift automatisch der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft.

Wie wirkt sich die Gütergemeinschaft auf die Steuererklärung aus?

In der Gütergemeinschaft sind beide Ehegatten weiterhin verpflichtet, eine gemeinsame Steuererklärung abzugeben oder getrennte Steuererklärungen einzureichen. Berechnungsgrundlage für die Einkommensteuer ist das gemeinschaftliche und das Sondergut beider Ehegatten. Für etwaige Steuerschulden haften beide Ehegatten gemeinschaftlich.

Ist die Gütergemeinschaft auch für eingetragene Lebenspartnerschaften möglich?

Ja, seit der Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften und Ehen in Deutschland sind auch die Regelungen zum Güterstand auf eingetragene Lebenspartnerschaften anwendbar. Demnach können auch Lebenspartner die Gütergemeinschaft durch einen Lebenspartnerschaftsvertrag wählen bzw. ändern.

Fazit

Die Gütergemeinschaft im Eherecht ist ein komplexes rechtliches Konstrukt mit weitreichenden Folgen für beide Ehegatten. Die Kenntnis der gesetzlichen Regelungen, der aktuellen Rechtsprechung und der Besonderheiten des Güterstands ist essenziell für die Gestaltung eines Ehevertrags und die Handhabung der Vermögensverhältnisse während der Ehe. Eine professionelle Rechtsberatung zum Thema ist daher unerlässlich, um eine auf die individuellen Bedürfnisse und Lebensumstände der Ehegatten zugeschnittene Lösung zu finden.

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