Die Unverletzlichkeit der Wohnung ist ein fundamentales Grundrecht, das jedem Bürger in einem Rechtsstaat zusteht – auch in Deutschland. Die Vorschriften, die dieses Grundrecht betreffen, sind in verschiedenen rechtlichen Regelungen zu finden und werden regelmäßig von den Gerichten im Rahmen konkreter Verfahren interpretiert und umgesetzt.

Es handelt sich dabei nicht nur um ein abstraktes Recht, das im allgemeinen Bewusstsein der Bürger für eine kontinuierliche juristische Entwicklung sorgt, sondern vielmehr um eine konkrete, praktische Regelung des täglichen Lebens, die jederzeit in Anspruch genommen werden kann.

In den letzten Jahren hat sich das Thema Hausdurchsuchung immer wieder in den Focus der öffentlichen Aufmerksamkeit gerückt. Zum einen gibt es immer wieder spektakuläre Fälle von Hausdurchsuchungen, die in den Medien thematisiert werden. Zum anderen hat sich das Rechtsgebiet im Laufe der Zeit enorm gewandelt und sich an neue Herausforderungen, wie beispielsweise digitale Durchsuchungen im Internet, angepasst.

Um Ihnen einen umfassenden Einblick in dieses wichtige Thema zu geben, wollen wir in diesem Blogbeitrag auf die wesentlichen rechtlichen Aspekte von Hausdurchsuchungen und damit verbundenen Fragestellungen eingehen. Dabei werden Gesetze, aktuelle Gerichtsurteile und praxisorientierte Fragen (FAQs) in den Vordergrund gestellt.

Gesetzliche Grundlagen: Hausdurchsuchung im Spannungsverhältnis zwischen verschiedenen Rechtsnormen

In der Bundesrepublik Deutschland gibt es zwei grundlegende normative Rahmenbedingungen, innerhalb derer sich das Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung bewegt: einerseits die grundgesetzlich verbürgten Grundrechte und andererseits die einfachgesetzlichen Regelungen, die von Bund und Ländern erlassen werden.

Grundgesetzliche Regelungen

Die Unverletzlichkeit der Wohnung ist im Grundgesetz (GG) in Artikel 13 verankert. Dort heißt es in Absatz 1: „Die Wohnung ist unverletzlich“. Dieser einfach gehaltene, aber fundamental wichtige Grundsatz wird in den weiteren Absätzen des Artikels durch verschiedene Regelungen konkretisiert und präzisiert. Dazu gehören insbesondere die folgenden Vorschriften:

  • Artikel 13 Absatz 2 GG regelt die Voraussetzungen für eine Hausdurchsuchung: Sie darf nur durch richterlichen Beschluss angeordnet werden, es sei denn, es liegt Gefahr im Verzug vor.
  • Artikel 13 Absatz 3 GG stellt klar, dass diese Rechtsschutzgarantie auch für andere staatliche Eingriffe gilt, die die Unverletzlichkeit der Wohnung betreffen, wie beispielsweise eine Wohnungsdurchsuchung zur Verhinderung von Straftaten oder im Rahmen der Gefahrenabwehr (Stichwort: präventive Wohnungsdurchsuchung).
  • Artikel 13 Absatz 4 GG enthält weitere Regelungen, die den Schutz der Unverletzlichkeit der Wohnung zu bestimmten Zeiten (zum Beispiel während der Nacht) verschärfen oder besonderen Schutz gewähren (zum Beispiel für Volksvertreter).

Einfachgesetzliche Regelungen

Die einfachgesetzlichen Regelungen zur Hausdurchsuchung sind im Wesentlichen in der Strafprozessordnung (StPO) sowie in den Landesgesetzen über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Polizeigesetze) zu finden. Dabei ist zu beachten, dass sowohl die Strafprozessordnung als auch die einzelnen Landespolizeigesetze unterschiedliche Rechtsgrundlagen bereitstellen, die je nach Sachverhalt, Zweck und Ermessensspielraum der Behörden mehr oder weniger intensive Eingriffe in die Wohnung erlauben.

Strafprozessordnung

  • § 102 StPO: Hausdurchsuchung zur Ergreifung einer Person: Dieser Paragraph erlaubt die Durchsuchung der Wohnung, um eine flüchtige oder verborgene Straftäterin oder einen flüchtigen oder verborgenen Straftäter oder auch eine durch richterlichen Beschluss angeordnete vorläufige Festnahme aufgrund eines Haftbefehls durchführen zu können.
  • § 103 StPO: Hausdurchsuchung zur Auffindung von Beweismitteln: Hier sind Durchsuchungen zulässig, wenn es darum geht, Beweismittel wie zum Beispiel Tatwerkzeuge oder Erträge einer Straftat sicherzustellen. Voraussetzung ist, dass die Durchsuchung zur Aufklärung einer Straftat von Bedeutung ist.
  • § 105 StPO: Durchsuchungsbefugnisse, Durchsuchungsanordnung und Durchsuchungsbeschluss: Hier wird festgelegt, dass die Anordnung zur Durchsuchung grundsätzlich durch einen Richter erfolgen muss und welche Ausnahmen bei Gefahr im Verzug gelten.

Landespolizeigesetze

Die Länder haben die Möglichkeit, in ihren Polizeigesetzen weitergehende Regelungen zur Hausdurchsuchung zu treffen, die vor allem präventiven Zwecken dienen. Dazu gehören zum Beispiel:

  • Die Befugnis zur Hausdurchsuchung zur Verhinderung von Straftaten: Hier benötigt die Polizei einen konkreten Anlass zur Annahme, dass eine Straftat in Planung oder Ausführung ist, sowie die Zustimmung eines Richters oder im Notfall die Gefahr im Verzug.
  • Die Befugnis zur Wohnungsdurchsuchung zur Gefahrenabwehr: Hier muss die Durchsuchung notwendig sein, um eine Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit abzuwehren, die in der Wohnung ihren Ursprung hat (zum Beispiel bei häuslicher Gewalt).

Grundlagen der Rechtsprechung: Aktuelle Urteile zum Thema Hausdurchsuchung

Eine Vielzahl von Gerichtsentscheidungen hat sich in den letzten Jahren mit dem Thema Hausdurchsuchung befasst und dabei verschiedene Aspekte der gesetzlichen Regelungen konkretisiert oder erweitert. Im Folgenden sollen einige der wichtigsten aktuellen Gerichtsurteile zum Thema Hausdurchsuchung vorgestellt und diskutiert werden.

Bundesverfassungsgericht: Verhältnismäßigkeit und grundrechtlicher Schutz vor Hausdurchsuchungen

In mehreren Entscheidungen hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit von Hausdurchsuchungen betont. So wurde etwa im Beschluss vom 12. Juli 2016 (1 BvR 3106/15) festgestellt, dass eine Hausdurchsuchung bei bloßem Verdacht auf Steuerhinterziehung ohne weitere Anhaltspunkte für eine tatsächlich begangene Straftat unverhältnismäßig und somit verfassungswidrig ist.

Das Gericht stellte insbesondere klar, dass die Schwere des Eingriffs in das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung eine besonders sorgfältige Prüfung der Verhältnismäßigkeit erfordert.

Bundesgerichtshof: Anforderungen an den Durchsuchungsbeschluss

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Urteil vom 25. Januar 2017 (5 StR 529/16) entschieden, dass ein Durchsuchungsbeschluss, der keine ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Straftat und somit für die Notwendigkeit der Durchsuchung enthält, rechtswidrig ist. In diesem Fall hat das Gericht die Beweiserhebung als unverwertbar angesehen und die entsprechenden gefundenen Beweismittel aus dem Prozess herausgenommen.

Oberlandesgerichte: Anforderungen an die richterliche Anordnung von Hausdurchsuchungen

Die verschiedenen Oberlandesgerichte (OLG) haben ebenfalls in zahlreichen Entscheidungen konkretisiert, welche Anforderungen an die richterliche Anordnung von Hausdurchsuchungen zu stellen sind. Hierzu gehört insbesondere die verfassungsrechtlich geforderte Begründungstiefe: So hat beispielsweise das OLG Hamm in einem Beschluss vom 3. Mai 2016 (3 Ws 207/16) klargestellt, dass die richterliche Anordnung einer Hausdurchsuchung in einer Weise begründet sein muss, die eine Prüfung der Rechtmäßigkeit des Eingriffs ermöglicht.

Praxisorientierte Fragen und Antworten (FAQ)

Um Ihnen einen möglichst praxisorientierten und anschaulichen Einblick in das Thema Hausdurchsuchung zu bieten, sollen in diesem Abschnitt einige häufige Fragen und Antworten (FAQ) zusammengestellt und erörtert werden.

Wann ist eine Hausdurchsuchung rechtens?

Eine Hausdurchsuchung ist grundsätzlich dann rechtens, wenn sie auf der Grundlage eines richterlichen Beschlusses durchgeführt wird und die Durchsuchung zur Ergreifung einer Person, zur Auffindung von Beweismitteln oder zur Verhinderung von Straftaten bzw. zur Gefahrenabwehr erforderlich ist. Bei Gefahr im Verzug kann die Durchsuchung auch ohne vorherige richterliche Anordnung stattfinden.

Welche Rechte habe ich bei einer Hausdurchsuchung?

Sie haben das Recht, sich bei einer Hausdurchsuchung über die Grundlage der Durchsuchung (Durchsuchungsbeschluss, Anordnung bei Gefahr im Verzug) und den Grund der Durchsuchung (zum Beispiel Ergreifen einer Person, Auffinden von Beweismitteln, Verhinderung von Straftaten) zu informieren. Sie können sich während der Durchsuchung anwesend sein, um diese zu beobachten und sollten darauf bestehen, dass sie bei der Durchsuchung begleitet werden.

Sie haben aber auch das Recht, einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen und um Rat zu fragen. Ferner können Sie darauf bestehen, einen Durchsuchungsprotokoll zu erhalten, in dem die Ergebnisse der Durchsuchung und die dabei sichergestellten Gegenstände dokumentiert sind.

Wann darf die Polizei meine digitalen Geräte wie Computer und Smartphones beschlagnahmen und durchsuchen?

Die Beschlagnahme und Durchsuchung digitaler Geräte ist zulässig, wenn sie zur Aufklärung einer Straftat beitragen können und der Verdacht einer Straftat besteht. Dies kann beispielsweise bei der Suche nach Beweismitteln in Fällen von Kinderpornografie, Betrug oder Urheberrechtsverletzungen der Fall sein. Im Rahmen von präventiven Maßnahmen können digitale Geräte beschlagnahmt und durchsucht werden, wenn eine Gefährdung für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abgewehrt werden soll.

Was kann ich tun, wenn ich der Meinung bin, dass eine Hausdurchsuchung rechtswidrig war?

Wenn Sie der Meinung sind, dass eine Hausdurchsuchung rechtswidrig war, sollten Sie umgehend einen Rechtsanwalt konsultieren. Dieser kann prüfen, ob die Durchsuchung tatsächlich rechtswidrig war und welche rechtlichen Schritte unternommen werden können.

Beispielsweise kann eine Beschwerde gegen die Durchsuchungsanordnung eingelegt oder die Unverwertbarkeit von Beweismitteln geltend gemacht werden. In einigen Fällen kann auch Schadenersatz oder Schmerzensgeld von den beteiligten Behörden gefordert werden.

Fazit: Wissen und Durchsetzung von Rechten bei Hausdurchsuchungen

Hausdurchsuchungen stellen einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff dar und sollten daher immer kritisch hinterfragt werden. Umso wichtiger ist es, sich mit den rechtlichen Grundlagen, aktuellen Gerichtsurteilen und praktischen Fragestellungen rund um das Thema Hausdurchsuchung auseinanderzusetzen.

Hierdurch können Sie Ihre Rechte bei einer Hausdurchsuchung besser wahrnehmen und diese notfalls auch durchsetzen. Im Zweifelsfall sollten Sie stets einen kompetenten Anwalt hinzuziehen, um sich bei rechtlichen Auseinandersetzungen optimal vertreten zu lassen.

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