In Zeiten von weltweiten Impfkampagnen gegen COVID-19 wird das Thema Impfschaden immer wichtiger. Viele Menschen fragen sich, ob und wie sie im Falle von Impfschäden rechtliche Ansprüche auf Entschädigung geltend machen können. Dieser Blog-Beitrag geht ausführlich auf die rechtlichen Grundlagen von Impfschäden, aktuelle Gerichtsurteile sowie die Möglichkeiten von Entschädigungen ein.

Inhaltsverzeichnis

Rechtliche Grundlagen für Impfschäden

Impfschäden unterliegen sowohl nationalen als auch internationalen gesetzlichen Regelungen. Die folgenden Gesetze und Verordnungen sind für die rechtliche Beurteilung von Impfschäden relevant:

  • Infektionsschutzgesetz (IfSG)
  • Arzneimittelgesetz (AMG)
  • Verordnung über die Zulassung von Arzneimitteln (Arzneimittel-Zulassungsverordnung bzw. AMZV)
  • Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG)
  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
  • Sozialgesetzbuch (SGB)
  • Impfschaden-Erkenntnis-System (IHNES) der Weltgesundheitsorganisation (WHO)

Definition eines Impfschadens

Als Impfschaden werden nachteilige gesundheitliche Auswirkungen definiert, die durch die Verabreichung eines Impfstoffs direkt oder indirekt verursacht werden. Dabei kann die gesundheitliche Beeinträchtigung sowohl zeitlich begrenzt als auch dauerhaft sein. Zu den häufigsten Impfreaktionen zählen:

  • allergische Reaktionen
  • anaphylaktische Schocks
  • Lähmungserscheinungen
  • Schädigungen des Nervensystems
  • Herz-Kreislauf-Reaktionen
  • Impfkomplikationen durch fehlerhafte Durchführung der Impfung

Haftung bei Impfschäden

Die Haftung bei Impfschäden richtet sich nach verschiedenen Gesichtspunkten:

  1. Herstellerhaftung: Impfstoffhersteller haften gemäß § 84 Abs. 1 AMG (Arzneimittelgesetz) bei Schäden, die durch ihre Produkte verursacht werden. Hierbei handelt es sich um eine Gefährdungshaftung, bei der es nicht darauf ankommt, ob der Hersteller schuldhaft gehandelt hat. Allerdings kann der Hersteller sich von der Haftung befreien, wenn er nachweist, dass ihm kein Fehler bei der Herstellung des Impfstoffs unterlaufen ist.
  2. Ärztliche Haftung: Ärztinnen und Ärzte können aus einer fehlerhaften Aufklärung über die Impfung oder einem Behandlungsfehler bei der Impfung haftbar gemacht werden. Hierbei kommt es darauf an, ob sie die anerkannten medizinischen Standards beachtet haben (§ 630a BGB).
  3. Staatliche Entschädigungsansprüche: Im Falle eines Impfschadens kann der Geschädigte nach den Vorschriften des Infektionsschutzgesetzes (§ 60 IfSG) einen Antrag auf Entschädigung beim zuständigen Versorgungsamt stellen. Diese staatliche Entschädigung wird unabhängig von einer Hersteller- oder Behandlungshaftung gewährt.

Zusammenfassend können Betroffene also sowohl gegen den Impfstoffhersteller als auch gegen die behandelnde Ärztin oder den behandelnden Arzt und den Staat Entschädigungsansprüche geltend machen.

Entschädigungsansprüche bei Impfschäden

Je nachdem, gegen wen der Entschädigungsanspruch geltend gemacht wird, sind unterschiedliche Voraussetzungen zu beachten:

  1. Entschädigung gegenüber dem Hersteller: Gemäß § 84 Abs. 1 AMG muss ein Schaden durch das Arzneimittel verursacht worden sein. Hierbei kommt es insbesondere auf die Kausalität zwischen der Impfung und dem Schaden an. Um den Haftungsanspruch geltend zu machen, muss der Geschädigte dem Hersteller ein Verschulden nachweisen.
  2. Entschädigung gegenüber dem Arzt: Für einen Schadensersatz- oder Schmerzensgeldanspruch gegen Ärztinnen und Ärzte sind folgende Voraussetzungen erforderlich:
    • ein Behandlungsfehler (z.B. fehlerhafte Aufklärung oder fehlerhafte Durchführung der Impfung),
    • ein Schaden des Patienten,
    • ein Ursachenzusammenhang zwischen dem Behandlungsfehler und dem Schaden,
    • und ein Verschulden des behandelnden Arztes (Bedacht oder fahrlässig).
  3. Staatliche Entschädigung: Um nach dem Infektionsschutzgesetz einen Entschädigungsanspruch geltend zu machen, muss der Geschädigte den Impfschaden zunächst bei der zuständigen Behörde anzeigen. Dieser Schaden muss sodann von einem Amtsarzt oder einem beauftragten Arzt anerkannt werden. Die Entschädigung richtet sich nach den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) und kann beispielsweise als Rentenzahlungen oder als Einmalzahlung erfolgen. Dabei ist jedoch zu beachten, dass eine bestimmte Mindestschwerbehinderung (in der Regel 30) erreicht sein muss.

Haftung und Beweislast bei Impfschäden

Die Beweislast hinsichtlich der Voraussetzungen eines Impfschadens liegt grundsätzlich bei dem Geschädigten. Rettungsanker bei fehlender Beweisbarkeit bietet die sog. Beweiserleichterung

des sogenannten Anscheinsbeweises. Hierbei kann sich der Geschädigte darauf berufen, dass in Fällen von Impfschäden, bei denen die medizinischen Zusammenhänge unklar sind, dem allgemeinen Erfahrungssatz gefolgt werden darf, dass die auftretenden Gesundheitsbeeinträchtigungen durch die Impfung verursacht wurden.

Dabei ist es wichtig zu beachten, dass die Beweiserleichterung nicht in allen Fällen greift, sondern nur dort, wo keine konkreten Anhaltspunkte dafür existieren, dass die Gesundheitsbeeinträchtigung anderweitig verursacht wurde. Darüber hinaus müssen alle Tatsachen vorliegen oder zumindest nachgewiesen werden, die die Anwendung des allgemeinen Erfahrungssatzes rechtfertigen.

Aktuelle Gerichtsurteile zu Impfschäden

Im Folgenden stellen wir exemplarisch einige aktuelle Gerichtsentscheidungen zum Thema Impfschäden vor:

  • Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 10. August 2020 (Az. 5 C 1.19): Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) entschied, dass eine narbenloser Impfschaden durch Impfkomplikationen im Einzelfall ausreichend sein kann, um einen Entschädigungsanspruch nach § 60 IfSG zu begründen. Eine besondere Voraussetzung ist dabei, dass die gesundheitliche Beeinträchtigung kausal durch die Impfung eingetreten ist und nicht etwa durch eine andere Ursache.
  • Bundessozialgericht, Urteil vom 18. November 2016 (Az. B 9 V 2/15 R): Das Bundessozialgericht (BSG) entschied, dass ein dauerhafter Impfschaden auch dann als Gesundheitsstörung im Sinne des BVG anzusehen ist, wenn er nach mehrmaliger Wiederholung der Impfung verursacht wurde. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass eine Kausalität zwischen den gesundheitlichen Beeinträchtigungen und der Impfung besteht.
  • Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 21. März 2014 (Az. 26 U 171/12): Das Oberlandesgericht Hamm entschied, dass eine fehlerhafte Aufklärung über die Risiken der Impfung einen Schadensersatz- und Schmerzensgeldanspruch begründen kann, wenn der Patient bei zutreffender Aufklärung die Impfung abgelehnt hätte. Dabei ist wesentlich, dass die Risikoaufklärung konkret auf den jeweiligen Patienten bezogen und nicht schematisch abläuft.

FAQs zu Impfschäden

Wann liegt ein Impfschaden vor?

Ein Impfschaden liegt vor, wenn durch die Verabreichung eines Impfstoffs eine gesundheitliche Beeinträchtigung verursacht wurde. Dabei kann es sich sowohl um unmittelbare Reaktionen auf den Impfstoff als auch um indirekt verursachte gesundheitliche Schäden handeln.

Wer haftet für einen Impfschaden?

Es kann sowohl eine Haftung des Impfstoffherstellers, des behandelnden Arztes sowie eine staatliche Entschädigungsleistung geben. Die Haftung des Herstellers beruht auf dem Arzneimittelgesetz, während Ärztinnen und Ärzte aufgrund von Behandlungsfehlern oder ungenügender Aufklärung haften können.

Welche Entschädigungsansprüche bei Impfschäden bestehen?

Entschädigungsansprüche gegen den Hersteller und den Arzt ergeben sich aus dem Schadensersatzrecht. Dabei können sowohl materielle (z.B. Verdienstausfall) als auch immaterielle (Schmerzensgeld) Schäden geltend gemacht werden. Darüber hinaus besteht nach dem Infektionsschutzgesetz ein Anspruch auf staatliche Entschädigung, der etwa als Rentenzahlungen oder Einmalzahlungen erfolgen kann.

Wie hoch ist die Beweislast für einen Impfschaden?

Grundsätzlich liegt die Beweislast bei dem Geschädigten. In bestimmten Fällen kann jedoch eine Beweiserleichterung durch den sogenannten Anscheinsbeweis greifen. Dabei kann aufgrund einer allgemeinen Lebenserfahrung davon ausgegangen werden, dass die gesundheitliche Beeinträchtigung durch die Impfung verursacht wurde.

Welche aktuellen Gerichtsurteile gibt es zum Thema Impfschäden?

Es gibt zahlreiche aktuelle Gerichtsurteile, die sich mit unterschiedlichen Aspekten von Impfschäden befassen. Beispielsweise hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass ein narbenloser Impfschaden ausreichend sein kann, um einen Entschädigungsanspruch nach § 60 IfSG zu begründen. Weitere interessante Urteile stammen vom Bundessozialgericht und vom Oberlandesgericht Hamm.

Fazit

Das Thema Impfschäden ist sowohl rechtlich als auch medizinisch komplex. Betroffene sollten daher fachkundige Beratung in Anspruch nehmen, um ihre rechtlichen Ansprüche optimal zu wahren. Die Entschädigungsansprüche und Haftungsfolgen sind vom Einzelfall abhängig und können von einer Haftung des Herstellers über eine ärztliche Haftung bis hin zu einer staatlichen Entschädigung unterschiedlich ausgestaltet sein. Unsere Anwaltskanzlei berät Sie kompetent und umfassend zu Ihrem individuellen Fall und steht Ihnen bei der Durchsetzung Ihrer Entschädigungsansprüche zur Seite.

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