Der Fortschritt der Künstlichen Intelligenz (KI) hat weitreichende Auswirkungen auf verschiedenste Aspekte unseres Lebens. Insbesondere in der kreativen Branche wird KI zunehmend eingesetzt, um künstlerische Werke zu schaffen, die bisher ausschließlich von menschlichen Künstlern erstellt wurden. Doch stellt sich die Frage, wie diese KI-generierten Werke in Bezug auf das Urheberrecht zu behandeln sind.

In diesem Blog-Beitrag werden wir diskutieren, ob KI-Modelle als abgeleitete Werke gelten oder nicht, indem wir folgende Punkte analysieren:

  1. Grundlagen des Urheberrechts
  2. Was sind abgeleitete Werke?
  3. Gesetzliche Regelungen zur Künstlichen Intelligenz und dem Urheberrecht
  4. Aktuelle Gerichtsurteile und deren Auswirkungen
  5. Häufig gestellte Fragen (FAQs)
  6. KI als abgeleitetes Werk: Schlussfolgerung

Grundlagen des Urheberrechts

Um zu verstehen, ob und wie der Begriff des abgeleiteten Werkes auf KI-Modelle angewendet wird, ist es hilfreich, zunächst die Grundlagen des Urheberrechts zu betrachten.

Das Urheberrecht schützt kreative Werke wie Texte, Musik, Kunstwerke, Filme, Fotografien oder Computerprogramme, die von einem schöpferisch tätigen Menschen geschaffen wurden. Dieser Schutz entsteht automatisch, sobald ein Werk geschaffen ist und in einer wahrnehmbaren Form dargestellt wird – unabhängig davon, ob es veröffentlicht oder angemeldet wurde oder nicht.

Der Schöpfer eines Werks hat durch das Urheberrecht verschiedene Rechte, die das folgende umfassen:

  • Das Vervielfältigungsrecht (Reproduktionsrecht)
  • Das Verbreitungsrecht
  • Das Bearbeitungs-, Umgestaltungs- und Bearbeitungsrecht
  • Recht der öffentlichen Aufführung und Wiedergabe

Urheberrechtlich geschützte Werke dürfen ohne die ausdrückliche Zustimmung des Urhebers nicht vervielfältigt, verbreitet, bearbeitet oder öffentlich aufgeführt oder wiedergegeben werden. Andernfalls wäre dies ein Verstoß gegen das Urheberrecht.

Was sind abgeleitete Werke?

Ein abgeleitetes Werk ist ein Werk, das auf einem oder mehreren bereits bestehenden Werken basiert und diese in gewisser Weise verändert, transformiert oder adaptiert hat. Abgeleitete Werke können neue Urheberrechte und Schutzrechte beanspruchen, sofern sie den folgenden Kriterien entsprechen:

  1. Das bestehende Werk muss urheberrechtlich geschützt sein, d.h. eine eigene Schöpfungshöhe aufweisen.
  2. Das abgeleitete Werk muss durch eine kreative, eigenständige Leistung entstehen, die ebenfalls Schöpfungshöhe erreicht. Es muss also eine Neuheit sowohl in Bezug auf das zugrunde liegende Werk als auch in Bezug auf die Art und Weise vorliegen, wie das neue Werk geschaffen wurde. Es reicht nicht aus, das bestehende Werk lediglich zu reproduzieren oder unbedeutende Veränderungen vorzunehmen.
  3. Die Zustimmung des Urhebers des zugrunde liegenden Werkes muss vorliegen, um das abgeleitete Werk nutzen zu dürfen. Dieses Einverständnis kann durch eine Lizenz, eine Übertragung oder eine andere rechtliche Vereinbarung erteilt werden.

Typische Beispiele für abgeleitete Werke sind Übersetzungen von Büchern in andere Sprachen, Verfilmungen von literarischen Werken oder Neubearbeitungen von Musikstücken. Eine wichtige Frage, die wir in diesem Beitrag erörtern, ist, ob KI-Modelle als abgeleitete Werke gelten.

Aktuelle Gerichtsurteile und deren Auswirkungen

Obwohl es bislang nur wenige Gerichtsfälle gibt, die sich explizit mit der Frage auseinandersetzen, ob KI-Modelle als abgeleitete Werke gelten, können bestehende Urteile dennoch Aufschluss darüber geben, wie Gerichte die Urheberrechtsfrage im Zusammenhang mit Künstlicher Intelligenz behandeln könnten.

Naruto v. Slater (2016)

Ein interessanter Fall mit Bezug zur Urheberrechtsfähigkeit von Nicht-Menschen ist der Fall Naruto v. Slater. Dieser Fall betraf ein Selbstporträt (Selfie) eines Schopfmakaken, das dieser mit der Kamera des Fotografen David Slater aufgenommen hatte. Die Tierschutzorganisation PETA reichte eine Klage im Namen des Affen ein, um die Urheberrechte an dem Selfie zu erstreiten.

Das Gericht entschied jedoch, dass das Urheberrecht nur menschlichen Schöpfern zustehe und somit keine Urheberrechte an dem Foto zugestanden werden könnten. Obwohl dieser Fall nicht direkt Künstliche Intelligenz betraf, könnte er dennoch als Präzedenzfall für Fälle dienen, in denen es um die Urheberrechtsfähigkeit von KI-generierten Werken geht.

ALEMANY OLIVER M et al. v. GOOGLE (2018)

In diesem Fall ging es um das Urheberrecht eines Künstlers an seinem Gemälde, das von Google DeepDream, einer künstlichen Intelligenz, transformiert wurde. Das Gericht entschied, dass die Verwendung des ursprünglichen Gemäldes als „Input“ für das KI-System als zulässige „Bearbeitung“ oder „Umgestaltung“ unter den urheberrechtlichen Schutzbestimmungen angesehen werden könne.

Das Gericht prüfte auch, ob das von der Künstlichen Intelligenz erstellte Werk als selbständiges Werk gelten könnte. Es kam jedoch zu dem Schluss, dass das KI-Werk zumindest auf der Ebene der Grafik nicht hinreichende eigene Schöpfungshöhe erreiche und somit keine eigenen Urheberrechte genieße.

Obwohl diese Entscheidung derzeit nur auf nationaler Ebene in Spanien Gültigkeit hat, zeigt sie dennoch, dass die Gerichte bei der Beurteilung der Urheberrechtsfrage im Zusammenhang mit Künstlicher Intelligenz vorsichtig vorgehen und den menschlichen Urheber im Mittelpunkt der Bewertung belassen.

Ryan Abbott et al. v. The Comptroller General of Patents (2021)

In einem aktuellen britischen Fall vertrat der Herausgeber eines KI-generierten Buches, Dr. Ryan Abbott, den KI-Generator namens DABUS vor dem UK Intellectual Property Office, um eine Bestätigung zu erhalten, dass DABUS als Erfinder für das Buch anerkannt und geschützt werden könnte.

Das UK Intellectual Property Office wies den Antrag im Januar 2021 zurück. Es argumentierte, dass die Definition eines Erfinders im Patentrecht „natürlich“ auf Menschen beschränkt sei und dass ein KI-System keinen rechtlichen Status hätten. Gleichzeitig betonte das Amt die Bedeutung menschlicher Autorenschaft für den Urheberrechtsschutz.

Dr. Abbott legte gegen die Ablehnung Einspruch ein, und das Verfahren ist derzeit noch anhängig. Der Fall zeigt jedoch erneut die Schwierigkeiten bei der Anerkennung von Urheberrechten für KI-generierte Werke.

Häufig gestellte Fragen (FAQs)

Im nachfolgenden Abschnitt finden Sie viele häufige Fragen und deren Beantwortung.

Sind KI-generierte Werke urheberrechtlich schutzfähig?

Die aktuelle Rechtslage unterscheidet sich von Land zu Land, und die Frage der Urheberrechtsschutzfähigkeit von KI-generierten Werken ist noch nicht abschließend geklärt. In vielen Ländern, wie in der EU und den USA, hängt die Urheberrechtsschutzfähigkeit eines Werkes von eigenständiger Schöpfungshöhe ab, die durch menschliche Autorenschaft erreicht wird.

Derzeit gibt es jedoch keine spezifischen Regelungen, die sich ausschließlich mit KI-generierten Werken befassen. Daher könnte es in Zukunft zu Änderungen kommen.

Was sind die wichtigsten rechtlichen Fragen im Zusammenhang mit KI-Modellen als abgeleiteten Werken?

Einige der wichtigsten rechtlichen Fragen im Zusammenhang mit KI-Modellen als abgeleiteten Werken sind:

  1. Ist menschliche Autorenschaft unbedingt erforderlich, um ein abgeleitetes Werk zu schaffen?
  2. Wer trägt die Verantwortung, wenn ein KI-Modell ein vorhandenes Werk verändert oder verwendet, ohne die Zustimmung des ursprünglichen Urhebers einzuholen?
  3. Wie sind KI-Modelle im Rahmen von Lizenzvereinbarungen zu behandeln, wenn sie als abgeleitete Werke gelten?
  4. Wie sollten KI-generierte Werke in Bezug auf die Rechteverwaltung und die Ausschüttung von Tantiemen und Gebühren behandelt werden?
  5. Wie sollte das internationale Urheberrecht auf KI-Modelle und KI-generierte Werke angewendet werden?

KI als abgeleitetes Werk: Schlussfolgerung

Die Frage, ob ein KI-Modell als abgeleitetes Werk gilt, ist noch unklar und hängt von vielen Faktoren ab, einschließlich der aktuellen Gesetzgebung und Rechtsprechung sowie der Art und Weise, wie KI-Modelle eingesetzt werden. Es ist jedoch deutlich geworden, dass die Kreativität und der Fortschritt, den Künstliche Intelligenz ermöglicht, wichtige Fragen im Zusammenhang mit dem Urheberrecht und seine Anwendbarkeit aufwerfen.

Es ist wahrscheinlich, dass zukünftige Gesetzgebungen und Gerichtsentscheidungen mehr Klarheit darüber schaffen werden, wie KI-generierte Werke und Künstliche-Intelligenz-Modelle im Kontext des Urheberrechts zu behandeln sind. Solange jedoch keine spezifischen Regelungen oder weitreichende Urteile existieren, ist es ratsam, sich bei der Nutzung von KI-Modellen im kreativen Bereich an bewährten Verfahren, ethischen Richtlinien und gegebenenfalls individuellen rechtlichen Beratungen zu orientieren.

Als Anwaltskanzlei sind wir bestrebt, unseren Mandanten die bestmögliche rechtliche Beratung zu bieten, um die komplexen Fragestellungen im Zusammenhang mit Künstlicher Intelligenz und dem Urheberrecht zu bewältigen. Wenn Sie Fragen zu diesem Thema haben oder rechtlichen Beistand in Bezug auf KI-Modelle und urheberrechtliche Fragen suchen, kontaktieren Sie uns bitte, um eine individuelle Beratung zu erhalten.

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