In der heutigen Geschäftswelt gewinnt die Planung und Budgetierung von Projekten immer mehr an Bedeutung. Ein Kostenvoranschlag stellt in diesem Zusammenhang ein wichtiges Werkzeug dar, um die anfallenden Kosten für eine bestimmte Leistung oder Tätigkeit abzuschätzen und damit Auftraggeber und Auftragnehmer eine transparente Grundlage für ihre Vertragsbeziehung zu bieten.

In diesem Blog-Beitrag beleuchten wir die rechtlichen Aspekte eines Kostenvoranschlags, indem wir seine Bedeutung und Verwendung im Detail erläutern und dabei Beispiele, Gesetze, aktuelle Gerichtsentscheidungen und häufig gestellte Fragen berücksichtigen.

Inhaltsverzeichnis

  1. Was ist ein Kostenvoranschlag?
  2. Rechtliche Grundlagen des Kostenvoranschlags
  3. Die verschiedenen Arten von Kostenvoranschlägen
  4. Kostenvoranschlag vs. Angebot
  5. Pflichten des Auftragnehmers beim Kostenvoranschlag
  6. Pflichten des Auftraggebers beim Kostenvoranschlag
  7. Aktuelle Gerichtsentscheidungen zum Kostenvoranschlag
  8. Häufig gestellte Fragen (FAQs)
  9. Kostenvoranschlag: Vorwissen für endgültige Entscheidungen nutzen

Was ist ein Kostenvoranschlag?

Ein Kostenvoranschlag ist eine schriftliche oder mündliche Aufstellung der voraussichtlichen Kosten für eine bestimmte Leistung oder Tätigkeit. Dabei handelt es sich um eine unverbindliche Einschätzung des Auftragnehmers, welche aufgrund seiner Erfahrung und Kenntnisse erstellt wird. Ein Kostenvoranschlag dient sowohl dem Auftraggeber als auch dem Auftragnehmer dazu, einen transparenten Überblick über die voraussichtlichen Kosten zu erhalten und somit eine Grundlage für ihre Verhandlungen zu schaffen.

In einem Kostenvoranschlag können verschiedene Kostenarten berücksichtigt werden, wie zum Beispiel:

  • Materialkosten
  • Lohnkosten
  • Nebenkosten
  • Umsatzsteuer

Rechtliche Grundlagen des Kostenvoranschlags

Der Kostenvoranschlag ist in Deutschland im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) gesetzlich geregelt. Die wichtigsten Vorschriften sind hierzu in § 650 BGB (Kostenvoranschlag) und § 649 BGB (Widerruf des Auftrags) zu finden.

§ 650 BGB besagt unter anderem, dass ein Kostenvoranschlag nur dann verbindlich ist, wenn er ausdrücklich als verbindlich bezeichnet wurde. Andernfalls handelt es sich um eine unverbindliche Schätzung der zu erwartenden Kosten. Sollte sich der tatsächliche Preis später als um mehr als 10% über dem Kostenvoranschlag befinden, muss der Auftragnehmer den Auftraggeber umgehend informieren und er hat das Recht, dem Auftraggeber eine fristlose Kündigung anzubieten.

In § 649 BGB wird das Widerrufsrecht des Auftraggebers bei einem Werkvertrag geregelt. Demnach kann der Auftraggeber den Werkvertrag jederzeit kündigen, jedoch hat der Auftragnehmer in diesem Fall Anspruch auf die vereinbarte Vergütung sowie Ersatz für noch nicht gezogene Nutzungen der Leistung.

Die verschiedenen Arten von Kostenvoranschlägen

Kostenvoranschläge lassen sich in verschiedene Arten unterteilen, je nach ihrer Genauigkeit und Bindungswirkung:

Grober Kostenvoranschlag: Eine grobe Schätzung der voraussichtlichen Kosten, die lediglich auf Erfahrungswerten und vereinfachten Berechnungen basiert. Diese Art von Kostenvoranschlag ist in der Regel unverbindlich und dient lediglich als Orientierungshilfe.

Detaillierter Kostenvoranschlag: Eine detaillierte Auflistung aller zu erwartenden Kosten, die auf genauen Berechnungen, Preisen und Mengen basiert. Der detaillierte Kostenvoranschlag kann unverbindlich oder verbindlich sein, je nachdem, ob der Auftragnehmer eine verbindliche Zusage abgegeben hat.

Festpreis: Ein verbindlicher Kostenvoranschlag, bei dem der Auftragnehmer dem Auftraggeber garantiert, dass die Gesamtkosten für die Leistung nicht über dem angegebenen Betrag liegen werden. Hierbei handelt es sich meist um eine feste Summe, die nicht auf- oder abgerundet wird.

Kostenvoranschlag vs. Angebot

Obwohl Kostenvoranschlag und Angebot (§ 145 BGB) beide zur Kalkulation der voraussichtlichen Kosten für eine bestimmte Leistung oder Tätigkeit erstellt werden, handelt es sich um zwei verschiedene Rechtsinstrumente, die sowohl aufseiten des Auftraggebers als auch des Auftragnehmers unterschiedliche Auswirkungen haben. Im Folgenden sollen die wichtigsten Unterschiede zwischen Kostenvoranschlag und Angebot dargelegt werden:

  • Verbindlichkeit: Während ein Kostenvoranschlag in der Regel unverbindlich ist und lediglich aufgrund von Erfahrungen und Schätzungen erstellt wird, handelt es sich bei einem Angebot um eine verbindliche Willenserklärung seitens des Auftragnehmers, die Leistung zu einem bestimmten Preis zu erbringen.
  • Haftung: Im Falle eines Kostenvoranschlags haftet der Auftragnehmer nur dann für die Einhaltung des angegebenen Preises, wenn er einen verbindlichen Kostenvoranschlag abgegeben hat. Bei einem Angebot hingegen haftet der Auftragnehmer grundsätzlich für die Richtigkeit der im Angebot gemachten Angaben.
  • Annahme: Ein Kostenvoranschlag stellt keine Aufforderung zur Abgabe eines Angebots dar, sondern dient lediglich als Entscheidungsgrundlage für den Auftraggeber, ob er die Leistung vom Auftragnehmer beziehen möchte. Auf der anderen Seite bedarf ein Angebot einer ausdrücklichen Annahme durch den Auftraggeber, damit ein Vertrag zustande kommt.

Pflichten des Auftragnehmers beim Kostenvoranschlag

Der Auftragnehmer hat bei einem Kostenvoranschlag einige Pflichten zu beachten, die sich aus den gesetzlichen Bestimmungen sowie der Rechtssprechung ergeben. Hierzu zählen insbesondere folgende Punkte:

Sorgfalt: Die Erstellung eines Kostenvoranschlags unterliegt der allgemeinen Sorgfaltspflicht des Auftragnehmers (§ 276 BGB). Dies bedeutet, dass er bei der Kalkulation der voraussichtlichen Kosten seine Erfahrungen und Kenntnisse sorgfältig einsetzen muss und alle relevanten Umstände berücksichtigen sollte.

Transparenz: Der Kostenvoranschlag muss für den Auftraggeber verständlich und nachvollziehbar sein. Dies bedeutet unter anderem, dass die einzelnen Positionen ausreichend detailliert aufgeführt werden sollten und der gesamte Kostenplan transparent und übersichtlich gestaltet sein muss.

Informationspflicht: Sollte sich im Laufe der Leistungserbringung herausstellen, dass die tatsächlichen Kosten die im Kostenvoranschlag genannten Beträge um mehr als 10% übersteigen werden, ist der Auftragnehmer dazu verpflichtet, den Auftraggeber unverzüglich darüber in Kenntnis zu setzen (§ 650 Abs. 2 BGB). Unterlässt er dies, kann dies zu Schadensersatzansprüchen des Auftraggebers führen.

Pflichten des Auftraggebers beim Kostenvoranschlag

Auch der Auftraggeber hat im Zusammenhang mit einem Kostenvoranschlag einige Pflichten zu beachten:

  • Prüfung: Der Auftraggeber sollte den erhaltenen Kostenvoranschlag sorgfältig prüfen und auf Plausibilität, Vollständigkeit und Konsistenz achten.
  • Verhandlung: Sollte der Kostenvoranschlag in bestimmten Punkten unklar sein oder der Auftraggeber das Gefühl haben, dass weitere Verhandlungsspielräume bestehen, sollte er aktiv auf den Auftragnehmer zugehen und seine Bedenken oder Wünsche äußern.
  • Einholen weiterer Kostenvoranschläge: Um ein optimales Preis-Leistungs-Verhältnis zu erzielen, ist es empfehlenswert, auch andere Anbieter um einen Kostenvoranschlag zu bitten und diese miteinander zu vergleichen.

Aktuelle Gerichtsentscheidungen zum Kostenvoranschlag

In der Rechtsprechung zum Kostenvoranschlag lassen sich einige aktuelle Gerichtsurteile identifizieren, die wichtige rechtliche Aspekte und Tendenzen aufzeigen.

BGH, Urteil vom 21.01.2016 – VII ZR 301/13: Dieses Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) stellt klar, dass für die Entstehung eines Anspruches auf Vergütung des Kostenvoranschlags eine ausdrückliche Vereinbarung notwendig ist. Dies bedeutet, dass der Auftragnehmer grundsätzlich kein Entgelt für die Erstellung eines Kostenvoranschlags verlangen kann, wenn keine entsprechende Vereinbarung getroffen wurde.

OLG Brandenburg, Urteil vom 19.11.2014 – 4 U 71/14: In diesem Fall entschied das Oberlandesgericht Brandenburg, dass ein Kostenvoranschlag nicht bereits bindend ist, wenn der Auftragnehmer bei der Ausarbeitung seines Kostenvoranschlags grob fahrlässig handelt. Somit ist auch in diesem Fall der Auftragnehmer grundsätzlich für eine Überschreitung des angegebenen Preises haftbar.

OLG Hamm, Urteil vom 20.11.2012 – 21 U 60/12: Das OLG Hamm stellte fest, dass eine Preiserhöhung von mehr als 20% gegenüber dem Kostenvoranschlag unter Umständen als unzulässig und gegen Treu und Glauben verstoßend angesehen werden kann. In einem solchen Fall kann der Auftragnehmer verpflichtet sein, seine Leistung zu dem ursprünglich im Kostenvoranschlag genannten Preis zu erbringen.

Häufig gestellte Fragen (FAQs)

Im Folgenden beantworten wir einige häufig gestellte Fragen zum Thema Kostenvoranschlag:

  • Frage: Ist die Erstellung eines Kostenvoranschlags kostenpflichtig? Antwort: In der Regel ist die Erstellung eines Kostenvoranschlags für den Auftraggeber kostenlos. Eine Vergütung für die Erstellung eines Kostenvoranschlags kann nur dann verlangt werden, wenn eine ausdrückliche Vereinbarung darüber getroffen wurde (siehe BGH, Urteil vom 21.01.2016 – VII ZR 301/13).
  • Frage: Wie verbindlich ist ein Kostenvoranschlag? Antwort: Ein Kostenvoranschlag ist grundsätzlich unverbindlich, es sei denn, er wurde ausdrücklich als verbindlich bezeichnet (§ 650 BGB). Dies gilt auch, wenn der Auftragnehmer grob fahrlässig handelt (siehe OLG Brandenburg, Urteil vom 19.11.2014 – 4 U 71/14).
  • Frage: Was passiert, wenn der tatsächliche Preis deutlich über dem Kostenvoranschlag liegt? Antwort: Überschreiten die tatsächlichen Kosten den Kostenvoranschlag um mehr als 10%, muss der Auftragnehmer den Auftraggeber unverzüglich darüber informieren (§ 650 Abs. 2 BGB). Unterbleibt eine solche Information, können Schadensersatzansprüche des Auftraggebers entstehen. Zudem kann eine unzulässige Preiserhöhung von mehr als 20% gegen Treu und Glauben verstoßen (siehe OLG Hamm, Urteil vom 20.11.2012 – 21 U 60/12).

Kostenvoranschlag: Vorwissen für endgültige Entscheidungen nutzen

Der Kostenvoranschlag stellt ein wichtiges Instrument im Geschäftsverkehr dar, um die voraussichtlichen Kosten für eine bestimmte Leistung oder Tätigkeit abzuschätzen. Dabei sind sowohl der Auftraggeber als auch der Auftragnehmer mit bestimmten Pflichten konfrontiert und müssen die rechtlichen Rahmenbedingungen berücksichtigen. Aufgrund der unverbindlichen Natur des Kostenvoranschlags muss insbesondere die Frage der Verbindlichkeit und Haftung für die im Kostenvoranschlag genannten Beträge geklärt sein. Aktuelle Gerichtsurteile zeigen, dass die Rechtsprechung in diesem Bereich bemüht ist, ein ausgewogenes Verhältnis essenziell ist.

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