Lastschriftverfahren: Leitfaden zu Rechten und Vorschriften

Das Lastschriftverfahren ist eine weit verbreitete Methode zur Abwicklung von Zahlungen, die sowohl von Unternehmen als auch von Verbrauchern genutzt wird. Dabei erteilt der Zahlungspflichtige (Schuldner) dem Zahlungsempfänger (Gläubiger) die Erlaubnis, eine bestimmte Geldsumme direkt von dessen Bankkonto abzubuchen.

In diesem umfassenden Leitfaden werden wir die rechtlichen Grundlagen des Lastschriftverfahrens erläutern, die Rechte der beteiligten Parteien erörtern und die Vorschriften und Prozesse im Zusammenhang mit Lastschriften untersuchen.

Rechtliche Grundlagen des Lastschriftverfahrens

Die rechtlichen Grundlagen des Lastschriftverfahrens sind in verschiedenen Gesetzen und Regelungen verankert. Hier sind die wichtigsten rechtlichen Grundlagen:

Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB): Das BGB stellt die allgemeinen rechtlichen Rahmenbedingungen für das Lastschriftverfahren dar, indem es die vertraglichen Verpflichtungen und Rechte der beteiligten Parteien regelt.

Die Zahlungsdiensterichtlinie (PSD2): Die PSD2 ist eine EU-Richtlinie, die den rechtlichen Rahmen für Zahlungsdienste im europäischen Binnenmarkt vorgibt und die Rechte und Pflichten der am Lastschriftverfahren beteiligten Parteien festlegt.

Die SEPA-Lastschriftverfahren: Die SEPA-Lastschriftverfahren (SEPA Core Direct Debit und SEPA B2B Direct Debit) sind europaweite Standards für den bargeldlosen Zahlungsverkehr, die von der European Payments Council (EPC) entwickelt wurden. Sie legen die technischen Anforderungen, Verfahrensregeln und Geschäftsprozesse für das Lastschriftverfahren fest.

Die beteiligten Parteien und ihre Rollen

Im Lastschriftverfahren sind grundsätzlich vier Parteien beteiligt:

  1. Der Zahlungspflichtige (Schuldner): Dies ist die Person oder das Unternehmen, das eine Zahlung an den Zahlungsempfänger leisten muss.
  2. Der Zahlungsempfänger (Gläubiger): Dies ist die Person oder das Unternehmen, das eine Zahlung vom Zahlungspflichtigen erhält.
  3. Das kontoführende Kreditinstitut des Zahlungspflichtigen (Schuldnerbank): Dies ist die Bank oder Sparkasse, bei der der Zahlungspflichtige sein Konto führt und die die Lastschrift ausführt.
  4. Das kontoführende Kreditinstitut des Zahlungsempfängers (Gläubigerbank): Dies ist die Bank oder Sparkasse, bei der der Zahlungsempfänger sein Konto führt und die die Gutschrift der Lastschrift vornimmt.

Lastschriftmandat und Pre-Notification

Ein wesentlicher Bestandteil des Lastschriftverfahrens ist das Lastschriftmandat. Hierbei handelt es sich um eine schriftliche Vereinbarung zwischen dem Zahlungspflichtigen und dem Zahlungsempfänger, in der der Zahlungspflichtige dem Zahlungsempfänger die Erlaubnis erteilt, Lastschriften von seinem Konto einzuziehen. Das Lastschriftmandat muss die folgenden Informationen enthalten:

  1. Name und Adresse des Zahlungspflichtigen
  2. IBAN und ggf. BIC des Zahlungspflichtigen
  3. Name und Adresse des Zahlungsempfängers
  4. Gläubiger-Identifikationsnummer des Zahlungsempfängers
  5. Ein eindeutiger Mandatsreferenzcode
  6. Ein Verweis auf die SEPA-Lastschriftverfahren und die entsprechenden Geschäftsbedingungen
  7. Die Zustimmung zur Weitergabe des Mandats an das kontoführende Kreditinstitut des Zahlungspflichtigen

Bevor der Zahlungsempfänger eine Lastschrift einzieht, muss er dem Zahlungspflichtigen eine sogenannte Pre-Notification (Vorabinformation) zukommen lassen. Die Pre-Notification informiert den Zahlungspflichtigen über den bevorstehenden Lastschrifteinzug und muss mindestens 14 Kalendertage vor dem Fälligkeitsdatum der Lastschrift erfolgen, sofern keine abweichende Vereinbarung getroffen wurde.

Die Pre-Notification muss die folgenden Informationen enthalten:

  1. Name und Adresse des Zahlungsempfängers
  2. Gläubiger-Identifikationsnummer des Zahlungsempfängers
  3. Ein eindeutiger Mandatsreferenzcode
  4. Der Betrag der Lastschrift
  5. Das Fälligkeitsdatum der Lastschrift
  6. Ein Verweis auf die SEPA-Lastschriftverfahren und die entsprechenden Geschäftsbedingungen

Rechte und Pflichten der beteiligten Parteien

Die Rechte und Pflichten der am Lastschriftverfahren beteiligten Parteien sind in den oben genannten Gesetzen und Regelungen festgelegt. Im Folgenden werden die wichtigsten Rechte und Pflichten erläutert:

Rechte und Pflichten des Zahlungspflichtigen (Schuldner)

Informationspflicht: Der Zahlungspflichtige ist verpflichtet, seine Bank über alle Änderungen in Bezug auf das Lastschriftmandat (z. B. Adressänderungen oder Kontowechsel) zu informieren.

Widerspruchsrecht: Der Zahlungspflichtige hat das Recht, innerhalb von acht Wochen nach dem Belastungsdatum gegen eine Lastschrift Widerspruch einzulegen. In diesem Fall muss die Schuldnerbank den belasteten Betrag unverzüglich erstatten. Bei nicht autorisierten Lastschriften (z. B. bei fehlendem oder widerrufenem Mandat) beträgt die Frist für den Widerspruch 13 Monate.

Recht auf Schadensersatz: Der Zahlungspflichtige hat das Recht auf Schadensersatz, wenn ihm durch eine fehlerhafte oder unberechtigte Lastschrift ein Schaden entstanden ist. Voraussetzung ist, dass er seiner Schadensminderungs- und Mitwirkungspflicht nachgekommen ist.

Rechte und Pflichten des Zahlungsempfängers (Gläubiger)

Informationspflicht: Der Zahlungsempfänger ist verpflichtet, den Zahlungspflichtigen über alle Änderungen in Bezug auf das Lastschriftmandat und die Pre-Notification zu informieren.

Pflicht zur Einhaltung der Fristen: Der Zahlungsempfänger muss die Fristen für die Vorlage von Lastschriften und die Übermittlung von Pre-Notifications einhalten.

Recht auf Zahlungseingang: Der Zahlungsempfänger hat das Recht, den vereinbarten Zahlungsbetrag durch das Lastschriftverfahren vom Konto des Zahlungspflichtigen einzuziehen, sofern ein gültiges Mandat vorliegt und die Pre-Notification korrekt erfolgt ist.

Recht auf Schadensersatz: Der Zahlungsempfänger hat das Recht auf Schadensersatz, wenn ihm durch eine fehlerhafte oder unberechtigte Rückgabe einer Lastschrift ein Schaden entstanden ist. Voraussetzung ist, dass er seinen vertraglichen Verpflichtungen nachgekommen ist.

Rechte und Pflichten der kontoführenden Kreditinstitute

Pflicht zur Durchführung von Lastschriften: Die kontoführenden Kreditinstitute sind verpflichtet, Lastschriften im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben und der vereinbarten Geschäftsbedingungen durchzuführen.

Pflicht zur Prüfung von Lastschriftmandaten: Die Schuldnerbank ist verpflichtet, die Vorlage von Lastschriften auf das Vorliegen eines gültigen Mandats und die Einhaltung der Fristen zu prüfen.

Pflicht zur Erstattung bei Widerspruch: Die Schuldnerbank ist verpflichtet, bei einem fristgerechten Widerspruch des Zahlungspflichtigen gegen eine Lastschrift den belasteten Betrag unverzüglich zu erstatten.

Pflicht zur Bearbeitung von Schadensersatzansprüchen: Die kontoführenden Kreditinstitute sind verpflichtet, Schadensersatzansprüche der beteiligten Parteien im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben und der vereinbarten Geschäftsbedingungen zu bearbeiten.

Rückgabe und Widerspruch von Lastschriften

Im Lastschriftverfahren können Lastschriften unter bestimmten Voraussetzungen zurückgegeben oder widersprochen werden. Hierbei sind die folgenden Gründe und Fristen zu beachten:

Rückgabe durch Gläubigerbank

Die Gläubigerbank kann eine Lastschrift zurückgeben, wenn:

  • die Lastschrift technisch fehlerhaft ist (z. B. falsche IBAN oder fehlende Gläubiger-Identifikationsnummer).
  • die Lastschrift nicht mit dem erteilten Mandat übereinstimmt (z. B. abweichender Betrag oder fehlende Mandatsreferenz).
  • die Lastschrift fristgerecht, aber nicht innerhalb der vereinbarten Fristen, vorgelegt wurde.

Die Rückgabefrist für die Gläubigerbank beträgt fünf Interbankengeschäftstage nach dem Fälligkeitsdatum der Lastschrift.

Widerspruch durch Zahlungspflichtigen

Der Zahlungspflichtige kann einer Lastschrift widersprechen, wenn:

  • die Lastschrift ohne gültiges Mandat oder nach Widerruf des Mandats erfolgt ist.
  • der Betrag der Lastschrift nicht mit dem vereinbarten Betrag übereinstimmt.
  • die Lastschrift vor dem vereinbarten Fälligkeitsdatum erfolgt ist.

Die Widerspruchsfrist für den Zahlungspflichtigen beträgt:

  • acht Wochen nach dem Belastungsdatum der Lastschrift bei autorisierten Lastschriften.
  • 13 Monate nach dem Belastungsdatum der Lastschrift bei nicht autorisierten Lastschriften (z. B. bei fehlendem oder widerrufenem Mandat).

Widerspricht der Zahlungspflichtige fristgerecht, ist die Schuldnerbank verpflichtet, den belasteten Betrag unverzüglich zu erstatten.

Schadensersatzansprüche im Lastschriftverfahren

Im Lastschriftverfahren können Schadensersatzansprüche entstehen, wenn einer der beteiligten Parteien durch eine fehlerhafte oder unberechtigte Lastschrift ein Schaden entstanden ist. Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch ist, dass die geschädigte Partei ihren vertraglichen Verpflichtungen nachgekommen ist und ihrer Schadensminderungs- und Mitwirkungspflicht entsprochen hat.

Beispiele für Schadensersatzansprüche im Lastschriftverfahren sind:

  • Der Zahlungspflichtige erleidet einen Schaden durch eine unberechtigte Lastschrift, weil er z. B. zusätzliche Zinsen oder Gebühren zahlen muss.
  • Der Zahlungsempfänger erleidet einen Schaden durch eine fehlerhafte Rückgabe einer Lastschrift, weil er z. B. einen Zahlungsausfall oder zusätzliche Verwaltungskosten hat.

Die Höhe des Schadensersatzes bemisst sich nach dem tatsächlich entstandenen Schaden und den nachweisbaren Kosten. Im Falle eines Schadensersatzanspruchs sollten die beteiligten Parteien zunächst versuchen, eine einvernehmliche Lösung zu finden. Falls dies nicht möglich ist, kann der Schadensersatzanspruch gerichtlich geltend gemacht werden.

FAQs zum Lastschriftverfahren

Es gibt viele Fragen zum Lastschriftverfahren, welche wir in diesem Abschnitt erläutern.

Was ist der Unterschied zwischen einer SEPA-Lastschrift und einer SEPA-Überweisung?

Bei einer SEPA-Lastschrift erteilt der Zahlungspflichtige dem Zahlungsempfänger die Erlaubnis, eine bestimmte Geldsumme direkt von dessen Bankkonto abzubuchen. Bei einer SEPA-Überweisung hingegen initiiert der Zahlungspflichtige selbst die Überweisung des Geldbetrags an den Zahlungsempfänger. Lastschriften sind insbesondere für regelmäßige Zahlungen (z. B. Miet- oder Ratenzahlungen) geeignet, während Überweisungen für einmalige oder unregelmäßige Zahlungen verwendet werden können.

Kann ich eine Lastschrift auch ohne Lastschriftmandat durchführen?

Nein, eine Lastschrift ohne gültiges Lastschriftmandat ist nicht zulässig. Der Zahlungspflichtige muss dem Zahlungsempfänger ausdrücklich die Erlaubnis erteilen, Lastschriften von seinem Konto einzuziehen. Andernfalls handelt es sich um eine nicht autorisierte Lastschrift, gegen die der Zahlungspflichtige Widerspruch einlegen und Schadensersatzansprüche geltend machen kann.

Was passiert, wenn ich nicht genug Geld auf meinem Konto habe, um die Lastschrift zu decken?

Wenn das Konto des Zahlungspflichtigen zum Zeitpunkt der Lastschrift nicht über ausreichende Deckung verfügt, kann die Schuldnerbank die Lastschrift zurückgeben. In diesem Fall bleibt die Forderung des Zahlungsempfängers bestehen, und der Zahlungspflichtige muss die Zahlung auf anderem Wege (z. B. durch Überweisung) begleichen. Zudem können sowohl die Schuldnerbank als auch der Zahlungsempfänger Gebühren für die Rückgabe der Lastschrift erheben.

Kann ich eine Lastschrift in einer anderen Währung als Euro durchführen?

SEPA-Lastschriften sind grundsätzlich nur in Euro möglich. Allerdings können einige Banken und Zahlungsdienstleister Lastschriften in anderen Währungen anbieten, indem sie den Betrag in Euro umrechnen und anschließend als SEPA-Lastschrift ausführen. In diesem Fall können zusätzliche Wechselkursgebühren anfallen.

Sind Lastschriften auch für grenzüberschreitende Zahlungen innerhalb der EU geeignet?

Ja, SEPA-Lastschriften sind für grenzüberschreitende Zahlungen innerhalb der EU und des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) geeignet. Dabei gelten dieselben rechtlichen Vorgaben, technischen Standards und Verfahrensregeln wie für Inlandszahlungen.

Fazit

Das Lastschriftverfahren ist eine effiziente und weit verbreitete Methode zur Abwicklung von Zahlungen, die sowohl von Unternehmen als auch von Verbrauchern genutzt wird. Durch die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben und die Beachtung der Rechte und Pflichten der beteiligten Parteien können Lastschriften sicher und reibungslos abgewickelt werden.

In diesem Leitfaden haben wir die rechtlichen Grundlagen des Lastschriftverfahrens erläutert, die beteiligten Parteien und ihre Rollen vorgestellt, die Anforderungen an das Lastschriftmandat und die Pre-Notification dargelegt, die Rechte und Pflichten der beteiligten Parteien erörtert, die Rückgabe und Widerspruch von Lastschriften erklärt, Schadensersatzansprüche im Lastschriftverfahren besprochen und häufig gestellte Fragen zum Lastschriftverfahren beantwortet.

Wenn Sie weitere Fragen zum Lastschriftverfahren haben oder rechtliche Unterstützung in diesem Bereich benötigen, stehen wir Ihnen als kompetente und erfahrene Anwaltskanzlei gerne zur Verfügung. Bitte zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren, um Ihre Fragen und Anliegen zu besprechen.

Unsere Rechtsanwälte stehen Ihnen bundesweit und im deutschsprachigen Ausland zur Verfügung.

Philipp Franz Rechtsanwalt

Philipp Franz | Rechtsanwalt | Associate

Rechtsanwalt Arthur Wilms - Kanzlei Herfurtner

Arthur Wilms | Rechtsanwalt | Associate

Anwalt Wolfgang Herfurtner Hamburg - Wirtschaftsrecht

Wolfgang Herfurtner | Rechtsanwalt | Geschäftsführer | Gesellschafter

Kundenbewertungen & Erfahrungen zu Herfurtner Rechtsanwälte. Mehr Infos anzeigen.

Aktuelle Beiträge aus dem Rechtsgebiet Bank- und Kapitalmarktrecht