Im Laufe eines Vertragsverhältnisses können verschiedene Leistungsstörungen auftreten, die sowohl für den Gläubiger als auch für den Schuldner Rechte und Pflichten begründen. In diesem umfassenden Blog-Beitrag werden wir die verschiedenen Arten von Leistungsstörungen im Vertragsrecht untersuchen und die daraus resultierenden Rechte und Pflichten der beteiligten Parteien erörtern. Dabei greifen wir auf aktuelle Gesetze, Gerichtsurteile und häufig gestellte Fragen zurück, um ein möglichst umfassendes Bild der Materie zu vermitteln.

Inhaltsverzeichnis

Arten von Leistungsstörungen im Vertragsrecht

Leistungsstörungen werden in verschiedene Kategorien unterteilt:

Im Folgenden werden wir diese Kategorien näher erläutern und anhand von Beispielen und gesetzlichen Regelungen verdeutlichen.

Nichtleistung

Nichtleistung liegt vor, wenn der Schuldner die geschuldete Leistung nicht erbringt oder verhindert, dass der Gläubiger sie erhält. Dies kann entweder aufgrund einer Leistungsverweigerung oder einer Leistungsverhinderung geschehen.

Leistungsverweigerung

Die Leistungsverweigerung ist die ausdrückliche oder konkludente Erklärung des Schuldners, die geschuldete Leistung nicht erbringen zu wollen. Dies kann entweder unberechtigt oder berechtigt sein:

  • Unberechtigte Leistungsverweigerung: Der Schuldner verweigert die Leistung, obwohl er dazu verpflichtet ist. In diesem Fall kommt er in Verzug (§ 286 BGB) und kann schadensersatzpflichtig werden (§ 280 BGB).
  • Berechtigte Leistungsverweigerung: Der Schuldner verweigert die Leistung, weil er dazu berechtigt ist, z. B. aufgrund eines Zurückbehaltungsrechts (§ 273 BGB) oder einer Einrede (z. B. der Einrede der Vorausklage, § 394 BGB). In diesem Fall bleibt der Schuldner vorerst von der Leistungspflicht befreit.

Leistungsverhinderung

Die Leistungsverhinderung liegt vor, wenn der Schuldner die Leistung zwar nicht ausdrücklich verweigert, aber dennoch verhindert, dass der Gläubiger sie erhält. Dies kann z. B. dadurch geschehen, dass der Schuldner die Leistung an einen falschen Ort liefert oder die Leistung in einer Weise erbringt, die für den Gläubiger unbrauchbar ist. In diesem Fall kann der Schuldner ebenfalls in Verzug geraten (§ 286 BGB) und schadensersatzpflichtig werden (§ 280 BGB).

Schlechtleistung

Schlechtleistung liegt vor, wenn der Schuldner die geschuldete Leistung zwar erbringt, diese jedoch mangelhaft ist. Dies kann sowohl bei Sachleistungen (z. B. mangelhafte Ware) als auch bei Dienstleistungen (z. B. fehlerhafte Reparatur) der Fall sein. Die Rechte des Gläubigers bei Schlechtleistung richten sich nach dem jeweiligen Vertragstyp:

  • Kaufvertrag (§§ 433 ff. BGB): Bei mangelhaften Sachen hat der Käufer zunächst einen Anspruch auf Nacherfüllung (§ 439 BGB), d. h. auf Nachbesserung oder Ersatzlieferung. Scheitert die Nacherfüllung oder verweigert der Verkäufer sie, kann der Käufer den Kaufpreis mindern (§ 441 BGB), vom Vertrag zurücktreten (§ 437 Nr. 2, § 323 BGB) oder Schadensersatz verlangen (§ 437 Nr. 3, § 280 BGB).
  • Werkvertrag (§§ 631 ff. BGB): Bei mangelhaften Werken hat der Besteller zunächst einen Anspruch auf Nacherfüllung (§ 635 BGB), d. h. auf Beseitigung des Mangels oder Herstellung eines neuen Werks. Scheitert die Nacherfüllung oder verweigert der Unternehmer sie, kann der Besteller den Werklohn mindern (§ 638 BGB), vom Vertrag zurücktreten (§ 634 Nr. 3, § 323 BGB) oder Schadensersatz verlangen (§ 634 Nr. 4, § 280 BGB).
  • Dienstvertrag (§§ 611 ff. BGB): Bei mangelhaften Dienstleistungen hat der Gläubiger grundsätzlich einen Anspruch auf Schadensersatz (§ 280 BGB).

Bei Schlechtleistung trägt der Schuldner grundsätzlich die Beweislast für das Fehlen eines Mangels oder für die Tatsache, dass der Mangel bei Gefahrübergang noch nicht vorhanden war (§ 477 BGB bei Kaufverträgen, § 640 Abs. 2 BGB bei Werkverträgen).

Unmöglichkeit der Leistung

Unmöglichkeit der Leistung liegt vor, wenn der Schuldner die geschuldete Leistung objektiv oder subjektiv nicht erbringen kann. Die Unmöglichkeit kann entweder von Anfang an bestehen (ursprüngliche Unmöglichkeit) oder während der Vertragslaufzeit eintreten (nachträgliche Unmöglichkeit).

Objektive Unmöglichkeit

Objektive Unmöglichkeit liegt vor, wenn die geschuldete Leistung für niemanden erbringbar ist, etwa weil die Sache zerstört wurde oder ein bestimmter Erfolg nicht mehr erreichbar ist. Bei objektiver Unmöglichkeit ist der Schuldner nach § 275 Abs. 1 BGB von der Leistungspflicht befreit. Der Gläubiger kann jedoch Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen, wenn der Schuldner die Unmöglichkeit zu vertreten hat (§ 280 Abs. 1 BGB).

Subjektive Unmöglichkeit

Subjektive Unmöglichkeit liegt vor, wenn die geschuldete Leistung für den Schuldner persönlich unzumutbar ist, etwa weil er krank ist oder die Leistung für ihn wirtschaftlich untragbar wäre. Bei subjektiver Unmöglichkeit ist der Schuldner ebenfalls nach § 275 Abs. 1 BGB von der Leistungspflicht befreit, es sei denn, er hat die Unmöglichkeit zu vertreten (§ 280 Abs. 1 BGB).

Ursprüngliche Unmöglichkeit

Ursprüngliche Unmöglichkeit liegt vor, wenn die geschuldete Leistung von Anfang an unmöglich ist, etwa weil die Sache bereits bei Vertragsschluss nicht mehr vorhanden ist. In diesem Fall ist der Vertrag nach § 311a Abs. 2 BGB unwirksam, es sei denn, der Schuldner hat die Unmöglichkeit arglistig verschwiegen (§ 311a Abs. 3 BGB). In diesem Fall kann der Gläubiger Schadensersatz verlangen (§ 311a Abs. 2, 3 BGB).

Nachträgliche Unmöglichkeit

Nachträgliche Unmöglichkeit liegt vor, wenn die geschuldete Leistung zunächst möglich, aber später unmöglich geworden ist, etwa weil die Sache während der Vertragslaufzeit zerstört wurde. In diesem Fall ist der Schuldner nach § 275 Abs. 1 BGB von der Leistungspflicht befreit und kann Schadensersatz verlangen, wenn er die Unmöglichkeit zu vertreten hat (§ 280 Abs. 1 BGB).

Verzug

Verzug liegt vor, wenn der Schuldner die fällige Leistung nicht oder verspätet erbringt und er dies zu vertreten hat. Verzug kann sowohl bei Nichtleistung als auch bei Schlechtleistung eintreten. Die Voraussetzungen für den Verzug sind in § 286 BGB geregelt:

  • Fälligkeit der Leistung: Die Leistung muss fällig sein, d. h. der Gläubiger muss sie verlangen können. Die Fälligkeit ergibt sich entweder aus dem Vertrag oder aus der gesetzlichen Regelung (z. B. § 271 BGB).
  • Mahnung: Der Schuldner muss gemahnt werden, d. h. der Gläubiger muss ihm eine Aufforderung zur Leistung zukommen lassen. Eine Mahnung ist jedoch entbehrlich, wenn sie aussichtslos ist, der Schuldner die Leistung verweigert oder ein kalendermäßig bestimmter Leistungszeitpunkt vereinbart wurde (§ 286 Abs. 2 BGB).
  • Verschulden des Schuldners: Der Schuldner muss die Verzögerung zu vertreten haben, d. h. er muss sie vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführt haben. Das Verschulden wird vermutet (§ 286 Abs. 4 BGB).

Bei Verzug hat der Gläubiger verschiedene Rechte:

  • Leistung und Schadensersatz: Der Gläubiger kann weiterhin auf Erfüllung der Leistung bestehen und zusätzlich Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung verlangen (§ 280 Abs. 1, 2 BGB).
  • Verzugszinsen: Der Gläubiger hat Anspruch auf Verzugszinsen, d. h. auf einen Zinsschaden, der ihm durch den Verzug entstanden ist. Die Höhe der Verzugszinsen ist in § 288 BGB geregelt.
  • Rücktritt vom Vertrag: Der Gläubiger kann unter bestimmten Voraussetzungen vom Vertrag zurücktreten (§ 323 BGB) und/oder Schadensersatz statt der Leistung verlangen (§ 280 Abs. 1, 3, § 281 BGB).

Haftung und Rechtsfolgen von Leistungsstörungen

Die Haftung des Schuldners für Leistungsstörungen ergibt sich grundsätzlich aus den §§ 280 ff. BGB. Der Schuldner haftet für Schäden, die dem Gläubiger durch die Leistungsstörung entstanden sind, wenn er die Leistungsstörung zu vertreten hat, d. h. wenn er sie vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführt hat (§ 276 BGB). Die Haftung kann jedoch durch vertragliche Vereinbarungen (z. B. Haftungsausschlüsse) oder gesetzliche Regelungen (z. B. § 275 BGB) eingeschränkt oder ausgeschlossen werden.

Die Rechtsfolgen von Leistungsstörungen richten sich nach der Art der Störung und den betroffenen Vertragsparteien:

  • Bei Nichtleistung oder Schlechtleistung kann der Gläubiger grundsätzlich auf Erfüllung der Leistung bestehen und Schadensersatz verlangen (§ 280 BGB).
  • Bei Unmöglichkeit der Leistung ist der Schuldner von der Leistungspflicht befreit (§ 275 BGB), der Gläubiger kann jedoch Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen, wenn der Schuldner die Unmöglichkeit zu vertreten hat (§ 280 Abs. 1 BGB).
  • Bei Verzug hat der Gläubiger verschiedene Rechte, wie z. B. Leistung und Schadensersatz (§ 280 Abs. 1, 2 BGB), Verzugszinsen (§ 288 BGB) oder Rücktritt vom Vertrag (§ 323 BGB).

Rechte des Gläubigers bei Leistungsstörungen

Die Rechte des Gläubigers bei Leistungsstörungen ergeben sich aus der Art der Störung und den gesetzlichen Regelungen (insbesondere den §§ 280 ff. BGB). Zu den wichtigsten Rechten des Gläubigers zählen:

  • Leistung und Schadensersatz (§ 280 BGB)
  • Nacherfüllung (z. B. § 439 BGB bei Kaufverträgen, § 635 BGB bei Werkverträgen)
  • Minderung (z. B. § 441 BGB bei Kaufverträgen, § 638 BGB bei Werkverträgen)
  • Rücktritt vom Vertrag (z. B. § 323 BGB, § 437 Nr. 2 BGB bei Kaufverträgen, § 634 Nr. 3 BGB bei Werkverträgen)
  • Schadensersatz statt der Leistung (z. B. § 280 Abs. 1, 3, § 281 BGB)
  • Verzugszinsen (§ 288 BGB)

Die Geltendmachung dieser Rechte kann jedoch durch vertragliche Vereinbarungen oder gesetzliche Regelungen eingeschränkt oder ausgeschlossen werden.

Pflichten des Schuldners bei Leistungsstörungen

Die Pflichten des Schuldners bei Leistungsstörungen ergeben sich aus der Art der Störung und den gesetzlichen Regelungen (insbesondere den §§ 275 ff. BGB). Zu den wichtigsten Pflichten des Schuldners zählen:

  • Leistungspflicht: Der Schuldner ist grundsätzlich verpflichtet, die geschuldete Leistung zu erbringen, es sei denn, die Leistung ist ihm unmöglich (§ 275 BGB).
  • Verschuldenshaftung: Der Schuldner haftet für Schäden, die dem Gläubiger durch die Leistungsstörung entstanden sind, wenn er die Leistungsstörung zu vertreten hat, d. h. wenn er sie vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführt hat (§ 276 BGB).
  • Nacherfüllungspflicht: Bei Schlechtleistung ist der Schuldner verpflichtet, die mangelhafte Leistung nachzubessern oder eine mangelfreie Leistung zu erbringen (z. B. § 439 BGB bei Kaufverträgen, § 635 BGB bei Werkverträgen).
  • Schadensersatzpflicht: Der Schuldner muss dem Gläubiger Schadensersatz leisten, wenn er die Leistungsstörung zu vertreten hat (§ 280 BGB) oder wenn er für einen bestimmten Erfolg einstehen muss (z. B. § 281 BGB).

Die Erfüllung dieser Pflichten kann jedoch durch vertragliche Vereinbarungen oder gesetzliche Regelungen eingeschränkt oder ausgeschlossen werden.

Häufig gestellte Fragen zu Leistungsstörungen im Vertragsrecht

Im Folgenden finden Sie Antworten auf einige häufig gestellte Fragen zu Leistungsstörungen im Vertragsrecht:

Was ist eine Leistungsstörung?

Eine Leistungsstörung liegt vor, wenn der Schuldner seine vertraglichen Pflichten nicht oder nur unzureichend erfüllt, was zu einer Beeinträchtigung der Rechte des Gläubigers führt. Leistungsstörungen können in unterschiedlichen Formen auftreten, z. B. als Nichtleistung, Schlechtleistung, Unmöglichkeit der Leistung oder Verzug.

Wann liegt eine Nichtleistung vor?

Nichtleistung liegt vor, wenn der Schuldner die geschuldete Leistung nicht erbringt oder verhindert, dass der Gläubiger sie erhält. Dies kann entweder aufgrund einer Leistungsverweigerung oder einer Leistungsverhinderung geschehen.

Wann liegt eine Schlechtleistung vor?

Schlechtleistung liegt vor, wenn der Schuldner die geschuldete Leistung zwar erbringt, diese jedoch mangelhaft ist. Dies kann sowohl bei Sachleistungen (z. B. mangelhafte Ware) als auch bei Dienstleistungen (z. B. fehlerhafte Reparatur) der Fall sein.

Wann liegt eine Unmöglichkeit der Leistung vor?

Unmöglichkeit der Leistung liegt vor, wenn der Schuldner die geschuldete Leistung objektiv oder subjektiv nicht erbringen kann. Die Unmöglichkeit kann entweder von Anfang an bestehen (ursprüngliche Unmöglichkeit) oder während der Vertragslaufzeit eintreten (nachträgliche Unmöglichkeit).

Wann liegt ein Verzug vor?

Verzug liegt vor, wenn der Schuldner die fällige Leistung nicht oder verspätet erbringt und er dies zu vertreten hat. Verzug kann sowohl bei Nichtleistung als auch bei Schlechtleistung eintreten.

Welche Rechte hat der Gläubiger bei Leistungsstörungen?

Die Rechte des Gläubigers bei Leistungsstörungen ergeben sich aus der Art der Störung und den gesetzlichen Regelungen (insbesondere den §§ 280 ff. BGB). Zu den wichtigsten Rechten des Gläubigers zählen Leistung und Schadensersatz, Nacherfüllung, Minderung, Rücktritt vom Vertrag, Schadensersatz statt der Leistung und Verzugszinsen.

Welche Pflichten hat der Schuldner bei Leistungsstörungen?

Die Pflichten des Schuldners bei Leistungsstörungen ergeben sich aus der Art der Störung und den gesetzlichen Regelungen (insbesondere den §§ 275 ff. BGB). Zu den wichtigsten Pflichten des Schuldners zählen die Leistungspflicht, die Verschuldenshaftung, die Nacherfüllungspflicht und die Schadensersatzpflicht.

Können die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien bei Leistungsstörungen vertraglich geändert werden?

Die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien bei Leistungsstörungen können grundsätzlich durch vertragliche Vereinbarungen geändert werden, es sei denn, gesetzliche Regelungen verbieten dies ausdrücklich. Beispielsweise können Haftungsausschlüsse oder Haftungsbeschränkungen vereinbart werden, die die Haftung des Schuldners bei Leistungsstörungen einschränken oder ausschließen.

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