Die Nachschusspflicht ist ein Begriff, der häufig in Zusammenhang mit der Beteiligung an Kapitalgesellschaften oder der Nutzung von Margin-Konten bei Finanzdienstleistern auftaucht. In beiden Fällen besteht für die beteiligten Personen potenziell die Pflicht, zusätzliche Einlagen in die Gesellschaft oder das Margin-Konto zu leisten. In diesem Artikel werden wir die rechtlichen Grundlagen der Nachschusspflicht erläutern, die Risiken, die damit verbunden sind, und die Maßnahmen, die Sie ergreifen können, um Ihre Rechte zu wahren.

Inhaltsverzeichnis

  1. Nachschusspflicht bei Kapitalgesellschaften
  2. Nachschusspflicht bei Margin-Konten
  3. Rechtliche Grundlage der Nachschusspflicht
  4. FAQ zur Nachschusspflicht
  5. Nachschusspflicht: Verstehen und beachten

Nachschusspflicht bei Kapitalgesellschaften

Die Nachschusspflicht betrifft in erster Linie Gesellschafter von Kapitalgesellschaften, insbesondere solchen, bei denen nicht alle Stammeinlagen in voller Höhe von den Gesellschaftern geleistet wurden. Eine solche Pflicht kann sowohl von den Statuten der betroffenen Gesellschaft als auch von vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Gesellschaftern vorgegeben werden.

Die Nachschusspflicht ermöglicht es der Gesellschaft, von ihren Gesellschaftern zusätzliche Einlagen (sog. Nachschüsse) zur Deckung von Verbindlichkeiten zu verlangen, wenn das ursprünglich eingezahlte Kapital nicht ausreicht, um die finanziellen Verpflichtungen der Gesellschaft zu erfüllen. Diese Pflicht besteht neben der Pflicht zur Einzahlung der Stammeinlage und ist nicht auf die Höhe der ursprünglichen Einlage beschränkt.

Arten der Nachschusspflicht

Es gibt verschiedene Arten der Nachschusspflicht, die unterschiedlich ausgestaltet sein können. Nachfolgend finden Sie eine Übersicht der gängigen Arten:

  • Unbedingte Nachschusspflicht: Die Gesellschafter sind verpflichtet, ohne weitere Bedingungen oder Voraussetzungen Nachschüsse zu leisten.
  • Bedingte Nachschusspflicht: Die Gesellschaft kann von den Gesellschaftern Nachschüsse verlangen, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind, zum Beispiel wenn ein festgelegter Schwellenwert für Verluste erreicht ist.
  • Begrenzte Nachschusspflicht: Die Nachschusspflicht der Gesellschafter ist auf einen festgelegten Betrag oder einen bestimmten Prozentsatz der ursprünglichen Stammeinlage beschränkt.
  • Freiwillige Nachschusspflicht: Die Gesellschafter sind nicht verpflichtet, Nachschüsse zu leisten, können dies aber auf freiwilliger Basis tun, um die finanzielle Lage der Gesellschaft zu verbessern.

Nachschusspflicht bei Margin-Konten

Die Nachschusspflicht kann auch bei der Nutzung von Margin-Konten durch Anleger relevant werden. Margin-Konten sind spezielle Depotkonten, die es Anlegern ermöglichen, Wertpapiergeschäfte wie den Kauf und Verkauf von Aktien, Derivaten und Devisen auf Kreditbasis durchzuführen. Bei der Eröffnung eines Margin-Kontos hinterlegt der Anleger eine bestimmte Summe (Margin) als Sicherheit bei seinem Broker oder der Depotbank.

Ein Beispiel für ein solches Geschäft ist der Handel mit sogenannten Differenzkontrakten (Contracts for Difference, CFD). Dabei spekuliert der Anleger auf die Preisdifferenz eines Basiswertes, z. B. einer Aktie, ohne diesen direkt zu kaufen. Im Falle eines Gewinns erhält der Anleger die Differenz zwischen dem vereinbarten Kaufpreis und dem tatsächlichen Verkaufspreis als Gewinn.

Bei der Nutzung von Margin-Konten können Anleger Hebel nutzen, die es ihnen ermöglichen, mit einem geringeren Kapitaleinsatz größere Positionen einzugehen. Das bedeutet, dass die Gewinnmöglichkeiten, aber auch die Verlustrisiken, im Vergleich zu regulären Depotkonten vergrößert werden.

Die Nachschusspflicht tritt bei Margin-Konten dann in Kraft, wenn der Wert der hinterlegten Sicherheiten nicht mehr ausreicht, um die Verluste aus den offenen Positionen des Anlegers zu decken. In diesem Fall fordert der Broker oder die Depotbank den Anleger auf, die Sicherheiten durch Zusatzeinlagen aufzustocken (sog. Margin Call).

Risikobegrenzung bei Margin-Konten

Einige Broker und Depotbanken bieten ihren Kunden die Möglichkeit, das Risiko einer Nachschusspflicht bei Margin-Konten durch sogenannte Stop-Loss-Orders zu begrenzen. Dabei handelt es sich um automatische Verkaufsorders, die ausgeführt werden, wenn ein vorab definierter Verlustgrenzwert erreicht wird. Auf diese Weise können die Verluste aus offenen Positionen begrenzt und eine Nachschusspflicht vermieden werden.

Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass Stop-Loss-Orders keine absolute Garantie für die Vermeidung einer Nachschusspflicht bieten, insbesondere bei extremen Marktsituationen oder schnellen Kursbewegungen, die dazu führen können, dass die Orders nur zu ungünstigeren Preisen ausgeführt werden, als ursprünglich festgelegt.

Welche Risiken bestehen?

In beiden oben beschriebenen Situationen – bei Kapitalgesellschaften und Margin-Konten – besteht das Risiko, dass die Nachschusspflicht zu erheblichen finanziellen Belastungen für die betroffenen Personen führt. Außerdem können im Falle von Kapitalgesellschaften die Nachschussforderungen erzwungen werden und im schlimmsten Fall zu einer persönlichen Haftung der Gesellschafter führen.

Bei Margin-Konten kann die Weigerung, einen Margin Call zu bedienen, dazu führen, dass der Broker oder die Depotbank offene Positionen zwangsweise schließt und den Anleger für alle daraus resultierenden Verluste in Haftung nimmt.

Rechtliche Grundlage der Nachschusspflicht

Die rechtliche Grundlage der Nachschusspflicht variiert je nach dem Kontext, in dem sie auftaucht. Im Falle von Kapitalgesellschaften wird die Nachschusspflicht in der Regel durch die Gesellschaftsverträge oder die Satzung der Gesellschaft festgelegt.

Diese Regelungen sind rechtlich bindend und können sowohl von den Gesellschaftern als auch von Gläubigern der Gesellschaft durchgesetzt werden. In einigen Fällen kann die Nachschusspflicht auch gesetzlich vorgeschrieben sein, beispielsweise bei bestimmten Arten von Gesellschaften oder in bestimmten Branchen.

Bei Margin-Konten ist die rechtliche Grundlage der Nachschusspflicht in den Vertragsbedingungen des Brokers oder der Depotbank festgelegt. Diese Verträge sind ebenfalls rechtlich bindend und verpflichten den Anleger, im Falle eines Margin Calls innerhalb einer festgelegten Frist zusätzliche Sicherheiten zu leisten. Zudem sind in vielen Ländern auch gesetzliche Regelungen und Aufsichtsstandards für den Handel mit Margin-Konten vorhanden, die den Umfang und die Bedingungen der Nachschusspflicht begrenzen oder festlegen können.

Rechtliche Durchsetzbarkeit

Die Durchsetzung der Nachschusspflicht gegenüber Gesellschaftern oder Anlegern ist in der Regel zivilrechtlicher Natur und kann vor Gerichten oder Schiedsgerichten eingefordert werden. Bei Kapitalgesellschaften kann die Forderung durch die Gesellschaft selbst oder im Falle einer Insolvenz durch den Insolvenzverwalter erhoben werden. Im Falle von Margin-Konten wird die Forderung in der Regel durch den Broker oder die Depotbank geltend gemacht.

Eine wichtige Voraussetzung für die Durchsetzung der Nachschusspflicht ist in beiden Fällen, dass sie wirksam vereinbart wurde und die Bedingungen für ihre Anwendung erfüllt sind. Insbesondere bei Kapitalgesellschaften kann es von entscheidender Bedeutung sein, dass die Regelungen zur Nachschusspflicht klar und unmissverständlich sind und nicht gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen.

FAQ zur Nachschusspflicht

Einen schnellen Überblick verschaffen Sie sich durch unser FAQ.

Was ist die Nachschusspflicht?

Die Nachschusspflicht ist die Verpflichtung von Gesellschaftern einer Kapitalgesellschaft oder von Anlegern mit Margin-Konten, zusätzliche Einlagen zu leisten, um die finanziellen Verpflichtungen der Gesellschaft oder die offenen Positionen des Margin-Kontos abzusichern.

Wann besteht eine Nachschusspflicht?

Eine Nachschusspflicht besteht, wenn sie wirksam vereinbart wurde und die Bedingungen für ihre Anwendung erfüllt sind, z.B. wenn das ursprünglich eingezahlte Kapital bei einer Kapitalgesellschaft oder die hinterlegten Sicherheiten bei einem Margin-Konto nicht mehr ausreichen, um die Verbindlichkeiten der Gesellschaft oder des Anlegers zu decken.

Wie kann ich das Risiko einer Nachschusspflicht minimieren?

Um das Risiko einer Nachschusspflicht zu minimieren, sollten Sie sorgfältig prüfen, ob und unter welchen Bedingungen eine solche Pflicht in Gesellschaftsverträgen oder Depotverträgen vereinbart ist, und auf entsprechende Regelungen bei der Gestaltung bzw. Auswahl der Verträge achten. Bei Margin-Konten können Stop-Loss-Orders helfen, das Risiko zu begrenzen, aber keine absolute Garantie vor einer Nachschussforderung bieten.

Bin ich immer zur Zahlung eines Nachschusses verpflichtet?

Sie sind nur verpflichtet, einen Nachschuss zu leisten, wenn eine entsprechende Pflicht wirksam vereinbart wurde und die Bedingungen für ihre Anwendung erfüllt sind. In einigen Fällen kann die Durchsetzung einer Nachschusspflicht rechtlich zu hinterfragen oder eingeschränkt sein, z.B. wenn die Regelung gegen gesetzliche Bestimmungen verstößt oder nicht klar und eindeutig ist.

Was passiert, wenn ich die Nachschusspflicht nicht erfülle?

Wenn Sie die Nachschusspflicht nicht erfüllen, kann dies zu rechtlichen Schritten gegen Sie führen, z.B. zu Klagen oder Schiedsverfahren, um die Forderungen einzutreiben. Bei Kapitalgesellschaften kann eine Nichterfüllung der Nachschusspflicht auch zur persönlichen Haftung der Gesellschafter führen. Bei Margin-Konten kann dies zur zwangsweisen Schließung der offenen Positionen und zur Inanspruchnahme des Anlegers für die daraus resultierenden Verluste führen.

Kann die Nachschusspflicht verjähren?

Die Verjährungsfrist für die Geltendmachung der Nachschusspflicht hängt von den jeweiligen nationalen Regelungen ab. In vielen Ländern unterliegen solche Forderungen den allgemeinen zivilrechtlichen Verjährungsfristen für vertragliche Ansprüche, die je nach Rechtsordnung unterschiedlich sein können. Hier sollte im Einzelfall anwaltlicher Rat eingeholt werden.

Wo kann ich mich beraten lassen, wenn ich von einer Nachschusspflicht betroffen bin?

Wenn Sie von einer Nachschusspflicht betroffen sind und rechtlichen Rat benötigen, sollten Sie sich an einen Anwalt oder eine Anwaltskanzlei wenden, die auf das Gesellschaftsrecht oder das Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisiert ist. Diese können Ihre Situation einschätzen und Ihnen helfen, Ihre Rechte und Optionen zu klären.

Nachschusspflicht: Verstehen und beachten

Die Nachschusspflicht kann bei Kapitalgesellschaften und Margin-Konten zu erheblichen finanziellen Risiken und Verpflichtungen führen. Um diese Risiken zu verstehen und angemessen zu managen ist es wichtig, sich eingehend mit den rechtlichen Grundlagen und den potenziellen Folgen einer Nachschussforderung auseinanderzusetzen. Im Zweifelsfall sollte anwaltliche Beratung in Anspruch genommen werden, um die eigenen Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit der Nachschusspflicht zu klären und mögliche Schritte zur Risikominimierung zu identifizieren.

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