Der heutige Blogbeitrag steht ganz im Zeichen der Produzentenhaftung und des Verbraucherschutzes. Es handelt sich dabei um einen wichtigen Bereich des Zivilrechts, der eine große Bandbreite an verschiedenen Sachverhalten abdeckt. Im Rahmen dieses Eintrags möchten wir Ihnen nicht nur aktuelle Gerichtsurteile und häufige Fragestellungen zu diesem Themenkomplex erläutern, sondern uns auch ausführlich mit den rechtlichen Grundlagen und den verschiedenen Arten der Produzentenhaftung auseinandersetzen und Ihnen einen Leitfaden für Ihre eigenen Rechtsschutzmaßnahmen an die Hand geben.

Rechtliche Grundlagen der Produzentenhaftung

Die gesetzliche Basis der Produzentenhaftung findet sich im Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG) und im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Diese Regelungen zielen darauf ab, die Haftung von Herstellern für Schäden, die durch ihre Produkte verursacht werden, zu regeln und abschließend zu bestimmen.

  • Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG): Hier wird die verschuldensunabhängige Haftung des Herstellers eines fehlerhaften Produkts geregelt. Demnach haftet der Hersteller, wenn sein Produkt aufgrund eines Produktfehlers einen Schaden verursacht. Die Haftung kann auch ohne nachweisliches Verschulden des Herstellers oder einer schuldhaften Handlung bestehen.
  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Im BGB finden sich verschiedene Regelungen zur kontrakts- und deliktischen Haftung für Schäden, die von Produkten verursacht werden. Beispielsweise haftet der Hersteller auch im Rahmen von Gewährleistungsansprüchen oder aufgrund von Verletzungshandlungen für Schäden, die das Produkt verursacht hat.

Arten der Produkthaftung

Generell lassen sich drei verschiedene Anspruchsgrundlagen der Produkthaftung finden:

  1. Vertragliche Haftung
  2. Deliktische Haftung
  3. Gefährdungshaftung nach dem ProdHaftG

Vertragliche Haftung

Häufig entsteht die Haftung im Rahmen eines Kaufvertrags gemäß § 433 BGB. Hierbei können Schäden entstehen, wenn das Produkt nicht den geschuldeten Beschaffenheitsansprüchen entspricht. Dabei sind in erster Linie Gewährleistungsansprüche und Schadenersatzansprüche gemäß § 437 BGB sowie die Regelungen zur Haftung des Verkäufers bei Sachmängeln gemäß § 434, § 439 BGB zu beachten.

Deliktische Haftung

Ein weiterer Anspruchsgrund findet sich in den deliktischen Haftungstatbeständen des BGB. Hierzu zählen unter anderem:

  • § 823 BGB: Schadensersatzpflicht wegen Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit, Freiheit, Eigentum und sonstiger Rechte. Ein Schadensersatzanspruch ist gegeben, wenn ein Hersteller eine Handlung begeht, die zu einer Verletzung von geschützten Rechtsgütern führt.
  • § 826 BGB: Sittenwidrige Schädigung. Eine Haftung entsteht auch dann, wenn ein Hersteller in sittenwidriger Weise einen Schaden verursacht hat.
  • § 831 BGB: Haftung für Verrichtungsgehilfen. Der Hersteller haftet auch für Schäden, die durch Personen verursacht werden, die im Rahmen eines Vertragsverhältnisses oder einer rechtlichen Anordnung für ihn tätig werden (z.B. Lieferanten, Werkstudenten).

Gefährdungshaftung nach dem ProdHaftG

Die Gefährdungshaftung nach dem ProdHaftG ist eine verschuldensunabhängige Haftung, die in § 1 ProdHaftG geregelt ist. Hierbei haftet der Hersteller für Schäden, die durch konstruktive oder technische Mängel an seinem Produkt entstanden sind. Dafür ist ein Verschulden nicht erforderlich; es genügt, dass das Produkt fehlerhaft ist und die Haftung dem Hersteller zuzurechnen ist.

Produzentenhaftung: Anspruchsgrundlagen und Voraussetzungen

Für eine erfolgreiche Inanspruchnahme eines Herstellers aufgrund von Produzentenhaftung müssen verschiedene Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Bestehen eines Haftungsgrundes: Eine Anspruchsgrundlage muss geltend gemacht werden können. Es ist möglich, dass mehrere Grundlagen für eine Haftung in Betracht kommen, beispielsweise deliktische und vertragliche Haftung.
  • Verursachung: Der Hersteller muss den Schaden verursacht haben, sei es durch Unachtsamkeit, Fehlverhalten oder schlicht durch das Inverkehrbringen eines fehlerhaften Produkts.
  • Zurechenbarkeit des Schadens: Der Schaden muss dem Verhalten des Herstellers zurechenbar sein. Das bedeutet, dass ein adäquater Kausalzusammenhang zwischen dem Handeln des Herstellers und dem entstandenen Schaden bestehen muss.
  • Rechtswidrigkeit der Handlung: Das Handeln des Herstellers muss rechtswidrig gewesen sein. Das bedeutet, dass das Handeln gegen die Rechtsordnung und/oder Treu und Glauben verstoßen hat.
  • Verschulden: Im Falle der verschuldensabhängigen Haftung muss ein Verschulden des Herstellers vorliegen. Das bedeutet, dass der Hersteller die erforderliche Sorgfalt nicht eingehalten oder die nötige Vorsicht missachtet hat.

Verjährung und Haftungshöhe

Die Verjährungsfristen und die Höhe der Haftung können je nach Haftungsgrundlage und im Einzelfall unterschiedlich sein.

Verjährungsfristen

Die vertragliche Haftung unterliegt gem. § 195 BGB einer Verjährungsfrist von drei Jahren, die ab dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist, beginnt (§ 199 BGB).

Die deliktische Haftung unterliegt gem. § 852 BGB ebenfalls einer Verjährungsfrist von drei Jahren. Diese beginnt, sobald der Geschädigte Kenntnis von dem Schaden und dem Schädiger erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen können.

Die Haftung nach dem ProdHaftG verjährt gemäß § 12 ProdHaftG nach drei Jahren ab Kenntnisnahme vom Schaden und dem Schädiger. Eine weitergehende Frist ist die zehnjährige Verjährungsfrist, die mit Inverkehrbringen des Produkts beginnt (§ 13 ProdHaftG).

Haftungshöhe

Die Höhe der Haftung richtet sich ebenfalls nach der jeweiligen Haftungsgrundlage und dem entstandenen Schaden:

  • Vertragliche Haftung: Im Rahmen der vertraglichen Haftung orientiert sich die Höhe der Haftung an dem konkreten Schaden des Verbrauchers. Dabei können Schadensersatzansprüche gemäß § 249 BGB, Minderungsansprüche gemäß § 441 BGB und Schadensersatzansprüche wegen Pflichtverletzungen gemäß § 280 BGB entstehen.
  • Deliktische Haftung: Bei der deliktischen Haftung ist der Haftungsumfang grundsätzlich unbegrenzt. Hier kommt es ebenfalls auf den konkreten Schaden des Geschädigten an, welcher gemäß § 249 BGB ermittelt wird.
  • Gefährdungshaftung nach dem ProdHaftG: Die Haftungshöhe bei der Gefährdungshaftung nach dem ProdHaftG ist gemäß § 10 ProdHaftG auf einen Höchstbetrag von 85 Millionen Euro begrenzt. Diese Summe stellt die maximale Haftung für alle Schäden dar, die durch ein und dasselbe Produkt verursacht wurden.

Aktuelle Gerichtsurteile zur Produzentenhaftung

Um Ihnen einen praktischen Einblick in die Materie der Produzentenhaftung zu geben, haben wir einige aktuelle Gerichtsurteile für Sie zusammengestellt:

Haftung wegen fehlerhafter Software (OLG München, Urteil vom 28.10.2016 – 21 U 4506/15)

Ein Automobilhersteller wurde wegen einer fehlerhaften Software für ein Navigationsgerät zur Haftung herangezogen. Das Gericht stellte fest, dass die Aktualisierung der Software einen Produktfehler darstelle und der Hersteller demnach aufgrund der Gefährdungshaftung haftet.

Haftung wegen mangelhafter Gebrauchsanweisung (BGH, Urteil vom 30.03.2017 – VII ZR 19/16)

Im vorliegenden Fall war ein Kunde aufgrund einer unzureichenden Gebrauchsanweisung der Meinung, dass der Hersteller der Ware eine nicht entdeckte Gefahr für ein Kind darstellte und somit ein Produktfehler vorliege. Der BGH entschied, dass eine fehlende oder mangelhafte Gebrauchsanweisung als Produktfehler gelten kann, wenn dadurch vermeidbare Schäden entstehen.

Haftung wegen fehlerhafter Montageanleitung (OLG Hamm, Urteil vom 15.03.2018 – 12 U 84/17)

Eine Möbelfirma wurde zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt, weil die mitgelieferte Montageanleitung fehlerhaft war. Das Gericht entschied, dass die unzureichende Montageanleitung einen Produktfehler darstellte und der Hersteller somit aufgrund der Gefährdungshaftung haften musste.

Verbraucherschutz bei Produkthaftung

Der Verbraucherschutz hat in Bezug auf die Produkthaftung eine wichtige Rolle inne. Verbraucherorganisationen, wie beispielsweise die Verbraucherzentralen, setzen sich für die Rechte der Verbraucher ein und bieten Unterstützung bei Schadensfällen an. Dies umfasst unter anderem:

  • Beratung zu den Rechten des Verbrauchers
  • Hilfe bei der Durchsetzung von Ansprüchen
  • Informationen über aktuelle Gesetzesänderungen und Gerichtsurteile
  • Vermittlung von Fachleuten, wie Anwälten und Gutachtern

Es empfiehlt sich, bei Problemen oder Schäden im Zusammenhang mit einem Produkt, sich an eine Verbraucherschutzorganisation oder an einen spezialisierten Rechtsanwalt zu wenden.

FAQs zur Produzentenhaftung

Wann liegt ein Produktfehler vor?

Ein Produktfehler liegt vor, wenn das Produkt nicht die Sicherheit bietet, die unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der normalen Verwendung, berechtigterweise erwartet werden kann. Dabei kann ein Produktfehler beispielsweise in der Konstruktion, der Herstellung oder der Kennzeichnung des Produkts liegen.

Muss ich als Käufer nachweisen, dass der Hersteller schuldhaft gehandelt hat?

Bei der vertraglichen und deliktischen Haftung ist ein Verschulden des Herstellers erforderlich und muss vom Geschädigten nachgewiesen werden. Bei der Gefährdungshaftung nach dem ProdHaftG ist dagegen kein Nachweis eines Verschuldens nötig. Hier genügt der Nachweis, dass das Produkt fehlerhaft ist, um den Hersteller in Anspruch zu nehmen.

Wogegen kann ich mich als Hersteller absichern?

Um sich als Hersteller gegen die Risiken der Produkthaftung abzusichern, empfiehlt es sich eine Produkthaftpflichtversicherung abzuschließen. Diese Versicherung schützt vor den finanziellen Folgen von Schadensersatzansprüchen und deckt bei berechtigten Ansprüchen die Kosten.

Fazit zur Produzentenhaftung

Die Produzentenhaftung und der Verbraucherschutz sind wichtige Aspekte des Zivilrechts, die sowohl für Verbraucher als auch für Hersteller von großer Relevanz sind. Es ist wichtig, sich als Betroffener über die geltenden gesetzlichen Regelungen und die Möglichkeiten der Anspruchsgrundlagen zu informieren. Aktuelle Gerichtsurteile geben dabei Aufschluss über die Bewertung von Schadensfällen. Eine gute Anlaufstelle bei Problemen oder Schäden im Zusammenhang mit einem Produkt bieten Verbraucherschutzorganisationen und spezialisierte Rechtsanwälte.

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