Der Begriff „Prozessfinanzierung“ beschreibt eine Möglichkeit, die finanzielle Belastung eines Rechtsstreits zu bewältigen. Doch was genau verbirgt sich hinter diesem Konzept und welche rechtlichen Rahmenbedingungen müssen hierbei beachtet werden? Für viele Mandanten bietet die Prozessfinanzierung eine attraktive Möglichkeit, ihr Recht durchzusetzen, ohne hohen finanziellen Risiken ausgesetzt zu sein.

Was ist Prozessfinanzierung?

Prozessfinanzierung bezeichnet die Unterstützung durch einen externen Finanzierer, der die Kosten eines Gerichtsverfahrens übernimmt. Dies betrifft insbesondere:

Im Gegenzug erhält der Finanzierer einen Anteil am erzielten Erfolg – sei es durch Urteil, Vergleich oder anderweitig. Dies stellt sicher, dass Personen ohne ausreichende finanzielle Mittel eine Möglichkeit haben, ihr Recht durchzusetzen.

Rechtliche Grundlagen der Prozessfinanzierung

Die rechtliche Grundlage für Prozessfinanzierungen in Deutschland ergibt sich aus verschiedenen Gesetzestexten. Einige der wichtigsten sind:

  • Zivilprozessordnung (ZPO): Diese regelt den Ablauf von Zivilprozessen, einschließlich der Kostentragung und möglichen Kostenerstattungen.
  • Anwaltsvergütungsgesetz (RVG): Das Gesetz bestimmt die Vergütungsstruktur für Anwälte, die auch im Rahmen der Prozessfinanzierung relevant sein kann.
  • Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken: Dieses Gesetz schützt Verbraucher vor unseriösen Angeboten, was auch bei der Prozessfinanzierung Relevanz hat.

Voraussetzungen und Kriterien für Prozessfinanzierung

Ein Finanzierer übernimmt nicht jedes beliebige Verfahren. Es gibt gewisse Kriterien, die erfüllt sein müssen:

  • Die Erfolgsaussichten des Rechtsstreits müssen hoch sein.
  • Der Streitwert muss eine bestimmte Mindesthöhe aufweisen.
  • Die Bonität und Seriosität des Mandanten spielen eine Rolle.

Die genaue Bewertung kann je nach Finanzierungsunternehmen variieren. Allerdings dient diese Praxis dem Schutz des Finanzierers vor unüberlegten Risiken und stellt sicher, dass nur chancenreiche Verfahren unterstützt werden.

Ablauf einer Prozessfinanzierung

Der Weg zu einer erfolgreichen Prozessfinanzierung gliedert sich typischerweise in mehrere Schritte:

Antragstellung

Der Mandant reicht alle relevanten Unterlagen und Informationen beim Finanzierer ein. Hierzu zählen:

Prüfung durch den Finanzierer

Der Finanzierer prüft die Erfolgsaussichten des Rechtsstreits und entscheidet, ob er das Verfahren unterstützen möchte. Dies kann einige Zeit in Anspruch nehmen, da eine gründliche Auseinandersetzung mit dem Fall erforderlich ist.

Vertragsabschluss

Kommt es zur Einigung, wird ein Vertrag zwischen Finanzierer und Mandant geschlossen. Dieser regelt alle Details wie die Übernahme der Kosten und die Verteilung eines möglichen Ertrags.

Durchführung des Verfahrens

Das Rechtsverfahren wird durchgeführt, wobei alle Kosten durch den Finanzierer übernommen werden. Der Mandant erhält regelmäßige Updates über den Fortschritt des Verfahrens.

Vorteile der Prozessfinanzierung

Die Prozessfinanzierung bietet diverse Vorteile für Mandanten:

  • Kein finanzielles Risiko: Der Finanzierer übernimmt sämtliche Verfahrenskosten.
  • Chancengleichheit: Auch Personen mit geringem Einkommen können ihr Recht durchsetzen.
  • Professionelle Unterstützung: Oft arbeiten Prozessfinanzierer eng mit erfahrenen Anwälten und Gutachtern zusammen.

Diese Konstellation führt zu einer ausgewogenen Prozesssituation und ermöglicht auch „David gegen Goliath“-Fälle, die sonst aufgrund finanzieller Hürden nicht möglich wären.

Rechtliche Stolpersteine und Risiken

Trotz der offensichtlichen Vorteile gibt es auch potentielle Herausforderungen und rechtliche Stolpersteine:

  • Abhängigkeit: Der Mandant gibt ein Stück seiner Autonomie auf und muss sich an die Vorgaben des Finanzierers halten.
  • Kostenbeteiligung: Im Erfolgsfall ist der Anteil des Finanzierers oft beträchtlich, was die erzielte Summe für den Mandanten reduziert.
  • Reputationsrisiko: Unseriöse Anbieter können das Image der Prozessfinanzierung in der Öffentlichkeit negativ beeinflussen.

Gesetze und Prinzipien der Prozesskostenhilfe

Ein verwandtes Thema ist die Prozesskostenhilfe (PKH), die ebenfalls finanzielle Unterstützung für Rechtsstreitigkeiten bietet. Diese wird jedoch vom Staat gewährt und ist an striktere Bedingungen geknüpft als die private Prozessfinanzierung:

Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe

Die Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe sind sehr eng gefasst und beinhalten:

  • Die Bedürftigkeit des Antragstellers
  • Keine hinreichenden eigenen Mittel zur Prozessführung
  • Gute Erfolgsaussichten des Rechtstreits

Die Prozesskostenhilfe kann zur Gänze oder in Raten gewährt werden und umfasst Anwalts- und Gerichtskosten, jedoch keine zusätzlichen Kosten wie Gutachten oder Zeugen.

Verfahren zur Beantragung der Prozesskostenhilfe

Das Verfahren zur Beantragung umfasst die Vorlage einer ausführlichen Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, sowie die Einreichung von Beweisdokumenten:

  • Ausgefülltes Antragsformular
  • Gehaltsabrechnungen
  • Kontoauszüge
  • Mietverträge, etc.

Bei positiver Prüfung wird die Prozesskostenhilfe bewilligt, wodurch der Antragsteller im Falle eines Misserfolgs keine Kosten tragen muss.

Fallbeispiele und Praxisbeispiele

Beispiel 1: Der kleine Unternehmer und der Großkonzern

Ein kleiner Unternehmer hatte einen Vertragsstreit mit einem Großkonzern. Aufgrund der hohen Kosten scheute er zunächst den Gang vor Gericht. Durch die Inanspruchnahme einer Prozessfinanzierung konnte er jedoch seinen Anspruch erfolgreich durchsetzen und erhielt eine angemessene Entschädigung.

Beispiel 2: Die Erbengemeinschaft

Eine Erbengemeinschaft kämpfte um ihren rechtmäßigen Anteil am Erbe gegen einen mächtigen Verwandten, der die finanziellen Mittel hatte, den Rechtsstreit in die Länge zu ziehen. Durch die Prozessfinanzierung konnten sie ihre Ansprüche ohne finanziellen Druck verfolgen und erhielten schließlich ihren rechtmäßigen Anteil.

Diese Beispiele illustrieren die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten und Vorteile der Prozessfinanzierung, sowohl für Einzelpersonen als auch für kleinere Unternehmen.

Checkliste: Ist die Prozessfinanzierung das Richtige für mich?

Um zu prüfen, ob eine Prozessfinanzierung die richtige Lösung für Sie ist, sollten Sie folgende Punkte berücksichtigen:

  • Haben Sie ausreichend Dokumentation und Beweise, um Ihre Ansprüche zu belegen?
  • Sind die Erfolgsaussichten des Rechtsstreits hoch?
  • Können Sie die Mindestanforderungen des Prozessfinanzierers (wie Mindeststreitwert) erfüllen?
  • Sind Sie bereit, einen Anteil des möglichen Ertrags an den Finanzierer abzutreten?

Wenn diese Punkte auf Ihren Fall zutreffen, könnte die Prozessfinanzierung eine sinnvolle Lösung darstellen. Es ist jedoch ratsam, eine eingehende rechtliche Beratung in Anspruch zu nehmen, um alle Eventualitäten abzuwägen.

FAQs zur Prozessfinanzierung

Was kostet Prozessfinanzierung und wie setzen sich die Kosten zusammen?

Die Kosten für die Prozessfinanzierung setzen sich aus einem prozentualen Anteil am Streitwert bzw. dem erzielten Erfolg zusammen. Dieser Anteil kann je nach Anbieter und Risiko zwischen 20% und 50% variieren. Es gibt keine festen Vorgaben, die Höhe wird individuell verhandelt und im Vertrag festgelegt.

Was passiert, wenn der Rechtsstreit verloren geht?

Im Falle eines Misserfolgs trägt der Prozessfinanzierer die gesamten Kosten des Verfahrens. Der Mandant ist somit keinem finanziellen Risiko ausgesetzt, außer dass er seine Ansprüche nicht durchsetzen konnte.

Lohnt sich Prozessfinanzierung auch für kleinere Streitwerte?

Das hängt vom jeweiligen Anbieter ab. Viele Prozessfinanzierer setzen jedoch einen Mindeststreitwert voraus, da sich die finanzielle Investition sonst nicht lohnt. Oft liegt dieser Mindestwert bei etwa 50.000 Euro. Für kleinere Streitwerte könnte die Prozesskostenhilfe eine geeignete Alternative sein.

Durch die detaillierte Analyse dieser Aspekte hoffen wir, Ihnen einen umfassenden und prägnanten Einblick in die Welt der Prozessfinanzierung gegeben zu haben. Wenn Sie weitere Fragen haben, zögern Sie nicht, sich an einen spezialisierten Anwalt zu wenden.

Die professionelle, erfahrene und kompetente Unterstützung Ihrer Anwaltskanzlei kann Ihnen dabei helfen, die beste Entscheidung für Ihre rechtliche Situation zu treffen und Ihr Recht effektiv durchzusetzen. Begleiten Sie uns auf dem Weg zur gerechtfertigten Rechtsdurchsetzung – wir sind an Ihrer Seite!

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