Der Rundfunkstaatsvertrag (RStV) ist ein zentrales Regulierungsinstrument im deutschen Medienrecht. Es regelt die Rahmenbedingungen für Rundfunk in Deutschland und wurde im Laufe der Zeit an die technologischen Entwicklungen und neuen Medienformate angepasst. Insbesondere im Bereich der digitalen Medien und des Internets ist der RStV von großer Bedeutung, da immer mehr Anbieter von Blogs, Video-Plattformen und Streaming-Diensten von den Regelungen des RStV betroffen sind. Dieser Beitrag erläutert, wie der Rundfunkstaatsvertrag funktioniert, welche rechtlichen Konsequenzen er hat und auf welche Weise er das IT-Recht tangiert.

Grundlagen und Zielsetzung des Rundfunkstaatsvertrags

Der RStV ist ein staatsvertragliches Regelwerk, das von den Bundesländern gemeinsam erarbeitet und geschlossen wurde, um die Rundfunkrechte in Deutschland zu regeln. Er ist Bestandteil des Landesrechts und hat in seiner Entwicklungs- und Erneuerungsgeschichte zahlreiche Inkarnationen durchlaufen. Jeder Bundesstaat setzt den Vertrag durch seine eigenen Rundfunkrechtsgesetze in Kraft.

Die ursprüngliche Zielsetzung war die Sicherung, dass alle Bürgerinnen und Bürger in Deutschland einen freien Zugang zu Informationen und Kultur über den Rundfunk erhalten. Der RStV bildet somit das Fundament für die Wahrung der Meinungsvielfalt und des Pluralismus im deutschen Rundfunkwesen und stellt zugleich den Kern des dualen Rundfunksystems dar. In der Dualität agieren neben öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten auch private Anbieter, die zur Finanzierung auf Werbung angewiesen sind.

Regelungsbereiche des Rundfunkstaatsvertrags

Der RStV umfasst eine Vielzahl von Regelungen, die folgende Bereiche abdecken:

  • Grundlegende Definitionen von Rundfunk, Programm und Veranstaltern
  • Zulassung und Kontrolle von Rundfunk- und Telemedienanbietern
  • Werbung, Sponsoring und Product-Placement im Rundfunk
  • Schutz von Jugendlichen und Gewährleistung von Menschenwürde und journalistisch-redaktioneller Qualität
  • Finanzierung und Gebührenpflicht von Rundfunkanbietern
  • Verfahren und Institutionen

Eine zentrale Rolle im Rundfunkstaatsvertrag nimmt die Frage ein, welche Angebote als Rundfunk gelten und damit der rundfunkrechtlichen Regulierung unterliegen. Bei neuen Medienformaten wie Internetangeboten oder Livestreams ist dies oft unklar. Der RStV bestimmt hierzu:

Rundfunk ist ein linearer Informations- und Kommunikationsdienst; er ist die für die Allgemeinheit und zum Empfang durch Rundfunkgeräte bestimmte Veranstaltung von Angeboten in Bewegtbild oder Ton entlang eines Sendeplans unter Inanspruchnahme elektromagnetischer Schwingungen.

Jedoch liegt auch Telemedien, nicht-linearen Medienangeboten, im Fokus des Rundfunkstaatsvertrags. Telemedien sind alle elektronischen Informations- und Kommunikationsdienste, die nicht Rundfunk oder Telekommunikationsdienste darstellen. Dazu gehören zum Beispiel Websites, Blogs oder On-Demand-Videoportale. Der RStV enthält hierfür Regelungen, um auch für diese Anbieter einen rechtlichen Rahmen zu schaffen.

Der Rundfunkstaatsvertrag und das IT-Recht

Das IT-Recht (Informations- und Telekommunikationstechnologierecht) beschäftigt sich mit der rechtlichen Beurteilung von Sachverhalten, die mit der Verwendung von IT-Technologien und der Kommunikation über elektronische Medien verbunden sind. Es ist ein Querschnittsbereich, der Regelungen aus verschiedenen Rechtsgebieten aufgreift, unter anderem auch das Medienrecht und somit Regelungen des Rundfunkstaatsvertrags. Dies betrifft vor allem die folgenden Aspekte:

  • Zulassung und Kontrolle von Telemedienanbietern
  • Inhaltsregulierung im Netz
  • Datenschutz bei der Bereitstellung von Medienangeboten
  • Rechtliche Rahmenbedingungen für soziale Netzwerke und Videoportale
  • Haftung für rechtswidrige Inhalte im Internet

In der Praxis des IT-Rechts treffen IT-Anwälte immer wieder auf Problemstellungen, die ihren Ursprung im RStV haben. Der RStV ist stets im Wechselverhältnis und in Abstimmung mit anderen Gesetzen zu betrachten, wie dem Telemediengesetz (TMG), dem Datenschutzrecht oder dem Urheberrecht. Bei juristischen Fragestellungen rund um Telemedienangebote, Rundfunk oder Streaming-Diensten ist es unabdingbar, sich mit den Regelungen des RStV vertraut zu machen und die Folgen und Pflichten, die sich daraus ergeben, zu berücksichtigen.

Beispiele und Problemfelder

Im Folgenden sollen einige Beispiele aufgezeigt werden, in welchen Situationen der Rundfunkstaatsvertrag im IT-Recht relevant werden kann.

Influencer und YouTuber

Influencer und YouTuber haben in der digitalen Welt ihren festen Platz gefunden und sind aus dem Alltag vieler Nutzer kaum noch wegzudenken. Die Frage, ob ihre Angebote als Rundfunk einzustufen sind, beschäftigt schon seit Jahren die Gerichte. Relevant ist dies vor allem hinsichtlich der Frage einer Rundfunklizenz, Jugendmedienschutz und Werbungsregulierungen. Die Landesmedienanstalten, die als Aufsichtsbehörden für die Rundfunkregulierung zuständig sind, haben ihre eigenen Interpretationen des RStV und haben in einigen Fällen Twitch-Streamer oder Let’s Player dazu verpflichtet, eine Rundfunkzulassung zu erwerben.

On-Demand-Videoportale

On-Demand-Videoportale wie Netflix oder Amazon Prime bieten ihren Kunden eine riesige Auswahl an Filmen, Serien und Dokumentationen, die jederzeit abgerufen werden können. Diese Dienste unterliegen in der Regel nicht dem RStV, da sie nicht an feste Sendepläne gebunden und somit nicht-lineare Medienangebote sind. Allerdings gelten auch für sie bestimmte Regelungen, wie z.B. Jugendschutzregelungen und die Frage der Haftung für Inhalte. In diesem Zusammenhang kommt es darauf an, ob die Betreiber der Plattform als Medienanbieter oder reine Dienstleister fungieren.

Social Media und NetzDG

Soziale Netzwerke wie Facebook, Twitter oder YouTube sind zwar keine klassischen Rundfunkangebote, stehen aber durch ihre zunehmende Bedeutung im Fokus der politischen und rechtlichen Diskussion. Sie fungieren oftmals als Vermittler von Rundfunk- und Telemedienangeboten und können daher als Infrastruktur im RStV relevant sein. Durch das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) mit seinen Regelungen zur Löschung illegaler Inhalte hat sich der rechtliche Rahmen für die Betreiber von sozialen Netzwerken noch weiter verschärft.

FAQs zum Rundfunkstaatsvertrag im IT-Recht

Wir präsentieren Ihnen die meistgefragten Themen in diesem FAQ-Bereich.

Für wen ist der Rundfunkstaatsvertrag relevant?

Der RStV ist relevant für alle, die sich im deutschen Medienmarkt betätigen, sei es als Anbieter von Rundfunkprogrammen, als Betreiber von Telemedienangeboten oder als Dienstleister und Zulieferer im Medienbereich. Insbesondere YouTuber, Blogger, Influencer und Streaming-Dienste können von den Regelungen des RStV betroffen sein.

Was sind die Folgen, wenn ich gegen den Rundfunkstaatsvertrag verstoße?

Die Konsequenzen eines Verstoßes können empfindliche Bußgelder, Auflagen oder sogar die Entziehung der Rundfunkzulassung sein. Zudem können auch zivilrechtliche Ansprüche von betroffenen Dritten auf Schadenersatz oder Unterlassung ausgelöst werden. Bei Verstößen gegen den Jugendmedienschutz können auch strafrechtliche Konsequenzen drohen.

Benötige ich für meinen Livestream auf Twitch oder YouTube eine Rundfunklizenz?

Ob ein Livestream-Angebot auf Twitch oder YouTube als Rundfunkangebot einzustufen ist und somit eine Rundfunkzulassung erfordert, hängt von verschiedenen Kriterien ab, wie z. B. die Anzahl der Zuschauer, die Aktualität und die Linearität des Angebots. Um eine abschließende Einschätzung vornehmen zu können, sollte die individuelle Ausgestaltung des Angebots durch eine anwaltliche Prüfung unter Berücksichtigung des RStV und der Auslegungen durch die Landesmedienanstalten betrachtet werden.

Wie sieht es mit dem Datenschutz im Zusammenhang mit dem Rundfunkstaatsvertrag aus?

Der Rundfunkstaatsvertrag enthält keine spezifischen Regelungen zum Datenschutz. Allerdings müssen Anbieter von Rundfunk- und Telemedienangeboten die entsprechenden Vorschriften zum Datenschutz aus der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) beachten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Anbieter im Rahmen der Inanspruchnahme ihrer Dienste personenbezogene Daten verarbeiten und speichern, insbesondere, wenn es um Nutzeranmeldung, Zahlungsabwicklung oder Profilerstellung geht. Eine laufende Auseinandersetzung mit den datenschutzrechtlichen Anforderungen ist daher unerlässlich.

Können sich Regelungen im Rundfunkstaatsvertrag ändern?

Ja, der Rundfunkstaatsvertrag unterliegt einem stetigen Veränderungsprozess, um auf neue mediale Entwicklungen und gesellschaftliche Anforderungen zu reagieren. In der Vergangenheit wurden bereits mehrere Novellen des RStV beschlossen und umgesetzt. Es ist daher wichtig, auf dem Laufenden zu bleiben und sich über aktuelle Entwicklungen im Rundfunkrecht zu informieren, um mögliche Anpassungsbedarfe frühzeitig zu erkennen.

Abschließende Betrachtung

Der Rundfunkstaatsvertrag ist ein weitreichendes und komplexes Regelwerk, das vielfältige Auswirkungen auf die Medienlandschaft in Deutschland hat. Im IT-Recht stellt der RStV häufig die Grundlage für rechtliche Bewertungen von Medienangeboten und Dienstleistungen dar. Die Kenntnis und Beachtung der Regelungen im RStV ist daher unerlässlich, um rechtssichere Geschäftsmodelle im digitalen Medienmarkt aufzubauen und rechtlichen Risiken effektiv zu begegnen.

Bei rechtlichen Fragestellungen rund um den Rundfunkstaatsvertrag ist es empfehlenswert, auf die Beratung und Unterstützung von erfahrenen Rechtsanwälten im Bereich IT-Recht und Medienrecht zurückzugreifen. Diese können eine individuelle juristische Prüfung vornehmen und eine maßgeschneiderte Lösung für die jeweilige Situation entwickeln.

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