Streitigkeiten sind ein unvermeidlicher Teil des Lebens, und das Zivilrecht ist ein Bereich, der sich auf die Lösung solcher Streitigkeiten zwischen Privatpersonen oder Unternehmen konzentriert. Obwohl der klassische Weg zur Streitbeilegung die Klage vor Gericht ist, gibt es viele Fälle, in denen die Parteien eine kostengünstigere und effizientere Alternative suchen. Eine solche Alternative ist das Schlichtungsverfahren.

Im Folgenden werden wir das Schlichtungsverfahren im Zivilrecht eingehend untersuchen, einschließlich seiner Vorteile und Nachteile, der rechtlichen Grundlagen, der verschiedenen Schritte und Phasen des Verfahrens und der aktuellen Gerichtsurteile und Gesetze, die die Schlichtung betreffen. Am Ende dieses Artikels finden Sie FAQs, die einige der häufigsten Fragen zu diesem Thema beantworten.

Was ist ein Schlichtungsverfahren?

Ein Schlichtungsverfahren ist eine außergerichtliche Streitbeilegungsmethode, bei der ein neutraler Dritter, der Schlichter, von den streitenden Parteien ausgewählt wird, um ihnen bei der Lösung ihres Konflikts zu helfen. Dabei trifft der Schlichter keine bindenden Entscheidungen wie ein Richter, sondern hilft den Parteien, eine einvernehmliche Lösung zu finden, die ihren Bedürfnissen und Interessen entspricht.

Vorteile der Schlichtung gegenüber der Klage

Es gibt mehrere Gründe, warum Schlichtungsverfahren im Zivilrecht eine bevorzugte Alternative zur Klage sein können:

  • Zeit- und Kosteneffizienz: Schlichtungsverfahren sind in der Regel schneller und kostengünstiger als Gerichtsverfahren. Die Parteien können den Schlichter und den Zeitplan für das Verfahren wählen, was zu einer schnelleren Beilegung des Streits führen kann. Außerdem sind die Kosten für einen Schlichter in der Regel niedriger als die Gerichts- und Anwaltskosten, die bei einer Klage anfallen.
  • Vertraulichkeit: Schlichtungsverfahren sind vertraulich, was bedeutet, dass die Informationen, die während des Verfahrens ausgetauscht werden, nicht öffentlich zugänglich sind. Dies kann für Parteien, die ihre Geschäftsgeheimnisse und ihren Ruf schützen möchten, von Vorteil sein.
  • Flexibilität: Schlichtungsverfahren sind flexibler als Gerichtsverfahren, da die Parteien die Möglichkeit haben, die Verfahrensregeln und den Schlichtungsvertrag nach ihren Bedürfnissen und Interessen zu gestalten.
  • Erhaltung von Geschäftsbeziehungen: Da Schlichtungsverfahren darauf abzielen, eine einvernehmliche Lösung zu finden, können sie dazu beitragen, die Beziehung zwischen den Parteien zu erhalten und zukünftige Konflikte zu vermeiden.

Nachteile der Schlichtung

Trotz ihrer Vorteile gibt es auch einige Nachteile bei Schlichtungsverfahren im Zivilrecht:

  • Keine bindenden Entscheidungen: Da der Schlichter keine bindenden Entscheidungen trifft, besteht die Möglichkeit, dass die Parteien am Ende des Verfahrens keine Einigung erzielen und den Rechtsstreit auf andere Weise klären müssen.
  • Rechtsdurchsetzung: Wenn die Parteien eine Schlichtungsvereinbarung abschließen, kann deren Durchsetzung schwieriger sein als die Durchsetzung eines Gerichtsurteils. In einigen Fällen müssen die Parteien möglicherweise einen separaten Prozess zur Durchsetzung der Vereinbarung einleiten.
  • Qualifikation des Schlichters: Die Qualität der Schlichtung hängt stark von der Kompetenz und Erfahrung des Schlichters ab. In einigen Fällen kann ein unerfahrener Schlichter zu einer unbefriedigenden Lösung führen.

Rechtliche Grundlagen der Schlichtung

Die Schlichtung im Zivilrecht ist in verschiedenen Gesetzen und Verordnungen geregelt. Zu den wichtigsten gehören:

  • Zivilprozessordnung (ZPO): Die ZPO regelt das Schlichtungsverfahren im Rahmen der außergerichtlichen Streitbeilegung in §§ 253 Abs. 3 Nr. 1, 278 Abs. 5 und 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Sie enthält auch Bestimmungen zur gerichtlichen Anordnung von Schlichtungsverfahren und zur Durchsetzung von Schlichtungsvereinbarungen.
  • Mediationsgesetz (MediationsG): Das Mediationsgesetz legt die Grundsätze und Rahmenbedingungen für Schlichtungsverfahren fest und regelt die Aus- und Fortbildung von Schlichtern sowie deren Unabhängigkeit und Neutralität.

Aktuelle Gerichtsurteile zur Schlichtung

Im Folgenden werden einige aktuelle Gerichtsurteile vorgestellt, die das Schlichtungsverfahren im Zivilrecht betreffen:

  • Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 07.02.2019, Az. IX ZB 26/18: In diesem Fall entschied der BGH, dass eine Schlichtungsvereinbarung, die vor Abschluss des Schlichtungsverfahrens geschlossen wurde, nicht als rechtlich bindend angesehen werden kann. Das Gericht stellte fest, dass die Parteien die Schlichtungsvereinbarung vor Abschluss des Schlichtungsverfahrens und ohne Beteiligung des Schlichters unterzeichnet hatten, was gegen die Grundsätze der Schlichtung verstößt.
  • Oberlandesgericht (OLG) München, Beschluss vom 09.10.2018, Az. 34 Wx 300/18: Das OLG München entschied, dass die Schlichtungsklausel in einem Gewerberaummietvertrag unwirksam ist, wenn sie den Mieter unangemessen benachteiligt. In diesem Fall war die Klausel so formuliert, dass sie den Mieter verpflichtete, alle Kosten des Schlichtungsverfahrens zu tragen, unabhängig vom Ergebnis des Verfahrens. Das Gericht stellte fest, dass eine solche Klausel gegen das Gebot der beiderseitigen Kostenbeteiligung im Schlichtungsverfahren verstößt und daher unwirksam ist.
  • Oberlandesgericht (OLG) Hamm, Urteil vom 20.12.2016, Az. 28 U 80/16: In diesem Fall entschied das OLG Hamm, dass eine Schlichtungsvereinbarung, die unter Verstoß gegen das Gebot der Neutralität des Schlichters zustande gekommen ist, nichtig ist. Das Gericht stellte fest, dass der Schlichter in diesem Fall in einem früheren Verfahren als Anwalt einer der Parteien tätig gewesen war, was seine Neutralität und Unabhängigkeit in Frage stellte.

Phasen des Schlichtungsverfahrens

Ein Schlichtungsverfahren im Zivilrecht durchläuft in der Regel die folgenden Phasen:

  1. Vereinbarung zur Schlichtung: Die Parteien müssen zunächst eine Vereinbarung treffen, in der sie sich verpflichten, ihr Streit durch Schlichtung beizulegen. Diese Vereinbarung kann als separate Vereinbarung oder als Schlichtungsklausel in einem bestehenden Vertrag abgeschlossen werden.
  2. Auswahl des Schlichters: Die Parteien wählen gemeinsam einen neutralen und unabhängigen Schlichter, der sie bei der Lösung ihres Streits unterstützt. Die Auswahl des Schlichters kann aufgrund seiner Fachkenntnisse, Erfahrungen oder persönlichen Eigenschaften erfolgen.
  3. Schlichtungssitzungen: Die Parteien und der Schlichter treffen sich zu Schlichtungssitzungen, in denen sie ihre Positionen und Interessen darlegen und Möglichkeiten zur Beilegung des Streits erörtern. Der Schlichter moderiert die Diskussionen und hilft den Parteien, eine einvernehmliche Lösung zu finden.
  4. Abschluss des Schlichtungsverfahrens: Wenn die Parteien eine Einigung erzielen, wird diese in einer Schlichtungsvereinbarung schriftlich festgehalten. Die Vereinbarung ist rechtlich bindend und kann wie ein Gerichtsurteil vollstreckt werden. Wenn keine Einigung erzielt wird, können die Parteien ihre Streitigkeit auf andere Weise klären, z.B. durch Klage vor Gericht.

FAQs zum Schlichtungsverfahren im Zivilrecht

Ist eine Schlichtung immer verpflichtend?

Nein, die Schlichtung ist in der Regel freiwillig. Die Parteien können jedoch im Rahmen eines Vertrags eine verbindliche Schlichtungsklausel vereinbaren, die sie verpflichtet, einen Streit zunächst durch Schlichtung zu klären, bevor sie gerichtliche Schritte einleiten können.

Wie lange dauert ein Schlichtungsverfahren?

Antwort: Die Dauer eines Schlichtungsverfahrens hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie z.B. der Komplexität des Streits, der Verfügbarkeit der Parteien und des Schlichters sowie der Bereitschaft der Parteien, eine Einigung zu erzielen. Im Allgemeinen sind Schlichtungsverfahren jedoch schneller als Gerichtsverfahren und können in wenigen Wochen oder Monaten abgeschlossen werden.

Wie werden die Kosten eines Schlichtungsverfahrens aufgeteilt?

Antwort: Die Kosten des Schlichtungsverfahrens, wie z.B. die Gebühren des Schlichters, werden in der Regel von den Parteien gemeinsam getragen. Die genaue Aufteilung der Kosten kann jedoch im Schlichtungsvertrag oder in einer späteren Vereinbarung zwischen den Parteien festgelegt werden.

Fazit: Schlichtungsverfahren als Alternative zur Klage im Zivilrecht

Schlichtungsverfahren im Zivilrecht bieten eine effektive und kostengünstige Alternative zur Klage und können in vielen Fällen zu einer schnelleren und zufriedenstellenderen Beilegung von Streitigkeiten führen. Durch die Einbeziehung eines neutralen und unabhängigen Schlichters und die Fokussierung auf einvernehmliche Lösungen können die Parteien ihre Beziehung erhalten und zukünftige Konflikte vermeiden. Dennoch sollten die Parteien die möglichen Nachteile und Risiken der Schlichtung sorgfältig abwägen und sich von einem erfahrenen Rechtsanwalt beraten lassen, bevor sie sich für diese Streitbeilegungsmethode entscheiden.

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