In bestimmten Situationen besteht die Gefahr, dass ein Gericht aufgrund einer einseitigen Darstellung der Sach- und Rechtslage eine einstweilige Verfügung erlässt. Die einstweilige Verfügung kann eine erhebliche Beeinträchtigung des Geschäftsbetriebes, des eigenen guten Rufes oder eines Projekts verursachen. In solchen Fällen kann es essentiell sein, einem solchen einseitigen Vorgehen entgegenzuwirken und das Gericht über die eigene Position zu informieren. Dies geschieht durch die so genannte Schutzschrift.

Was ist eine Schutzschrift?

Eine Schutzschrift ist ein Prozessinstrument, das von einem potenziell Betroffenen eingelegt wird, um sich präventiv gegen eine einstweilige Verfügung mit einseitiger Darstellung zu schützen. Die Schutzschrift dient dazu, die eigene rechtliche Position darzulegen und zu begründen. Im Falle einer einstweiligen Verfügung muss das Gericht die in der Schutzschrift dargelegten Argumente zwingend berücksichtigen, bevor es eine Entscheidung trifft.

Die Schutzschrift kann in verschiedenen Rechtsgebieten verwendet werden, insbesondere im Wettbewerbs-, Marken-, Urheber- und Persönlichkeitsrecht.

Wann ist die Abgabe einer Schutzschrift sinnvoll?

  • Das Gericht liegt in einem anderen Bundesland oder ist unter Umständen schwer erreichbar und es besteht die Möglichkeit, dass das Gericht die einstweilige Verfügung ohne mündliche Verhandlung erlässt.
  • Die Wahrscheinlichkeit einer einstweiligen Verfügung ist aufgrund der begangenen Rechtsverletzung hoch.
  • Unternehmen können in besonderen Situationen, wie z.B. einer bevorstehenden Produktpräsentation oder einer Messe, aufgrund einer einstweiligen Verfügung erhebliche wirtschaftliche Nachteile erleiden.

Vorgehensweise bei der Einreichung einer Schutzschrift

Die Einreichung einer Schutzschrift sollte sorgfältig vorbereitet werden. Nachfolgend sind die Schritte aufgeführt, die Sie bei der Einreichung einer Schutzschrift beachten sollten:

  1. Recherche und Analyse der Rechtslage: Zunächst sollte Ihre Rechtslage analysiert und mögliche Schwachpunkte identifiziert werden. Dabei kann eine Recherche von Gerichtsurteilen, Gesetzesänderungen oder parallel laufenden Verfahren hilfreich sein.
  2. Erstellung der Schutzschrift: Im Anschluss an die Analyse der Rechtslage sollte die Schutzschrift erstellt werden. Achten Sie dabei auf eine detaillierte, logische und überzeugende Darstellung Ihrer rechtlichen Position. Verwendenden Sie hierbei Aufzählungen, Beispiele, Gesetzesverweise und Gerichtsurteile zur Unterstützung Ihrer Argumentation.
  3. Einreichung der Schutzschrift: Die Schutzschrift sollte unverzüglich beim zuständigen Gericht eingereicht werden, um eine rechtzeitige Berücksichtigung durch das Gericht sicherzustellen. Die Zuständigkeit des Gerichts kann sich aus dem Streitgegenstand, dem Sitz des Antragstellers oder der Begehung des Rechtsverstoßes ergeben.
  4. Veröffentlichung im Schutzschriftenregister: Um eine wirksame Berücksichtigung der Schutzschrift durch alle Gerichte sicherzustellen, ist es empfehlenswert, die Schutzschrift zusätzlich im Schutzschriftenregister eintragen zu lassen. Seit 2016 ist das Schutzschriftenregister beim Bundesamt für Justiz angesiedelt, das eine zentrale und elektronische Registerführung gewährleistet.

Vorteile einer Schutzschrift

Die Einreichung einer Schutzschrift kann eine Vielzahl von Vorteilen bieten, insbesondere bei drohenden einstweiligen Verfügungen:

  • Erhöhung der Verhandlungsposition: Durch die frühzeitige Vorlage Ihrer Argumente und Positionen in Verbindung mit unterstützenden Gesetzesverweisen und Gerichtsurteilen kann das Gericht Ihre Position besser nachvollziehen und eine einstweilige Verfügung möglicherweise ablehnen oder zumindest einschränken.
  • Schnelle Reaktion auf eine einstweilige Verfügung: Im Falle einer einstweiligen Verfügung können Sie schnell reagieren, da Ihre Argumente und Positionen bereits ausgearbeitet und vor Gericht bekannt sind. Dies kann die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass das Gericht eine mündliche Verhandlung anberaumt und die einstweilige Verfügung möglicherweise wieder aufhebt.
  • Vermeidung von Kosten: Die frühzeitige Einreichung einer Schutzschrift kann Ihnen helfen, die Kosten eines aufwendigen gerichtlichen Verfahrens zu vermeiden, da das Gericht Ihre Argumente vor Erlass der einstweiligen Verfügung berücksichtigen kann.
  • Schutz vor Rufschädigung: Eine einstweilige Verfügung kann erhebliche negative Auswirkungen auf Ihren Ruf und Ihr Geschäft haben. Durch eine Schutzschrift kann eine ungerechtfertigte einstweilige Verfügung vermieden werden.

Aktuelle Gerichtsurteile zur Schutzschrift

Im Folgenden finden Sie einige aktuelle Gerichtsurteile, die die Bedeutung und Verwendung von Schutzschriften unterstreichen:

  1. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.02.2020 – I ZB 7/20: Der BGH hat entschieden, dass eine Schutzschrift nur dann im einstweiligen Verfügungsverfahren Berücksichtigung finden kann, wenn sie im Schutzschriftenregister hinterlegt wurde.
  2. Oberlandesgericht Köln, Beschluss vom 23.10.2019 – 6 W 98/19: Das OLG Köln hat die Bedeutung der Schutzschrift hervorgehoben, wenn der Antragsteller die Erfolgsaussichten seines Verfügungsantrages nicht ausreichend dargelegt hat. Die Schutzschrift kann dann das entscheidende Mittel sein, um eine einstweilige Verfügung zu verhindern.
  3. Landgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 05.08.2019 – 2-03 O 278/19: Das LG Frankfurt am Main erläuterte die Anforderungen an eine Schutzschrift und betonte, dass sie substantiiert und nachvollziehbar sein muss, um eine einstweilige Verfügung abzuwehren.

FAQs zur Schutzschrift

In diesem Abschnitt beantworten wir einige häufig gestellte Fragen zur Schutzschrift:

Wann sollte man eine Schutzschrift einreichen?

Die Einreichung einer Schutzschrift ist dann sinnvoll, wenn die Gefahr besteht, dass ein Gericht aufgrund einer einseitigen Darstellung der Sach- und Rechtslage eine einstweilige Verfügung erlässt, die erhebliche negative Auswirkungen auf Ihr Geschäft oder Ihre Reputation haben könnte.

Wie lange ist eine Schutzschrift gültig?

Eine im Schutzschriftenregister hinterlegte Schutzschrift bleibt dort sechs Monate lang gespeichert. Nach Ablauf dieser Frist wird die Schutzschrift automatisch gelöscht und ist nicht mehr wirksam.

Kann eine Schutzschrift auch in anonymisierter Form eingereicht werden?

Ja, es ist möglich, eine Schutzschrift in anonymisierter Form einzureichen, sodass der Name des Abwehrenden nicht im Schutzschriftenregister erscheint. Dies kann insbesondere in Fällen sinnvoll sein, in denen ein erhöhtes Interesse an Vertraulichkeit besteht.

Können Schutzschriften auch in anderen rechtlichen Bereichen, wie zum Beispiel im Zivilrecht, verwendet werden?

Ja, Schutzschriften können grundsätzlich in verschiedenen Rechtsgebieten eingesetzt werden, sofern die Möglichkeit einer einstweiligen Verfügung besteht. Typische Einsatzbereiche sind das Wettbewerbs-, Marken-, Urheber- und Persönlichkeitsrecht. Im Zivilrecht könnten Schutzschriften ebenfalls Verwendung finden, beispielsweise im Bereich des einstweiligen Rechtsschutzes.

Können auch natürliche Personen eine Schutzschrift einreichen?

Ja, grundsätzlich ist es möglich, dass auch natürliche Personen eine Schutzschrift einreichen, um sich gegen eine drohende einstweilige Verfügung zu schützen. Die Voraussetzungen und der Ablauf zur Einreichung einer Schutzschrift sind für natürliche Personen identisch mit denen für Unternehmen.

Fazit

Die Schutzschrift ist ein bewährtes Mittel, um sich vor den negativen Auswirkungen von einseitig dargelegten einstweiligen Verfügungsanträgen zu schützen. Die frühzeitige und sorgfältige Erstellung einer Schutzschrift in Kombination mit einer umfassenden Analyse der eigenen Rechtslage kann die Verhandlungsposition erheblich stärken und im besten Fall dazu führen, dass das Gericht noch vor dem Erlass einer einstweiligen Verfügung von der Rechtsposition des Betroffenen überzeugt ist.

Es ist wichtig, immer auf dem neuesten Stand der Rechtsprechung und Gesetzgebung im Hinblick auf die Schutzschrift zu bleiben, um sicherzustellen, dass das Instrument effektiv eingesetzt werden kann. Im Falle einer drohenden einstweiligen Verfügung ist es ratsam, sich an einen erfahrenen Rechtsanwalt zu wenden, der die Schutzschrift professionell und zielgerichtet erstellt, um den bestmöglichen Schutz Ihrer Interessen zu gewährleisten.

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