Die Wiederaufnahme eines Zivil- oder Strafverfahrens ist eine rechtliche Herausforderung für Angeklagte, Kläger, Rechtsanwälte und Gerichte. Um zu verstehen, wie man einen Prozess wiederaufnimmt und welche Möglichkeiten inklusive der rechtlichen Voraussetzungen bestehen, ist es wichtig, zunächst einen Blick auf die relevanten Gesetze und Gerichtsurteile zu werfen. In diesem Blogbeitrag werden die Gründe für eine Wiederaufnahme ausführlich präsentiert und Antworten auf häufig gestellte Fragen thematisiert. Es werden zudem aktuelle Gerichtsurteile und praxisnahe Beispiele angeführt, welche zur Verdeutlichung beitragen sollen.

Gesetzliche Grundlagen für Wiederaufnahmegründe

Die Gesetze, die sich auf Wiederaufnahmegründe beziehen, sind in der Strafprozessordnung (StPO) und in der Zivilprozessordnung (ZPO) festgelegt. Im Folgenden sind die relevanten Paragraphen aufgelistet:

  • § 362 StPO – Wiederaufnahme zugunsten des Angeklagten im Strafverfahren
  • § 363 StPO – Wiederaufnahme zuungunsten des Angeklagten im Strafverfahren
  • § 580 ZPO – Wiederaufnahmegründe im Zivilverfahren

Diese Paragraphen definieren die Gründe und beschreiben die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Wiederaufnahme eines Falles. Hierbei muss zwischen Start- und Weiterverfahren unterschieden werden, welche jeweils eigene Voraussetzungen und Verfahrensweisen aufweisen.

Wiederaufnahmegründe im Strafverfahren

Um ein Strafverfahren wiederaufzunehmen, muss einer der im Gesetz vorgesehenen Wiederaufnahmegründe vorliegen. Diese sind wie folgt aufgestellt:

Wiederaufnahme zugunsten des Angeklagten (§ 362 StPO)

  1. Neue Tatsachen oder Beweismittel
  2. Falsche Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte
  3. Falsches oder unterdrücktes Urkundenbeweis
  4. Meineid oder Falschaussage
  5. Falsche Geständnisse

Wiederaufnahme zuungunsten des Angeklagten (§ 363 StPO)

  1. Neue Tatsachen oder Beweismittel
  2. Falsche Geständnisse

Jeder der oben genannten Punkte wird im Folgenden genauer erörtert, um ein besseres Verständnis für die verschiedenen Gründe und ihre jeweiligen Anforderungen zu ermöglichen.

Wiederaufnahmegründe im Zivilverfahren

Im Zivilverfahren unterscheidet sich die Liste der Wiederaufnahmegründe in einigen Punkten von der im Strafverfahren. Hier sind die Gründe gemäß § 580 ZPO:

  1. Ungültige Zustellung des Zivilurteils
  2. Unrichtige Abfassung oder Unterzeichnung des Urteils
  3. Ungültiges Urteil wegen mangelnder Zuständigkeit
  4. Widersprüchlichkeit von Urteilen
  5. Neue Tatsachen oder Beweismittel
  6. Falsche oder unterdrückte Urkundenbeweise
  7. Falschaussagen
  8. Versäumnisurteil wegen unrichtiger Bekanntmachung

Auch hier werden die einzelnen Gründe näher betrachtet, um eine klare Übersicht über die Anforderungen und Voraussetzungen zu bieten, die für eine erfolgreiche Wiederaufnahme notwendig sind.

FAQ: Häufig gestellte Fragen

In diesem Abschnitt werden einige wichtige Fragen rund um das Thema Wiederaufnahmegründe beantwortet und Hilfestellungen gegeben, um eine fundierte Entscheidung bezüglich einer möglichen Wiederaufnahme zu treffen.

Unter welchen Umständen und für welche Delikte kann ein Prozess wiederaufgenommen werden?

Ein Prozess kann wiederaufgenommen werden aufgrund einer der gesetzlich definierten Wiederaufnahmegründe (siehe oben) und ist grundsätzlich bei jedem Delikt möglich, sofern die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind.

Welche Fristen müssen eingehalten werden, um eine Wiederaufnahme zu beantragen?

Die Fristen für die Beantragung einer Wiederaufnahme variieren je nach Tatbestand und sind in der StPO und ZPO festgelegt. So beginnt die Frist zur Einreichung eines Wiederaufnahmeantrags im Strafverfahren gemäß § 366 StPO mit Kenntnis der neuen Tatsache oder des neuen Beweismittels, während im Zivilverfahren die Frist zur Antragsstellung gemäß § 586 ZPO ab Zustellung des Urteils, in dem die neue Tatsache oder das neue Beweismittel berücksichtigt wurde, zu laufen beginnt. Die genauen Fristen sollten jedoch immer im Einzelfall und in Absprache mit einem erfahrenen Rechtsanwalt überprüft werden.

Wie läuft das Verfahren bei einer Wiederaufnahme ab?

Das Verfahren bei einer Wiederaufnahme setzt zunächst die Beantragung der Wiederaufnahme durch den betroffenen Prozessbeteiligten oder seinen Rechtsanwalt voraus. Das Gericht prüft dann, ob die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme gegeben sind und leitet gegebenenfalls ein neues Verfahren ein. Dabei können auch weitere Beweisaufnahmen und Verhandlungen erfolgen, um die neuen Tatsachen oder Beweismittel angemessen zu berücksichtigen. Im Anschluss entscheidet das Gericht erneut über die Sache und, falls erforderlich, kann gegen das neue Urteil wiederum Rechtsmittel eingelegt werden.

Wie hoch sind die Erfolgsaussichten einer Wiederaufnahme?

Die Erfolgsaussichten einer Wiederaufnahme hängen von vielen Faktoren ab, wie zum Beispiel der Art des Delikts, der Beweislage und den beteiligten Parteien. Generell kann jedoch festgehalten werden, dass Wiederaufnahmeverfahren in der Praxis eher selten sind und eine hohe Hürde darstellen. Ohne hinreichende neue Tatsachen oder Beweismittel ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Gericht einem Wiederaufnahmeantrag stattgibt, eher gering. Aus diesem Grund sollten die Voraussetzungen einer Wiederaufnahme sorgfältig geprüft und, wenn notwendig, ein erfahrener Rechtsanwalt zurate gezogen werden, der die individuellen Erfolgsaussichten abschätzen und eine fundierte Empfehlung aussprechen kann.

Kann ich mich gegen eine Wiederaufnahme eines gegen mich geführten Verfahrens wehren?

Ja, grundsätzlich haben Sie das Recht, sich gegen eine Wiederaufnahme eines gegen Sie geführten Verfahrens zu wehren. Dazu sollten Sie unbedingt einen Rechtsanwalt konsultieren, der Ihre Interessen vertritt und Ihnen bei der Formulierung von entsprechenden Einwendungen und Gegenargumenten hilft. Zudem kann ein Rechtsanwalt die Erfolgsaussichten der Wiederaufnahme einschätzen und Ihnen dadurch möglicherweise Sorgen und Unsicherheiten nehmen.

Fazit

Die Wiederaufnahme eines Verfahrens ist ein komplexer und herausfordernder Prozess, der sowohl für den Antragsteller als auch für den Betroffenen zahlreiche rechtliche und tatsächliche Fragen aufwirft. Eine gute Kenntnis der gesetzlichen Voraussetzungen sowie der Rechtsprechung und der verschiedenen Wiederaufnahmegründe ist daher unabdingbar, um die Chancen und Risiken einer solchen Maßnahme realistisch einschätzen zu können. Der vorliegende Beitrag bietet einen grundlegenden Überblick über die Thematik, sollte jedoch im konkreten Einzelfall keineswegs eine individuelle Beratung durch einen kompetenten und erfahrenen Rechtsanwalt ersetzen. Mit seiner Hilfe können Sie die besten Chancen für eine erfolgreiche Wiederaufnahme oder Verteidigung gegen einen solchen Antrag ausschöpfen und verfahrenstechnische Fehler vermeiden, die sonst fatale Folgen haben könnten.

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