Wohnraumkündigung – ein sensibles und oft brisantes Thema, das sowohl Vermieter als auch Mieter tiefgreifend betrifft. Die Beendigung eines Mietverhältnisses ist nicht nur ein Schritt mit erheblichen persönlichen Konsequenzen, sondern auch ein rechtlich komplexes Unterfangen. Es stellen sich viele Fragen: Unter welchen Voraussetzungen ist eine Kündigung gerechtfertigt? Welche Fristen sind einzuhalten? Welche Pflichten und Rechte haben die Parteien? Der folgende Artikel beleuchtet diese Fragen umfassend und bietet eine wertvolle Orientierung in diesem rechtlich relevanten Bereich.

Grundlagen der Wohnraumkündigung

Definition und Bedeutung

Unter der Wohnraumkündigung versteht man die rechtliche Beendigung eines bestehenden Mietverhältnisses durch den Vermieter oder den Mieter. Bei dieser handelt es sich nicht um einen einmaligen Akt, sondern um einen Prozess, der durch zahlreiche rechtliche Vorschriften geregelt wird. Die Wohnraumkündigung spielt eine zentrale Rolle im Mietrecht und beeinflusst das Leben der Beteiligten oft gravierend, da die Wohnung für viele Menschen mehr als nur ein Ort zum Wohnen ist – sie ist ihr Zuhause.

Rechtlicher Rahmen

Die rechtlichen Grundlagen der Wohnraumkündigung sind im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verankert, konkret in den §§ 568 bis 577a BGB. Diese Regelungen sollen sicherstellen, dass die Kündigungsmodalitäten klar und fair gestaltet sind. So soll vermieden werden, dass entweder Vermieter oder Mieter durch eine Kündigung unverhältnismäßig benachteiligt werden. Zudem wird der Kündigungsschutz durch spezielle Vorschriften ergänzt, wie z.B. durch das Gesetz zur Regelung der Miethöhe und das Gesetz über den Kündigungsschutz für Mieter.

Wohnraumkündigung durch den Vermieter

Ordentliche Kündigung

Bei der ordentlichen Kündigung handelt es sich um die regelgerechte Beendigung eines unbefristeten Mietverhältnisses seitens des Vermieters. Diese Form der Kündigung bedarf immer der Einhaltung gesetzlicher Kündigungsfristen und einer Begründung, die einem berechtigten Interesse des Vermieters entsprießt. Ein berechtigtes Interesse kann beispielsweise vorliegen, wenn der Vermieter Eigenbedarf geltend macht oder der Mieter seine vertraglichen Pflichten verletzt.

Eigenbedarf

Der Eigenbedarf ist eine der häufigsten Gründe für eine ordentliche Kündigung durch den Vermieter. Eigenbedarf bedeutet, dass der Vermieter oder nahe Familienangehörige die Wohnung für sich selbst nutzen möchten. Dazu gehören:

  • Der Vermieter selbst
  • Seine Kinder
  • Seine Eltern
  • Andere Familienmitglieder in gerader Linie

Die Kündigung wegen Eigenbedarfs muss den konkreten Nutzungsbedarf des Vermieters oder der begünstigten Person darlegen. Zudem muss die Begründung im Kündigungsschreiben detailliert und nachvollziehbar erläutert werden.

Vertragsverletzungen

Ein weiterer Grund für eine ordentliche Kündigung kann eine schwerwiegende Verletzung der vertraglichen Pflichten seitens des Mieters sein. Zu solchen Verletzungen zählen:

Die Kündigung muss auch hier schriftlich erfolgen und die Pflichtverletzung eindeutig benennen. In den meisten Fällen ist allerdings eine vorherige Abmahnung erforderlich.

Außerordentliche fristlose Kündigung

Die außerordentliche fristlose Kündigung kann vom Vermieter nur unter bestimmten, schwerwiegenden Voraussetzungen erklärt werden. Diese besonderen Umstände müssen das Mietverhältnis derart beeinträchtigen, dass dem Vermieter eine Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar ist.

Gründe für eine fristlose Kündigung

Mögliche Gründe für eine außerordentliche fristlose Kündigung sind:

  • Erheblicher Mietrückstand: Wenn der Mieter mit der Miete für zwei aufeinanderfolgende Termine im Rückstand ist oder den Mietzins in einem Zeitraum von mehr als zwei Monaten in beträchtlicher Höhe nicht zahlt.
  • Fortgesetztes vertragswidriges Verhalten: Bei wiederholten Pflichtverletzungen oder handfesten Störungen des Hausfriedens, beispielsweise regelmäßige und erhebliche Ruhestörungen.
  • Verletzung von Sicherheitsvorschriften: Wenn der Mieter die Wohnung oder das dazugehörige Gemeinschaftseigentum in einer Weise nutzt, die erhebliche Sicherheitrisiken für andere Bewohner darstellt.

Auch hier ist in der Regel eine vorherige Abmahnung erforderlich. Eine Ausnahme stellen besonders gravierende Fälle dar, bei denen selbst eine Abmahnung keinen Erfolg verspricht.

Kündigungsfristen

Eine wichtige Regelung zur rechtlichen Gestaltung der Wohnraumkündigung sind die Kündigungsfristen. Diese Fristen sind im BGB festgelegt und variieren je nach Dauer des Mietverhältnisses:

  • Mietdauer bis fünf Jahre: Drei Monate Kündigungsfrist
  • Mietdauer zwischen fünf und acht Jahren: Sechs Monate Kündigungsfrist
  • Mietdauer über acht Jahre: Neun Monate Kündigungsfrist

Die Fristen beginnen stets mit dem Ende des Monats, in dem die Kündigung zugeht. Bei fristlosen Kündigungen entfallen diese Fristen jedoch vollständig.

Wohnraumkündigung durch den Mieter

Ordentliche Kündigung

Auch der Mieter kann ein unbefristetes Mietverhältnis ordentlich kündigen, wobei die gesetzliche Kündigungsfrist in der Regel drei Monate beträgt. Dies gilt unabhängig von der Mietdauer. Eine Begründung der Kündigung ist seitens des Mieters nicht erforderlich, worin ein bedeutender Unterschied zur Kündigung durch den Vermieter besteht.

Außerordentliche fristlose Kündigung

Die außerordentliche fristlose Kündigung steht auch dem Mieter zu, wenn schwerwiegende Mängel oder Vertragsverletzungen des Vermieters die Fortsetzung des Mietverhältnisses unzumutbar machen.

Gründe für eine fristlose Kündigung

Mögliche Gründe sind hier:

  • Erhebliche Gesundheitsgefährdungen: Zum Beispiel, wenn die Wohnung mit gesundheitsgefährdendem Schimmel befallen ist und der Vermieter trotz Mängelanzeige nicht tätig wird.
  • Ausfall essenzieller Grundversorgung: Zum Beispiel wenn Heizung oder Warmwasserversorgung über längere Zeit ausfallen und der Vermieter keine Abhilfe schafft.

Auch eine unzumutbare Störung des Hausfriedens kann einen fristlosen Kündigungsgrund darstellen.

Kündigungsfristen

Wie bereits erwähnt, beträgt die gesetzliche Kündigungsfrist drei Monate. Gleichzeitig können durch vertragliche Vereinbarungen auch kürzere Fristen zulässig sein, soweit sie nicht zulasten des Mieters vereinbart werden. Bei einer fristlosen Kündigung entfallen die Kündigungsfristen vollständig.

Kündigungsschutz und Härtefälle

Kündigungsschutz

Der gesetzliche Kündigungsschutz für Mieter ist eine bedeutende Errungenschaft des Mietrechts und dient dem Schutz vor willkürlichen und unbegründeten Kündigungen. Die umfassende Regelung hierzu findet sich im BGB, insbesondere in § 573c, § 574 und § 574a.

Sozialklausel

Eine Besonderheit des Kündigungsschutzes stellt die Sozialklausel dar. Sie ermöglicht es Mietern, einer ansonsten rechtmäßigen Kündigung zu widersprechen, wenn diese für den Mieter oder seine Familie eine Härte darstellen würde. Solche Härten können sein:

  • Hohes Alter oder schwerwiegende Erkrankung
  • Erhebliche finanzielle Schwierigkeiten
  • Schulpflichtige Kinder, die einen Schulwechsel verkraften müssten

Die Einzelheiten zum Widerspruch gegen die Kündigung und die damit verbundenen rechtlichen Schritte sind im § 574 BGB geregelt.

Form- und Fristvorschriften

Schriftform

Eine Kündigung des Mietvertrages bedarf stets der Schriftform (§ 568 BGB). Dies bedeutet, dass eine Kündigung per E-Mail oder mündlich nicht rechtswirksam ist. Das Kündigungsschreiben muss vom Kündigenden eigenhändig unterschrieben sein. Eine elektronische Signatur ist hierbei nicht ausreichend.

Zugang der Kündigung

Die Kündigung wird erst wirksam, wenn sie der Gegenseite zugegangen ist. Daher sollte die Zustellung der Kündigung immer so erfolgen, dass sie nachweisbar ist – zum Beispiel per Einschreiben mit Rückschein. Der genaue Zugang der Kündigung ist entscheidend für den Beginn der Kündigungsfrist.

Rechte und Pflichten während der Kündigungsfrist

Mietzahlung

Während der gesamten Kündigungsfrist bleibt der Mieter verpflichtet, die Miete zu zahlen. Der Umstand, dass die Kündigung bereits erfolgt ist, ändert nichts an den bestehenden vertraglichen Pflichten des Mieters. Daher muss die Miete bis zum letzten Tag des Mietverhältnisses entrichtet werden.

Wohnungsbesichtigungen

Während der Kündigungsfrist muss der Mieter auch Besichtigungen durch potenzielle Nachmieter dulden. Diese Besichtigungstermine sind jedoch mit dem Mieter abzusprechen, damit die Persönlichkeitsrechte des Mieters nicht verletzt werden. Häufig wird ein zeitlicher Rahmen vereinbart, innerhalb dessen der Vermieter neue Interessenten durch die Wohnung führen darf.

Instandhaltung

Die Instandhaltungspflichten sowohl des Mieters als auch des Vermieters bleiben bis zur Beendigung des Mietverhältnisses bestehen. Dies bedeutet, dass der Mieter kleinere Reparaturen weiterhin ausführen muss und der Vermieter für größere Instandhaltungsmaßnahmen verantwortlich ist.

Checkliste für eine ordnungsgemäße Kündigung

Vorbereitung

Eine gründliche Vorbereitung ist der Schlüssel zu einer rechtlich einwandfreien Kündigung. Folgende Schritte sollten beachtet werden:

  • Genaues Lesen und Verstehen des Mietvertrages
  • Überprüfen der rechtlichen Voraussetzungen für die Kündigung
  • Nachweis der berechtigten Interessen (bei Vermieterkündigung)
  • Ein gegebenenfalls erforderliches Einholen rechtlichen Rats

Erstellung der Kündigung

Das Kündigungsschreiben sollte folgende Punkte umfassen:

  • Vollständige Adressdaten von Vermieter und Mieter
  • Eindeutige Angabe des Kündigungsgrundes
  • Angabe des Kündigungsdatums
  • Unterschrift des Kündigenden
  • Nachvollziehbare Begründung (bei Vermieterkündigung)

Zustellung und Nachweis

Wichtig ist:

  • Nachweisbare Zustellungsart wählen (z.B. Einschreiben mit Rückschein)
  • Erhalt der Kündigung durch den Mieter bzw. Vermieter sicherstellen
  • Beginn der Kündigungsfrist im Auge behalten

FAQ zur Wohnraumkündigung

Was passiert, wenn der Mieter die Kündigung ignoriert?

Ignoriert der Mieter die Kündigung, so bleibt das Mietverhältnis bestehen und der Vermieter muss gegebenenfalls rechtliche Schritte einleiten, um die Räumung der Wohnung zu erzwingen. Hierzu gehört in der Regel die Anrufung eines Gerichtes, welches den Mieter zur Herausgabe der Wohnung verurteilen kann.

Kann die Kündigungsfrist verkürzt werden?

Grundsätzlich können im Mietvertrag kürzere Kündigungsfristen vereinbart werden, sofern diese nicht zulasten des Mieters gehen. In einem solchen Fall gilt die vereinbarte Frist. Eine Verkürzung der gesetzlichen Kündigungsfrist zugunsten des Vermieters ist hingegen unwirksam.

Darf der Vermieter während der Kündigungsfrist Eigenbedarf geltend machen?

Wenn der Vermieter während der Kündigungsfrist Eigenbedarf anmeldet, kann er damit besondere Dringlichkeit begründen. Allerdings muss der Eigenbedarf nachweisbar und nachvollziehbar begründet sein, um rechtlich Bestand zu haben. Ungerechtfertigter Eigenbedarf kann Schadensersatzansprüche des Mieters nach sich ziehen.

Was geschieht bei einem Widerspruch durch den Mieter?

Leitet ein Mieter einen Widerspruch gegen die Kündigung ein, wird geprüft, ob ein Härtefall vorliegt, der eine Fortsetzung des Mietverhältnisses rechtfertigt. Der Vermieter hat dann die Möglichkeit, weitere rechtliche Schritte einzuleiten, um die Räumung zu erzwingen oder im besten Fall eine einvernehmliche Lösung zu finden.

Fazit – Die rechtlich korrekte Wohnraumkündigung

Die Wohnraumkündigung ist ein vielschichtiges und rechtlich anspruchsvolles Thema. Sowohl Vermieter als auch Mieter müssen zahlreiche rechtliche Anforderungen beachten, um eine Kündigung korrekt und wirksam durchzuführen. Es gilt, die gesetzlichen Fristen und Formvorschriften einzuhalten, berechtigte Interessen glaubhaft darzulegen und gegebenenfalls den Kündigungsschutz zu berücksichtigen. Die richtige Vorbereitung und Durchführung einer Kündigung kann zahlreiche Streitigkeiten und Rechtsstreitigkeiten vermeiden.

Falls Sie Fragen haben oder rechtliche Unterstützung rund um das Thema Wohnraumkündigung benötigen, stehen wir Ihnen in der Anwaltskanzlei Herfurtner gerne zur Seite. Kontaktieren Sie uns für eine individuelle und kompetente Beratung.

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