In diesem umfassenden Blog-Beitrag werden wir das beschleunigte Verfahren im Strafrecht eingehend untersuchen. Wir werden die gesetzlichen Grundlagen, den Ablauf des Verfahrens und wichtige Ausnahmen besprechen. Wir werden auch auf aktuelle Gerichtsurteile eingehen und häufig gestellte Fragen beantworten. Wir sind dabei in der Rolle eines kompetenten, erfahrenen Rechtsanwaltes, um Ihnen die bestmögliche Orientierung und Beratung in dieser wichtigen Themenstellung zu bieten.

Gesetzliche Grundlagen des beschleunigten Verfahrens

Das beschleunigte Verfahren ist im deutschen Strafrecht in der Strafprozessordnung (StPO) verankert. Es findet insbesondere in den folgenden gesetzlichen Regelungen seine Grundlagen:

  • § 417 StPO – Einführung des beschleunigten Verfahrens
  • § 418 StPO – Zuständigkeit des Gerichts
  • § 419 StPO – Anklageerhebung und Eröffnung des Hauptverfahrens
  • § 420 StPO – Verfahrensgrundsätze
  • § 421 StPO – Durchführung der Hauptverhandlung
  • § 422 StPO – Urteil

Diese Regelungen legen fest, unter welchen Voraussetzungen das beschleunigte Verfahren angewendet werden kann, welche Verfahrensschritte verkürzt oder vereinfacht werden und welche Rechte und Pflichten für Beteiligte, insbesondere für Angeklagte und Verteidiger, gelten.

Zweck und Anwendungsbereich des beschleunigten Verfahrens

Das beschleunigte Verfahren dient dazu, die Effizienz und Schnelligkeit der Justiz in bestimmten Strafsachen zu erhöhen. Voraussetzung für die Anwendung des beschleunigten Verfahrens ist gemäß § 417 Abs. 1 StPO, dass die Sach- und Rechtslage überschaubar und der Tatvorwurf nicht als besonders schwer einzustufen ist.

Typische Delikte, die sich für ein beschleunigtes Verfahren eignen, sind etwa:

Es ist wichtig zu betonen, dass das beschleunigte Verfahren keine zweite Klasse der Strafrechtspflege darstellt. Die strafrechtliche Aufarbeitung erfolgt hierbei nach denselben rechtsstaatlichen Grundsätzen wie im regulären Strafverfahren. Die Gerichte müssen auch im beschleunigten Verfahren sicherstellen, dass das rechtliche Gehör gewährleistet, die Beweisaufnahme umfassend und ergebnisoffen geführt und das Recht auf eine faire und ordnungsgemäße Verteidigung geachtet wird.

Ablauf des beschleunigten Verfahrens

Das beschleunigte Verfahren zeichnet sich durch eine Straffung und Vereinfachung der Verfahrensschritte aus. Im Folgenden stellen wir die wichtigsten Phasen des beschleunigten Verfahrens dar und erläutern die Unterschiede zum regulären Strafverfahren:

Anklageerhebung und Eröffnung des Hauptverfahrens

Das beschleunigte Verfahren beginnt mit der Anklageerhebung durch die Staatsanwaltschaft. Hierbei kann die Staatsanwaltschaft gemäß § 419 Abs. 1 StPO auf eine ausführliche Anklageschrift verzichten und den Anklagesatz mündlich vortragen. Im Anschluss entscheidet das Gericht sofort über die Eröffnung des Hauptverfahrens.

Verfahrensgrundsätze und Durchführung der Hauptverhandlung

Im beschleunigten Verfahren gelten gemäß § 420 StPO einige verfahrensrechtliche Erleichterungen, die den Ablauf des Verfahrens vereinfachen und beschleunigen sollen. Hierzu zählen insbesondere folgende Regelungen:

  • Eine verkürzte Frist von drei Tagen zur Ladung der Angeklagten und Zeugen zur Hauptverhandlung.
  • Die Möglichkeit zur Vereinfachung der Verfahrensakten, indem nur die für die Hauptverhandlung unbedingt erforderlichen Unterlagen beigezogen werden.
  • Eine erleichterte Beweiswürdigung, nach der das Gericht von einer weiteren Beweisaufnahme absehen kann, wenn die bisherigen Beweise aus seiner Sicht für eine Verurteilung oder einen Freispruch ausreichen.

Die Hauptverhandlung im beschleunigten Verfahren wird grundsätzlich nach denselben Regeln wie im regulären Strafverfahren geführt. Es obliegt jedoch dem Gericht, auf eine zügige und konzentrierte Durchführung der Verhandlung hinzuwirken.

Urteil im beschleunigten Verfahren

Das Urteil im beschleunigten Verfahren unterscheidet sich nicht inhaltlich von einem Urteil im regulären Strafverfahren. Es kann sowohl zu einer Verurteilung als auch zu einem Freispruch kommen. Gemäß § 422 StPO ist das Gericht jedoch verpflichtet, bei der Urteilsfindung und -begründung auf eine möglichst knappe und präzise Darstellung der maßgeblichen Erwägungen zu achten.

Aktuelle Gerichtsurteile zum beschleunigten Verfahren

Im Folgenden stellen wir exemplarisch einige aktuelle Gerichtsurteile vor, die das beschleunigte Verfahren betreffen und wichtige Aspekte der Verfahrensgestaltung und der Rechte der Beteiligten verdeutlichen:

  • Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 29. März 2019, Az. 2 BvR 1505/18: Das BVerfG stellt klar, dass die Verteidigung im beschleunigten Verfahren dieselben Rechte hat wie im regulären Strafverfahren und dass insbesondere das Recht auf Akteneinsicht und das Recht auf Gehör nicht beschnitten werden dürfen.
  • Landgericht (LG) Berlin, Urteil vom 16. Februar 2018, Az. 441 AR 14/18: Das LG Berlin entschied, dass eine unzureichende Begründung des Urteils im beschleunigten Verfahren die Revisionsanfälligkeit begründen kann und verweist darauf, dass das Gericht auch im beschleunigten Verfahren eine klare und nachvollziehbare Begründung seiner Entscheidung abgeben muss.
  • Oberlandesgericht (OLG) Hamm, Beschluss vom 17. März 2017, Az. 2 RVs 7/17: Das OLG Hamm bestätigte, dass die für eine Anklageerhebung notwendige überschaubare Sach- und Rechtslage auch bei mehreren Tatvorwürfen gegeben sein kann, wenn zwischen den Taten ein enger innerer Zusammenhang besteht.

FAQ: Häufig gestellte Fragen zum beschleunigten Verfahren

Kann ich als Angeklagter das beschleunigte Verfahren ablehnen?

Generell können Sie als Angeklagter nicht das beschleunigte Verfahren an sich ablehnen. Allerdings besteht die Möglichkeit, dass Sie bestimmte Verfahrensrechte einfordern oder Verfahrensrügen erheben, die eine Anwendung des beschleunigten Verfahrens erschweren. In solchen Fällen kann die Staatsanwaltschaft oder das Gericht gegebenenfalls auf das beschleunigte Verfahren verzichten und das reguläre Strafverfahren anwenden.

Wer entscheidet über die Anwendung des beschleunigten Verfahrens?

Die Entscheidung über die Anwendung des beschleunigten Verfahrens liegt grundsätzlich beim zuständigen Gericht. Die Staatsanwaltschaft kann jedoch in ihrer Anklageschrift die Durchführung des beschleunigten Verfahrens beantragen, wenn die Voraussetzungen nach § 417 StPO erfüllt sind.

Ist das beschleunigte Verfahren für den Angeklagten in jedem Fall nachteilig?

Nein, das beschleunigte Verfahren ist nicht per se nachteilig für den Angeklagten. Tatsächlich kann es in manchen Fällen zu einer rascheren Verfahrensbeendigung und einer geringeren Belastung für den Angeklagten führen, insbesondere wenn eine eindeutige Sach- und Rechtslage vorliegt und eine Verurteilung zu erwarten ist. In solchen Fällen kann die beschleunigte Abwicklung des Verfahrens im Sinne des Angeklagten sein.

Hat das beschleunigte Verfahren Auswirkungen auf das Strafmaß?

Das beschleunigte Verfahren an sich hat keine direkte Auswirkung auf das Strafmaß. Die Strafe bemisst sich weiterhin nach den im Strafgesetzbuch vorgesehenen Strafrahmen und den individuellen Umständen des Falles. Allerdings kann das Gericht gemäß § 422 StPO bei der Urteilsfindung das Beschleunigungsinteresse der Justiz berücksichtigen und eine als angemessen erachtete Strafmilderung vornehmen, wenn der Verfahrensverlauf tatsächlich einer zügigen und effizienten Abwicklung entspricht.

Ist das beschleunigte Verfahren auch im Jugendstrafrecht anwendbar?

Grundsätzlich ist das beschleunigte Verfahren auch im Jugendstrafrecht anwendbar. Allerdings sind dabei die Besonderheiten des Jugendstrafrechts zu beachten, insbesondere die erzieherische Ausrichtung der Sanktionen und die Einbeziehung der Eltern, Erziehungsberechtigten und der Jugendgerichtshilfe. Das bedeutet, dass das beschleunigte Verfahren im Jugendstrafrecht nur dann zur Anwendung kommen sollte, wenn dessen Zielsetzungen – insbesondere die Erziehung und Resozialisierung des jugendlichen Angeklagten – gewahrt bleiben.

Fazit

Das beschleunigte Verfahren im Strafrecht stellt eine wichtige Option zur Steigerung der Effizienz und Schnelligkeit der Strafrechtspflege dar, insbesondere in Fällen überschaubarer Sach- und Rechtslage und eher geringen Tatvorwurfs. Es ist dabei jedoch unerlässlich, dass die grundlegenden rechtsstaatlichen Grundsätze und die Rechte der Beteiligten, insbesondere der Angeklagten und der Verteidigung, gewahrt bleiben.
Eine sachkundige juristische Begleitung im beschleunigten Verfahren kann dabei zentral zum Schutz Ihrer Rechte und zur Wahrung Ihrer Interessen beitragen. Sollten Sie Fragen oder Anliegen rund um das beschleunigte Verfahren haben, wenden Sie sich gerne an einen erfahrenen und kompetenten Rechtsanwalt, der Sie umfassend beraten und unterstützen kann.

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